Mit Metroid Other M soll sich vieles ändern: Das hatte Nintendo schon angekündigt, als man das Spiel der Fachpresse auf der E3 2009 überraschend vorstellte. Es soll im neuesten Teil mehr um die Gefühle und die Geschichte von Samus Aran gehen. Damit der Spieler mehr über die mysteriöse Kopfgeldjägerin erfährt, die nunmehr seit etwa 25 Jahren die Galaxie auf der Suche nach neuen Abenteuern durchstreift. Dabei beginnt die Geschichte so, wie Super Metroid endete. Auf dem Planeten Zebes kommt es zum Showdown zwischen Samus und Mother Brain, der Anführerin der Weltraumpiraten. Es war dieser schicksalshafte Kampf, in dem ein kleines Metroid Samus vor dem sicheren Tod beschützte. Doch dieses letzte Metroid überlebte den Kampf nicht, ebenso wenig wie Mother Brain. Die Metroids waren Geschichte, wie auch die Weltraumpiraten.
Zunächst werden alle Spieler überrascht sein, die eine Fortführung der Prime Serie erwarteten. Team Ninja, die sich unter anderem für die Dead or Alive und Ninja Gaiden Serie verantwortlich zeichnen, gehen einen deutlich anderen Weg: Metroid Other M ist sozusagen als Querschnitt der bisherigen Metroid Spiele zu sehen, denn es verbindet das 2D Gameplay eines Super Metroid mit der Ego-Perspektive eines Metroid Prime. Bei einer solch seltenen Symbiose fragt man sich, wie man hier die Steuerung umsetzte?
Um den Spirit der alten Spiele einzufangen, legte man sich auf die quergehaltene Wiimote fest. So erreicht man fast das Spielgefühl wie damals mit Metroid auf dem NES. Manche Situationen im Spiel erfordern jedoch den Blick aus der Ego-Perspektive, die ganz einfach über die Wiimote geändert wird, indem man mit dieser auf den Bildschirm zeigt. Dies mag auf den ersten Blick unhandlich erscheinen, geht aber bereits nach kurzer Zeit in Fleisch und Blut über. Das soll allerdings nicht heißen, dass die Steuerung perfekt geworden ist. Sie ist zwar erfrischend anders, allerdings klappt der Wechsel der Ansicht im Eifer des Gefechts nicht immer reibungslos. Außerdem hat die Ego-Ansicht einen entscheidenden Nachteil: Man kann seine Spielfigur nicht mehr bewegen. Dafür lassen sich Ziele arretieren sowie Raketen abfeuern, die bei erfolgreichem Anvisieren auch selbst ihr Ziel finden. Dies wiegt den Nachteil der Unbeweglichkeit aber nicht auf, denn Team Ninja hat den Spielablauf von Metroid deutlich rasanter gestaltet. Vorbei die Zeiten, in denen man noch selbst die Lokalitäten bis ins kleinste Detail erfasste und die fremde Flora und Fauna scannte. Dies ist bei Metroid Other M weggefallen, um den Spielablauf dynamischer zu gestalten.
Auch sonst erkennt man deutlich die Handschrift von Team Ninja, denn das Gameplay von Metroid Other M ist einem Ninja Gaiden Sigma nicht unähnlich. Man steuert Samus meist in der Seitenansicht, wobei die Kamera bei Bedarf umschwenkt. Ein manuelles Anpassen des Kamerawinkels ist nicht möglich, allerdings hat man so auch das Spielgeschehen stets im Blick. Wie bei den vergangenen Teilen der Serie wird der Erkundungsaspekt groß geschrieben. Es bereitet ziemlich Spaß, die abwechslungsreich gestaltete Umgebung zu erforschen, um versteckte Gegenstände aufzuspüren. Hier hilft auch die eingeblendete Karte, die das Gebiet anzeigt, in dem man sich momentan befindet. Wurden alle Feinde im aktuellen Bereich vernichtet, werden Gegenstände auf der Karte als pulsierender Punkt eingeblendet. Mit Hilfe der Ego-Perspektive lassen sich diese leicht entdecken, wobei nicht jeder sofort aufgesammelt werden kann.
Da Samus sich beim ersten Aufeinandertreffen mit dem Trupp der Galaktischen Föderation und Teamchef Adam verpflichtete seinen Befehlen zu folgen, nutzt sie zu Beginn nicht alle ihre Fähigkeiten, sondern nur jene, die Adam Malkovich freigibt. Dies mag aus erzählerischer Sicht sinnvoll erscheinen, doch nachvollziehbar ist das als Spieler nicht. Warum setzt sich Samus der heißen Umgebung der Lavawelt aus und entrinnt dort nur knapp den Tod, allein weil ihr ehemaliger Teamleiter den Einsatz des passenden Schutzanzugs nicht freigibt? Der Verlust der Fähigkeiten in der Prime Serie war zumeist ausfallsbedingt und nicht freiwilliger Natur, so dass diese Entscheidung der Entwickler unglücklich gewählt ist.
Wie man sieht erhält der Spieler ein Metroid, dass nicht so recht in das bisherige Schema der Spiele passt, obwohl die Atmosphäre der Isolation vorhanden ist. Was mir besonders gefällt ist der neue Fokus der Geschichte: Während des Spiels erhält man viele Infos über Samus Vergangenheit und wie sie zur Kopfgeldjägerin wurde. Auch zeigt das Spiel die Jägerin von ihrer emotionalen Seite. So werden in zahlreichen Monologen die Gedanken der Heldin dem Spieler vermittelt, was ihr als Charakter mehr Tiefe verleiht. Man kann darüber diskutieren, ob sie im Laufe der Geschichte in gewissen Situationen als ZU emotional dargestellt wird. Allerdings erzählt Metroid Other M vor allem im späteren Spielverlauf eine spannende Geschichte mit einigen Rückblenden, die Serienfans gefallen dürfte.
In puncto Schwierigkeitsgrad wurde das Spiel moderat gehalten. Durch die automatische Zielfunktion dürfte das Auslöschen der Gegner nicht allzu schwierig sein, wenn auch das arcadelastige Gameplay durchaus schnelle Reaktionen erfordern. Diese sind auch in den spannenden und fordernden Bosskämpfen erforderlich, die allesamt nur mit einer besonderen Taktik besiegt werden können. Eine wichtige Technik ist hierbei der Sensemove. Eine besondere Ausweichtaktik, bei der man im richtigen Moment während eines Angriffs mit dem Steuerkreuz in eine Richtung drückt. Gelingt das Ausweichmanöver während man gerade seinen Charge Beam auflädt, so ist dieser sofort einsatzbereit und kann bei Gegnern schwere Schäden verursachen.
Neben diesen Fähigkeiten gibt es noch weitere Neuerungen: Ab und an wechselt das Spiel selbständig in die Erkundungsperspektive und man muss mit Hilfe der Wiimote die Umgebung erforschen. Hier sucht man nach versteckten Hinweisen, um voranzukommen. Allerdings ist es nicht immer offensichtlich, nach was man Ausschau halten sollte. Weshalb es passieren kann, dass man den Pointer einfach wild über den Bildschirm kreisen lässt, um das richtige Objekt zu entdecken. Gelungen ist der Wechsel der Perspektive beispielsweise wenn man in der Über-Schulter-Perspektive, wie man sie aus Resident Evil 4 kennt, einem Tonsignal nachgeht und austretender Rauch die düsteren Gänge der vermeintlich verlassenen Raumstation füllt. Da kommt Atmosphäre auf.
Auch technisch zeigt sich Metroid Other M von der besten Seite. Die verschiedenen Welten sind abwechslungsreich gestaltet und bieten eine faszinierende Flora und Fauna, wie man es schon aus der Metroid Prime Reihe gewohnt ist. Die Atmosphäre wird anhand der verwendeten Musik- und Soundeffekte verstärkt. Mir gefiel die Verwendung bekannter Effekte aus vergangenen Spielen im modernen Gewand. Auch die Sprecher der Charaktere in den Zwischensequenzen wurden passend gewählt. So war es auch eine gute Entscheidung die englischen Sprecher im Spiel zu belassen und stattdessen deutsche Untertitel hinzuzufügen.
Team Ninja hat es geschafft, ein neuartiges Metroid Spiel zu kreieren. Allerdings auch eines, dass Fans und Spieler spalten wird: Viele, die Metroid an der außergewöhnlichen Prime Trilogie messen, werden mit Metroid Other M keine große Freude haben. Obwohl die klassischen Elemente eines Metroid weiterhin vorhanden sind. Fans dürfen neben dem Backtracking auch spannende Kämpfe sowie wichtige Einblicke in Samus Vergangenheit erwarten. Der langjährigen Heldin wird endlich ein Profil gegeben, um sie besser zu verstehen. Wenn die Geschichte richtig in Fahrt kommt, kann man nur schwer seine Finger vom Titel lassen. Wer entsprechend reinen Herzens an diesen Titel herangeht, wird gut (wenn auch relativ kurz) unterhalten.