Das Cover eines Videospiels kann manchmal einen völlig falschen Eindruck vermitteln. Zumindest bei unserem Testkandidaten Blood Bowl trifft das absolut zu. Auf der Hülle ist ein Football-Spieler zu sehen, der von einem riesigen Monster verfolgt wird. Da erwartet man automatisch Action pur. Doch wer hier zu schnell zugreift, ohne sich zu informieren, könnte unter Umständen eine sehr böse Überraschung erleben. Darum erklären wir euch gern, worum es in dem neuen Xbox 360-Game wirklich geht.
Für die meisten Europäer ist American Football ein Buch mit sieben Siegeln. Während in den USA die Produkte der Madden-Serie extrem beliebt sind, konnten sie sich hierzulande nie gegen Simulationen beliebterer Mannschaftssportarten durchsetzen. Wer nicht mit dem Regelwerk aufgewachsen ist, muss viel nachholen, bevor Begriffe wie First Down, Turnover oder Defensive Tackle einen Sinn ergeben. Im Fall von Blood Bowl ist die Sache sogar noch komplizierter, denn hier wird eine sehr spezielle Football-Variante gespielt, die auf den Warhammer-Brettspielen basiert. Offensichtlich haben auch Orks, Zwerge und Trolle Spaß daran, sich im sportlichen Wettkampf zu messen und so wurde Blood Bowl bereits im Jahr 1986 ein fester Bestandteil des hochkomplexen Fantasy-Universums. Spätestens jetzt sollte jedem potentiellen Käufer klar sein, dass kein Actionspektakel auf der Disc schlummert. Viel strategisches Geschick und ein wenig Glück beim Würfeln sind gefragt, wenn ein Touchdown erzielt werden soll.
Es macht nur wenig Sinn, das Regelwerk an dieser Stelle im Detail zu erklären. Dafür gibt es einfach zu viele Feinheiten und Einstellungsmöglichkeiten. Kennern der Materie wird es völlig ausreichen zu erfahren, dass die Software-Umsetzung auf der 5. Variante des Regelbuches basiert. Alle anderen Zocker müssen sich wohl oder übel durch die vielen langatmigen Tutorials quälen, bevor das Geschehen auf dem Bildschirm einen Sinn ergeben kann. Doch selbst nach mehrstündigem Studium dauert es noch eine kleine Ewigkeit, bis die mühsam geplanten Aktionen endlich klappen. Auch der niedrigste der drei Schwierigkeitsgrade kann frustrierend sein, da einfach unglaublich viel schief geht, wenn die eigene Mannschaft noch am Beginn ihrer Karriere steht. Man sollte denken, dass ein muskelbepackter Extremsportler dazu in der Lage ist, einen Ball aufzuheben, wenn niemand versucht ihn daran zu hindern. In der Welt von Blood Sport ist aber auch solch eine Aufgabe oft deutlich schwieriger als gedacht. Die individuellen Fähigkeiten jeder Spielfigur müssen beachtet werden und wenn die virtuellen Würfel ungünstig fallen, steht sogar ein Spitzensportler plötzlich als Trottel da. Jeder Zug muss gut durchdacht sein, denn ein Fehler führt immer dazu, dass der Gegner eine Chance bekommt, seine Pläne in die Tat umzusetzen.
Das alles klingt bisher sicherlich so, als wäre das Game eine Zumutung für jeden Besitzer einer Xbox 360. Stimmt aber nicht! Blood Bowl ist einfach ein absolutes Nischenprodukt, das sich in erster Linie an Fans der Vorlage richtet. Wie es sich für Rollenspieler gehört, sind die Warhammer-Jünger ganz besonders engagiert wenn es um ihr Hobby geht und werden sich auch auf das neueste Produkt der endlosen Saga stürzen. Bereits vor 15 Jahren erschien eine Umsetzung des blutigen Mannschaftssports für den PC und seit einiger Zeit hält die Fangemeinde sogar selbst organisierte Online-Turniere mit Hilfe eines liebevoll gestalteten Java-Programms ab. Da kommt der professionelle Ansatz in Form des Konsolenspiels gerade recht, um die große Community bei Laune zu halten. Duelle auf dem heimischen Sofa sind ebenso möglich wie Xbox Live Turniere und natürlich darf eine lange Karriere gestartet werden, bei der neben den eigentlichen Matches auch diverse Management-Aufgaben anstehen.
Es ist eine zweite Spielvariante vorhanden, die dem Zocker deutlich mehr Freiheiten bietet. Hier dürfen eigene Regeln aufgestellt werden und es ist sogar erlaubt, das klassische rundenbasierte Gameplay abzuschalten. Durch diese Maßnahme wird das Game aber immer noch kein Actionspektakel und auch keinesfalls einfacher zu durchschauen. Statt abwechselnd Manöver durchzuführen, scheuchen die Kontrahenten ihre Spieler nun gleichzeitig über den Rasen. Das bringt Abwechslung und ist deutlich hektischer als eine offizielle Partie, aber ebenfalls alles andere als einsteigerfreundlich. Die computergesteuerten Gegner überzeugen übrigens spätestens auf dem höchsten Niveau, unabhängig vom gewählten Modus, durch eine sehr gute Spielstärke. Ähnlich wie bei einem ausgeklügelten Schachprogramm, kommen also auch die wahren Meister der Disziplin auf ihre Kosten.
Gewalt in Videospielen kann äußerst langweilig sein, wenn sie lieblos in Szene gesetzt wurde. Gerade bei einem Game wie Blood Bowl sind die Erwartungen besonders hoch und wenn ein drei Meter großes Monster einen mickrigen Menschen attackiert, freut man sich innerlich bereits auf das kommende Schauspiel. Doch leider ist die Enttäuschung gerade in diesem Bereich vorprogrammiert. Die Animationen sind nicht nur wenig abwechslungsreich und qualitativ minderwertig, sondern darüber hinaus auch noch extrem unspektakulär. Ein kurzer Rempler oder ein lustloser Tritt sind einfach viel zu wenig, um die Illusion eines martialischen Wettkampfes auf Dauer aufrecht zu erhalten. Weitere Probleme in den Bereichen Grafik und Präsentation trüben die Stimmung. Die Kamera ist meistens viel zu weit vom Geschehen entfernt und wenn die Perspektive wechselt, geht oft jegliche Übersicht verloren. Es ist natürlich möglich, selbst nachzujustieren, aber wer will das schon ständig machen? Zoomt man sehr nah an das Geschehen, fallen einige wirklich gelungene Charakter-Designs auf und auch die verschiedenen Schauplätze der sportlichen Auseinandersetzung bieten mehr fürs Auge als aus der Entfernung zu erahnen ist.
Die Musik überrascht oft durch völlige Abwesenheit. Dudelt im Intro noch ein dramatisches Stück aus den Lautsprechern, herrscht während der Matches meistens absolute Stille. Lediglich eine Handvoll Soundeffekte, wie der Applaus des unsichtbaren Publikums, der anscheinend nach dem Zufallsprinzip ausgelöst wird, weisen darauf hin, dass die Audio-Ausgabe nicht defekt ist. Ab und zu geben auch zwei Kommentatoren ihre Meinung zum Besten, doch auch die wenigen lustigen Sprüche passen nur selten zum Spielgeschehen.
Daniel meint:
Positiv
-
Regelgetreue Umsetzung des beliebten Brettspiels
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Starke Computergegner
-
Viele Einstellungsmöglichkeiten
Negativ
-
Unglaublich kompliziert
-
Technisch wenig beeindruckend
| Genre |
Strategie |
| Spieleranzahl |
1-2 |
| Regionalcode |
PAL |
| Auflösung / Hertz |
- |
| Onlinefunktion |
Ja
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| Verfügbarkeit |
27.11.2009
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| Vermarkter |
Focus |
| Wertung |
6.4
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Blood Bowl ist ein Albtraum für Menschen, die weder die Tabletop-Vorlage kennen, noch die geringste Ahnung von American Football haben. Als blutiger Neueinsteiger ist man mit dem komplexen Regelwerk hoffnungslos überfordert und wird viele Stunden investieren müssen, bevor eine Partie tatsächlich mit einem Sieg für das eigene Team endet. Das fühlt sich eher an wie Arbeit und nicht wie kurzweiliger Spaß, den man normalerweise erwartet, wenn man einen Controller in die Hand nimmt. Für Fans des Taktik-Brettspiels ist die digitale Variante allerdings eine Offenbahrung. Wer bereits seit einigen Jahren Fantasy-Figuren in die Schlacht schickt und eine Reihe von durchdachten Taktiken entwickelt hat, wird sich über die Möglichkeit, jederzeit eine Runde Blood Bowl gegen Computergegner oder menschliche Kontrahenten spielen zu können, sehr freuen. Solchen Veteranen fällt es außerdem leicht, über die vielen technischen Mankos hinweg zu sehen.