Resident Evil Gaiden im Test

GameBoy
Ihr habt die meisten Teile der Resident Evil Reihe bereits mehrmals durchgespielt? Ihr habt die Kinofilme gesehen, die Comics gelesen, kleidet euch mit offizieller Fanwear, wartet bis heute vergeblich auf Steve Burnside´s Rückkehr und braucht endlich mal wieder neuen Stoff aus eurem Lieblingsalternativuniversum? - dann könnte Resident Evil Gaiden für den Game Boy Color etwas für euch sein!
Wer sich ein bischen mit der japanischen Sprache auskennt, weiss sofort, dass es sich bei Resident Evil Gaiden um ein Spin-off und nicht einen legitimen Teil der Serie handelt. Denn Gaiden heist so viel wie "nicht echt" und somit scheint die Handlung von Resident Evil Gaiden ausserhalb der regulären Story der Biohazard-Reihe, angesiedelt zu sein. Zeitlich spielt Gaiden höchstwahrscheinlich nach dem ditten Teil der Serie. Um den Machenschaften der Umbrella Corporation ein Ende zu bereiten, wurde eine Untergrundorganisation gebildet, die aus ehemaligen S.T.A.R.S.-Mitgliedern (unter anderen auch Barry Burton und Leon S. Kennedy) und früheren Beschäftigten von Umbrella besteht.



Eine neue bio-organische Waffe (B.O.W.), die von den Umbrella-Laboren entwickelt wurde, ist ausgebrochen und befindet sich an Bord des Kreuzfahrtschiffs Starlight, das sich auf der Überfahrt nach Europa befindet. Leon S. Kennedy wurde an Bord des Schiffs geschleust um die B.O.W. zu finden und zu zerstören, doch der Kontakt zu ihm bricht ab. Daraufhin wird Barry losgeschickt, um Leon auf hoher See zu suchen und ihm im Kampf gegen die neuartige B.O.W. zur Seite zu stehen. Der Horror kann beginnen..

Vom Gameplay her erwartet euch eine Mischung der klassischen Resident Evil Action Adventures gepaart mit Kamfsequenzen aus der Ich Perspektive, die Fans schon von den Gun Surivor Titeln kennen dürften. Ihr rennt wie gewohnt durch finstere Gänge, löst einfache Schlüsselrätsel und erforscht die Gegend nach Items. Präsentiert wird das Ganze natürlich nicht in 3D (wie es noch bei der ursprünglich geplanten, aber schlussendlich aus technisch Gründen verworfenen Umsetzung des ersten Resident Evil Teils für den GBC der Fall ist) , sondern aus einer mässig schicken Top Down Perspektive ala Metal Gear Solid (GBC).





Trefft ihr auf einen Gegner heisst es wie bei den Konsolenbrüdern Waffe zücken, anlegen und schiessen. Allerdings erledigt ihr eure modrigen Wiedersacher nicht direkt , sondern lenkt nur ein Zielkreuz über euren Feind und bestätigt die Zielwahl per Druck auf die A Taste. Werdet ihr von einem Zombie angefallen, kommt es natürlich ebenfalls zu einem Kampf. Dazu schaltet das Spiel mit einem kleinen Effekt, ähnlich dem Umblenden bei Zufallskämpfen in einem Rollenspiel, in einen Kamfbildschirm um, der das Kampfgeschehen aus der Ich-Perspetive darstellt.

Anders als bei den Lightgunshootern, zielt ihr jedoch nicht auf eure Feinde, sondern bringt per Knopfdruck ein Pendel, wie bei Golf - oder Leichtathletiksimulationen, zum richtigen Zeitpunkt zum stehen. Dazu solltet ihr euch an dem eingeblendeten weissen Balken orientieren, der die gegnerische Trefferzone darstellt. Nur wenn ihr das Pendel auf dem weissen Balken zum Stehen bringt, landet ihr einen Treffer, wenn ihr es sogar schaffen solltet, die Mitte des Balkens zu treffen, landet ihr einen kritischen Treffer, der um einiges effektiver ist als ein Streifschuss. Der Clou bei den Kämpfen ist, dass euch die Gegner von drei versch. Ebenen angreifen und die Trefferzone kleiner wird , je weiter eure Gegner entfernt sind. Dadurch bekommen die Kämpfe eine leicht taktische Note,,, ähnlich wie bei den Konsolenbrüdern lohnt es sich z.B., mit durchgeladener Shotgun auf die heranwankenden Zombies zu warten, um ihnen dann im richtigen Moment eine volle Ladung Schrot in die faulige Birne zu pusten.



Zudem hängt die Geschwindigkeit mit der das Pendel ausschlägt, von der gewählten Waffe ab, hier gilt je stärker die Waffe, desto schwieriger ist es zu treffen. Leider machen die Kämpfe spielerisch (wie schon zu erahnen) nicht viel her und wirken stark aufgesetzt. Ob sich ein Kampfsystem aus der Vogelperspektive besser gespielt hätte lässt sich nicht sagen, für die Atmosphäre wären Kämpfe mit winzigen Zombies aber wahrscheinlich tödlich gewesen.



Die B-Movie-Atmosphäre wurde, mit dunkler Farbgebung und stark verfallener Umgebung, im übrigen gut auf das Handheld übertragen, auch wenn die beliebten Schockeffekte technikbedingt wegfallen mussten. Dafür wird der Survivalpart gross geschrieben:
Euer Munitionsvorrat ist sehr knapp bemessen, so dass ihr des öfteren zum Messer greifen müsst, um tödlichen Munitionsengpässen bei Bosskämpfen aus dem Weg zu gehen. Zwar bekommt ihr es bei Resident Evil Gaiden nur mit Zombies und der entflohenen B.O.W. zu tun (Hunde, Licker oder Hunter laufen euch nicht vor die Flinte), dafür sind diese zum Teil äusserst zäh, mit Brecheisen und Rohren bewaffnet (!!) und v.A. zahlreich über den Luxusliner verstreut. Auch weibliche Zombies wollen euch diesmal ans Leder.



Um der Untoten Brut Herr zu werden gibt es natürlich wieder einige Ballermänner im Laufe des Spiels zu entdecken, u.A. eine Shotgun, ein Sturmgewehr und ein Gasgranatenwerfer, der gleich mal den gesamten Bildschirm von Gegnern befreit. Ein interessantes Feature ist auch die Möglichkeit, wie schon in der Erstfassung von Resident Evil 2 geplant (auch Resident Evil 1.5 genannt) , verschiedene Rüstungen zu tragen. Mithilfe dieser lässt sich der Schaden bei gegnerischen Attacken reduzieren und so das ein oder andere Heilkraut sparen. Natürlich stehen euch die meisten Waffen und Ausrüstungsgegenstände nicht von Anfang an zur Verfügung, Resident Evil typisch sind anfangs die meisten Türen verschlossen und müssen erst mit dem passenden Schlüssel oder Item geöffnet werden.

Um diese zu finden, müsst ihr wieder einmal lange Laufwege und zeitaufwendige Suchaktionen in Kauf nehmen, die auf dem GBC ähnlich nervig rüberkommen, wie auf den grossen Konsolen. Zwar wird euch das nächste Missionsziel normalerweise auf der Karte angezeigt, doch öfters als euch lieb ist werdet ihr auch ohne Hinweise auf die Suche geschickt. Manche Gegenstände sind so erst nach stundenlangem Suchen zu finden oder tauchen gar erst auf wenn ihr ein bestimmtes Ereignis getriggert habt.



Zudem tauchen nach bestimmten Schlüsselereignissen alle (!) Gegner von neuem auf und machen euch jeden Laufweg zusätzlich müssig. Denn aufgrund der schon angesprochenen Munitionsknappheit, ist es unmöglich alle Gegner auszuschalten, sodass ihr euch nur auf die wichtigsten konzentrieren solltet. Dies ist jedoch leichter gesagt als getan, denn manche Gegner tragen missionsrelevante Items bei sich, so dass ihr wohl oder übel doch viele Gegner plätten müsst, um den richtigen zu finden und voranzukommen. Dadurch ist Resident Evil Gaiden einer der schwierigsten Teile der Serie, vergleichbar mit dem Schwierigkeitsgrad der Saturn Version des ersten Teils (Resident Evil Dash). Da ihr ausserdem nur an bestimmten, (selten vorkommenden) Stellen im Spiel speichern könnt, (Schreibmaschinen gibt es keine) und ihr meist keine Möglichkeit mehr bekommt eure Fehler (Munitions- oder Kräuterverschwendung) auszugleichen, ist auf jeden Fall zum Walkthrough geraten, um heftigen Frustattacken vorzubeugen.



Keine Angst, selbst mit Komplettlösung bleibt der Schwierigkeitsgrad knackig genug. Da verkommt das nette Feature, dass eure Taschen unbegrenzten Stauraum bieten und die unbeliebten "Itemtruhen" nicht mehr zum Einsatz kommen, fast zur Randnotiz. Die leichten Save Bugs, die es euch erlauben die selben Items mehrfach hintereinander aufzunehmen und so euren Munitionsvorrat "unerlaubterweise" aufzufüllen, fallen aufgrund der harten Bedingungen ebenfalls kaum ins Gewicht. Unübersehbar ist hingegen die Gesamtspielzeit von gerade einmal vier bis sechs Stunden, trotz 100+ Räumen zum erkunden und langen Laufwegen ist Resident Evil Gaiden viel zu kurz geworden.

Die Story ist wie gewohnt auf hohem Niveau und kann mit unerwarteten Wendepunkten, Anspielungen auf frühere Teile und einem Wiedersehen mit Umbrella aufwarten. Es gibt zwar nicht mehr soviele storyrelevante Schriftstücke (Files) zu entdecken, dafür werden immer wieder kleine Zwischenequenzen eingespielt, denen es auch auf dem kleinen Screen des Game Boy Color gelingt, die typische Resident Evil Atmosphäre zu erzeugen.



Technisch spielt Resident Evil Gaiden im oberen Mittelfeld der Gameboy Color Software. Die normale Spielgrafik gibt sich unspäktakulär und kann weder mit dem langsamen Scrolling, noch mit den recht klein geratenen Sprites und den wenigen Animationsphasen der Charaktere und Gegner so richtig punkten. Auch die neuartige Top Down Ansicht erweist sich nicht unbedingt als Spielspassfördernd. Da ihr das Geschehen bei Resident Evil Gaiden jederzeit überblicken könnt kommt es nur selten zu den genialen Schockmomenten, wie sie noch bei den Konsolenbrüdern, aufgrund ihrer unübersichtlichen Kameraperspektiven, an der Tagesordnung waren. Dies nimmt natürlich einiges vom Nervenkitzel, der die Resident Evil Serie in ihren Anfängen so beliebt gemacht hat.

Positiv hingegen gestaltet sich das Weglassen der Türanimationen, die auf dem GBC doch reichlich deplaziert gewirkt hätten. Die Grafik in den Kampfzenen weiss hingegen mit grossen Gegnersprites zu gefallen , leidet aber ebenfalls an Animationsarmut, die die angreifenden Zombies wie Pappaufsteller von der Shooting Range aussehen lässt. Trotz USK 12 Rating sind die Kämpfe aber recht blutig ausgefallen, sodass auch alteingesessene Horrorfreunde ihre Freude mit dem Modul haben werden. Die im Stile der Comics gehaltenen Zwischensequenzen (leicht animierte Standbilder) können mit vielen Details überzeugen und nutzen die Farbpalette des GBC gekonnt aus. Soundtechnisch hat man sich bemüht , trotz begrenzten Soundchips des Game Boy Colors, an die grossartig vertonten Konsolenbrüder anzuknüpfen. Natürlich werdet ihr hier keine Klavierarien zu hören bekommen, dennoch gehören die treibenden, atmosphärischen Musikstücke zum besten was der GBC zu bieten hat und schaffen den passenden Rahmen für das Horrorabenteuer.

Philipp meint:

Philipp

Resident Evil Gaiden bietet sicherlich viele Qualitäten der Survival-Horror-Serie, kann schlussendlich aber nicht überzeugen. Atmosphäre und Story sind zwar auf gewohnt hohem Niveau, Spieldesign und Gameplay jedoch, haben den Sprung auf das Handheld nicht unbeschadet überstanden. Wo schon auf den grossen Konsolen eher gemächliches Spieltempo angesagt war, setzt Gaiden noch eins drauf und verkommt zur Kriecharie, was sich gerade bei den langen Laufwegen negativ bemerkbar macht. Zudem geben sich die Kämpfe hardwarebedingt unspassiger und durch das Fehlen der unübersichtlichen Kamerapositionen, wie sie noch bei den PSX/Gamecubeversionen in 3D möglich waren, geht einiges an Resident Evil Feeling verloren. Insgesamt scheint Resident Evil prädestiniert für die dritte Dimension zu sein, richtiger Horror samt Schockeffekten kann in 2D nicht aufkommen. Resident Evil Fans können aufgrund der netten Story und bekannten Charaktere gerne noch einen Punkt zur Spielspasswertung hinzuaddieren, unter normalen Gesichtspunkten ist Resident Evil Gaiden aber nur ein unterdurchschnittliches Action Adventure. Gerade der überzogen hohe Schwierigkeitsgrad und die unfaire Verteilung der Speicherpunkte werden viele Gelegenheitszocker abschrecken. Zudem kommt die geringe Spielzeit, die das Modul nicht gerade zur lohnenden Langzeitinvestition macht. Nur an wirklich ausgehungerte Resident Evil Fans zu empfehlen. 

Positiv

  • gelungene Story
  • gelungene Atmosphäre
  • hübsche Standbilder

Negativ

  • überzogen hoher Schwierigkeitsgrad
  • hektische Kämpfe
  • geringe Spielzeit
Userwertung
0 0 Stimmen
Wertung abgeben:
senden
Follow us
Resident Evil Gaiden Daten
Genre Action-Adventure
Spieleranzahl 1
Regionalcode PAL
Auflösung / Hertz -
Onlinefunktion -
Verfügbarkeit seit 2001
Vermarkter Virgin
Wertung 6.3
Anzeigen
neXGam YouTube Channel
Anzeigen