Crime Life – Gang Wars im Test

PlayStation2
Als Crime Life – Gang Wars vor einigen Monaten angekündigt wurde, reagierte die Zockergemeinde eher skeptisch. “Nicht noch ein GTA-Klon!“ lautete der kollektive Aufschrei, nachdem erste Infos und Bilder im Netz aufgetaucht waren. Vor allem die Story, in der sich alles um den Aufstieg eines Gang-Mitgliedes in die höchsten Verbrecherkreise dreht, lässt vermuten, dass sich die Softwareschmiede Hothouse Creations, die das Game für Konami entwickelte, etwas zu stark an der aktuellen Grand Theft Auto- Episode orientiert hat. Wir haben das fertige Spiel nun unter die Lupe genommen und verraten euch, wie viel San Andreas in Crime Life steckt.

Die fiktive Stadt Grand Central City ist eine Art Alptraum-Version von Los Angeles. In diversen Bezirken hat die Polizei den Kampf gegen das Verbrechen endgültig verloren. Gangs beherrschen große Teile der Metropole und liefern sich eine blutige Schlacht nach der anderen. Wenn man in dieser düsteren Welt überleben will, muss man sich starke Verbündete suchen. Zu diesem Schluss kommt zumindest Tre, der Protagonist von Crime Life. Die Outlawz, eine der vielen Banden der Stadt, scheinen dem aufstrebenden Kriminellen besonders vielversprechende Karrieremöglichkeiten zu bieten. Nach einem kurzen Intro übernimmt der Zocker die Steuerung und muss sofort ein gefährliches Aufnahme-Ritual bestehen. Im Zweikampf mit dem gefürchteten Muskelmann Furious soll Tre beweisen, dass er die nötigen Voraussetzungen für das harte Leben eines Gangsters mitbringt.


Ist die erste Hürde genommen, beginnt für unseren Nachwuchsverbrecher ein neues Leben als Mitglied der Outlawz. Allerlei wichtige Leute vergeben Aufträge, bei deren Ausführung Tre von Daryll unterstützt wird. Oft müssen unsere Antihelden den Schutz ihres Viertels verlassen und beispielsweise im Bezirk der verfeindeten Headhunterz gefährliche Missionen übernehmen. Straßenschlachten sind an der Tagesordnung und bilden die Grundlage des Games. Es gibt mehrere Arten von Schlägereien. Obwohl man immer nur Tre direkt steuert, kann man Daryll und anderen direkten Verbündeten, die sich unserem Gangster anschließen, per Steuerkreuz ein paar Befehle geben. Oft mischen auch weitere Outlawz-Mitglieder mit, die allerdings komplett computergesteuert sind. Obwohl sie sich spielerisch kaum von den restlichen Auseinandersetzungen unterscheiden, bringen die großen Bandenkriege den meisten Spaß. Hier prügeln etwa zwei Dutzend gewaltbereite junge Männer aufeinander ein und die eigene kleine Truppe ist mittendrin. Zu guter Letzt kommt es in regelmäßigen Abständen auch zu klassischen Duellen, in denen Mann gegen Mann und meistens ohne Waffen gekämpft wird. Interessant ist, dass man hier Geld auf den eigenen Sieg innerhalb eines Zeitlimits oder die Anzahl der durchgeführten Spezial-Attacken wetten darf.

Das Kampfsystem ist eher simpel, motiviert aber gerade durch seine klare Struktur. Es gibt leichte und schwere Schläge, die sich zu längeren Combos aneinanderreihen lassen, sowie die Möglichkeit, den Gegner mit einem Wurf auf den Boden zu befördern. Innerhalb von Sekunden lernt man, dass Blocken der Schlüssel zum Erfolg ist. Außer der Energieleiste gibt es noch einen zweiten Balken, der durch erzielte Treffer gefüllt werden kann. Ist dies geschehen, dürfen besonders harte Spezialattacken ausgeführt werden. Sobald ein Kontrahent stark angeschlagen ist, hat man die Qual der Wahl. Entweder schickt man ihn mit regulären Manövern ins Jenseits oder man startet einen Finishing-Move der brutalsten Sorte (dazu später mehr).


Crime Life unterscheidet sich in einigen Bereichen stark von den letzten Teilen der GTA-Reihe. Allein die Tatsache, dass man keine Autos benutzen kann, macht einen Vergleich der Games eher schwierig. Interessant ist, dass allerlei Vehikel auf den Strassen der Stadt unterwegs sind. Mit ein paar Schlägen und Tritten lassen sich die Fahrer sogar zum Aussteigen bewegen. Da man sich anschließend nicht selbst hinter das Steuer setzen kann, liegt die Vermutung nah, dass ein solches Feature zwar einmal geplant war, aber nicht den Weg in das fertige Spiel gefunden hat. Obwohl es auch in Crime Life möglich ist, ohne Beachtung einer bestimmten Aufgabe um die Häuser zu ziehen und für Chaos zu sorgen, bringt dies weit weniger Spaß als die ziellosen Zerstörungsorgien in GTA. Das Gameplay und die spielerischen Möglichkeiten sind weder abwechslungs- noch umfangreich genug, um wirklich ausgiebig die Gegend unsicher zu machen und zu testen, wie lange man der Polizei entgehen kann.


Es gibt zwar ein paar Nebenmissionen wie zum Beispiel das Auffinden und Übersprühen von Graffitis, aber große Teile der Umgebung bieten erstaunlich wenige Interaktionsmöglichkeiten. In Parkuhren und Telefonzellen findet man ein wenig Geld, das man später in Nahrung investieren kann, um die Energiebalken der eigenen Spielfigur und seiner Mitstreiter wieder aufzufüllen. Es ist zwar möglich viele Objekte zu zerstören, aber es gibt eigentlich keinen erkennbaren Grund dafür. Ein Großteil der Gebäude ist einfach nur da, ohne eine Funktion für das Spiel zu haben. Hier hätte einfach viel mehr getan werden müssen, um den Zocker bei Laune zu halten.

Je länger ich über den Inhalt des Games nachdenke, desto sicherer bin ich mir, dass dieser Bericht nicht lange online sein wird. Die Wege der Jugendschützer sind zwar für Normalsterbliche oft unergründlich, aber ich habe selten ein PAL-Spiel gesehen, das ein so klarer Kandidat für den Index ist. So lange die Konsole auf deutsche Sprache gestellt ist, fließt zwar kein Blut, aber nachdem man in den Optionsmenüs der PS2 ein paar Knöpfe gedrückt hat, wird rot zur dominierenden Farbe auf dem Bildschirm. Ob man nun mit stumpfen Gegenständen, scharfen Klingen, Schusswaffen oder den bloßen Händen über die Gegner herfällt, der Pixelsaft fließt hektoliterweise. Offensichtlich handelt es sich bei allen Einwohnern von Grand Central City um künstliche Lebensformen auf Ketchupbasis. Um Blut kann es sich bei der inflationär vergossenen Flüssigkeit jedenfalls nicht handeln, da weit mehr als die durchschnittlichen sechs Liter in jeder der virtuellen Figuren stecken.

Die explizite Darstellung der Gewalt ist ein zentraler Bestandteil des Gameplays. Je nachdem, welche Waffe man gerade in der Hand hält, kann einer von vielen Finishing-Moves angesetzt werden. Ein freundlicher Handschlag und die dazugehörige Entschuldigung gehören nicht zum Gangster-Repertoire. Das Brechen des Genicks, lang anhaltendes Herumspringen auf Köpfen, das Rammen von Messern in den Rücken und viele weitere extrem brutale und lebensbeendende Maßnahmen sind hier an der Tagesordnung. Auch den virtuellen Gesetzeshütern bleiben solche Schicksale nicht erspart. Neben Mord und Körperverletzung fordern die Missionen auch noch eine Reihe anderer Verbrechen wie zum Beispiel schwere Sachbeschädigung oder Raub. Auf eine moralische Beurteilung des Spiels will ich an dieser Stelle verzichten und der Gewaltgehalt hat auch keinerlei Einfluss auf unsere Wertung. Es geht mir lediglich darum zu verhindern, dass ein unwissender Zocker ausgerechnet Crime Life als Weihnachtsgeschenk für einen minderjährigen Verwandten kauft. Entgegen der weit verbreiteten Meinung sind Altersfreigaben nämlich nicht immer übertrieben.


Wer sich durch Grand Central City kämpft, wird schnell eine Vielzahl von Mankos bemerken. Hier soll jetzt nicht jede dieser Kleinigkeiten aufgeführt werden, sondern nur ein paar Beispiele, um zu zeigen, wie unfertig das Spiel teilweise wirkt. Viele der Missionen werden nicht ausreichend erklärt, was immer wieder für Verwirrung sorgt. In einer der ersten Aufgaben wird dem Zocker lediglich mitgeteilt, dass man die Shops im Gebiet einer verfeindeten Gang zertrümmern soll. Es dauerte eine kleine Ewigkeit, bis ich eher zufällig bemerkte, dass ich nur ein paar Tische und Stühle in einem Fast Food Restaurant durch die Gegend werfen musste, um meinen Auftraggeber glücklich zu machen. Danke, das war wieder einmal eine sinnlos verschwendete Stunde meines Lebens, die ich nicht wiederbekomme! Noch schlimmer wird es bei komplexeren Verbrechen wie Überfällen oder Bandenkriegen, die an mehreren Orten stattfinden. Hier kommt es auf eine genaue Einhaltung einer bestimmten Reihenfolge von Aktionen an, die man aber oft selbst herausfinden muss. Viele kleinere Unschönheiten wie die Tatsache, dass man durch einen gefüllten Swimmingpool laufen kann, ohne an Geschwindigkeit zu verlieren, trüben die Atmosphäre.


Grafisch ist das Game größtenteils gelungen, verliert aber durch diverse Schnitzer immer wieder an Reiz. Zu den Höhepunkten zählen die vielen Charaktere, die sehr nett anzusehen sind und durch eine Vielzahl von Details auch aus der Nähe einen guten Eindruck machen. Vor allem bei der Kleidung und den Gesichtern der wichtigeren Figuren hat man sich viel Mühe gegeben. Auch die große Stadt ist sehenswert und auf den Straßen ist immer etwas los. Schade nur, dass jeder Bezirk neu geladen werden muss, was die Atmosphäre ein wenig beeinträchtigt. Für einige unschöne Texturen wird man in den großen Gang-Schlägereien entschädigt. So viel Bewegung sieht man selten in einem PS2-Game. Dummerweise wird auch hier die Freude durch Einbrüche der Framerate sowie Fehler in der Kollisionsabfrage wieder ein wenig zunichte gemacht. Die Animationen schwanken, ganz besonders in Kampfsituationen, zwischen sehr gut und grausam. Während die reine Anzahl an verschiedenen Bewegungsabläufen durchaus ordentlich ist und viele der Attacken optimal in Szene gesetzt werden, stimmen die Übergänge oft nicht. Man hat beispielsweise die Möglichkeit, die Distanz zum Gegner besonders schnell zu überbrücken, was aber absolut lächerlich aussieht. Hier wurden anscheinend ganze Animationsphasen vergessen.


Die Kamera ist eine Zumutung. Immer wieder kommt es zu Situationen, in denen man vollkommen den Überblick verliert, sobald man sich zu nah an einer Wand befindet. Unverständlich ist, dass ein Teil der Kampfarena, in der die Faustkämpfe mit einzelnen Mitgliedern anderer Gangs stattfinden, unter einem Dach liegt, das immer wieder die Sicht auf das Geschehen versperrt. Die Nachjustierung mit dem rechten Analog-Stick bringt hier wenig, da sich die Perspektive nur langsam ändern lässt. Wenn technische Unzulänglichkeiten dafür sorgen, dass die eigene Spielfigur mehrere Sekunden lang Prügel bezieht und der Zocker nicht einmal erahnen kann, aus welcher Richtung die Gefahr kommt, ist das schon ein Grund für eine deutliche Abwertung der Grafik.


Während es sich bei den akustischen Effekten um reine Fließbandware handelt, reicht der Soundtrack aus, um die Wertung in diesem Bereich in schwindelerregende Höhen zu treiben. Selbst wenn keinerlei Interesse an dieser Art von Spielen besteht, können Freunde des Hip Hop praktisch bedenkenlos zuschlagen und einfach nur die Musik auf dem Datenträger genießen statt zu zocken. D12, die vor allem durch ihre Kollaborationen mit Eminem bekannt wurden, sind das Aushängeschild des Games. Die US-Rapper leihen nicht nur einigen der Figuren ihre Stimmen, sondern steuern auch einen Teil der musikalischen Untermalung bei. Die restlichen 15 Künstler und Gruppen, die zu hören sind, haben zwar bisher weit weniger Aufmerksamkeit erregt, doch größtenteils werden hier qualitativ hochwertige Songs geboten. Bemerkenswert ist, dass auch deutsch- und französischsprachiger Hip Hop aus den Boxen dröhnt. Die Zahl von insgesamt 68 Stücken ist zwar durch Remixes und Instrumentalversionen ein wenig künstlich in die Höhe getrieben worden, trotzdem ist die Auswahl beeindruckend und abwechslungsreich. Sehr nett ist die Idee, dass zu jedem Soundtrack-Vertreter auch gleich eine Kurzbiografie bereit steht.

Die vielen Dialoge beinhalten zwar ein paar Peinlichkeiten und der Ghetto-Slang erscheint etwas übertrieben. Im Großen und Ganzen machen die Sprecher ihre Sache allerdings gut. Manchmal bekommt man sogar etwas zu Lachen. Wenn zum Beispiel der etwas dümmliche Möchtegern-Gangster 1-Cent und sein Kumpel im Frisörgeschäft abhängen, treten sie von einem Fettnäpfchen in das nächste und werden von allen anderen Anwesenden mit den passenden Sprüchen bedacht. Sehr gute Englischkenntnisse sind erforderlich, um die Gespräche genießen zu können, denn hier wird anders geredet als man es in der Schule lernt. Wer nichts versteht, ist zum Lesen der augenfeindlichen deutschen Untertitel verdammt.

Tim meint:

Tim

Trotz einiger guter Ansätze wirkt Crime Life unfertig. Jede Menge kleine spielerische und technische Macken schmälern den Spielspaß. Obwohl keiner dieser Fehler allein dafür verantwortlich ist, dass dieses Gangsterdrama nicht wirklich überzeugen kann, drosselt die Masse die Endwertung erheblich. Diesem Game fehlt eindeutig der Feinschliff. Positiv zu erwähnen sind in erster Linie der Top-Soundtrack und die spaßigen Massenschlägereien. Mit mehr Handlungsfreiräumen und einigen echten Alternativen zur reinen Abarbeitung der Missionen wäre das neXGam-Urteil sicherlich positiver ausgefallen. In dieser Form ist das Ghetto-Drama eigentlich nur für Zocker interessant, die alle PS2-Episoden von GTA durchgespielt haben und trotzdem noch nicht satt sind. Auch wenn der Vergleich mit Rockstars Vorzeige-Serie aufgrund spielerischer Unterschiede etwas hinkt, bietet der Konami-Konkurrent zumindest ein ähnliches Szenario.

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Crime Life – Gang Wars Daten
Genre Action-Adventure
Spieleranzahl 1
Regionalcode -
Auflösung / Hertz 50 / 60 Hz
Onlinefunktion -
Verfügbarkeit 11.11.2005
Vermarkter Konami
Wertung 6.5
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neXGam YouTube Channel
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