Street Fighter X Tekken im Test

Man kann Capcom einiges vorwerfen: Zum Beispiel, dass sie ihre Serien bis auf das letzte bisschen Ausschlachten, um maximalen Gewinn einzufahren. Das erkennt man an den vielen Updates zum Vollpreis, die seit Street Fighter II zur allgemeinen Strategie der Firma gehören. Doch dann muss man die Jungs bei Capcom wieder über den Klee loben, denn wenn sie etwas wirklich gut können, ist es grandiose Prügelspiele zu programmieren.

Und Capcom scheut es nicht, auf der Suche nach passenden Gegnern für Ryu, Chun-Li & Co. neue Ufer zu betreten. Ob die X-Men oder die volle SNK-Brigade. Getreu dem Motto: "Jeder soll mal eins aufs Maul bekommen" wurden viele Franchise mit Street Fighter vermischt, was ein neues Gesamtpaket ergab. Doch jetzt wagt sich Capcom an das schwerste Konzept in ihrer Laufbahn als Prügelspielhersteller. Denn es gilt, dass komplett andere Kampfsystem von Namcos Tekken-Serie mit der hauseigenen Street Fighter Serie zu mischen.
 

Wo soll da das Problem liegen, werden einige fragen? Zuerst das wohl größte Problem: Das Balancing! Denn die Jungs und Mädels bei Tekken haben ein realistischeres Kampfsystem als z. B. bei Street Fighter. Ryu, Guile oder Chun-Li wehren sich mit Feuerbällen, während das ganze Tekken-Roster sowas nicht besitzt. Hinzu kommt noch das Street Fighter auf ein 6-Button-System ausgelegt ist. Das heißt somit: schwacher Schlag, harter Tritt usw. Tekken hingegen hat für jeden Arm bzw. Bein einen Button. Somit bietet Street Fighter X Tekken viel Raum für Spekulation hinsichtlich Kampfsystem. Doch ich kann freudig mitteilen, dass Capcom wieder einmal ein Glanzstück gelungen ist. Das komplette Tekken-Lineup wurde steuerungstechnisch an das 6-Button System angepasst und trotz dieses Einschnitts behielt jeder Protagonist den Großteil seiner Move-Pallete und Griffe bei.
 

Tekken-Fans werden alle Aktionen ihrer Lieblingscharaktere wiederfinden. Sie müssen sich nur bei der Ausführung der Spezialmanöver umstellen. Doch das ausführliche Tutorial lässt keine Fragen offen. Sogar das neue und tiefgründige Gem-System wird komplett durchleuchtet. Doch dazu später mehr. Bei der Anzahl der Spielmodi bietet das Crossover zwischen Capcom und Namco die typischen Standards. Arcade zeigt das gängige Prügelerlebnis mit kurzer Storyline. Unter dem Menüpunkt Netzwerk versteckt sich der Onlinemodus, der alle typischen Standards bietet, die man von anderen Produkten im Genre kennt. Online wurden die meistens Lags mit dem ersten Update beseitigt. Trotzdem kommt es während der Onlinefights immer noch zu Soundaussetzern.

In der Kategorie Herausforderung steht der Trialmodus, bei dem ihr für jeden Fighter alle Angriffe und Combos ausführlich erlernt. Sowie die Missionen, in welcher ihr unter bestimmten Bedingungen ein CPU-Team besiegen müsst. Hinzu kommt noch ein interner Shop, der an das PSN gekoppelt ist und worin Inhalte wie Charakter, Gems und Outfits zu ergattern sind. Natürlich für bare Münze. Für PS3-Besitzer wartet ein gratis Download in Form von Mega Man und Pac-Man. Diese werden nach einem kurzen 100kb-Download dem Roster hinzugefügt. Playstation-Besitzer haben im Fall von Street Fighter X Tekken ein bisschen die Nase vorne: Abgesehen von Pac-Man und Mega Man finden sich auch noch Toro, Kuro und Mr. Infamous himself Cole MacGrath im Auswahlbildschirm, womit die Anzahl der Fighter auf über 40 Recken steigt.

Kommen wir jetzt zu den Konditionen im virtuellen Ring. Street Fighter X Tekken bietet als Standard ein 2on2, wobei jederzeit euer Teamkollege ins Kampfgeschehen eintreten darf. Obwohl jeder Charakter einen eigenen Energiebalken besitzt, verliert das Team,  wenn der Lebensbalken eines (!) Protagonisten zu Ende geht. Sollte ein Teammitglied kurz vor dem Ableben sein, bietet der Pandora-Modus Rettung: Einmal aktiviert geht die restliche Lebensenergie von Charakter 1 auf Charakter 2 über und dieser erhält für wenige Sekunden einen Boost, um seinen Feind auf die Bretter zu schicken.

Eine extrem gute Bereicherung ist meiner Meinung nach das Gem-System, welches eigens von Capcom entwickelt wurde. Im Optionsmenü habt ihr die Möglichkeit drei Slots mit Steinen zu besetzen, die nichts anderes als Perks sind. Diese verteilen sich in sechs Kategorien und bieten sowohl Vor- wie auch Nachteile. Als Beispiele könnt ihr eure Bewegungsgeschwindigkeit um 15% erhöhen, wodurch der ausgeteilte Schaden aber reduziert wird. Während einige Gems sofort zu Matchbegin zur Verfügung stehen, müssen andere durch gewisse Parameter aktiviert werden. Eine feine Sache - besonders online spielt das Gem-System seine Stärken aus. Doch zahlungswillige Spieler können hier klare Vorteile herausholen, wenn neue & stärkere Gems als DLC in ihren Besitz gelangen. Die Zukunft wird zeigen, wie Capcom dieses Balancing-Problem meistern will.

Ansonsten war ich nach mehreren Stunden Spielzeit vom Gameplay angetan. Capcom verfeinerte das bestehende Kampfsystem von Street Fighter IV. Im Vergleich zu Marvel vs. Capcom 3 (und seine Updates) würde ich es als das ausgeklügeltes System seiner Art bezeichnen. So sind taktische Cross-Angriffe eine gute Angelegenheit, um dem feindlichen Gegenüber möglichst viel Energie abzuziehen. Hierzu befördert ein Charakter den Feind in die Luft, während im fließenden Wechsel eine lange Combo mit dem Teamkollegen ausgeführt wird. Aber auch das Tekken-typische ‚‚juggeln‘‘ ist eine Option.