Harvest Moon: Baum der Stille im Test

Nintendo Wii
Als im Jahr 1998 das erste Harvest Moon für das im Sterben liegende Super Nintendo veröffentlicht wurde, war der Autor dieser Zeilen entzückt. Endlich mal wieder eine neue Idee: Einen Bauernhof führen, die weibliche Dorfjugend angraben und kleinere Erkundungstouren in die Natur unternehmen. Seitdem hat sich die Euphorie weltweit merklich abgekühlt, was zweifellos den zahlreichen inhaltlich kaum veränderten Nachfolgern geschuldet sein mag. Und was macht Nintendo nun? Die schieben einfach den nächsten Nachfolger nach…
Was eigentlich versprach eine kuschelige neue Inselheimat zu werden, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als problembehaftetes Eiland - allen voran der entschlummerte mystische Mutterbaum, der bislang über die Insel wachte. Auch die Harvest Moon Kennern bekannte Erntegöttin scheint per one-way Ticket verreist und überhaupt klappt hier gar nichts mehr. Zeit also für jemanden, der die Dinge mal wieder gerade rückt...


Harvest Moon: Baum der Stille (Nintendo Wii)


Nachdem unser wahlweise männlicher oder weiblicher Held die romantische Schiffreise zur Insel inklusive der obligatorischen stürmischen See hinter sich gelassen hat, müsst ihr euch erstmal als fähiger Arbeiter erweisen. Erst nach einiger Spielzeit geht es dann auf die eigene Farm. Das heißt, im Grunde könnt ihr zwischen drei verschiedenen Orten wählen, die anfänglich naturgemäß allesamt mindestens ramponiert sind. Um das Bruttosozialprodukt zu steigern, muss bekanntlich in die Hände gespuckt werden, also geht es nach ersten Erkundungsgängen auch schon direkt an die Arbeit - Felder anlegen, Tiere füttern und auch in der Mittagspause mal fischen gehen.


Harvest Moon: Baum der Stille (Nintendo Wii)


Doch ähnlich wie bei den erfolgreichen Sims ist auch bei Harvest Moon: Baum der Stille Arbeit nur das halbe Leben. Neben Aufzucht & Pflege von Tieren und dem Bewirtschaften der Felder, will in der knappen Freizeit auch der Hof voran gebracht werden. Hierzu darf neben dem klassischen Upgrade der Werkzeuge auch wieder der Hof vergrößert und mit Möbeln ausgestattet werden. Und natürlich warten bis zu acht Männlein oder Weiblein (abhängig von eurer Charakterwahl) auf den richtigen Partner fürs Leben und wollen hofiert werden. Außerdem darf nun auch ein Nebenjob aufgenommen werden, um die speziell zu Beginn angespannte Finanzlage etwas zu verbessern. Der Umfang bei Harvest Moon stimmt sicherlich, hier ist der Schillerscheibe kein Vorwurf zu machen - allein, so richtig neue Ideen sucht man dennoch mit der Lupe.


Harvest Moon: Baum der Stille (Nintendo Wii)


Auch die Anpassung an den Nintendo Wii mag man als eher dürftig umschreiben. Abgesehen von einigen Aktionsmustern bekannter Sorte (Drücke Knopf + schüttle Wiimote), gibt es hier tatsächlich wenig Erbauliches zu berichten. Da nimmt man lieber den löblicherweise auch unterstützten Classic Controller zur Hand. Einzig und alleine die Mini-Games bei einigen Dorfveranstaltungen müssen zwingend mit Wiimote + Nunchuck gespielt werden. Selbige Minispiele können dann übrigens auf Wunsch auch im Multiplayer Party Mode mit bis zu vier Spielern gespielt werden.


Harvest Moon: Baum der Stille (Nintendo Wii)


Unerfreulicherweise bietet Harvest Moon: Baum der Stille nicht einmal den mittlerweile als Standard anzusehenden 50/60 Hz Modus und verzichtet auch auf 480p Kompatibilität - ein Umstand, der irgendwie den Eindruck erweckt, als habe man hier beim Aufräumen des Schreibtischs in irgendeiner Schublade noch ein vergessenes Harvest Moon Spiel von 2003 gefunden und sich daraufhin entschieden, es nun doch noch zu veröffentlichen.



Für diese Version der Geschehnisse spricht auch ganz klar die technische Umsetzung der Bauernhof-Simulation: Optisch bewegt man sich auf gehobenem GameCube Niveau, lässt aber jegliche technische Finesse vermissen. Es sieht "nett" aus, aber so kennt man die Harvest Moon Titel seit Jahren. Neue Impulse? Fehlanzeige! Auch beim Sound gibts Grund zu meckern: Die Melodien sind atmosphärisch stimmig, die Sprachausgabe hingegen oft undeutlich und qualitativ irgendwie stark durchwachsen. War der Sprecher vergrippt?


Harvest Moon: Baum der Stille (Nintendo Wii)


Dazu kommt dann noch die ewig nervige, statische Kamera, an die sich Harvest Moon Veteranen mittlerweile wohl schon gewöhnt haben mögen. Warum man das Problem immer noch nicht in den Griff bekommt, bleibt ein Rätsel und schmälert den Gesamteindruck im Jahr 2009 doch merklich. Nur um bösen Fanmails zu entgehen - natürlich sieht Harvest Moon schnieke aus und erfüllt seinen Zweck, aber im Vergleich zum GameCube Zeitalter wünscht man sich nun eben einfach eine Entwicklung. Irgendeine.


Harvest Moon: Baum der Stille (Nintendo Wii)


Da wäre beispielsweise der Online Zug, der leider wieder ohne Harvest Moon abgefahren ist. Dabei eignet sich das Spiel doch perfekt dafür, wie z. B. bei Animal Crossing sich gegenseitig zu besuchen, um sich dann mit dem Gemüse aus dem Vorgarten zu bewerfen oder sich àla Schwiegermutter heimlich im Haushalt einzunisten und "aufzuräumen". Hehe.


Harvest Moon: Baum der Stille (Nintendo Wii)


Leider bleibt es aber beim Träumen, denn das Internet bleibt Harvest Moon freie Zone. Da fragt man sich doch dann tatsächlich, womit man die neue Investition von immerhin ca. 50 Euro vor sich selbst rechtfertigen soll? Denn zweifellos ist Harvest Moon: Baum der Stille kein schlechtes Spiel, aber das nahezu identische Gameplay gibt es mit der SNES Version von Harvest Moon über Virtual Console bereits für schlappe 800 Punkte (ca. 8 Euro) - ebenfalls im 4:3 Bildformat und ohne Onlinefunktion...

Sebastian meint:

Sebastian

  Harvest Moon ist wie eine dieser Reality Shows à la Big Brother: Erst waren alle schrecklich begeistert, aber spätestens beim zweiten oder dritten Revival begann die Langeweile und ließ alle weiter durchs TV-Programm zappen. Gleiches solltet ihr mit Harvest Moon: Baum der Stille tun, es sei denn, dass seit Äonen unveränderte Spielprinzip gräbt euch auch heute noch an. Für unerfahrene Jungbauern evtl. noch einen Blick wert, erfahrene Landwirte warten hingegen auf das nächste Harvest Moon - dann mit hoffentlich zeitgemäßen Inhalten!

Positiv

  • Großer Umfang
  • Classic Controller Unterstützung
  • Multiplayer Party Modus

Negativ

  • Nur 50 Hz / 4:3 Bildformat
  • Kein Onlinemodus
  • Nervige Kamera / Sprachausgabe
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Harvest Moon: Baum der Stille Daten
Genre Simulation
Spieleranzahl 1 - 4
Regionalcode PAL
Auflösung / Hertz 50 Hz
Onlinefunktion Ja
Verfügbarkeit 09. Oktober 2009
Vermarkter Nintendo
Wertung 6.6
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neXGam YouTube Channel
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