
Als Freund und Bestreiter aller bisherigen „Oddworld“ Teile trat ich dem neuen Titel skeptisch gegenüber. Dem Anschein nach traute man auch bei Microsoft der Sachlage nicht so und so übernahm Electronic Arts die Publishing-Rechte an „Strangers Vergeltung“. Aber man soll die Flinte ja bekanntlich nicht zu früh ins Korn werfen und so ließ ich mich auf das Spiel weiter ein. Am Ende des Tutorial-Level wusste ich, wie man beispielsweise Gegner mit „Arschbackenhörnchen“ anlocken oder durch „Stunks“ in eine kollektive Brechorgie bringen kann. Dies sollte allerdings noch nicht das Ende der Munitionsstange sein. Die alleinig zur Verfügung stehende Armbrust kann hierbei auf der rechten und linken Seite mit verschiedenen Wesen der „Oddworld“ bestückt werden.

Sehen wir uns den Helden sowie die eingesetzten Geschosse an, wundert es kaum noch, dass die Städte von Hühnern & Hennen (Clakkers) bewohnt werden. Mit ihnen kann man sich auf Wunsch unterhalten, da sie ab und an einen guten Tipp zum nächsten Schurken parat haben. Vor den Stadttoren muss „Stranger“ dann auch immer brav seine Waffen abgeben. Nur gut, dass er selbst in dieser Situation noch in der Lage ist, einiges in Form von Schlägen oder Kopfnüssen auszuteilen. Neben den Tipps lassen die Federviecher nämlich des Öfteren einige Säcke mit „Moolaa“ liegen. Verdrischt man die Bewohner allerdings zu lange, ziehen sie sich in die Häuser zurück und verrammeln die Türen. Jetzt kommt Ihr für einige Zeit nirgendwo mehr rein. Irgendwann wird man Euch aber auf recht amüsante Weise bitte, doch ein paar Pillen einzuwerfen und wieder „normal“ zu reagieren. Haltet ihr Euch daran, füllen sich die Straßen erneut. In späteren Städten, gehen die Bürger übrigens auch zur Gegenwehr mit Schusswaffen über, also übertreibt dieses nicht zu oft.
Ihr müsst jetzt in die städtische Kopfgeldstube gehen, um dort das Geld für den letzten Schurken abzukassieren und einen neuen Auftrag zu erhalten. Die gestallten sich im Prinzip immer nach dem gleichen Muster. Findet den Weg zum Unterschlupf der Bösewichter, erledigt unterwegs die Helfer, schaltet die leichteren Feinde aus und stellt Euch dem Bosskampf. Im Gegensatz zur nicht all zu hohen KI der kleineren Gegner, erfordern jene Kämpfe schon mal ein paar Anläufe, um die richtige Strategie zu finden. Vor allem solltet Ihr dabei immer versuchen den Schurken lebendig dingfest zu machen, da es hierfür die doppelte Belohnung gibt. Ist ein Opponent k.o. gegangen, könnt Ihr diesen mit einer Art Sauggewehr verschlucken. Dies scheint ein frühes Modell einer „Ghostbusters“ Falle zu sein. :D

Auf dem Bildschirm sehr Ihr in der rechten oberen Ecke jeweils zwei Balken laufen. Der obere zeigt Euch Eure verbleibende Energie, der untere Eure derzeitige Ausdauer an. Seid Ihr angeschlagen, genügt ein Druck auf den „Y-Button“ um die Energieleiste wieder zu füllen. Dies wird Euch allerdings zu gleichen Teilen von der Ausdaueranzeige abgezogen. Die Energie der Bosse wird oben links eingeblendet. Im Prinzip werdet Ihr recht schnell merken, dass verschiedene Taktiken zum Ziel führen können, die Rambo Vorgehensweise aber oftmals mit schwerem Brummschädel verbunden ist. Ab einer gewissen Geschwindigkeit verfällt der „Stranger“ dann auch in einen Lauf auf allen Vieren, wobei hier im Weg stehende Feind sofort k.o. gehen.

Grafisch präsentiert sich „Oddworld: Strangers Vergeltung“ von einer der schönsten Seiten. Detailverliebtheit mit klaren Texturen gepaart mit extremer Weitsicht wohin das Auge schaut. Geht man z.B. in den Wäldern durch einen Sonnenstrahl, der die Baumkronen durchdringt, tanzen darin kleine Elementare umher. Schon gleich zu Beginn hat man das Gefühl den Staub der Wüstenlandschaft zwischen den Zähnen zu spüren. Selbst beim Blick durch das erhältliche Fernglas verschwimmen Elemente im Hintergrund leicht weg. Erneut lassen sich die Entwickler von „Oddworld Inhabitants“ hier keine Butter vom Brot nehmen. Würde es mittlerweile nicht Titel wie Chronicles of Riddick oder Splinter Cell: Chaos Theory mit ihren Bumb-Mapping Effekten geben, würde es hierfür garantiert die Höchstwertung geben.

Die Steuerung ist in den Optionen üppig einstellbar und reagiert zuverlässig. Je nach Wunsch kann man die Y-Achsen sowohl der Ego- als auch der 3rd.-Person-Kamera einstellen. Vor allem der direkte Wechsel zwischen den Ansichten kann hier gut überzeugen. Über die beiden „analogen Schultertasten“ feuert Ihr das jeweilige Lebewesen auf Eure Gegner ab. Mit „X“ saugt Ihr k.o. gegangene Bösewichter ein. Über „A“ wird gesprungen (2x = Doppelsprung) und über „Y“ geheilt. Nur an einigen Stellen gab es leichte Probleme mit der Nachjustierung der Kamera. Hier verschafft ein Wechsel auf die Ego-Perspektive schnell Abhilfe.
Hielt ich es zuerst nicht für möglich, ein Action-Adventure flüssig mit einem Ego-Shooter zu paaren, belehrte mich Oddworld: Strangers Vergeltung eines Besseren. Daß es in der „Oddworld“ etwas komisch zugeht, dürfte Kennern der Serie bereits bekannt sein. Hier wird der ganzen Sache aber ein neuer Stempel aufgedrückt. Die Nutzung der lebendigen Munition als I-Tüpfelchen bringt dem Titel eine verdient hohe Wertung ein. Diese wird nur durch die auf Dauer recht gleich bleibende Vorgehensweise sowie die wenigen Gegnertypen und ihre oftmals nicht eben lebendige KI gebremst. Hätte man hier besser gearbeitet, wäre eine hohe Bewertung mehr wahrscheinlich gewesen. Dennoch kommen hier sowohl Freunde der „Oddworld“ als ebenso Ego- und Adventure Fans voll auf Ihre Kosten. Meine Zweifel über die neue Machart wurden auf jeden Fall vollkommen beseitigt, auch wenn dies erst nach ca. zwei Stunden komplett vollzogen war. Da ist es schon wirklich schade, dass sich Lorne Lanning mittlerweile dazu entschloss, die Programmierung von Spielen einzustellen und sich in Zukunft auf das Filmgeschäft konzentrieren zu wollen.