Kenji Kanno:
Eines Tages im Urlaub stand ich im Stau und die Gegenfahrbahn war komplett frei. Da dachte ich mir, wie es wohl wäre, auf der anderen Straßenseite zu fahren. Das würde sich wahrscheinlich jeder in der Situation denken.
MT: Haben die Charaktere in Crazy Taxi ein reales Vorbild, also Freunde oder Kollegen, oder sind sie frei erfunden?
KK: Es gab keine Vorbilder aus meinem Umfeld, aber ich habe die Crazy Taxis entworfen und mir vorgestellt, wer denn dort drinsitzen würde als Fahrer.
MT: Noch eine Frage zum Soundtrack des Spiels, da dieser doch recht rockig und punkig ist. Haben Sie die Songs selbst ausgewählt oder gab es dafür einen eigenen Sound Director?
KK: Tatsächlich war es so, dass ich mir zu Beginn des Projekts Gedanken über die Lieder gemacht und diese dem Team mitgeteilt habe. Ich wollte die Atmosphäre des Spiels darauf ausrichten.
MT: In jüngerer Vergangenheit wurden öfter Spiele von SEGA auf mobilen Plattformen veröffentlicht, wie etwa Sonic Dash, Sonic & SEGA All Stars Racing und eben jetzt auch Crazy Taxi. Gibt es Pläne für weitere Spiele dieser Art?
MT: In der Vergangenheit haben Sie fast ausschließlich Rennspiele oder Funracer entwickelt. Würden Sie in Zukunft auch mal was völlig anderes machen wollen? Ein Fighting Game zum Beispiel?
KK: Ich mag Herausforderungen und würde gerne etwas ausprobieren was ich bisher noch nicht gemacht habe. Wenn ich eine passende Idee habe und die Zeit dafür gekommen ist... derzeit ist aber nichts geplant.
MT: Denken Sie, dass es einen Unterschied gibt zwischen japanischen und europäischen Spielern in Bezug auf das Spieldesign?
KK: Ich bin mir der Unterschiede des Publikums bewusst, doch das grundlegende Spieldesign ist identisch. Es sind die Details, die unterschiedlich sind. Seien es spezielle Gesten oder andere Kleinigkeiten.
Japanische Spieler sind zum Beispiel offener für den Comic bzw. Anime Stil, wohingegen Europäer eher eine realistischere Optik bevorzugen.
MT: Wie denken Sie darüber, dass mittlerweile immer mehr Spiele ausschließlich als Download erscheinen und nicht auf einer Spieledisc?
KK: Ich stehe dieser Entwicklung nicht unbedingt negativ gegenüber. Ich bin mir bewusst, dass viele Spieler das kritischer sehen. Ich finde diese Entwicklung gut, weil ich auf dem Land aufgewachsen bin und es schwierig war, sich manche Sachen zu beschaffen. Downloads sind immer und überall verfügbar und ich kann alles jederzeit bekommen, wenn ich es haben will. Deshalb mag ich diesen Trend.
KK: Darüber habe ich noch nie so genau nachgedacht. In der Vergangenheit war SEGA zu schnell, zu fortgeschritten und oft seiner Zeit voraus. Nehmen wir als Beispiel die Dreamcast, die ja bereits Onlinegaming und Internet hatte, was erst zwei, drei Jahre später populär wurde. Manchmal hat SEGA versagt, weil sie zu fortschrittlich waren. Deshalb denke ich, dass es eine gute Entscheidung war, lieber gute Spiele für mehrere Plattformen zu machen.
MT: Was sind ihre zukünftigen Pläne?
KK: Ich möchte, dass die Menschen auf der ganzen Welt Spaß haben.
MT: Ist bereits ein konkretes nächstes Projekt in Planung?
KK: (lacht) Ich möchte etwas Neues ausprobieren.
MT: Gibt es ein Geheimnis, das Sie noch niemanden zuvor erzählt haben?
KK: In Crazy Taxi gibt es den Limiter Cut, eine spezielle Technik um eine höhere Geschwindigkeit zu erreichen. Diese war ursprünglich nicht so vorgesehen, sondern ein Bug, der zwar die Spielbalance durcheinanderbringt, aber das Team fand es ziemlich witzig. Deshalb wurde es verschwiegen und im Spiel beibehalten.
MT: Haben Sie ein besonderes Lieblingsspiel?
KK: (lacht) Vielleicht das Spiel, das ich als Nächstes entwerfe.
MT: Dann bedanke ich mich recht herzlich für das Interview und wünsche Ihnen alles Gute für die Zukunft.
(Interview vom Juli 2014)