Kings Field IV im Test

PlayStation2

Seinerzeit in der Videospielpresse größtenteils verrissen oder kaum beachtet und nur von einem kleinen Fankreis wertgeschätzt, erhält der finale Ableger der King‘s Field Saga heutzutage ein bisschen mehr Aufmerksamkeit. Grund dafür ist, dass sich herumgesprochen hat, die Ego-Dungeon-RPGs seien die geistige Vorlage für die, zu Recht gefeierte, Souls Reihe FromSoftwares.

Im Gegensatz zu Vertretern der Souls Spiele kann auch die vierte Episode der King's Field Reihe kein derart perfektes Gesamtpaket bieten. Vielmehr orientiert es sich am Erstling, der 1994 auf der Playstation 1 erschien und dessen Gameplaybasis sieben Jahre später Vielen dezent antiquiert vorkam. Als Prinz Devian ist es hier eure Mission, die Statue der Dunkelheit in die alte, verlassene Stadt der Waldrasse zurückzubringen, um den wachsenden Einfluss dunkler Mächte Einhalt zu gebieten. Eine Aufgabe, an der kurz zuvor ein ganzes Heer scheiterte.
 
Kings_Field_25Hauptgrund für die Ablehnung seinerzeit war wohl zu großen Teilen das extrem geringe Spieltempo. Bereits auf der PS1 galten die King's Field Spiele spätestens ab Teil zwei (in Europa und Amerika schlicht als „King's Field“ vermarktet) als vergleichsweise träge. Beim vierten Ableger setzte man dem Ganzen jedoch die Krone auf. Kein anderes Ego-RPG von FromSoftware läuft derart langsam. Eine einzige 360° Drehung dauert unglaubliche neun Sekunden (etwa sieben benötigte Alexander in KFII). Sprintstark ist euer Held ebenfalls nicht. Sprinten entspricht hier dem Gehen vergangener Teile. Dabei veröffentlichte FromSoftware mit Eternal Ring im Jahr 2000 ihr schnellstes Spiel dieser Gattung (Drehung in sagenhaften fünf Sekunden). Auch der dritte und letzte Dungeon Crawler auf der Playstation 2, Shadow Tower Abyss, war 2003 wieder deutlich schneller spielbar. Dass die komplette Welt von der DVD, ohne Ladezeiten gestreamt werden sollte, forderte auf der PS2 seinen Tribut. Auch heute wird der Eindruck von Zeitlupe wohl die größte Hürde sein, wenn man sich auf diesen unbequemen Klassiker einlassen will.

Kings_Field_41Das "Erfolgs-" Rezept von King's Field bleibt auch hier bestehen und garantier abermals eine einzigartige Spielerfahrung. Es gilt, eine von Menschen größtenteils verlassene und zumeist frei zugängliche Welt, zu durchstreifen und trotz aller Feindseligkeit, Relikte größter Bedeutsamkeit in euren Besitz zu bringen. Dabei verstand es FromSoftware über freischaltbare Abkürzungen ein Bild eines großen, zusammenhängenden Landstrichs zu vermitteln, was das Erkunden seit jeher besonders reizvoll macht. Jene Welten von King‘s Field sind düster, bedrückend, strahlen aber auch eine geheimnisvolle, verwunschene Atmosphäre aus. Atmosphäre ist überhaupt das Stichwort zum Thema King‘s Field. Die unheimliche Fantasy Welt mit ihren obskuren Monstern in Verbindung mit der hypnotischen Musik, vermittelt eine intensive Spielerfahrung.

 

Kings_Field_38Wie in den Vorgängern werden sowohl mittelalterliche Klänge mit Cembalo und Klavier, als auch reine Synthi Melodien geboten. Dank der überlegenen Fähigkeiten der PS2 fallen die Tracks moderner und orchestraler aus, ohne aber an Eingängigkeit zu verlieren oder beliebig zu wirken. King's Field ermöglicht keine so tiefgründige Charakterentwicklung wie vergleichbare Dungeon Crawler und NPC-Interaktionen nur auf Sparflamme. Während Eternal Ring nicht komplett auf Ladezeiten verzichten konnte, wird das erforschen der riesigen Welt von KFIV zu keinem Zeitpunkt unterbrochen. Dies ist seit Teil zwei ebenfalls ein Eckpfeiler der Reihe. Typisch ist auch, dass der Spieler kaum an die Hand genommen wird. Wie bei Dark Souls müssen die Welt und dessen Regeln auf eigene Faust erschlossen werden. Somit stehen auch hier nur selten Textboxen, Dialoge oder Zwischensequenzen zwischen dem Spieler und der Spielerfahrung.

Kings_Field_45Das nahkampforientierte Kampfsystem aus der Egoperspektive in Verbindung mit der geringen Beweglichkeit der Heldenfigur mag zwar viele Spieler abgeschreckt haben, lässt den Kampf aber intensiv und folgenschwer wirken. Sich nicht jederzeit vergewissern zu können, ob sich ein Feind an euch heranschleicht, trägt einen großen Teil zur bedrohlichen Atmosphäre bei. Nebenbei muss jeder Schwerthieb mit Bedacht gewählt werden, da nur mit voller Ausdauer-Leiste der maximale Schaden ausgeteilt wird. Je nach ausgerüsteter Waffe unterscheidet sich, wie schnell sich nach einem Angriff die Leiste wieder füllt. Abgesehen davon bietet das Kampfsystem wenig Möglichkeit, einen individuellen Kampfstil zu pflegen. Angriffswerte der Gegner und eurer Waffen sowie korrespondierend die Verteidigungswerte, werden in „Schlag“, „Hieb“ und „Stich“ unterteilt, was immerhin das Experimentieren mit unterschiedlich ausgerichteten Waffen belohnt.

 

Kings_Field_26Ähnlich verhält es sich bei Zaubersprüchen, welche auf die Elemente Feuer, Wasser, Wind und Erde sowie Licht und Dunkelheit aufgeteilt sind. Da die Manaregeneration jedoch durchweg von zu konsumierenden Gegenständen abhängig ist, ist ihr regelmäßiger Einsatz recht umständlich. Zumindest können entsprechende Gegenstände, wie auch diverse Zauber oder Karten, auf die Schnellwahltaste „Select“ gelegt werden. Zauber gibt es viele, doch nicht alle sind in gleicher Weise nützlich. Die meisten Spieler werden sich wohl mit einer Handvoll an Sprüchen zufrieden zeigen. Hier hätte etwas mehr Kreativität nicht geschadet. Mit manchen Nahkampfwaffen sind ebenfalls magische Angriffe entfachbar. Dass deren Effekte oft kaum Unterschiede zu normalen Zaubern aufweisen und zusätzlich Mana konsumieren, lässt dies eher zum netten Beiwerk verkommen.

Kings_Field_28Die Steuerung ist ansonsten recht gewöhnungsbedürftig und wenig intuitiv. Ähnlich wie bei den Vorgängern und auch bei Armored Core werden beispielsweise die Schultertasten benötigt, um nach oben und unten zu sehen. Nach einer Weile lässt sich euer Held aber präzise bewegen. Da die meisten Gegner mindestens genauso immobil sind, leidet die Fairness darunter nicht.

Der Schwierigkeitsgrad wirkt zumeist recht beherrschbar. Zwar gibt es einige Fallen und gefährliche Gegner, doch steht dem Spieler über den Verkauf von Rüstungsteilen und Waffen nach einer Weile ausreichend Geld bereit, um große Mengen an Heilgegenständen zu kaufen. Gold beim Händler in Rüstungen und Waffen zu tauschen, ist eher selten nützlich. Hier wäre ein anspruchsvolleres Ressourcenmanagement wünschenswert gewesen. Auch kommt es praktisch nicht vor, dass euch ein Weg über zu mächtige Feinde zeitweilig verwehrt wird. Dennoch sollte man sich nicht umzingeln lassen und seine Gegner nicht unterschätzen. Oft benötigen sie bloß zwei bis drei Schläge, um den Prinzen ins Grab zu befördern.

 

Kings_Field_34Ein größeres Hemmnis beim Durchspielen sind trotzdem eher wichtige Gegenstände, wie Schlüssel oder Relikte, welche oft schwer zu finden sind. KFIV fordert von euch, wie auch dessen Vorgänger, jeden Raum möglichst akribisch zu durchsuchen. Langstrecken-Backtracking ist hier wegen des geringen Spieltempos nicht gerade die spaßigste Aktivität. Es gibt erneut allerlei versteckte Türen, welche über das Abklicken von Wänden sichtbar werden. Dieses Spielelement bietet zwar Erfolgserlebnisse beim Stöbern, andererseits verlockt es auch, praktisch jede Wand zeitaufwändig abzusuchen, was nicht sonderlich spannend ist. Immerhin haben FromSoftware bei wichtigen Geheimtüren Hinweise hinterlegt, so dass man nicht unbedingt darauf angewiesen ist.

Kings_Field_42Technisch macht die Reihe einen enormen Schritt nach vorne. Zwar war man im Jahr 2001 (vor allem aber 2003 zur Veröffentlichung in Europa) systemunabhängig Besseres gewohnt, doch gehörte eine offene, ladezeitenfreie Welt auch nicht zur Normalität. Texturen sind für PS2 Verhältnisse durchaus ordentlich und die Modelle und Animationen der Feinde wissen zu gefallen. FromSoftwares Ego-RPG-Prototyp auf der PS2, Eternal Ring, lässt das fortschrittlichere KFIV klar hinter sich. In puncto Umgebungsdetails, Gegneranimationen und Lichtstimmung wird deutlich mehr geboten. Auch die Kollisionsabfrage bei Geschossen haben FromSoftware in den Griff bekommen. Dungeon-Areale, die sich nur als eine generische Kombination aus Gängen und quadratischen bis rechteckigen Räumen präsentieren, wurden ebenfalls drastisch reduziert, was der Entdeckungslust sehr zugutekommt. In KFIV gibt es einige besonders aufwändig gestaltete Landstriche, mit welchen es sich von seinen Vorgängern abgrenzt. Einen großen Teil der Spielzeit muss trotzdem in engen Korridoren verbracht werden. Die technischen Möglichkeiten der PS2 werden also gezeigt, geklotzt wird dennoch nicht. Gebiete, wie das Startareal oder die Bucht mit ihrem Leuchtturm hätte ich gern häufiger gesehen. Hauptsächlich im näheren Umfeld des oberen Geschosses des zentralen Turmes der alten Stadt kann es schon mal etwas öde werden.

Kings_Field_23KFIV bietet in vielerlei Hinsicht mehr, als seine Vorgänger. Mit Blick auf die modernere Technik der PS2 und die rund fünfjährige Pause seit KFIII ist der Sprung jedoch nicht allzu weit. Insbesondere mit Blick auf KFII und dessen kreatives und abwechslungsreiches Design der Insel Melanat ist es KFIV nicht möglich, seine Vorgänger deutlich hinter sich zu lassen. Auch etwas mehr Gegnervariation im mittleren Drittel des Spiels, wäre der Langzeitmotivation zugutegekommen. Dank einiger Neuerungen, wie zerstörbaren Kisten und Fässern, einem Held der des Tauchens mächtig ist, sich abnutzende Ausrüstung und auflevelbaren Zaubern und Waffen kann sich KFIV dennoch als Speerspitze von FromSoftwares Ego-RPGs positionieren. Die bessere Grafik und detailliertere Architektur leistet zusätzlich einen wichtigen Teil.

 

 

 

Andreas meint:

Andreas

Im Gegensatz zu Dark Souls bietet KF IV fast ausschließlich Werte für die rechte Gehirnhälfte (nach veraltetem Hemisphärenmodell, versteht sich). Seine Anziehungskraft kann eher erfühlt, als in Worte gefasst werden. KFIV lässt den Spieler in eine düstercharmante Welt eintauchen, während die geringe Spielgeschwindigkeit und die einzigartige musikalische Untermalung ein sehr eindringliches Spielgefühl erzeugen. Das äußerst rudimentäre Kampfsystem und die oberflächliche Charakterentwicklung mögen simpel wirken, fügen sich aber dennoch gut ins Gesamtkonzept ein und sorgen für ein intuitiveres Spielerlebnis, als so manche Genrekonkurrenten. Auch wegen der deutlichen technischen Überlegenheit gegenüber seinen PS1 Vorgängern kann sich KFIV als in der Summe bestes Ego-RPG von FromSoftware behaupten.

Bevor andere Entwickler auf den Erfolg der Souls Reihe aufgesprungen sind, war KFIV die naheliegendste Möglichkeit ein Spiel mit ähnlichem Flair zu spielen. Doch trotz seiner technischen Überlegenheit und dem komplexeren Gameplay macht es die King‘s Field Saga nicht obsolet. Allein die Perspektive und die Musik erzeugen eine deutlich abweichende Spielerfahrung, die durchaus für sich stehen kann.

Positiv

  • Sehr dichte Atmosphäre
  • Einzigartiger Soundtrack
  • Offene, zusammenhängende Spielwelt ohne Ladezeiten

Negativ

  • Langsamstes King's Field ever
  • Ressourcenmanagement zu freigiebig
  • Recht simples Kampfsystem
Userwertung
8.3 8 Stimmen
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Forum
  • von Ignorama:

    Hab das Thema im Dark Souls Thread schon angesprochen, da es hier zuweit führen würde. Jetzt durch Demon's Souls wirds ja aber eher ne allgemeine From Software-History. Ich würde dir zustimmen, dass Dark Souls 2 an manchen Stellen runder ist. Allerdings glaube ich, dass da ganz andere Fehler und...

  • von walfisch:

    108 Sterne schrieb: Hmh, also ich halte die deutschen Reviews (und vor allem die Wertungen) aus jener Zeit ja für weit besser als die meisten heutigen. Oder auch als bspw britische Reviews, die ne komplette Katastrophe waren. Generell sind...

  • von 108 Sterne:

    Hmh, also ich halte die deutschen Reviews (und vor allem die Wertungen) aus jener Zeit ja für weit besser als die meisten heutigen. Oder auch als bspw britische Reviews, die ne komplette Katastrophe waren. Generell sind die 90er die Ära, in denen ich noch am ehesten was auf Reviews...

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Kings Field IV Daten
Genre Rollenspiel
Spieleranzahl 1
Regionalcode PAL
Auflösung / Hertz -
Onlinefunktion -
Verfügbarkeit 2003-03-28
Vermarkter Metro3D
Wertung 8.3
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