

Keine Angst, der will nur spielen!
Wie wir alle wissen, haben die Japaner so einiges an Sympathie für Mech-Roboter über, wenn diese sich dann auch noch in einem phantasievoll erdachten Universum untereinander mit allerlei Mitteln bekriegen, hält es Hideyoshi & co. kaum mehr auf ihren Plätzen. Das ist bereits seit Jahrzehnten so und die Produzenten versorgen eben diese Klientel mindestens ebenso lang zuverlässig mit neuer Kost. Auch Cyberbots für den SEGA Saturn war so ein Titel, der aber leider niemals außerhalb Japans erschien und dementsprechend im Westen ziemlich unter ging. Der Nachfolger Tech Romancer schaffte hingegen auch den Sprung in den US & EU Markt. Und um es vorweg zu nehmen - seien wir froh drum!

Blitzlichtgewitter!
Tech Romancer ist trotz einer guten Vielfalt bei den 3D Beat'em ups auf dem Dreamcast auf seine Weise ziemlich einzigartig. Dabei liest sich das Spielprinzip wenig spektakulär und noch viel weniger innovativ: Zwei waffenstarrende Mech-Kolosse bekriegen sich hier nämlich vor hübscher Kulisse mit all dem, was ihre Waffensysteme und die Umgebung so her geben. Allerdings spielt sich Tech Romancer so erfreulich spaßig, dass ihr als Genrefan trotz der Theorie etliche Stunden vor dem TV-Screen kleben werdet.
Zunächst einmal gilt es aber nach Spielstart einen von anfänglich neun verfügbaren Mech zu wählen. Selbige sind allesamt Erfindungen der ideenreichen Capcom Männer, besitzen aber allesamt einen eigenen Stil. Das gilt auch für den Piloten, der über später anwendbare Special Attacks und die Konfiguration des zweibeinigen Giganten entscheidet. Bereits hier entdeckt man einen Teil der so motivierenden Vielfalt, die Tech Romander ausmacht - die verschiedenen Kombinationen aus Mech und Piloten wecken nämlich Neugier auch auf die anderen Variationen und fesseln allein mit dem herumprobieren eine ganze Weile vor den Fernseher.


Wow, was für heiße Nieten - und dann erst diese Blechrundungen...
Und das gerade auch weil neben dem gewöhnlichen Arcademodus (Hero Challenge) auch ein Storymodus für gute Unterhaltung sorgt. Hierbei gibts dann Konversationen und Animationen zwischen den Kämpfen, welche die Story erzählen und sehr geschickt immer nur stückchenweise mehr über die Motivation eures Helden verrät. Je nach Wahl eures Mecha und des Piloten ändert sich die Wegstrecke, weshalb es sich nicht nur wegen der versteckten Items lohnt, dass Spiel ruhig auch mehrmals zu beenden.
Doch kommen wir zum zentralen Thema der Schillerscheibe - den Kämpfen! Tech Romancer wirkt hier auf den ersten Blick ein wenig altmodisch und unbeholfen. Die vier Buttons des Dreamcast werden jeweils zum springen, blocken und attackieren verwendet, was zunächst nach wenig aussieht, aber absolut ausreicht. Zudem lassen sich über die beiden Schultertasten die Supermoves auswählen oder dem Feind mit einem Schritt zu Seite in die Tiefe der 3D Hintergründe ausweichen. Kämpft ihr inmitten einer dicht bebauten Großstadt (bestehend aus 3D-Polygon Gebäuden), kommt zudem noch die taktische Note hinzu, Gebäude ggf. zu zerstören um darin befindliche Power-ups (Reparatur, Verteidigung/Angriff hoch usw.) einsacken zu können.

Ich glaub es fängt zu tröpfeln an - machen wir morgen weiter?
Wobei Tech Romancer so richtig punktet, sind die unglaublich vielen Angriffsvarianten und Special-Attacks. Ehe ihr wirklich alle Moves eines der Mecha blind beherrscht, werden etliche Stunden ins Land gehen. Und dann gibts da auch noch die Finishing Moves (Mortal Kombat lässt grüßen) die bei korrektur Ausführung & Timing bereits stark angeschlagene Gegner direkt Richtung Schrottpresse befördert. Doch sollte der Einsatz wohlüberlegt sein, denn ein schlechter Finishing Move ohne Erfolg lädt den Gegner geradezu auf einen wuchtigen Konter ein. Folglich ist diese nicht ganz gefahrlose Möglichkeit speziell als Rettungsanker bei einer unmittelbar bevorstehenden Niederlage nützlich, wenn es darum geht den Kampfverlauf eben noch einmal eine entscheidene Wende zu bescheren. Auch hierbei wird wieder deutlich, daß erfahrene Gamer mit "Skills" bei Tech Romancer etwaigen verzweifelt das Joypad malträtierenden Newbies im direkten Duell gegeneinander weit überlegen ist. Es muß in dieser Beziehung also nicht immer nur ein 2D Prügler aus dem Hause SNK sein.
Auch technisch weiß das Robo-Scharmützel auf Dreamcast durchaus zu gefallen. Die Grafik wurde gegenüber dem Arcadeautomaten noch mal etwas aufpoliert und spielt nun im oberen Drittel bei den Dreamcast Beat'em ups mit. Detailverliebte Mecha, tolle Lichteffekte, packende Schlachtumgebungen und liebevolle Einzelheiten wie kleine Krater nach dem Einschlag von Granaten hinterlassen einen durchweg positiven Eindruck nach dem ersten anspielen. Erst später bemerkt man dann kleinere weniger tolle Details wie die eigentlich doch recht simpel gehaltenen Hintergründe oder (ok, ganz ganz selten) mal ein leichtes und kurzes wegploppen von z.B. Polygongebäuden.


Komm in meine Arme! Auch Mechs haben Bedürftnisse!
Doch lassen wir gar nicht erst falsche Schlußfolgerungen zu - Tech Romancer ist spielerisch wie optisch auf Dreamcast ein Genuß und da muß sich auch die Soundkulisse nicht verstecken. Ob Explosionen, Laser, Granaten oder einstürzende Bauten - die Soundeffekte können sich wirklich hören lassen. Gleiches gilt übrigens auch für die gewohnt unverbindlich-motivierenden Begleitmelodien. Wer zudem aus großen Bibliotheken mit viel freispielbaren Content Motivation zieht, wird bei Tech Romancer auf Stunden beschäftigt sein. Angefangen von Artworks, weiteren Charakteren, massig VMU Games oder kurzen Renderfilmen ist das Angebot wirklich mehr als reichhaltig und lädt dazu ein, den Storymodus auch wirklich mit allen Recken erfolgreich zu beenden.
Irgendwie ist diesem Titel nie die Aufmerksamkeit beschert gewesen, den es aufgrund seiner spielerischen wie technischen Qualitäten eigentlich verdient hätte. In diesem Fall von einem echten Geheimtip auf Dreamcast zu sprechen ist keinesfalls zu weit ausgeholt - hoffentlich versorgt uns Capcom irgendwann noch mit einem spielerisch ebenso spaßigen Nachfolger! Mech Fans schlagen hier unbedingt zu!