Far Cry 4 - Größer, schöner ... besser? im Test

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Mit Far Cry 3 brachte Ubisoft endlich einen würdigen Nachfolger für Far Cry 1. Die Serie war nach dem spielerisch eher bescheidenen Far Cry 2 in eine kleine Krise geraten und niemand traute dem Publisher mit der Franchise noch ein richtig dickes Ding zu. Dann kam Far Cry 3 und mit dem Titel einer der vermutlich durchgeknalltesten Antagonisten der letzten Zeit: Vaas war der heimliche Star des Spiels. Aber auch das Gameplay wusste in dem Dschungelsetting zu überzeugen. Jetzt, gerade einmal zwei Jahre später, steht mit Far Cry 4 der nächste Teil vor der Tür und versucht mit der bewährten Ubisoft-Formel erneut die Videospielherzen zu erobern. Doch taugt das Abenteuer im Himalaya etwas oder handelt es sich um Far Cry 3.5 in den Bergen?

FarCry4_nexgam_2Sie ist in aller Munde: Die Ubisoft-Formel wird momentan überall genannt und besprochen. Zu sehr ähneln sich die Spiele, es lässt sich mit bloßem Auge leicht ein deutliches Muster erkennen: Open-World, Aussichtspunkte finden und erklimmen, um die Karte Stück für Stück aufzudecken, ein schier unübersehbares Gewusel von Nebenaufgaben usw. »Never change a winning team«? Logisch, die vielen Ubisoft-Spiele teilen sich in der Tat einige Spielmechaniken und setzen sie in unterschiedlichen Settings und Spielgenres ein. Doch ist es falsch, ein spaßbringendes Spielprinzip beizubehalten und mit neuen Ideen weiterzuentwickeln? Man mag sich darüber streiten, wieso jedes Jahr ein brandneues Assassins Creed auf den Markt geworfen wird. Oder warum jetzt nach gerade einmal zwei Jahren ein neues Far Cry ins Haus kommt, das ein ähnliches Spielerlebnis wie der Vorgänger bietet. Machen die Spiele dadurch weniger Spaß?
 
Fakt ist, dass wir es in Far Cry 4 mit einem sehr durchgeknallten, paradiesvogelähnlichen Diktator namens Pagan Min zu tun bekommen. Ihm gehört das schöne Fleckchen Kyrat und er befindet sich mitten im Bürgerkrieg mit dem »Goldenen Pfad«, einer Widerstandsorganisation, die die Freiheit zurückgewinnen will und versucht, ihn zu stürzen. Mitten in diesen Konflikt gerät Ajay Ghale, der nur den letzten Wunsch seiner verstorbenen Mutter erfüllen möchte, nämlich ihre Asche nach Lakshmana zu bringen. Sein Nachname scheint in Kyrat bekannt zu sein, und ehe er sich umschauen kann, steckt er ebenfalls im Krieg drin. Er muss feststellen, dass hinter dem Anliegen seiner Mutter wesentlich mehr steckt, als nur die finale Ruhe. Wir als Spieler müssen uns an seiner Stelle dazu noch entscheiden, wie die Revolution vonstattengehen soll: Eher konventionell, um die Religion und die Rollenverteilung zu beachten, oder revolutionär, um die Rolle der Frau zu ändern und das Leben innerhalb der Region umzugestalten. Diese beiden Ideale werden von den Widerstandskämpfern Amita und Sabal verkörpert. Die Art und Weise definiert ihr selbst, das Ziel bleibt das Gleiche: Pagan Min und seine Armee stürzen!
 
FarCry4_nexgam_7Bis dahin ist es jedoch ein langer und – Far Cry-typisch – blutiger Weg. Es gilt Festungen zu erobern, Pflanzen zu sammeln, um Heilmittel herzustellen, Tiere zu jagen, um Ausrüstungsgegenstände aufzuwerten, und natürlich die obligatorischen Funkstationen zu erklimmen und das Signal zu stören, um die Karte aufzudecken. All das funktioniert tadellos und kennt man, wenn man den Vorgänger gespielt hat. Ist Far Cry 4 also doch nur eine etwas aufgehübschtere Version mit neuem Setting? Auf dem Papier ja, das kann man nicht verschweigen. Ich persönlich muss aber sagen, dass mich Far Cry 4 besser motivierte, weiter zu spielen: Ich wollte sowohl der Geschichte folgen (und vor allem Pagan Min einmal mehr in Aktion sehen) und die Nebenaufgaben weiterzocken. Dazu gesellen sich übrigens noch die oft angekündigten Shang-Ri-La -Passagen, die euch nur mit einem Bogen und Tiger bewaffnet in die Vergangenheit schicken. Von diesen hätte es mehr geben können!

Eventuell lag es bei mir am etwas ausgelutschten Insel-Setting oder den für mich blassen Hauptcharakter Jason, doch Far Cry 4 packt mich einfach besser als es der Vorgänger schaffte. Ich kaufe Ajay seine Beweggründe eher ab als dem zu John Rambo mutierenden Urlauber, der zwar seine Freunde retten und rächen möchte, aber zuvor niemals eine Waffe in der Hand gehalten hat. Ajay mit seinem Hintergrund, der toten Mutter und dem mysteriösen Vater, zu dem ich hier nichts spoilern möchte, wirken realistischer und authentischer. Auch Pagan Min ist ein wenig vielschichtiger als der durchgeknallte Vaas, der halt irre war, weil er eben so war.

Positiv gestaltet sich ebenfalls die Welt von Far Cry 4: die herbstliche Berggegend Kyrat und der verschneite Himalaya, den man leider viel zu selten besuchen darf. Alles wirkt organischer, da euch öfter Eingeborene über den Weg laufen, überall Händler durch die Gegend wandern oder ihr in einen Kampf geratet und selbst entscheiden könnt, ob ihr eingreift oder nicht. Dabei ertappt man sich bei der Fülle der Aufgaben leicht, auf dem Weg zur nächsten Hauptmission noch mehrere sogenannte »Karma«-Missionen zu erledigen. Das sind die Zufallsaktivitäten wie das Retten von Geiseln oder Eingreifen in Gefecht. Oder doch noch eben auf die Jagd zu gehen, um die Beuteltasche zu vergrößern, die nächste Festung vorzugsweise zu zweit im Koop einzunehmen oder einfach die tolle Landschaft zu genießen. Die Grafik sieht dabei auf der Xbox One wunderschön aus, auch wenn man dem Titel bei den Charakteren ansieht, dass er parallel auf den Last-Gen-Konsolen erscheint. Aber die Gegend, die Wasser- und Lichteffekte und die oft stimmungsvolle Musik geben einem das Gefühl, wirklich durch die Himalaya-Gebiete zu laufen. Ganz besonders dann, wenn man erneut auf einem Elefanten reitet.
 
FarCry4_nexgam_5Far Cry 4 ist ein Produkt der Ubisoft-Formel, keine Frage. Doch ist es auch ein schlechtes geworden? Ich hatte während meiner Spielzeit nicht einen Bug oder Framerateeinbruch. Nur den Koopmodus konnte ich leider nicht mit einem Freund testen. Dieser ist aber auf dem Papier gelungen, denn ihr könnt schließlich mit einem Kumpel zu zweit reisen und alles außer den Hauptmissionen gemeinsam erledigen. Das heißt, es gibt keine Trennung mehr zwischen Single- und Multiplayer. Ihr könnt, ähnlich wie bei Assassins Creed, jederzeit in das Spiel eines Freundes wechseln, einen anderen in euer Spiel einladen oder zusammen mit einem Fremden durch Kyrat reisen.

Far Cry 4 ist mit einem tollen Setting ein würdiger Nachfolger geworden und wird erneut den einen oder anderen 100 Stunden an den Bildschirm fesseln können. Man kann Ubisoft nicht vorwerfen, dass sie nicht mit viel Liebe zum Detail entwickeln, und das sogar jedes Mal besser (zumindest relativ). Pagan Min ist kein Vaas und das ist auch gut so. Er ist auf seine Art durchgeknallt und charismatisch und tritt leider zu wenig in Erscheinung, vor allem zu Beginn nach der bombastischen Einführungssequenz. Wer Far Cry 3 liebte, sollte unbedingt zugreifen. Alle anderen können ebenfalls einen Blick riskieren, ist es doch das vermutlich am rundesten laufende Ubisoft-AAA-Spiel diesen Winter.
 


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Forum
  • von BlackLion:

    Gestern Far Cry 3 beendet und heute Far Cry 4 angefangen Bin etwas entäuscht das alles 1:1 von Teil 3 übernommen wurde einzige unterschiede sind neues Land und neue Story aber sonst zu 99% alles wie in Teil 3 Schade das es nichtmal neue Waffen gib und die Skills sind auch die gleichen wie in...

  • von Mistercinema:

    warst du mal sitzen geblieben bzw. hast gelauscht (man darf halt den Raum oben nicht verlassen)?

  • von bbstevieb:

    Hauptspiel durch. Hat mir um einiges besser gefallen als FC3 (Setting, Buzzer!). FC5 bleibt aber mein Franchise Liebling. Heute Abend geht’s dann mit dem Yeti DLC weiter....

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