Game Room im Test

Irgendwo wirkt es etwas ironisch. In einer Branche, die so vorwärts gerichtet ist, wie die der Videospiele, hält Microsoft inne und wirft einen Blick zurück. Mit dem Game Room bietet der Gigant aus Redmond eine Art interaktives Museum, das sich an jung und alt gleichermaßen richtet. Präsentiert wird eine Kollektion von Arcade- und Videospielhits aus der Zeit, da wo Deutschland noch geteilt, Helmut Schmidt Kanzler und in den USA ein Erdnuss-Farmer Präsident war.

Nachdem man den Game Room und die beiden zusätzlichen Software-Pakete kostenlos heruntergeladen hat kann man die virtuelle Arcade betreten. Der erste Eindruck? Eine wahre Kakofonie an Tönen und Geräuschen. Hier haben sich die Entwickler Krome Studios richtig Mühe gemacht und das Feeling von Spielhallen eingefangen und umgesetzt. Und schnell entdeckt man die Automaten und macht sich daran, die ersten virtuellen Münzen einzuwerfen.

Was wird überhaupt geboten? Präsentiert werden, wie schon eben erwähnt, Spiele aus der Anfangszeit der Branche. Konkret bedeutet dies, dass man Titel aus den späten 70ern und den frühen 80er Jahren geboten kriegt. Man kann nicht nur Arcade-Games spielen, sondern auch Emulatoren der beiden zur damaligen Zeit dominantesten Konsolen, dem Atari VCS 2600 und dem Intellivision. Die Liste der bislang erhältlichen Spiele liest sich wie ein kleiner Rundgang durch die Geschichte. Dies kann man besondes schön der nun folgenden Übersicht erkennen.
Hier ist die Liste der Spiele, die man bereits jetzt erwerben kann. Gelistet ist zuerst der Titel, dann das System der Ersterscheinung und zuguterletzt, in welchem Pack sich das jeweilige Game befindet. Weitere Pakete sollen laut Microsoft zukünftig jeden Donnerstag erscheinen.

 
Jedes der eben genannten Spiele kann man in der virtuellen Halle einmal für 20 Minuten kostenlos probezocken, ehe man dann Geld investieren muss. Dabei erscheinen die Preise auf dem ersten Blick durchaus moderat. 40 MS Points kostet einmal Spielen, 240 den Automaten für seine eigene Arcade kaufen – worauf gleich genauer eingegangen wird – und 400, damit das Spiel nicht nur auf der 360 läuft, sondern auch auf dem PC gespielt werden kann. Doch sind die Kosten gerechtfertigt? Schließlich kann man fast alle Titel auf die eine oder andere Art und Weise für umsonst und legal aus dem Netz beziehen!

Dies mag zwar stimmen, doch bezieht man über den Kauf nicht nur ein Spiel, sondern auch die Möglichkeit, mit seinen Freunden zu interagieren. Denn jeden Automaten, den man käuflich erhält, kann man in einer eigenen Arcade aufstellen. Diesen Raum kann man dann nach eigenen Wünschen gestalten. Die Möglichkeiten hierfür sind mannigfaltig. Und schon bald sieht man, wie die Avatare seiner Freunde die Spielhalle bevölkern. Sie wuseln umher und besetzen die erst kürzlich erworbenen Spiele. Allerdings ist dies noch nicht die wahre Interaktion. Denn was du umherwandeln siehst ist nur eine Simulation des Programms. Richtig interagieren kann man erst, wenn man Einladungen und Herausforderungen rausschickt. Man stellt Bedingungen und verhöhnt seinen Kontrahenten. Dies erhöht deutlich den Spaß-Faktor. Denn im Vordergrund stehen dadurch nicht die Titel, sondern das Miteinander.

Graphisch kann man natürlich keine Höhenflüge erwarten. Schließlich sind die Spiele bereits einige Jahrzehnte alt. Trotzdem wurden sie sehr gut ins HD Zeitalter übertragen, so dass die Pixel jetzt, so merkwürdig dies auch klingen mag, hochauflösend sind. Leider wird dann beim zocken nicht der gesamte Bildschirm genutzt. Im Hintergrund kann man sehen, wie der eigene Avatar am Automaten herumhampelt, was doch sehr irritierend ist.
Auch der Sound  kann überzeugen. Wie schon erwähnt, ist der allererste Eindruck ein Bombardement für die Ohren. Dies legt sich erst dann, wenn man in die Nischen geht, in denen die Automaten stehen. Ab diesem Moment ist das was man hört nur noch links und rechts eine Beschallung, die manchmal sogar für Überraschungsmomente sorgt, wenn man plötzlich eine bekannte Melodie hört. Auch hier wurde die alte Zeit ins neue übertragen. Das melodische zwei-Ton Gedudel (was nicht abwertend gemeint ist!) mancher alten Spiele kann man nun in Dolby hören.

Um das Spielegefühl noch ein bisschen zu steigern, wurden noch ein paar nette Gimmicks eingebaut. So kann man bei einem gekauften Automaten die Zeit zurück- und wieder vorspulen. Außerdem besteht bei den Atari 2600 Spielen die Möglichkeit die Kipp-Schalter, die damals auf der Konsole waren, virtuell einzublenden und zu betätigen. Dies verstärkt das Nostalgie-Gefühl, das einen sowieso schon die ganze Zeit befallen hat. Zusätzlich gibt es auch noch eine Übersicht, was die Geschichte des jeweiligen Titels ist.

Die Steuerung wurde perfekt in die neue Zeit übertragen. Die Spielfiguren sind flüssig zu lenken. Wie genau, kann man vor Spielbeginn einsehen. Ebenso kann man auch die Story des Spiels nachlesen.
Und am Ende stellt sich die ultimative Frage, für wen ist das ganze überhaupt? Die altehrwürdigen Spielesammler dürften sicherlich bereits einige der hier simulierten Spiele und Konsolen in ihrem Besitz haben. Ist daher der Game Room für sie uninteressant? Vermutlich. Deutlich angesprochener dürften sich die Spieler fühlen, die diese Zeit nicht mit gekriegt haben. Wahrscheinlich aus dem Grund, weil sie damals noch nicht geplant waren. Sie sind es, die Microsoft hauptsächlich ansprechen dürfte. Sie und all die Spieler, die Interesse an der Vergangenheit ihres Hobby haben.

Und was wird die Zukunft bringen? Microsoft selber hat versprochen innerhalb der nächsten drei Jahre bis zu 1000 Titel herauszubringen. Dabei stellt sich die Frage, ob der Konzern in der Prä-NES Phase verweilen wird, oder sich auch darüber hinaus wagt? Die Antwort ist eigentlich simpel. Es ist eher unwahrscheinlich, dass man irgendwann auch Titel aus den späten 80ern und frühen 90ern im Game Room zocken kann. Ganz einfach aus dem Grund, weil ab dieser Phase die verschiedenen Games bereits durch Compilations oder Releases auf Plattformen wie der Virtual Console abgedeckt sind. Außerdem gibt es aus der frühen Phase noch viele verschiedene Klassiker, wie zum Beispiel Pitfall oder Space Invaders. Sogar über ein Release von Pong dürfte sich der eine oder andere freuen. Weil diese Titel Nostalgie pur versprechen!