Das Training, das vor den eigentlichen Kämpfen absolviert werden kann, macht Lust auf mehr. Ein gut gepolsterter Coach erklärt nicht nur die verschiedenen Attacken und Verteidigungsmöglichkeiten, sondern steht darüber hinaus auch als Prügelknabe zur Verfügung, so dass die Theorie direkt in der Praxis getestet werden kann. Sobald eine Aktion dreimal erfolgreich ausgeführt wurde, was meistens erstaunlich schnell klappt, steht die nächste Lektion auf dem Programm. Nach spätestens 20 Minuten geht es dann im Hauptmodus weiter, wo diverse Fieslinge um Schläge betteln. Doch die Hoffnungen, die das Training geweckt hat, werden wenige Minuten später wieder zunichte gemacht...
Ein gutes Prügelspiel benötigt ein komplexes Kampfsystem mit vielen unterschiedlichen Schlägen, Tritten und Verteidigungsmöglichkeiten. Wer viel zockt, kann irgendwann eine beeindruckende Anzahl gelungener Aktionen aneinander reihen und auch kleinste taktische Fehler des Gegners sofort ausnutzen. Es ist das erhabene Gefühl, einen Kontrahenten nicht nur durch schnelle Finger sondern auch auf Grundlage eines überlegenen Verständnisses der Spielmechanik auf die Bretter geschickt zu haben, das Fans von Serien wie Tekken oder Street Fighter von einem Duell zum nächsten treibt. Das wussten offensichtlich auch die klugen Köpfe hinter Fighters Uncaged und auf dieser Grundlage ist ihnen ein Denkfehler unterlaufen, der sich verheerend auf die Qualität ihres Produktes ausgewirkt hat. Hier wurde eindeutig zunächst ein Beat-´Em-Up programmiert, das später mit Kinect-Steuerung veredelt werden sollte. Es wäre allerdings deutlich intelligenter gewesen, zunächst die Bewegungssteuerung zu entwickeln und erst danach einen Klopper um die Aktionen zu stricken, die wirklich gut funktionieren.
“Viel gewollt, wenig gekonnt.“ Wenn wir bei neXGam ein wenig fauler wären, könnten wir diesen Satz als Fazit unter die Hälfte aller Kinect-Launchtitel setzen. (Selbstverständlich sind wir extrem faul, aber wenn es darum geht uns über Videospiele zu beschweren, machen wir das ausführlich.) Auch bei Fighters Uncaged ist die Steuerung schlicht und einfach defekt. Einzelne Aktionen lassen sich zwar mit etwas Übung mehrfach wiederholen, doch sobald Kombinationen gefragt sind, haben die Bewegungen der Spielfigur auf dem Bildschirm nur noch sehr wenig mit dem zu tun, was der Mensch vor dem Kinect-Sensor macht. Schläge werden als Tritte interpretiert und oft genug reagiert der virtuelle Stellvertreter überhaupt nicht. Der Schaden hätte sich durch ein simples Kampfsystem minimieren lassen, aber immer wieder werden spezifische Manöver verlangt, die nur durch pures Glück gelingen. Die Angriffe der Gegner werden beispielsweise durch das Aufleuchten einzelner Körperteile angekündigt. Vom Zocker wird nun nicht nur ein spezifisches Block- oder Ausweichmanöver verlangt, sondern im Anschluss auch eine weitere eindeutige Bewegung um zu kontern. Die Tatsache, dass sich die Entfernung zwischen den Kontrahenten oft nur durch das Ausführen bestimmter Attacken beeinflussen lässt, wirkt unnötig kompliziert. Wäre ein Schritt nach vorn oder hinten nicht die logische Alternative gewesen? Anscheinend bewegen sich Programmierer zu selten, um so einfache Gedankengänge nachvollziehen zu können.
Fighters Uncaged ist eins der wenigen Games, die das Kinect-Mikrofon nutzen. Sobald genug Energie gesammelt wurde, kann durch einen beherzten Kampfschrei ein Specialmove gestartet werden, der besonders viel Schaden anrichtet. Zweifellos eine gute Idee, die zur Belustigung von Zuschauern beitragen könnte. Da aber die Geräusche aus den Lautsprechern oft innerhalb weniger Sekunden als menschliche Stimme fehlinterpretiert werden und die akrobatische Einlage starten, verpufft der originelle Einfall in Bedeutungslosigkeit.
Bei so eindeutigen Macken könnte das Review eigentlich an dieser Stelle enden. Aber gut, bringen wir es mit Anstand zu Ende... Auch der Umfang kann nicht überzeugen. Außer dem Trainingsmodus gibt es lediglich eine Reihe von Kämpfen gegen die immer gleichen sechs Fieslinge. Richtig gelesen! Fighters Uncaged hat tatsächlich keinen Multiplayer-Modus, was für ein Beat-´Em-Up schon äußerst skurril ist. Es ist möglich, im Laufe der Zeit in höhre Ligen aufzusteigen, doch um dieses Kunststück zu vollbringen, reicht es nicht aus, jeden Kontrahenten einfach nur K.O. zu schlagen. Die harten Jungs müssen tatsächlich mehrfach auf die Bretter geschickt werden, um genug Punkte für den nächsten Schwierigkeitsgrad zu sammeln.
Auffällige Bugs sind besonders auf Konsolen immer ein klares Indiz dafür, dass ein Game nicht konsequent und gewissenhaft programmiert wurde. Auch bei Fighters Uncaged ist den Machern anscheinend irgendwann die Lust vergangen, alle Fehler auszumerzen. Zu den bereits genannten Mankos gesellen sich auch gelegentliche Abstürze, die manchmal durchaus sehenswert sind. Unsere Testversion verweigerte im Schnitt etwa alle zwei Stunden den Dienst und ein Blick in diverse Internetforen hat gezeigt, dass dies keine Seltenheit ist. Das Spiel samt Musik lief zwar noch, doch weder der eigene Kämpfer noch der Kontrahent konnten dazu gebracht werden eine Attacke auszuführen. Anscheinend war ihnen, ebenso wie allen realen Personen in der Nähe, mal wieder die Lust an Fighters Uncaged vergangen.
Eine mittelmäßige Optik und ein Soundtrack, der verbissen versucht cool und modern zu klingen, wodurch er eher peinlich wirkt, runden das triste Bild ab. Die Charaktermodelle und Animationen wären auf der letzten Konsolengeneration noch zeitgemäß gewesen, kratzen aber nicht mal an der Oberfläche der Fähigkeiten einer Xbox 360. Ähnliches gilt für die Hintergründe, die immer recht düster und farblos daherkommen. Ein paar Gitarrenriffs und Hip-Hop-Klänge sollen für Stimmung sorgen, sind aber reine Fließbandware. Wenigstens die Sprecher, die nie um einen dämlichen Spruch verlegen sind, bringen ein wenig unfreiwilligen Humor in den Straßenkämpferalltag.
Fighters Uncaged ist im Augenblick das beste reinrassige Kinect-Beat-´Em-Up (Ich hoffe der Satz wird für Werbezwecke zitiert!)... Allerdings ist es auch der einzige Genrevertreter. Die Steuerung funktioniert nicht und darum sind die vielen anderen Mankos, wie der lächerliche Umfang und der fehlende Multiplayer-Modus, reine Nebensächlichkeiten. Der Sensor wartet ständig auf einzelne Bewegungen, statt den Spieler komplett zu erfassen und die Aktionen auf den Bildschirm zu übertragen. Das Erkennen von Schlägen, Tritten und anderen Manövern ist dabei so fehlerhaft, dass wildes Herumgezappel oft die beste Taktik ist. Auch wenn sie selbst nicht perfekt ist, hat die neue Xbox-Hardware-Erweiterung solche Spiele nicht verdient. Sogar den Kampf um den schlechtesten Kinect-Titel verliert Fighters Uncaged knapp. Das ist aber nicht so wild, denn mit dem unterirdisch schlechten MotionSports kommt der Gewinner dieser Kategorie ebenfalls aus dem Hause Ubisoft.