Im neuesten Teil der Belmont vs. Dracula Reihe ließ sich der Graf einen ganz üblen Plan einfallen: Er entführt die Freundin des Urenkels von Simon Belmont und dessen Schwester. Ja, so war die Zeit damals. Heute würden die zwei Streitparteien ihre Probleme in der Jerry Springer Show ausdiskutieren und sich nach 45 Minuten Sendezeit in den Armen liegen. Doch andere Zeit, andere Sitten - und so macht sich Richter Belmont auf, um seine geliebte Freundin und dessen Schwester aus den Klauen des Grafen zu befreien.
Auf dem Weg zu Draculas Verließ ist die Peitsche (aus Urvaters Simons Besitz) die beste Waffe gegen Untote, Zombies, Fledermäuse und Höllenhunde. Die meiste Zeit lauft ihr von links nach rechts und zermatscht mit Ur-Opas vermachtem Vampir-Totmacher alles, was euch vor die Nase kommt. Wie aus dem Vorgänger bekannt, finden sich überall in den Levels verteilt Kerzen, die euch Munition in Herzform spendieren. Als Extrawaffe steht nur bekanntes Werkzeug zur Verfügung: Mit dem Dagger, Axe, Holy Water und Crucifix habt ihr Fernwaffen, mittels derer sich Gegner gut auf Distanz halten lassen. Und mit der Uhr könnt ihr für kurze Zeit die Umgebung einfrieren, um harte Sprungpassagen in Ruhe zu absolvieren.
Super Castlevania IV SNES Veteranen werden sofort beim Spielstart merken, dass Konami mit Vampire‘s Kiss einen gewissen Abstand zum Vorgänger schuf. War es euch seinerzeit noch möglich, die Peitsche mit Upgrades zu verbessern, hat man dieses Konzept komplett über Bord geworfen. Das Schlagen mit der Peitsche in alle Richtungen (Oben/Unten) ist genauso der Schere zum Opfer gefallen, wie die Schwungeinlagen á la Indiana Jones. So spielt sich Vampire‘s Kiss anfänglich sehr Oldschool und richtige Innovation sucht man vergebens.
Richter Belmont muss einen sieben Level Marathon bestehen, der nicht nur an der Substanz des Alter Egos kratzt, sondern auch am Nervenkostüm des Spielers. In den abwechslungsreichen Abschnitten gilt es haarsträubende Sprungpassagen zu meistern, die schon beim kleinsten Fehler ein Game Over für den Spieler bedeuten.
Um den Schwierigkeitsgrad noch weiter in die Höhe zu treiben, sind die Gegner teils so positioniert, daß ihr diesen hilflos in die Arme lauft. Wer mit Vampire's Kiss seinen Start ins Actiongenre hinlegen will, wird viel bluten müssen. Hardcorefreaks werden trotz des unmenschlichen Schwierigkeitsgrades nicht klein beigeben, um dann letztlich doch triumphal auf Draculas Asche stehen zu können.
Die Grafik ... ja, die Grafik war in Super Castlevania IV echt der Hammer. Die Mode 7 Effekte haben damals so manchen Grafikjunkie zum Sabbern gebracht. Leider kann Vampire's Kiss auch hier nicht ganz punkten. Im direkten Vergleich zum Vorgänger hat die Grafik keinen großen Sprung nach vorne gemacht, sondern eher nach hinten. Ein echter Fortschritt ist in der Steuerung des Alter Egos zu vermelden. Spielten sich in den Vorgängern die Mitglieder der Belmont Familie mitunter noch wie wandelnde Kartoffelsäcke, so hat Richter Belmont nun wohl geölte Gelenke, denn die Steuerung des Protagonisten ist ausnahmsweise wirklich erste Sahne.
Ich könnte heulen: Wieso nur Konami? Super Castlevania IV legte den Grundstein für ein neues Spielgefühl in der Castlevania-Serie und was machen die Designer? Sie werfen die wunderbar passenden neuen Features aus dem vierten Teil über Bord und setzen auf Altbewährtes! Ihr dürft mich nicht falsch verstehen. Vampire‘s Kiss ist trotzdem ein gutes Spiel, aber Kenner des vierten Teils werden viele Dinge vermissen und träumen beim Zocken von vergangenen Tagen, in denen die Castlevania Welt in Ordnung war.