Die Star Soldier Serie wurde hauptsächlich durch die beliebten Nachfolger auf der PC-Engine bekannt, aber auch als zweiter Titel, welcher im Umfeld von Hudsons eSport Turnier Caravan Festival gespielt wurde, bekam das Debüt der Reihe einige Aufmerksamkeit. Bei dieser Veranstaltung ersetzte es 1986 das ein Jahr zuvor gespielte Star Force von Tecmo.
Star Force Spielern sollte hier vieles bekannt vorkommen. Es fühlt sich ähnlich an und sieht auch ähnlich aus. Gegner rauschen mit festen Routen um euch herum oder gehen auf Kollisionskurs. Meist haben sie die gleiche Größe wie euer eigenes Schiff und vertragen nur wenige Treffer, was schon etwas eintönig wirkt. Ausnahmen sind beispielsweise der große Kopf, welcher sich (ebenfalls wie in SF) vor euch zusammenbaut und als Zwischenboss dient, sowie die dieses Mal wehrhaften Endbosse Star Brain und Super Star Brain. Erneut müsst ihr die Dauerfeuerfunktion per Waffen-Power-Up freischalten. Anders als in SF ist das Aufrüsten der Bordwaffe dieses Mal damit nicht erledigt, dazu aber später mehr. Im Übrigen habt ihr beim Kampf gegen das Star Brain ebenfalls ein Zeitlimit. Wie bei SF müsst ihr einen Teil des vorigen Levels erneut durchqueren, wenn es abgelaufen ist. Selbst der Soundtrack verfolgt einen ähnlich beschwingten Stil. Optisch werdet ihr auch hier mit tristen Kombinationen aus Gerüsten und Felsen vor Weltraumkulissen konfrontiert.
Ein paar Besonderheiten hat Star Soldier dann aber doch zu bieten. Werden, nachdem ihr Dauerfeuer freigeschaltet habt, weitere Power-Ups eingesammelt, so wird eine nach hinten gerichtete Bordkanone hinzugefügt. Die nächste Stufe ist ein Fünf-Wege-Schuss (welcher zu einem der typischsten Aspekte der Star Soldier Reihe avancieren wird), mit welchem allerdings größere Gegner und stabilere Architekturen weniger einfach zu zerstören sind, da nur noch eines, statt vormals zwei Projektile geradeaus geschossen wird. Habt ihr diese Ausbaustufe eurer Bewaffnung erreicht, wird zusätzlich ein Schutzschild gegen feindliche Projektile aktiviert. Dieses hält satten 5 Treffern stand, wobei ihr nach dem Ersten wieder auf den dreifachen Angriff zurückgestuft werdet. Zwar stellen Kollisionen mit Gegnern eine noch größere Gefahr dar, vor denen das Schild nicht schützt, dennoch ist es ein recht nützliches Gameplay-Element.
Noch interessanter ist das Upgrade-/Downgrade-System der Waffen im Hinblick auf das Sammeln einer maximalen Punktzahl innerhalb eines Zeitlimits, so wie es ja auch während des Caravan Festivals gehandhabt wurde. Neben den „Z“-Blöcken und diversen anderen Objekten mit relativ vielen Trefferpunkten findet ihr am Ende jedes Levels zwei riesige Augen vor, welche euch bei Zerstörung eine große Menge an Punkten geben, jedoch fast zu viel einstecken, um sie mit dem Fünffach-Schuss zerstören zu können. Theoretisch kann man sich vor diesem Punkt kontrolliert treffen lassen, um erneut mit dem Dreifach-Schuss angreifen zu können. Da ihr mit dem Fünffach-Angriff jedoch die schwachen Gegner effektiver bekämpfen könnt, sollten besonders lohnende Momente für diese Technik genau untersucht werden. Interessant ist auch, dass euch Hudson nicht erlaubt, bis zum nächsten Power-Up entspannt mit weiteren verfügbaren Schildtreffer zu fliegen, um dann wieder hochzurüsten. Wer erneut zum Fünf-Wege-Angriff wechseln will, muss zuvor das komplette Schild verlieren.
Somit stellt Star Soldier bereits im Jahr 1986 ein verblüffend skillorientiertes und planungsintensives Gameplay-Element zur Punktzahloptimierung zur Verfügung. Leider verfügt die normale NES-Version nicht über passende 2/5-Minuten-Modi, weshalb langes Überleben der einfachere und simplere Weg zum Highscore ist. Dazu sei aber noch gesagt, dass ihr mit Button Mashing eine höhere Schussfrequenz erzielen könnt, als mit der Dauerfeuer-Funktion. Profis können so auch mit maximaler Bewaffnung durch aggressives Knopf-Gehämmer Objekte mit vielen Trefferpunkten zerstören. Diese Spielweise ist jedoch recht anstrengend und funktioniert mit einem normalen Controller Pad nicht sonderlich gut.
Eine weitere Besonderheit ist, dass euer Raumschiff hinter Plattformen, Felsen und Gerüste fliegen kann. Dort ist es unerreichbar für gegnerische Angriffe und damit quasi unzerstörbar, kann aber auch nicht mehr angreifen. In der Theorie ein durchaus interessantes Feature. Leider geschieht dies eher zufällig. Selbst könnt ihr es weder provozieren noch verhindern, wobei es häufig dazu kommt, dass ihr Items verpasst oder nicht in der Lage seid, gefährliche Gegner schnell genug auszuschalten.
Um es auf den Punkt zu bringen: Vieles, was für SF gegolten hat, gilt auch für Star Soldier. Dabei wurde SF quasi als Ganzes übernommen und um ein paar Neuerungen und Details erweitert. Das Problem ist, dass es sich dabei nicht nur um Verbesserungen handelt. Dass die Bewaffnung jetzt wirklich erweiterbar ist, ist einerseits toll, doch warum habe ich andererseits auf maximaler Stufe größere Probleme mit Bossen und zerstörbaren Objekten auf der Oberfläche? Ohne die zeitbegrenzten Modi gestaltet sich die Technik des Wechsels zwischen den verschiedenen Angriffsstufen als zu ineffektiv. Die Hintergründe sind etwas komplexer designt, aber warum fällt die Farbwahl häufig auf Brauntöne und kommt damit meist hässlicher rüber? Als Pluspunkt kann man zumindest anmerken, dass es Star Soldier (im Gegensatz zu SF) gelungen ist, ein relativ eigenständiges Design zu entwickeln.
Star Soldier mag moderner und komplexer sein als SF, aber tatsächlich funktioniert es eher schlechter. In SF gibt es keine zwiespältigen Spielelemente; alles funktioniert, wie es soll. Es mag dadurch noch etwas langweiliger wirken, das rundere Spielerlebnis bietet es trotzdem. Zudem werdet ihr ab Level 4 mit sehr schnellen Gegnern konfrontiert, welche von oben in eure Richtung stürmen. Diesen auszuweichen oder sie abzuschießen, gestaltet sich als recht schwer und etwas zu unkontrollierbar. Das lässt Star Soldier leider dezent unfairer als SF erscheinen.
Weiterhin sollte man im Auge behalten, dass die Zeit nicht stehen geblieben ist. In den Spielhallen konnten bereits Spiele wie Gradius, Legendary Wings, Darius und vor allem Salamander bewundert werden oder erschienen kurz darauf, und auch auf dem NES wurde im selben Jahr Compiles sensationelles Zanac veröffentlicht. Es mag immer noch ein gutes Spiel zur kurzweiligen Punktejagd gewesen sein, war aber auch für diese Zeit schon zu simpel. Dass sich auch Menschen, die nicht am Caravan Festival teilgenommen haben, zuhause vor dem NES versuchen zu überbieten, verhindert Hudson durch die fehlenden zeitbegrenzten Modi.
Hier ein kurzer Run zum Super Star Brain und ins 6. Level ohne Continue:
Mit Star Soldier habt ihr einen noch sehr rudimentären Vertikalshooter vor euch, der Star Force als Basis verwendet und um ein echtes Power-Up-System, das Zwei-Ebenen-Prinzip bei den Plattformen und allerlei versteckte Gegenstände erweitert. Hudson verließ sich jedoch etwas zu sehr auf die solide Gameplay-Basis des spirituellen Vorgängers und konnte dem immer noch recht jungen Vertikal-STG-Genre keine wirklich neuen Impulse geben. Dennoch ist es dieser erste Teil, welcher als Grundlage für das 2003er Remake auf PS2, Gamecube und PSP und die Homebrew Ehrerbietung Soldier Force herangezogen wurde. Einen gewissen Kultfaktor kann man also auch dem ersten Star Soldier nicht absprechen