Torchlight im Test

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Fans von Action-RPGs müssen eigentlich nur zwei Dinge über Torchlight wissen. Einige der Macher von Diablo waren beteiligt und das Game spielt sich auch fast genau so wie der legendäre PC-Titel. Den Spätgeborenen innerhalb der neXGam-Leserschaft sei gesagt, dass Diablo im Jahr 1996 eine echte Offenbarung war und Zocker weltweit in Ekstase versetzte. Der inoffizielle Urenkel namens Torchlight hat nun die Xbox Live Arcade erreicht. In unserem Testbericht erfahrt ihr, ob das Spiel nur für Nostalgiker interessant ist oder auch gegen aktuelle Games bestehen kann.

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Torchlight zählt zu den so genannten Dungeon Crawlern, einer Unterkategorie der Rollenspiele, die durch actionreiche Kämpfe und nahezu endlose Raubzüge definiert ist. Oberflächliche Geschichten sind in diesem speziellen Genre zwar ebenfalls keine Seltenheit, doch das neue XBLA-Game fällt durch eine besonders seichte Story auf. Ein aufstrebender Abenteurer betritt die Stadt Torchlight und erklärt die Erforschung der nahegelegenen monsterverseuchten Gewölbe zu seiner neuen Lebensaufgabe. Das hört sich zunächst recht spannend an, doch schnell wird klar, dass außer immer gefährlicheren Gegnern kaum Überraschungen in den Katakomben warten. Die vielen Mini-Missionen, die Dorfbewohner großzügig verteilen, sind ähnlich unspektakulär wie die Hauptaufgabe. Auch wenn einige der Jobs wortreich angekündigt werden, geht es immer um das Aufspüren eines bestimmten Artefaktes oder das Besiegen eines speziellen Fieslings.


Als Entschädigung für die mangelhafte Erzählkunst erhalten die Käufer ein gut durchdachtes Spielprinzip samt intuitiver Steuerung. Wenn nicht allgemein bekannt wäre, dass es sich bei Torchlight um die Umsetzung eines PC-Games handelt, würde es glatt als Exklusivkreation für die Xbox 360 durchgehen. In den unzähligen Kämpfen, die im Mittelpunkt des Geschehens stehen, fällt das Fehlen von Maus und Keyboard zu keinem Zeitpunkt negativ auf. Waffen, Zaubersprüche und Gegenstände lassen sich in einem entsprechenden Menü den Knöpfen des Controllers zuordnen, wodurch sie bequem benutzt werden können. Mit dieser Methode stehen natürlich nicht alle Aktionen gleichzeitig zur Verfügung, aber selbst wenn eine ausgefallene Zutat für das nächste Manöver benötigt wird, kommt keine Hektik auf. Durch das Aufrufen des Inventars werden die Echtzeit-Schlachten sofort pausiert.

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Wer sich erstmals an ein Spiel dieser besonderen Gattung wagt, dürfte von den vielen Menüs, Optionen und der gigantischen Anzahl unterschiedlicher Monsterjagdwerkzeuge anfangs ziemlich eingeschüchtert sein. Das ist aber kein Grund, den Controller frustriert hinzuschmeißen, denn die Lernphase ist deutlich kürzer als es zunächst den Anschein hat. Alles ist leicht verständlich und logisch aufgebaut. Schnell werden das Wechseln von Waffen und das Zuteilen von erspielten Punkten auf verschiedene Fähigkeiten zur Selbstverständlichkeit. Vor dem Kauf sollte allerdings klar sein, dass neben den relativ simplen Schlachten das Experimentieren in den Menüs zu den Hauptaufgaben gehört. Wer keinen Spaß daran hat, immer wieder Pausen einzulegen, um neue Items zu identifizieren, Rüstungen zu verbessern oder Zaubersprüche zu erlernen, sollte Torchlight nicht herunterladen. Trotz der Tatsache, dass die eigentlichen Schlachten kaum taktisches Geschick oder Fingerspitzengefühl erfordern, müssen sie gut vorbereitet werden.

Diablo I und II haben gezeigt, dass ein recht simpler Multiplayer-Modus aus grundsätzlich oberflächlichen Action-Rollenspielen echte Dauerbrenner macht. Noch heute erinnern sich Battle.net-Veteranen gern daran, wie sie mit diesen Oldies die ersten Online-Freunde fürs Leben gefunden haben. Der gemeinsame Kampf gegen Monsterhorden, das Retten schwächerer Charaktere und das Erhalten von realem Lob für virtuelle Heldentaten gehören zu den schönsten Momenten eines Zockerlebens. Hier wird das größte Problem von Torchlight deutlich, denn der Diablo-Klon besitzt tatsächlich alle Qualitäten des bekannten Vorbildes bis auf eine Mehrspieler-Variante. Wie schade das ist, lässt sich kaum in Worte fassen. Fans von geselligen Streifzügen werden fast im Minutentakt denken: “Nett, aber mit einem Kumpel wäre es genial.“ Echte Einzelgänger hingegen, denen das Erreichen immer höherer Levels Lohn genug ist, sollten voll auf ihre Kosten kommen.

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Wahrscheinlich hat während der Entwicklung einer der Torchlight-Macher irgendwann folgenden Satz von sich gegeben: “Wenn wir schon keinen Multiplayer-Modus integrieren, müssen wir wenigstens für ein paar künstliche Freunde sorgen.“ Völlig allein ist der Protagonist nämlich nur selten unterwegs. Ein treuer Begleiter darf bereits zu Beginn des Abenteuers gewählt werden. Ob nun ein Katzen-, Hunde-, oder Echsenwesen rekrutiert wird, hat keinen Einfluss auf die Fähigkeiten des Haustiers. Auch wenn die Entwicklungsmöglichkeiten im Vergleich zum Hauptdarsteller eingeschränkt sind, kann die freundliche Kreatur im Laufe der Zeit zu einem sehr nützlichen Werkzeug im Kampf gegen die Mächte der Finsternis werden. Sie ist dazu in der Lage, selbst Zaubersprüche zu lernen, wird durch das Anlegen magischer Halsbänder mächtiger und besitzt die äußerst unterhaltsame Gabe, sich nach dem Essen für kurze Zeit in ein anderes Monster verwandeln zu können. Wenn starke Feinde auftauchen, ist der kleine Freund zwar oft überfordert und tritt die Flucht an, aber gelegentlich wird er auch zum echten Retter in der Not. Auch als Packesel lässt er sich missbrauchen und läuft auf Befehl in die Stadt, um überflüssige Gegenstände zu verkaufen. Wie das stumme Wunderwesen die Preise aushandelt ist unerforscht, aber nach wenigen Minuten kehrt es immer mit Bargeld zurück.

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Weitere Kreaturen lassen sich durch Magie erschaffen. Diese zusätzlichen Helferlein sind zwar weder so intelligent noch so unzerstörbar wie der ständige Begleiter, aber sie sind tapfere Krieger, die bis zum letzten Atemzug kämpfen. Gerade wenn ein besonders gemeines Monster auftaucht, empfiehlt es sich, eine Truppe Kobolde, Skelette und sonstige Verbündete zu beschwören, um für Ablenkung zu sorgen.

Der Umfang von Torchlight ist ordentlich. Die 35 Gewölbe der Hauptquest sind auf normalem Schwierigkeitsgrad zwar in unter 10 Stunden zu bewältigen, dank der vielen Nebenmissionen, kann die Jagd aber auch deutlich länger dauern. Ob danach noch genügend Anreize für einen zweiten oder sogar dritten Durchmarsch vorhanden sind, hängt stark von der Zockerpersönlichkeit ab. Die drei Hauptakteure aus denen zu Beginn gewählt werden kann, unterscheiden sich ehrlich gesagt nicht stark genug, um weitere Ausflüge in die Unterwelt zu rechtfertigen. Etwas anders sieht das mit dem höchsten Schwierigkeitsgrad aus. Wer sehr viel Ehrgeiz besitzt und Herausforderungen liebt, wird hier seine neue virtuelle Heimat finden. Auf diesem Niveau kehrt der eigene Charakter nach dem Ableben nicht einfach mit leichten finanziellen Einbußen in die Stadt zurück, sondern bleibt tatsächlich tot liegen. Da kommt echter Nervenkitzel auf, wenn der mühsam hochgezüchtete Held einem gefährlichen Monster begegnet. Wer es dennoch schafft, den letzten Boss zu besiegen, erlebt eine Überraschung, denn das Game endet nicht. Wahre Meister werden mit dem “endless dungeon“ belohnt, das seinem Namen alle Ehre macht. Immer stärkere Versionen altbekannter Monster lauern hier und die Ausrüstung wird zunehmend nutzloser. Bei dieser härtesten aller Prüfungen, kommen Genre-Profis also voll auf ihre Kosten.

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Obwohl die PC-Vorlage noch jung ist, macht die Grafik von Torchlight einen recht antiquierten Eindruck. Hier wurden offensichtlich ein paar Dollar gespart, denn Wiederholungen sind an der Tagesordnung. Besonders stark fällt das Recycling von Objekten und Texturen in den zufällig generierten Dungeons auf. Auch die Animationen des Protagonisten und eines Großteils der Gegner sind alles andere als vielfältig. Doch es gibt auch Positives zu berichten. Der Stil ist wunderbar düster und es wird schnell klar, dass auch eine kleine Licht- und Schattenshow völlig ausreichen kann, um eine nette Gruselatmosphäre zu erzeugen. Was die Fieslinge an Bewegungsreichtum vermissen lassen, gleichen sie durch Masse und Artenvielfalt wieder aus. Natürlich haben klassische Monster, wie Zombies und Skelette diverse Gastauftritte, doch auf fast jeder Kellerebene stellt sich mindestens ein neues dämonisches Wesen zum Kampf. Die Bosse, die in regelmäßigen Abständen das Weiterkommen erschweren und oft gigantische Ausmaße haben, lassen viele der optischen Mankos schnell in Vergessenheit geraten. Was die Waffen- und Magie-Effekte, die einzeln betrachtet nicht sonderlich hochwertig sind, angeht, hätten die Entwickler ein wenig sparsamer sein dürfen. Gerade wenn eine ganze Horde Unterweltbewohner angreift, gleichzeitig ein paar verbündete Monster mitmischen und auch noch ein paar besonders energiegeladene Attacken zum Einsatz kommen, leidet die Übersichtlichkeit.

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Beim Sound gibt es nicht viel zu meckern. Es war eine gute Entscheidung nur selten komplette Melodien zu verwenden und häufiger auf eine leicht verstörende Mischung aus einzelnen Instrumentenklängen und genretypischen Effekten zu setzen. Wie bei einem guten Horrorfilm verleiht diese Maßnahme dem Game eine besonders unheilvolle Atmosphäre, die nötig ist, um die Ausflüge in die Katakomben wirklich genießen zu können. Etwas peinlich sind hingegen einige der deutschen Sprecher, die aber glücklicherweise nur selten etwas zu sagen haben.

Tim meint:

Tim

Mit einem Multiplayer-Modus, ganz egal ob gemeinsam auf einem Bildschirm oder als Online-Variante, wäre der Dungeon Crawler eines der besten Download-Games überhaupt. Doch leider müssen Käufer des XBLA-Titels allein in die Schlacht ziehen. Obwohl Torchlight in Sachen Gameplay zweifellos ein würdiger Diablo-Erbe ist, leidet der Spaß unter der Abwesenheit von menschlichen Mitstreitern. Klar ist es spannend immer tiefer in die düsteren Gemäuer vorzudringen und natürlich kann die Jagd nach der bestmöglichen Ausrüstung zur Sucht werden. Doch wenn nur vor den virtuellen Bewohnern der Fantasy-Welt mit den vollbrachten Heldentaten und den gefundenen Schätzen geprahlt werden kann, bleibt das Gefühl des Triumphs unvollständig. Genre-Freunde kommen natürlich um den Kauf mangels Alternativen auf Xbox 360 trotzdem nicht herum. Hoffentlich wird auch die bereits angekündigte PC-Fortsetzung, die kooperative Schatzsuchen beinhalten wird, für die Konsole umgesetzt.

Positiv

  • Spaßiges und simples Kampfsystem
  • Viel zu entdecken
  • Gute Anpassung der PC-Steuerung

Negativ

  • Kein Multiplayer
  • Dünne Story
  • Grafisch veraltet
Userwertung
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Torchlight Daten
Genre -
Spieleranzahl 1
Regionalcode -
Auflösung / Hertz -
Onlinefunktion Ja
Verfügbarkeit 09.03.2011
Vermarkter MicrosoftGameStudio
Wertung 8
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