Als Top Spin 3 im Sommer 2008 in den Handel kam, schreckte die anspruchsvolle Schlagmechanik etliche Spieler ab. Im direkten Vergleich mit dem arcadelastigen und einsteigerfreundlichen Virtua Tennis 3 von SEGA ist der Titel sehr fordernd, weil stark simulationsbetont. Für Top Spin 4 wurde die Steuerung an den richtigen Stellen von 2K Czech überarbeitet, was dem Spielspaß und der Langzeitmotivation ganz klar zugute kommt.
Um es auf den Punkt zu bringen: Die findigen Mafia-Entwickler haben genau das perfekte Mittelmaß zwischen schnell-zugänglichen Arcadespiel und ernsthafter Simulation getroffen. Dies macht sich binnen kurzer Zeit auf dem virtuellen Spielfeld bemerkbar: Schläge, Slices, Top-Spins und Lobs gehen locker von der Hand, die Steuerung ist sehr präzise und die realistischen und komplexen Ballwechsel geschmeidig wie nie zuvor. Fans der Serie wissen es bereits: Ohne blitzschnelle Reaktionen, perfektem Timing und richtigem Stellungsspiel nehmen euch die schlau agierenden Gegner auf einer höheren Schwierigkeitsstufe gnadenlos auseinander. Dasselbe gilt für den spaßigen Onlinemodus (u.a. bestreitbar mit diversen lizenzierten Stars) oder die hoch motivierende Online-Karriere. Die leichten Lags und Verzögerungen sind ebenso verschmerzbar wie die teils langen Ladezeiten auf der Xbox 360 trotz alternativer Festplatteninstallation.
Das 'A und das O' in Top Spin 4 ist der 'Perfekte Zeitpunkt'. Innerhalb eines knapp bemessenen Zeitfensters muss – ähnlich wie in Namco Bandais Smash Court Tennis 3 – für Schläge die entsprechende Taste gedrückt und im richtigen Moment losgelassen werden. Um ein Ballgefühl und Timing für den Schlag zu entwickeln, schaltet ihr den 'Timing-Helfer' hinzu. Die Lockerheit beim Schlag und die nötige Präzision eignet ihr euch in der Top Spin Akadamie (Spiel vs Ballmaschine oder einen Sparrings-Partner) an. Eure Beinarbeit – für kontrolliertes und sauberes Tennisspielen unabdingbar – optimiert ihr schließlich mithilfe des 'Aufprung-Helfers'. Dieser zeigt an, sofern aktiv geschaltet, wo der gelbe Filzball auf dem Tennisplatz landen wird. Für Neueinsteiger und Gelegenheitszocker eine tolle Sache, die obendrein den Spieleinstieg ungemein erleichtert.
Bei den Spielmodi setzt 2K Sports mit Top Spin 4 auf bewährte Kost. Neben dem Schaukampf (Schnelles Spiel) erwarten euch die Game-Modi Karriere, Tenniskönig und die allseits beliebte Top Spin Akadamie. Für Partystimmung sorgt der Spielmodus 'Tenniskönig' mit seinen kurzen Matches. Das Ziel ist schnell erklärt: Der Verlierer scheidet aus und macht Platz für einen neuen Herausforderer. Der erste Spieler mit 3 Punkten gewinnt. Mit vier menschlichen Kontrahenten ein echter Partykracher.
Eigens für Solospieler wurde der Karriere-Modus kreiert, der Kernpunkt von Top Spin 4. Hier gilt es mit einem selbst erstellten Spieler die Weltranglisten-Spitze zu erklimmen. Dank Trainer-Feature (ihr müsst spezielle Ziele erfüllen) und motivierendem 'Hochleveln' eures Alter Egos macht dieser ungemein Laune. Darüber hinaus dürft ihr vor jedem Match den Schwierigkeitsgrad verändern. Alternativ sammelt ihr online (World Tour-Modus) weitere Erfahrungspunkte. Unrealistische Minispiele und dergleichen, bspw. bekannt aus Virtua Tennis, bekommt ihr hier nicht zu Gesicht. Vor den Turnieren nehmt ihr stattdessen an einem Trainingsmatch teil, in denen ebenfalls wertvolle XP-Points als Belohnung winken. Auf Wunsch lassen sich diese bei Nichtgefallen kurzerhand überspringen.
In puncto Umfang kann sich Top Spin 4 mit seinem umfangreichen Spieler-Lineup, bestehend aus aktuellen Top-Spielern (Rafael Nadal, Roger Federer, Caroline Wozniacki, Serena Williams..) und Legenden (Andre Agassi, Björn Borg, Boris Becker, Pete Sampras..) wirklich sehen lassen. Mehr als 4.000 neue personenbezogene Animationen (inklusive Gesichtsmimik wie Freude, Wut oder Traurigkeit) hauchen den 25 lizenzierten Spielern auf den insgesamt 40 unterschiedlichen Veranstaltungsorten gekonnt Leben ein.
Grafisch hat sich nicht allzu viel getan, was nicht weiter tragisch ist. Dennoch machen sich feine Unterschiede im Detail bemerkbar: Publikum als auch Spielermodelle wurden seitens 2K Czech weiter verschönert. Technisch beeindruckt Top Spin 4 mit einer tollen Weitsicht und sauberer, wenn auch leicht steriler Optik. Ruckler oder sonstige Frameraten-Einbrüche sind keine auszumachen. Die dynamische Kameraführung sorgt zusätzlich für Realismus auf dem virtuellen Spielfeld. Nennt ihr einen 3D-HD-Fernseher sowie eine kompatible 3D-Brille euer Eigen, dürft ihr Top Spin 4 in stereoskopischem 3D – sowohl auf Xbox 360 und PlayStation 3 – spielen. Eine geringere Auflösung, sichtbares Bildflimmern und ein detailärmeres Publikum müsst ihr allerdings in Kauf nehmen.
Soundtechnisch erwarten euch elektronisch-angehauchte Songs von Künstlern wie Daft Punk (Da Funk), LCD Soundsystem (North American Scum), Schpilkas (FuzzyFro) und etlichen mehr. Abschließend noch ein Wort zur Bewegungssteuerung: Die PlayStation 3-Version unterstützt PlayStation Move Support, während die von uns getestete Xbox 360-Version keinen Gebrauch von Kinect macht.
Es kommt überaus selten in der Spielebranche vor, dass die Ankündigungen in den Pressemitteilungen zu 100% mit dem fertigen Produkt übereinstimmen. Ausnahmen bestätigen die Regel, wie es das zum Test vorliegende Top Spin 4 wunderschön demonstriert. Ungelogen haben wir es hiermit mit der aktuell besten Tennis-Simulation zu tun, die ihr derzeit für die NextGen-Systeme Xbox 360 und PlayStation 3 erwerben könnt. Tennis-Liebhaber und solche die es noch werden wollen, greifen ohne zu zögern zu.