Das sich diese Aufgabe wesentlich schwieriger und weitreichender darstellt, als sie klingt, versteht sich fast von selbst. Es sei an dieser Stelle nur soviel verraten, dass ihr Erstaunliches über eueren Herkunftsplaneten Arth, eure eigene Abstammung und eine schreckliche Gefahr herausfinden werdet, die das Leben in der Galaxie bedroht.
Ihr müsst nun das Geld bestmöglich in die Ausstattung eures Raumschiffes und eure Crew investieren, um einen guten Start hinzulegen. Generell lässt euch das Spiel dabei für damalige und sogar für heutige Verhältnisse unheimlich viel Spielraum. Ihr könnt beispielsweise euer Schiff frei benennen (der Autor ist früher gerne mit dem mächtigen Kriegsschiff Iss Dackel unterwegs gewesen) und eure Besatzung frei aus fünf verschiedenen Rassen auswählen und trainieren, die alle verschiedene Stärken und Schwächen besitzen. Euer Raumschiff kann wiederum mit diversen Waffensystemen, Antrieben, Schilden, Frachtkapseln und anderen Kleinigkeiten verschönert werden. Selbst euer Landefahrzeug könnt ihr tunen (etwas, was sogar moderne Spiele wie Mass Effect nicht gebacken bekommen.)
Zusätzlich könnt ihr, falls ihr Planeten mit erdähnlichen Bedingungen entdeckt, diese zur Kolonisation empfehlen, wofür eine stattliche Prämie von Interstel ansteht. Die ganz bösen Buben unter euch können natürlich auch Schiffe fremder Rassen überfallen und zerstören, was ebenfalls Mineralien, und noch viel wichtiger und wertvoller, Treibstoff bringt. Ja, ihr habt richtig gehört. Selbst in der Zukunft läuft nix ohne Sprit. In Starflight benötigt man für fast jede Aktion eures Raumschiffes den Treibstoff „Endurium“. Der gute Stoff hat anscheinend nicht nur besonders viel Octan, sondern ist auch ziemlich teuer. 1000 Mu's pro Einheit um genau zu sein. Es ist also zwingend erforderlich, dass ihr nicht nur forscht, sondern auch schaut, dass Geld in die Kasse kommt.
Nachdem ihr jetzt euer Schiff ausgestattet und eine Crew rekrutiert habt, geht es auf in die riesige Spielwelt von Starflight. Zu Beginn werdet ihr von den gigantischen Ausmaßen des Spieles wahrscheinlich geradezu erschlagen sein. Nicht weniger als 270 Sonnensysteme mit über 800 Planeten warten auf eure Erforschung. Ihr könnt dabei wohlgemerkt auf wirklich jedem(!) Planeten landen und ihn mit eurem Landefahrzeug ausgiebigst erkunden. Mit der Zeit werdet ihr euch trotz des riesigen Universums aber sehr gut zu recht finden, was unter anderem auch der im Spiel implementierten Karte zu verdanken ist, die euch eure aktuelle Position sowie das gesamte Starflight-Universum zeigt. Außerdem sind viele charakteristische Sternenkonstellationen eine weitere gute Orientierungshilfe.
Auf dem Weg zu eurem Ziel werdet ihr von Zeit zu Zeit so genannte Fluxströme entdecken. Diese Objekte sind Wurmlöcher, die es euch ermöglichen, direkt von einem Ende zum anderen zu reisen. So lassen sich zum Teil große Entfernungen zurücklegen, ohne dass es euch auch nur einen Tropfen Sprit kostet. Also nicht nur für die Ökos unter den Raumfahrern eine prima Sache. Diese Wurmlöcher werden übrigens automatisch nach ihrer Entdeckung in die Ingame Karte eingetragen. Sehr komfortabel.
Eine Rasse versucht euch beispielsweise permanent über's Ohr zu hauen, eine andere spricht am Liebsten nur über sich selbst und hält sich für die Chefkakerlaken des Weltalls. Eine Dritte hält wiederum gar nichts von irgendwelcher Konversation und ballert lieber sofort aus allen Rohren, sobald euer Schiff in Reichweite ist.
Als ob sechs völlig unterschiedliche Alienrassen für ein 16-Bit Spiel nicht schon eine ganze Menge wäre, existieren sogar zwischen den einzelnen Rassen Beziehungen, die ihr berücksichtigen müsst. So pflegen zum Beispiel das Pflanzenvolk der Elowan und die Echsenwesen der Thrynn einen richtig schönen Hass aufeinander. Das Resultat davon ist, dass sie erst mit euch sprechen, wenn ihr mit der anderen Partei ordentlich auf Kriegsfuß steht. Ganz fatal ist übrigens, wenn ihr einen Vertreter der jeweils anderen Rasse an Bord habt und von deren Kontrahenten gescannt werdet. In dem Fall könnt ihr gleich schon mal die Kanonen startklar machen.
Falls ihr versucht mit den Aliens zu sprechen und diese auf ein Gespräch eingehen, stehen euch vier Grundhaltungen offen, die ihr bei der Kontaktaufnahme einnehmen könnt: Freundlich, Unterwürfig, Neutral, und Aggressiv. Diese Grundhaltungen haben Auswirkungen darauf, wie die Außerirdischen auf euch reagieren. Hier ist etwas Experimentierfreude angesagt. So steht beispielsweise eine Rasse unheimlich darauf, wenn ihr ihnen die insektoiden Hintern küsst, während eine andere total darauf abfährt, angebrüllt und mies behandelt zu werden. Umso besser ihr den richtigen Ton trefft, umso mehr Informationen werdet ihr in der Begegnung erlangen.
Falls die Begegnung nun aber mal nicht so freundlich verläuft, weil ihr euch vielleicht im Ton vergriffen habt oder mitten im Thrynn-Raum eine Kompanie Elowanwissenschaftler spazieren fahrt, kommt es mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Kampfhandlungen. Und damit kommen wir zu einem der wenigen, wirklichen Schwachpunkte von Starflight, bei dem die Entwickler einiges in den Sand gesetzt haben. Problem Nummer eins während eines Kampfes ist mal wieder die Steuerung. Ihr bewegt euer Raumschiff, indem ihr durch permanenten Druck des Steuerkreuzes nach oben den Antrieb feuern lasst. Euer Schiff verhält sich hierbei halbwegs physikalisch korrekt, sprich, selbst wenn der Antrieb ausgeschaltet ist, fliegt ihr aufgrund fehlender Reibung einfach geradeaus weiter. Um eine Kurve zu fliegen müsst ihr nun schräg nach links- oder rechts oben drücken. Man kann sich vorstellen, dass diese Art der Steuerung nicht sehr präzisionsfreundlich ist.
Hinzu kommt dann noch Problem Nummer drei. Der wirklich lächerlich hohe Treibstoffverbrauch der Waffen und Schilde. In einem Gefecht mit mehreren Gegnern kann man schon mal leicht 40-50 Einheiten Endurium verballern. Das sind umgerechnet 40 bis 50 tausend Mu's. Also jede Menge Kohle. Außerdem wird der Treibstoff so schnell verfeuert, dass ihr oft mitten im Gefecht mit leerem Tank da steht. Und ohne Sprit gibts bekanntlichermaßen keine Waffen, kein Antrieb, keine Schilde, einfach nichts. Das Resultat davon ist, dass ihr entspannt zuschauen dürft, wie euch das letzte, schon völlig zusammengeschossene und nur noch auf einem Zylinder durchs Weltall rasselnde Scoutschiff aus dem Leben ballert. Ein ziemlich frustrierendes Erlebnis, kann ich nur sagen.
S
Alles in allem ist denke ich klar geworden, dass man in Kämpfen wegen all der obigen Probleme keinen Blumentopf gewinnen kann und sich am Besten, wenn es brenzlig wird, schleunigst vom Acker macht.
Zum Glück sind Kämpfe in Starflight eher nebensächlich. Ganz anders verhält es sich da mit der Planetenerkundungen, die einen der Hauptbestandteile des Spieles darstellen. Um auf einem Planeten zu landen, müsst ihr zunächst in die Umlaufbahn um den Planeten einschwenken. Praktisch macht ihr das, indem ihr kreisförmig um den Planeten kurvt, bis das Spiel kapiert, dass ihr dort gerne parken würdet. Irgendwann macht es dann „klick“ und ihr bewegt euch ohne euer zutun in einem stabilen Orbit. Nachdem das Manöver gelungen ist, könnt ihr nun euren Navigator anweisen zu landen.
Nach dem Aufsetzen steigt ihr in euer kleines Landefahrzeug um, mit dem ihr nun die Planetenoberfläche erkunden könnt. Dabei müsst ihr jedoch berücksichtigen, dass auch euer Planetenflitzer nur einen begrenzten Treibstoffvorrat hat. Ist der erschöpft, ist das Fahrzeug mit allen aufgelesenen Mineralien, Tieren und Artefakten verloren. Zum Glück warnt euch das Spiel immer mit einem Signalton, wenn der Treibstoff zur Hälfte verbraucht wurde und zeigt euch mittels einer Art Kompass immer den kürzesten Weg und die Distanz zu eurem Mutterschiff an. Wieder mal sehr gut gelöst. Die Planetenerkundung an sich ist allerdings ein zweischneidiges Schwert. Ihr müsst euch vorstellen, dass die Planeten wirklich groß sind. Also so richtig planetenhaft groß. Und es gibt keinerlei Radar oder Karte welche die interessanten Ruinen, Artefakte oder Sonstiges verzeichnet, was auf dem Planeten zu finden ist.
Der weitere Spielverlauf besteht nun aus dem Sammeln von Informationen, Geld, der Suche nach Ruinen und Artefakten und schließlich der Rettung der ganzen Galaxie. Zum Ende der Haupthandlung erwartet euch übrigens noch eine faustdicke Überraschung, die man einem Spiel, das so alt ist, gar nicht zugetraut hätte. Überhaupt ist die Story von Starflight wirklich hervorragend. Etwas Spannenderes und Überraschenderes ist auf dem Mega Drive meiner Meinung nach nicht zu finden.
Das komplette Spiel wird mit Ausnahme des pseudo-3D Raumhafens in einer einfachen Draufsicht dargestellt, die ohne jeglichen Tiefeneffekt daherkommt und meistens noch an ziemlicher Farbarmut leidet. Es sieht also wirklich sehr bescheiden aus. Auf der anderen Seite muss man jedoch auch die unglaubliche Größe des Spieles im Hinterkopf behalten. Über 800 voll erkundbare Planeten, sechs Alienrassen, jede Menge Story... Es wird wohl einfach nicht mehr viel Platz auf dem Modul gewesen sein, um auch noch eine hervorragende Grafik aus dem Hut zu zaubern. Der Sound passt sich dem Grafikniveau übrigens problemlos an und kann ebenfalls nur als zweckmäßig bezeichnet werden. Das Spiel kommt mit Ausnahme des Titelbildschirmes völlig ohne Musikuntermalung aus, allerdings tauchen einige digitalisierte Sprachsamples auf.
Starflight ist übrigens kein originär für die SEGA Konsole entwickeltes Spiel. Bis zu seiner Umsetzung für das Mega Drive hatte es schon diverse Stationen hinter sich. 1986 für MS-Dos veröffentlicht, wurde es 1989 für Amiga und 1990 für Atari ST Computer adaptiert, bis es 1991 endlich auf SEGAs Kult-Konsole ankam. Die Mega Drive Version verfügt dabei mit Abstand über die beste Grafik. Also immerhin in diesem Punkt kann Starflight grafisch etwas reißen.
Starflight im Test

Ganz, ganz selten in seinem Leben hat man als Spieler das Glück, Spielen zu begegnen, die etwas ganz besonderes sind. Spiele, die einzigartig in ihrer Art die ausgetretenen Pfade verlassen und etwas völlig neues, noch nie da gewesenes ausprobieren. Sehr oft wird diesen Spielen nicht der Erfolg zuteil, den sie eigentlich verdienen. Teils, weil Spieler doch ziemliche Gewohnheitstiere sind und Neuem gegenüber prinzipiell misstrauisch, teils aber auch, weil sie ihrer Zeit einfach voraus sind. Wer von einem dieser Spiele jedoch einmal gepackt wurde, den lässt ihre Faszination auch nach Jahrzehnten nicht mehr los. Eine dieser seltenen Kostbarkeiten ist Starflight für das SEGA Mega Drive.
Andreas meint:
Andreas meint:

Starflight ist ein absolut einzigartiger Titel. Ein solches offenes Spielkonzept, welches trotzdem mit so einer packenden Story aufwartet, hat es eigentlich bis heute (zumal mit Science-Fiction Hintergrund) nicht mehr gegeben. Wer auf Science-Fiction steht und der englischen Sprache mächtig ist, den wird Starflight tagelang an die Couch fesseln. Punktabzüge gibt es nur wegen der schlechten Grafik und dem miesen Kampfdesign. Ansonsten ein wirklich tolles Spiel!
Positiv
- Spannende Story
- Offene Spielwelt
- Innovative Mischung zwischen RPG & Simulation
Negativ
- Schlechte Grafik
- Kämpfe sind hakelig und viel zu teuer
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von Azazel:
danke für den ausführlichen bericht. Kannte starflight bisher nur vom c64 und da ist es, vor allem grafisch, eben noch sehr "rustikal".
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von Honigdieb:
Ich möchte jetzt auch mal ein kritisches Review zu dem Spiel schreiben und versuche dabei mich auf das Wesentliche zu beschränken und Story Spoiler so gut es geht zu vermeiden. Handelt es sich bei Starflight um das beste Mega Drive Spiel? Nein, leider nicht und das hat zwei Gründe. Anfangs...
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von Omnibot2000:
Danke für das umfassende Rewiew, von dem Spiel habe ich tatsächlich zuvor noch nie gehört Schade dass die Kämpfe "broken" sein sollen, das könnte mir vielleicht das Spiel verderben....
Volle Zustimmung, Herr Kollege! Auch ich habe Stunde um Stunde an meinem Mega Drive mit Starflight verbracht und sogar mein geliebtes SNES dafür verstauben lassen. Über Wochen war von der Komplexität dieses 16-Bit Spiels mehr als begeistert. Da kann sich manch ein aktueller Titel wahrlich eine Scheibe abschneiden. Wen das Gameplay nur ansatzweise anspricht, der sollte sich dieses Modul nicht entgehen lassen!