Man muss kritisch erwähnen, dass die Story des Öfteren Fragezeichen hinterlässt. Immer wieder gibt es Szenen, Passagen oder Vorkommnisse, die nicht erklärt werden, beziehungsweise deren Bedeutung man nicht kapiert. So findet man beispielsweise in einem Seitenabschnitt die Knochen von Ishtar, einer babylonischen Gottheit. Doch deren Zweck oder Beitrag zum Gesamtspiel bleiben unklar.
Die Entwicklung wurde von niemand Geringerem als Takeyasu Sawaki geleitet. Der Japaner war schon als Charakter-Designer für namenhafte Spiele wie Devil May Cry, Okami oder Infinite Space verantwortlich. El Shaddai ist er erste Titel, der unter seiner Kontrolle entstand. Man spielt ausschließlich Enoch, der sich durch den Turm kämpft. Das Spiel ist eine Art Jump’n’Slay. Von Plattform zu Plattform hüpfend werden kleinere Schalterrätsel gelöst und in festgelegten Arealen Feinde bekämpft. Neben Fäusten und Füßen stehen drei Waffen zur Wahl, die alle ihre jeweiligen Vor- und Nachteile haben.
Jede dieser Waffen muss in regelmäßigen Abständen „gereinigt“ werden. Denn sie verschmutzen durch die Angriffe auf Feinde, was sich beispielsweise beim Arch darin äußert, dass die Klinge sich rot verfärbt. Und sie kaum mehr Schaden macht. Die gewählte Waffe beeinflusst auch die Art und Weise des Kampfes. Nur auf den Schlagknopf drücken macht längst nicht so viel Spaß, wie den Gegner mit dem Arch in die Luft zu schleudern, hinterher zu springen, ihn zu verprügeln und auf dem Weg nach unten in einer rotierenden Attacke einiges an Schaden zu verpassen.
Denn alle Figuren tragen eine Rüstung, die durch gezielte Treffer kaputt geht, bis sie nur noch in ihrer normalen Kleidung da stehen. In Enochs Fall eine hautenge Jeans. Sollte der Held in diesem Zustand getroffen werden, kann man sich immer noch retten, indem man vier bestimmte Tasten gleichzeitig drückt. Trotzdem bleibt der Kampf mühsam. Bis man den Dreh raus hat, vergeht einiges an Zeit, und die Rettungsbemühungen schlagen gerne fehl. Dies trägt zu Frust bei.
Der stärkste Aspekt des Spiels ist der Visuelle. Es gibt nur wenige Titel, die den Mut aufbringen, mit der traditionellen Darstellungsweise zu brechen und versuchen eine Art Kunstwerk in elektronischer Form darzustellen. Titel wie Child of Eden, Rez oder Darwinia sind die besten Beispiele hierfür. Auch El Shaddai kann man getrost dazu zählen. Ständig wechselt das Spiel zwischen 3D und 2D Passagen. Ebenso wie sich auch die Darstellungsweise dieser sich ändert. Mal spielt man außerhalb eines gigantischen Turmes, bei dem Elemente afrikanischer und australischer Mythen verwendet wurden. Dann ist man auf einmal in einer asiatischen Seenlandschaft, nur um sich im nächsten Moment in der Seitenperspektive durch eine brennende Stadt (?) zu kämpfen. Immer wieder ertappte ich mich, wie ich mit offenem Mund einfach da saß und nicht genug kriegen konnte. Spätere Level finden sogar in einer modernen Großstadt oder in post-modernen Gemälden statt.
Genau wie die Graphik ist auch die Musik unglaublich. Falls es jemals einen Soundtrack gibt, ich werfe zugreifen. Die verschiedenen Tracks unterstreichen die mythische Atmosphäre und tragen dazu bei, dass man des Öfteren stehen bleibt, nur um zu lauschen. Auch die englischen Sprecher sind hervorragend. Vor allem Jason Isaac, die englische Stimme von Lucifer ist grandios. Er spricht diese Figur lässig, so dass Sätze wie „Bist du sicher, dass dies genug Rüstung ist?“ ein Grinsen ins Gesicht zaubern. Allerdings ist die Sprachausgabe nicht lippensynchron. Dies führt manchmal zu Szenen, in denen der Erzengel den Mund bewegt, aber keine Stimme ertönt.
Hinter El Shaddai: Ascension of the Metatron verbirgt sich ein optisches Kunstwerk. Was Design-Legende Takeyasu Sawaki auf die Beine gestellt hat, ist faszinierend. Der Bilder- und Farbenrausch ist derart intensiv, dass die spielerischen Mängel (wirre Story, limitiertes Kampfsystem) gar nicht mehr so stark wahrgenommen werden. Ich kenne bislang wenige Spiele, die den Begriff ‚Kunstwerk‘ verdient haben. El Shaddai gehört zweifelsohne dazu. Und ehe ich es vergesse: Stellt im Optionsmenü die Sprachausgabe auf Japanisch, optionale deutsche Untertitel können aktiviert werden. Danke Konami für den Mut, diesen Titel bei uns auf den Markt zu bringen.