Devil May Cry 4 im Test

PlayStation3
Von Shinji Mikami erdacht und Capcom entwickelt, wurde 'Devil May Cry' ursprünglich als Resident Evil-Sequel konzipiert. Im Laufe der Entwicklung entfernte sich "DMC" jedoch immer weiter von seinen klassischen Survival Horror-Wurzeln und begründete mit "Style-Action" ein eigenes Sub-Genre. Die Rätsel sind noch seichter, das Kampfsystem wesentlich dynamischer und schneller als beim Biohozard-Urahn - Devil May Cry verlagert den Schwerpunkt auf stilvolles Monstermetzeln. Im Laufe der Jahre entwickelte sich die DMC-Saga zu einer der wichtigsten Cashcows für Capcom und verkaufte sich bisher stattliche fünf Millionen mal. Das nunmehr vierte Abenteuer von Halbdämon Dante ist zeitlich direkt nach dem Erstling angesiedelt und wird auch für XBox 360, sowie PC erscheinen.
DMC4 bietet sechs unterschiedliche Schwierigkeitsgrade, von denen mit "Mensch" und "Teufelsjäger" zwei von Anfang an verfügbar sind. Wer die ultimative Herausforderung sucht, muss das Epos mehrmals durchzocken. In höheren Schwierigkeitsstufen sind die Gegner neu verteilt und verfügen über andere Attacken, selbst die Rätsel werden anspruchsvoller. Absolut vorbildlich und frei von Ermüdungserscheinungen - Kudos für die Entwickler!

Story-technisch verschlägt einen Devil May Cry 4 in das idyllische Küstenstädtchen Fortuna, welches von einer theokratischen Oberschicht regiert wird - The Order of the Sword. Im Mittelpunkt der klerikalen Gesellschaftsordnung steht die gottgleiche Verehrung Spardas, einem Dämon, der sich vor zwei Jahrtausenden mit den Menschen gegen seine teuflischen Artgenossen verbrüderte. Während einer heiligen Messe bricht Dante durch ein Kirchenfenster und metzelt den geistigen Führer des Ordens samt Gefolgschaft nieder. Einzig und allein der junge Krieger Nero kann seinen Vernichtungsfeldzug stoppen und schwört anschließend bittere Rache. Eine Mär rund um Vergeltung, Betrug und Verlust nimmt ihren Lauf...


Wie der Prolog bereits offenbart, führt Devil May Cry 4 mit Nero einen neuen Protagonisten ein, dessen Geschicke der Spieler die erste Hälfte des Action-Games lenkt. Im Gegensatz zu Dante, dem Solid Snake unter den Dämonenjägern, mimt Nero den unerfahrenen Heißsporn, wobei die Kampfkraft der beiden Kontrahenten ident ist. Trotz äußerer Ähnlichkeiten zocken sich Nero und sein Counterpart unterschiedlich, was vor allem den abweichenden Fähigkeiten geschuldet ist. Sofort sticht Neros dämonischer rechter Arm ins Auge, der auf die flauschige Bezeichnung "Devil Bringer" hört. Auf Knopfdruck entsprießt dieser Extremität ein Energiestoß, mit dem sich Nero zu entfernten Objekten hangeln kann, alternativ zieht er diverses Feindgetier zu sich rüber. Anschließend wird das bedauernswerte Geschöpf nach Strich und Faden per Devil Bringer vermöbelt, wobei sich die Attacke nach dem Gegnertyp richtet. Während Dämon A also kurzerhand mit dem Gesicht in den Asphalt gedrückt wird, schleudert Nero Dämon B locker-flockig durch die Luft und vermöbelt damit die übrige Teufelsbrut.


Wer lieber traditioneller meuchelt, der greift zu Ballermann oder japanophilem Riesenschwert. In bester Full Metal Jacket-Tradition hören auch Neros Waffen auf liebevolle Kosenamen. Die 'Blue Rose'-Handknarre hält Untote auf Distanz, ist jedoch etwas Schwach auf der Brust, das 'Red Queen'-Schwert hingegen ist prädestiniert für rustikale Nahkämpfe. Für den gewissen Kick lässt sich Benzin in die motorisierte Klinge leiten, was mit satten Motorrad-Sounds belohnt wird. Die Schlagkraft lässt sich so in drei Stufen pushen und auf die Köpfe der Gegner entladen. Leider krankt die originelle Idee unter mangelnder Spielbalance - Meist ist es schneller und effizienter den Schergen ein paar wuchtige Combos entgegen zu wirbeln, statt langwierig das Schwert aufzuladen. Die Taktik wird erst recht obsolet, wenn man Zugriff auf den "Devil Trigger" hat. Die Kraft, die Neros Arm innewohnt, umgibt hierbei seinen ganzen Körper und sorgt für besonders saftige Hiebe und Schüsse, gleichzeitig generiert sich die Gesundheit. Die Dauer des Devil Triggers ist durch eure Magiekraft limitiert, welche sich jedoch im Laufe des Games immer weiter ausbauen lässt.


DMC-typisch wird Neros Treiben nach jeder Stage bewertet. Wie viel Zeit wurde benötigt? Wie viele rote Orbs wurden gefunden? Wie stylisch wurden die Dämonen dezimiert? Fragen über Fragen, deren Antworten in unterschiedliche Bewertungen resultieren. Während notorische Tetris-Spieler und Frauenflüsterer auf 'D' kommen, dürfen sich ausgebuffte DMC-Cracks mit 'SSS' schmücken. "Style" ist mit Abstand die bedeutendste Variable. Variiert Tötungsmechanismen und seid kreativ bei Schlagkombinationen, Devil May Cry 4 bietet Moves und Combos en masse. Für die Bewertung erhält man mehr oder weniger 'Stolze Seelen', die man umgehend in bessere Fähigkeiten und Skills investiert, wohingegen die roten Orbs für den Erwerb neuer Items aufgebracht werden.


Konservative DMC-Veteranen dürfen aufatmen - auch der Sohn Spardas steht als spielbarer Charakter zur Verfügung. Für schlagkräftige Argumente sorgt sein Langschwert "Rebellion", die Zwillingspistolen "Ebony & Ivory" übertreffen Neros Blue Rose deutlich im Kaliber. Dantes Kampfstil orientiert sich wie in Devil May Cry 3 an den vier Styles 'Royal Guard', 'Trickster', 'Gun Slinger' und 'Sword Master'. Im Trickster-Modus kann der Halbdämon leichter gegnerischen Attacken ausweichen, Sword Master sorgt für besonders eindrucksvolle Schwertakrobatik und Gun Slinger richtet sich primär an Schießwütige. Im Royal Guard-Style verkraftet Dante selbst Roundkicks von Chuck Norris. Im Gegensatz zum dritten Part dürfen die Styles in Devil May Cry 4 auch während der Mission geändert werden, wodurch das Gameplay eine besondere, taktische Note bekommt. Heizt dem Monster aus der Ferne via Gun Slinger ein, weicht seinen Konterattacken gekonnt als Trickster aus und gibt ihm als Sword Master den Rest. Dieses Wechselspiel der Styles ist ebenso effektiv wie anspruchsvoll, erfordert es doch ein gezieltes Timing. Ebenso wie Nero verfügt Dante als Sahnehäubchen über brachiale Devil Trigger-Fatalities.


Leider ist man nur ein knappes Drittel der Gesamtspielzeit mit dem Veteranen unterwegs, was altgedienten Devil May Cry-Fans zweifelsohne sauer aufstoßen wird. Dementsprechend wurde auch Dantes beachtliches Waffenarsenal aus Teil 3 zusammengestrichen. Mit 'Pandora', 'Gilgamesh' und 'Lucifer' lassen sich lediglich drei Totschläger erstehen, die sich immerhin wie gewohnt aufpowern lassen und Dantes Styles die richtige Würze verpassen. Einen weiteren Wermutstropfen stellt das leidige Backtracking da. Zwar musste man in bisher jedem Devil May Cry bereits bekannten Arealen einen erneuten Besuch abstatten, das Abklappern vertrauter Pfade erreicht in Devil May Cry 4 jedoch eine neue Dimension. Stellenweise fragt man sich inständig, was die Entwickler die ganze Zeit getrieben haben...

Immerhin hat sich üppiger Bonus-Content auf die Blu-ray geschlichen: Vergleicht Highscores online, bewundert Artworks und Zwischensequenzen oder schmökert in der Bibliothek, wo wirklich jedes Spielelement, vom grünen Orb bis Trish, mit einem Eintrag bedacht wurde. Zudem wird der blutige Palast freigeschaltet, ein Survial-Mode in alter Capcom-Manier. Eine erbarmungsloses Zeitlimit sorgt hier für Adrenalin, stylische Attacken bescheren ein paar Extra-Sekunden. Die hier gewonnenen Seelen und Orbs dürfen behalten werden, auch die Beute von Kreuzzügen durch gewöhnliche, bereits besuchte Level wird dauerhaft auf dem Konto unter Haben verbucht - Somit ist Devil May Cry 4 eine wahre Spielwiese für Sammlernaturen.


Auch grafisch ist das vierte DMC über jeden Zweifel erhaben und führt somit eine weitere Tradition der Serie fort. Das dynamische Duo metzelt sich in geschmeidigen Animationen durch die flüssig animierte Teufel - bei butterweichen 60fps. Die Gestaltung der Widersacher ist abwechslungsreich und stimmig, besonders die rund zwölf Bosse entpuppen sich als audio-visueller Augenschmaus. Das Stagedesign lebt wieder von seinen monumentalen, gotischen und barocken Architekturen, abgerundet mit einer Prise Steam-Punk. Die überzeichnete Kampf-Choreographie, die lässigen Dialoge und die typische DMC-Ästhetik verschmelzen vor allem in den imposanten Zwischensequenzen zu einem harmonischen Ganzen, hier hat Yuji Shimomura wahrlich ganze Arbeit geleistet. Als Kostprobe lässt sich in diesem Review der Vorspann bewundern, den ich persönlich für einen der eindrucksvollsten Openings überhaupt halte. Einen dicken Pluspunkt hat auch der famose Surround-Sound verdient, selten durfte man in einem Videospiel eine derart professionelle Rundum-Beschallung erleben. Musikalisch wie vokal wird feinste Kost geboten, eine lieblose deutsche Synchro hat man sich zum Glück verkniffen. Über das Charakterdesign lässt sich streiten, vor allem Neuzugang Nero übertreibt es meiner bescheidenen Meinung nach mit der gelebten 'Coolness' etwas. Twin-Guns, Motorsäbel, Dämonenarm, Hiphop-Kapuze, Kopfhörer und Emo-Frisur sind in der Summe einfach zuviel des Guten. Fehlt nur noch der Ipod...


Im Vergleich zur 360-Version verlangt das PS3-Devil May Cry zwingend eine Installation, die gut gut zwanzig Minuten in Anspruch nimmt. Im Gegenzug sind die Ladezeiten der PlayStation-Variante deutlich kürzer. Messungen der angelsächsischen Presse haben eine Differenz von einer halben Sekunde beim Wechsel von Menüs ins Spiel ergeben, Zwangspausen zwischen Gameplay und Zwischensequenz sind auf der PS3 gar dreimal so kurz wie auf der XBox. Ansonsten gleichen sich beide Versionen wie ein Ei dem anderen.

Kai meint:

Kai

Bombast-Präsentation und gewohnt gute Spielbarkeit auf der einen, unnötige Längen und ein verpfuschter Dante-Cameo-Auftritt auf der anderen Seite - Devil May Cry 4 ist nicht perfekt, bietet aber gewohntes Style-Action-Futter in High Def-Verpackung. Fans der Reihe greifen bedenkenlos zu, auch Neulinge dürfen angesichts des leichten Einstiegs einen Blick riskieren. Dank den fordernden Schwierigkeitsgraden und Bonus-Gadgets wird euch diese Blu-ray eine Weile beschäftigen. Der legendäre Erstling wird meines Erachtens nach jedoch nicht erreicht.

Positiv

  • Schnelles, spaßiges Gameplay...
  • Fantastische Präsentation

Negativ

  • ... dem es etwas am Balancing mangelt
  • Extremes Backtracking
Userwertung
9 1 Stimmen
Wertung abgeben:
senden
Forum
  • von Phill XVII:

    Mit Nero bin ich durch, jetzt kommt das Dante Recycling. Finde ich persönlich aber nicht schlimm da sich Dante einfach cooler spielt als Nero. Heute gefällt mir DMC 4 auch um einiges besser als damals zur 360 Zeit. Hoffe wirklich das noch Teil 5 im alten Stil rauskommt. ...

  • von 108 Sterne:

    Da steht doch [Multi]. ...

  • von Phill XVII:

    Dieses verfluchte Brettspiel Segment. Da könnte man den Entwicklern echt eine verpassen. Wäre cool wenn jemand mal die Plattformen in Multi ändern würde. Ist ja nur eine Frage der Zeit bis zur Switch Version. ...

Insgesamt 491 Beiträge, diskutiere mit
Follow us
Devil May Cry 4 Daten
Genre Action
Spieleranzahl 1
Regionalcode PAL
Auflösung / Hertz -
Onlinefunktion Ja
Verfügbarkeit 6. Februar 2008
Vermarkter Capcom
Wertung 8.5
Anzeigen
neXGam YouTube Channel
Anzeigen