Die Kings Field-Reihe steht in der Tradition klassischer Dungeon Crawler wie Wizardry oder Eye of the Beholder. Wie im Letztgenannten werden die Kämpfe in Echtzeit ausgetragen. Anstatt aber als Party durch dunkle Gewölbe zu ziehen, seid ihr auf euch allein gestellt. Passend zu den technischen Fähigkeiten der Playstation, kann sich weich und stufenlos durch die komplett aus Polygonen gestaltete Welt bewegt werden. Dies hebt es von klassischen Crawlern mit ihrer blockweisen Bewegung und 90 Grad Drehungen ab. War das KF I noch in separate Gebiete unterteilt, begründet sein Nachfolger die Serientradition einer großen zusammenhängenden Welt, die ohne Ladezeiten durchquert werden kann. Über Schlüssel oder einseitig verriegelt Türen tun sich immer wieder neue Verbindungen und Abkürzungen auf, weshalb die Insel Melanat, trotz der schlichten Umgebungsgrafik, schnell den Entdeckungstrieb weckt.
Denn obwohl die Technik für die Playstation Frühzeit durchaus beeindruckend ist, findet das Spiel hauptsächlich in engen, kantigen Räumen statt. Dadurch wird es erschwert, eine glaubwürdige Landschaft rüberzubringen, selbst wenn sich eindeutig Mühe beim Aufbau der Umgebung gegeben wurde. Der Wechsel der Wandtexturen von Grau auf Gelb auf Grün muss genügen, um euch eine Höhle, Burgräume oder ein verwittertes Piratenversteck zu vermitteln. Obschon es durchaus vereinzelt ein paar spektakulärere Regionen gibt, bleiben die Mittel spartanisch. Gegner und Charaktere sind zwar durchweg dreidimensional modelliert, doch kommen nur selten überhaupt Texturen zum Einsatz. Auch sind sie recht sparsam animiert.
Dass es KF II dennoch gelingt, dichte Atmosphäre aufzubauen, liegt neben dem eigenständigen, düsteren Soundtrack mit synthetischen Mittelalterklängen von Koji Endo, Kaoru Kono und Tsukasa Saitoh (Sound Kid‘s) am Bedrohungsszenario. Von Beginn an seid ihr von äußerst gefährlichen Monstern und Tieren umgeben, die kein leichtfertiges Umherstolpern dulden. Wer Melanat und ihre Bedrohungen nicht ernst nimmt, wird nicht weit kommen. Ressourcen sind häufig knapp, Rüstung und Waffen beim Händler teuer und in freier Wildbahn selten. Wer die Wege zu den Speicherpunkten überleben will, sollte vorsichtig und defensiv vorherigen. Dass das Geschehen aus der Egoperspektive abläuft und die Drehgeschwindigkeit von Prinz Alexander nicht sonderlich hoch ist, verstärkt das Gefühl der Bedrohung zusätzlich, obwohl letzterer Punkt vermutlich eher technische Gründe hat.
Doch ebenso nimmt KF II den Spieler ernst. Melanat lässt sich vielerorts frei erkunden. Abzweigungen lassen euch wiederholt die Freiheit, Regionen in selbst gewählter Reihenfolge zu besuchen. Ebenfalls könnt ihr entscheiden, ob, wann und welchen Schlüssel ihr vom Schlüsselmacher herstellen lasst. Bestimmte Gebiete sind durch starke Feinde eher für späte Ausflüge gedacht. Furchtlose und im Schwertkampf talentierte Recken können sich aber auch früher deren Schätze unter den Nagel reißen.
Leider ist das Kampfsystem träge und simpel. Um die Gegner herum laufen und zum immer gleichen Schlag ansetzen, heißt die Devise. Der langsame Charakter und die häufig engen Gänge setzen hier oft Grenzen und zwingen zu Vor-Zurück-Manövern. Da die meisten Feinde hart austeilen und nicht zu viel einstecken, bleiben die Kämpfe aber doch kurzweilig. Dabei hilft auch die Staminaleiste, die sich nach jedem Hieb erneut aufladen muss, und euch zu bedachtem Handeln animiert. Für die Magie läuft es ähnlich. Hier muss leider besonders lange gewartet werden. Dass Sprinten ebenfalls diese Leisten leert, macht den Magieeinsatz unnötig schwer.
Trotz meiner Begeisterung für die ungeschliffene Schönheit von Fromsoftwares Frühwerk, seien hier auch Punkte erwähnt, die sich kaum ins rechte Licht rücken lassen. Beispielsweise, dass es zwar eine Schnellwahltaste gibt, dafür naheliegende Optionen, wie Heilgegenstände oder die Karte, nicht zur Verfügung stehen. Durch das hohe Schadensniveau und die manchmal labyrinthartigen Orte ist dies ein besonderes unverständliches Manko. Außerdem sind es oft die NPCs, die mit ihren austauschbaren Texten verhindern, dass man sich wirklich in die Situation des Helden einfühlen kann. Ein kleinerer Makel ist die Darstellung der Dörfer, die recht willkürlich in die Welt eingestreut sind und kaum wie glaubwürdig aufgebaute Siedlungen wirken. Vielmehr treten sie als aneinandergereihte Räume mit Himmelstexturen statt Decken und je einem Häuschen in Erscheinung.
Wiedereinmal obligatorisch sind versteckte Türen, die sich optisch nicht von Wänden unterscheiden. Wie in den frühen Egoshootern dieser Zeit ist man gezwungen, die Wände entlangzulaufen und »Kreis« zu drücken, sofern man alle Geheimnisse entdecken will. Zwar sind fürs Vorankommen solche Verstecke nur selten wichtig, dennoch fühlt man sich dazu genötigt, wenn man erneut nicht weiter weiß. Wirklich spannendes Spieldesign sieht anders aus.