Hearts of Iron III im Test

Es sind die kleinen Nischen, die den PC-Markt heutzutage noch so interessant und aufregend machen. Was auf anderen Plattformen nur mehr im Rahmen von unbekannten Homebrew-Projekten abläuft, hat beim PC noch durchaus sein Dasein - Bus Simulationen zum Beispiel. Auch Hardcore-Strategie aka Paradox Entertainment Spiele schlagen in diese Kerbe. Die Fangemeinde von eben jenen Spielen darf sich nun über Zuwachs freuen, denn mit Hearts of Iron III ist endlich der langerwartete dritte Teil des Weltkriegs-Strategiespiels erhältlich!
Auch Jahre nach der Premiere zählt Hearts of Iron II immer noch zu den besten historischen Strategicals des Genre. Insbesondere Umfang und spielerische Freiheit sind bis heute unerreicht. Jetzt schicken die schwedischen Macher den anspruchsvollen Strategietitel in die dritte Runde und werfen dankbar die Offizieruniform an, um unser Land durch die Untiefen der Jahres 1936 - 1946 zu steuern.



Hearts of Iron III Screenshots (Macintosh) - click to enlarge


Und Hearts of Iron hat endlich den Dimensionssprung geschafft: Was einstmals noch in feinstem 2D daherkam, ist dank der Europa Universalis III bekannten 3D-Engine nun auch dreidimensional. Nicht wenige Fans hätten sich lieber weiterhin mit der ressourcensparenden 2D-Engine begnügt, doch laut den Entwickler war es nicht anders möglich, die riesige Weltkarte umzusetzen. Das Resultat ist beeindruckend - weniger durch die kaum vorhandenen grafischen Finessen (die Mehrheit der Einheiten wird durch NATO-Symbole dargestellt, ehe man nahe heranzoomt) als durch die schiere Komplexität der Karte. So etwas gabs einfach noch nie, Paradox betritt hier absolutes Neuland im Bereich der Strategiespiele.

Doch bekanntlich gehen solche mutigen Schritt auch mit neuen Problemen einher. Für Entwickler Paradox ist es das Balancing. Und warum das so ist, dazu genügt ein Blick auf die nackten Fakten: Über 100 spielbare Länder in der Epoche 1936 - 1946, bestehend aus über 15.000 Provinzen. Das ist in etwa die fünffache (!) Größe der Karte eines Hearts of Iron II und soll zu noch mehr Realitätsnähe führen. Insbesondere Osteuropa hat deutlich an Detailtiefe zugelegt, was dem Unternehmen Barbarossa zu mehr Realismus und Ausdauer verhelfen soll.


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Trotz dieser offensichtlichen Steigerung des Umfangs hat man aber eindeutig auch normale Spieler im Fokus, die sich nicht erst durch dreihundert Seiten Handbuch oder fünf Stunden Tutorials quälen wollen. Dieser Ausrichtung ist wohl die Delegation nahezu aller Aufgaben an die KI zu verdanken, was ihr mit wenigen Mausklicks ändern könnt. Die Industrieproduktion soll von der KI gemanagt werden? Kein Problem! Die KI soll die Armeen in die Schlacht führen? Kein Problem! Das neue Forschungssystem mit höherer Flexibilität bei der Erforschung von Technologien soll vom PC betreut werden? Ebenfalls kein Problem!



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Zumindest sofern man bei all den KI-Entscheidungen immer wieder ein wachendes Auge offen hält. Denn perfekt ist die KI natürlich nie und manche Entscheidungen, gerade an der Frontlinie, sind dann doch eher fragwürdig. Andererseits waren die damaligen Mächte auch nicht nur mit Kommandeuren á la Rommel, Guderian, Patton oder Zhukov gesegnet und dementsprechend Fehleinschätzungen an der Tagesordnung.



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Viele weitere Neuerungen betreffen die Details: So lassen sich nun Divisionen aus unterschiedlichen Brigaden zusammenstellen und so optimal auf die bevorstehende Aufgabe und vorrätige Waffentechnologie ausrichten. Etwas, dass man sich als Hearts of Iron II Spieler schon eine ganze Weile gewünscht hat. Ebenso ist das Ideologie-Kostüm längst nicht mehr zu hölzern wie noch zuvor und lässt sich durch spezielle Gesetze mit unterschiedlichen Auswirkungen (z. B. Wirtschaftspolitik, Bildungspolitik, Wehrpflicht usw.) individuell anpassen.

Weniger erfreulich sind hingegen die überarbeiteten Punkte Intelligence und Diplomacy, da sie wie gehabt unglaublich viel Mikro-Management erfordern um wirklich nützlich zu sein. Zwar lässt sich die Aufgabe auch an die KI delegieren, aber die will natürlich nicht immer so, wie der menschliche Kommandeur. Und so bleiben Sabotageakte und Spionage eher etwas für die Hardcore-Strategen, die auch keine Woche im Spiel vergehen lassen, um nicht freundlich gesonnene Regierungen weiter zu beeinflussen und als potenzielle Verbündete zu gewinnen. Mit Geduld lässt sich der erweiterte Umfang aber nutzen. Leider gibt es in HOI3 noch weniger historische Events als zuvor - ein Trend der sich bei allen neuen Paradox Titeln abzuzeichnen scheint und erst mit der Zeit durch eifrige Modder behoben werden wird.



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Auch das Balancing macht wie erwähnt noch Probleme: Die Flugabwehr zeichnet sich durch eine erschreckende Ineffizienz aus, U-Boote als weitgehend wertlos, weshalb der U-Boot Krieg auf das nächste Update verschoben werden muss. Und der Nachschub stockt schon mal, obwohl alle Truppen eigentlich wunderbar versorgt werden müssten. Paradox arbeitet nach eigenen Angaben unter Hochdruck an einigen Patches, man darf auf die Neuerungen gespannt sein. Eine genaue Auflistung der "Problemchen" würde den Umfang dieses Testberichts bei weitem sprengen, weshalb wir an dieser Stelle auf das offizielle Paradox-Forum als Quelle universellem Wissens verweisen.

Keine Freude lässt auch das Memory Management unter Windows aufkommen: Denn mit zunehmender Spielzeit wird Hearts of Iron III auffallend langsamer, so dass praktisch alle 2-3 Stunden ein Reboot des Systems notwendig ist, um belegten Speicher wieder freizugeben. Wer im Task-Manager dem Programm zunächst eine hohe Priorität einräumt, verbessert die Performance nochmal ein wenig. Dazu gab es bei ca. 60 Spielstunden lediglich zwei Abstürze zurück auf den Schreibtisch, was angesichts der Auto-Save Funktion aber glücklicherweise nicht weiter tragisch war - kommende Patches dürften hier wie schon bei Hearts of Iron II weiterhelfen.



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Die Anforderungen an Hobby-Generäle lesen sich auf dem Papier durchaus machbar: Ein Intel Pentium IV mit 2.4 Ghz bzw. ein AMD 3500+ (Single Core) sowie 1 GB Arbeitsspeicher und 3 GB Festplattenspeicher. Eine Grafikkarte wie die GeForce 6800 oder eine ATI Radeon X850XT sind ausreichend - allerdings darf und sollte es gern mehr sein. Insbesondere auch beim RAM, der unter Vista schon mal gleich 2 GB zum Start benötigt und generell möglichst auf drei, besser sogar vier Gigabyte aufgestockt werden sollte. Denn sonst läuft insbesondere die Zeitbeschleunigung unglaublich langsam und macht das Spiel insbesondere in den ersten Aufbaujahren zur Qual. Etwas Abhilfe schafft es in unserem Praxistest, "Trees" und "Advanced water" in den Grafikoptionen abzuschalten, was hiermit als Tipp an euch weitergegeben sei.


Hearts of Iron III (Macintosh) - Trailer
(click play to start)



Mal keine Frage, Hearts of Iron III hat Potenzial. Großes Potenzial! Aber was nützt das beste Talent, wenn es letztlich dann doch an der Umsetzung hapert? Paradox legt nach Europa Universalis III leider wieder einen halbfertigen Titel vor, den man dann in die Hände der Community zum Feintuning übergibt. Kein netter Zug - insofern darf man gern noch ein paar Monate mit dem Kauf warten, ehe man dann mit der Gewissheit zuschlägt, den Strategietitel auch wirklich geniessen zu können.
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Hearts of Iron III Daten
Genre Strategie
Spieleranzahl Multiplayer
Regionalcode -
Auflösung / Hertz -
Onlinefunktion Ja
Verfügbarkeit 29. August 2009
Vermarkter KochMedia
Wertung 6.6
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