Physical vs. Digital - hier spielen oder zum Mitnehmen?

Seite 1: Die Welt geht online & die digitale Distribution

physical_vs_digital_01Zurück im Jahre 2012 hat sich Steam als eine der erfolgreichsten Plattformen für digitale Distribution etabliert und stellt 780 Petabyte (798720 Terrabyte, 817889280 Gigabyte) an Spieldaten an über 40 Millionen Kunden aus. Spiele dabei online zu verifizieren ist von der Mehrzahl der Nutzer ein mittlerweile akzeptiertes Verfahren. Die Schränke der Spieler leeren sich und Hersteller von Festplatten freuen sich ein Loch in den Bauch. Es scheint nur eine Frage der Zeit bis Videospiele auf DVD, Blu-ray oder Speicherkarte im Museum ausgestellt werden.

 

„Wo ist dabei eigentlich das Problem? Wer hat denn heute noch kein Internet?“, argumentieren Fans diverser Online-Vertriebssysteme, und: „Optische Medien gehören der Vergangenheit an“, heißt es weiter. Zugegeben bietet die digitale Distribution viele Möglichkeiten und den Fortschritt kann man bekanntlich nicht aufhalten. Doch ist diese Zukunft für uns Spieler der beste Deal? Ist es lohnenswert die physikalische Kopie in den Ruhestand zu versetzen?

 

Diese Fragen lassen sich nicht mit einem simplen „Ja“ oder „Nein“ beantworten. Vielfältige Faktoren spielen eine Rolle. Ich möchte mit diesem Artikel einige dieser Faktoren erläutern, verschiedene Ansprüche und Ansichtsweisen aufzeigen und wie diese durch die derzeitige Entwicklung beeinflusst werden.

 

Das Internet gehört für die meisten Menschen in den Industrieländern zum täglichen Leben. Herrschen bei älteren Generationen zwar noch Ängste vor dem unbekannten, digitalen Riesen vor, fühlen sich jüngere Semester im weltweiten Netzwerk schon zuhause. Sie treten mit Freunden über Facebook in Kontakt, schauen sich Videos auf Youtube an und statt eine riesige Sammlung Lexika zu kaufen, wird kurzerhand Wikipedia als Bookmark gesetzt. Auch auf Videospiele nimmt das Internet starken Einfluss.

 

Mitte der 90er Jahren besaßen viele Spiele wie Command & Conquer, Duke Nukem 3D, Descent und Warcraft bereits Multiplayer Modi, die auf das von Novell geschaffene Protokoll IPX aufsetzten. Dieses wies jedoch einen Nachteil auf: Es funktionierte nur in lokalen Netzwerken (LAN). 1995 wurde der kostenpflichtige Service KALI geboren, welcher heute noch existiert. Er besteht aus einem Chat-System und einem IPX- zu TCP/IP-Wrapper. Simpel gesprochen: Er leitet IPX Pakete an andere Nutzer weiter. So wurden schlagartig viele Spiele online-fähig. Nachdem Blizzard ein Jahr später mit dem Battle.net eine hauseigene Lösung für Multiplayer-Partien über das Internet einführte, erfasste dieses Lauffeuer bald die gesamte Industrie. Ein jeder konnte nun per Klick Mitstreiter aus aller Welt rekrutieren.

 

Auch in anderen Bereichen sah man weitreichende Möglichkeiten. Ist keine fehlerhafte Hardware involviert, arbeiten Computer an sich weitgehend fehlerfrei. Und dennoch müssen wir Nutzer uns oftmals mit Problemen herumschlagen. Der Grund dafür liegt meistens in der Software. Diese wird von Menschenhand geschaffen und Menschen begehen Fehler. Die Lösung: eine Reparatur - in Form eines Patches oder „Bugfixes“. Es ist schwer vorzustellen, doch bevor das Internet zum täglichen Gegenstand wurde, speicherten Softwarehersteller Updates ihrer Produkte auf Disketten und lieferten sie per Post an ihre Kunden aus. Durch das weltweite Netzwerk konnte man diese Komplikation aus der Welt schaffen. Nutzer luden Updates und Patches - sofern nicht zu umfangreich - bequem online herunter. Für die Anbieter löste sich damit ein großes logistisches und finanzielles Problem und die digitale Distribution ward geboren.


 

Digitale Distribution - die Welt der virtuellen Möglichkeiten

Digitale Distribution oder digitales Publishing ist, im einfachsten Sinne, der Vertrieb einer Software via Internet. Der Begriff kann, für sich genommen, natürlich ein wenig irreführend sein, da auch DVDs, Spielmodule und vergleichbare Datenträger enthalten digitale Daten. Man spricht hier also auf von Form der Publikation: über das weltweite Netz.

 

Wie schon angesprochen ist diese Weise des Vertriebs für viele Publisher ein Segen: Sie sparen damit Kosten ein. Bei einem Videospiel reicht das vom Drucken der Anleitung hin zur Umverpackung, der Erstellung des Datenträgers bis hin zur Auslieferung an den Kunden. Speziell für kleine Entwicklerstudios bzw. Independent-Studios ein interessanter Aspekt. Diese können sich mit ihren recht bescheidenen Mitteln selten einen Publisher leisten und haben auf dem traditionellen Weg wenige bis gar keine Möglichkeiten, ihr Produkt an den Mann zu bringen. Was könnte es da Schöneres geben, als seine Kreation einfach online, zum Herunterladen anzubieten?

 

physical_vs_digital_02Digitale Vertriebsplattformen wie Steam, WiiWare, Playstation Network und Xbox Live florieren hier nahezu: Sie stellen die Spieletitel bereit und sorgen mit Account- oder Geräte-Bindung des Spielers und hauseigenen Kopierschutzsystemen, dafür, dass Piraterie nur den versierteren Nutzern möglich ist - dazu später mehr. Zudem beinhalten solche Plattformen einen weiteren, nicht zu unterschätzenden Aspekt: Werbung. Wer werben will stellt sich zuerst folgende Frage: „Wo?“ Kundennah soll es sein. So bietet Steam die perfekte Lösung: In der Community rund um den Service lässt sich Werbung schalten und registrierte Kunden - die Zielgruppe - können das angepriesene Spiel dann mit nur wenigen Klicks erwerben. Bequemer kann es für den Entwickler kaum sein.

 

Doch haben wir bisher nur an der Oberfläche gekratzt. Die eingangs angesprochenen Patches lassen sich natürlich ebenso einfach verteilen und mit Plattformen wie Steam unkompliziert installieren. Auch auf Konsolensystemen wie der Playstation 3 werden Updates zu Spieletiteln via digitaler Distribution vertrieben. Alles, was der Nutzer tun muss ist, die Installation mit Druck auf die X-Taste bestätigen. Patches werden in diesem Falle auf die interne Festplatte der Konsole gespeichert. So bleibt es dem Hersteller erspart, eine hoffnungslos fehlerbehaftete Software auszutauschen. Firmen wie Bethesda könnten sich andernfalls kein Engagement im Konsolensektor leisten.

 

Da die Aktualisierung nun so simpel wurde, liegt der nächste logische Schritt, die Erweiterung, nahe. Downloadable Content (DLC) heißt das Zauberwort - zu Deutsch: Herunterladbarer Inhalt. Das Prinzip an sich ist nicht neu: Früher nannte man das „AddOn“. Dabei handelte es sich oft um zusätzliche Kapitel bzw. Spiellevel. Für die Spieler ist das natürlich etwas Tolles: Sie können ihren liebsten Titel kostengünstig mit weiteren Elementen zu ergänzen. Auch für die Hersteller ist dies ökonomisch: Sie bauen auf der bestehenden Software auf, müssen keine gänzlich neue Engine bzw. einen Nachfolger aus dem Boden stampfen. In der Vergangenheit gab es ein kleines Problem: Das AddOn musste umfangreich genug sein, um die Produktion eines Datenträgers und alle logistische Aspekte zu rechtfertigen. Der Preis sollte jedoch so gering ausfallen, dass Kunden zur Erweiterung griffen, statt ein völlig anderes Spiel in Betracht zu ziehen. Dank der digitalen Distribution ist das kein Thema mehr. Oft gibt es schon gleich eine Woche nach Verkaufsstart des neusten Ego-Shooters ein DLC mit ganzen 3 neuen Multiplayer Level für nur 5 Euro. Kauft der Spieler diese Ramschprodukte nicht, entsteht im Vergleich zur Produktion einer AddOn-Disc, kein nennenswerter finanzieller Aufwand.
 

Natürlich wollen wir hier nicht zu negativ klingen. Es gibt jene DLCs, die für wenig Geld das Hauptspiel um viele Stunden Spielspaß verlängern oder fast eine Fortsetzung daraus machen. Und auch wenn diese großen Erweiterungen ihren Preis haben, stellen sie für Fans eine perfekte Möglichkeit dar, ihr Lieblingsspiel nach ihren Wünschen zu erweitern. Manche Titel bleiben so Monate, manchmal gar Jahre, nach dem ursprünglichen Release noch attraktiv. Doch wird diese Entwicklung leider auch häufig ausgenutzt, um die Schmerzgrenze der Spieler gnadenlos auszuloten.

Seite 2: Physikalische Medien, die persönlichen Relikte & DRM

physical_vs_digital_03Nun gibt es auch ganze Schar von Gamern, die dieser Entwicklung gar nichts abgewinnen können. Das hat verschiedene Gründe. Noch vor knappen 15 Jahren war es, zumindest innerhalb Deutschlands, nahezu unvorstellbar die Gigabyte an Daten herunterzuladen, welche heutige Spiele in der Regel benötigen. Und selbst heute besitzen eine nicht zu vernachlässigende Anzahl Internetnutzer keine entsprechende Leitung, um solche Downloads auf Dauer zu rechtfertigen.

 

Ein weiterer, nicht zu unterschätzender Kreis von Spielern hat ihr Hobby auf ein gänzlich anderes Level gehoben. Neben dem eigentlichen Spielen legen sie Wert auf eine gedruckte und detaillierte Anleitung, ein interessantes Cover - wenn möglich ohne USK-Logos oder sonstigen Werbemaßnahmen.

 

„Limited Editions“ mit massig Merchandise finden insbesondere bei dieser Zielgruppe ihre Daseinsberechtigung. Oft gibt es in einem solchen Paket schöne, detailreiche Figuren, die sich der Fan in den Schrank stellt. Auch Poster oder Artbooks mit Konzeptzeichnungen werden oft beigepackt. Diese und viele weitere Dreingaben sind nicht nur interessant anzusehen, sondern vertiefen gar die persönliche Bindung vom Spieler zum Titel bzw. Franchise. Natürlich ist genau das beabsichtigt und soll prinzipiell die Produktbindung des Kunden stärken und einige Euro extra in die Kassen der Hersteller spülen. Das funktioniert vor allem dann gut, wenn die Produktionskosten so gering wie möglich gehalten werden - Qualität hat hierbei leider immer häufiger einen niedrigeren Stellenwert.

 

So ist eben das „Drumherum“ wichtig. Es ist persönlich und für Sammler essentiell, da sie ein schönes Spiel „zum Anfassen“ besitzen. Ein Download stellt hier das genaue Gegenteil dar. Diese kalten Daten lassen sich per Klick von der Festplatte löschen und verschwinden vergessen und unbeweint im virtuellen Nirvana.

 

Dabei lässt sich schwerlich ein Resumé über den tatsächlichen Wert von Download-Spielen ziehen. Wer sammelt, der misst seinen Schätzen einen emotionalen Stellenwert zu, begründet auf subjektiven Ansprüchen. Für diese Jäger und Sammler werden rein digital vertriebene Titel niemals eine echte Alternative darstellen. Und das ist auch völlig okay!

 

Ich gehöre mittlerweile selbst zum älteren Eisen und zocke seit über 20 Jahren begeistert auf allen möglichen Plattformen. Dementsprechend benötige ich für meine Sammlung beinahe ein eigenes Zimmer. Für Nutzer von reinen Download-Titeln stellt das kein Problem mehr dar. All ihre Lieblingstitel sind auf Festplatte gespeichert und bequem online abrufbar. Und dies ist natürlich auch im Sinne derer, die mit unserem Hobby Geld verdienen möchten. Sie wollen nicht, dass wir auf ältere Titel zurückgreifen. Neues soll erworben und konsumiert werden. Und Verkauf oder gar die kostenlose Weitergabe - Stichwort Piraterie - ist der Industrie ein großer Dorn im Auge. Um dem Einhalt zu gebieten, wurde zu unser aller Unglück das DRM geboren...


DRM - Abhängig von der digitalen Droge
 

Das „Digital Rights Management“ bezeichnet ein Verfahren, das die Nutzung und Verbreitung von Daten kontrollieren soll. Einfach gesprochen: Es ist eine Kopierschutzmaßnahme. Und solche Systeme sind beileibe nicht neu. Bereits VHS-Kassetten (für die Jüngeren unter euch: Der Vorläufer der Video DVD) stattete man mit Kopierschutzmechanismen aus, so dass Kopien unmöglich sein sollten. Für Videospiele ersann man vielerlei obskure Arten von Sicherheitsbarrieren: von Serial Keys über Drehscheiben bis hin zu Abfragen von Textpassagen aus der Spielanleitung.

 

Lange Jahre genügte der Industrie das auch. Natürlich wurden etliche Schutzmechanismen geknackt. Ganze Szenen entstanden, deren Mitglieder nur das Ziel verfolgten, den Kopierschutz des neuesten Spieletitels zu knacken. Auf dem Schulhof verteilte man schließlich die „gecrackten“ Spiele. Zahlungsmittel war ein anderer Titel aus der Sammlung oder das brandneue Album von AC/DC, welches der große Bruder mit der Stereoanlage von CD auf Kassette überspiele. All das nahm man mit Augenzwinkern hin - Kavaliersdelikte. Die gute alte Zeit.

 

Dies hielt bis zum neuen Jahrtausend und dem Einzug des Breitband-Internetzugangs an. Plötzlich realisierte die Musikindustrie, dass die vereinzelt kopierten Softwarealben nicht nur im Freundeskreis, sondern innerhalb weniger Stunden an die halbe Welt verteilt werden konnten. Wie gewohnt reagierte man mit ausgeklügelteren Kopierschutzmechanismen und die Szene konterte mit weiteren Tools, um selbige zu umgehen. 2003 brachte dann Apple den iTunes Store auf den Markt. Gekaufte Titel waren durch eine digitale Signatur nur auf einer begrenzten Anzahl von Geräten abspielbar. Dies war einer der ersten DRM-Mechanismen. Viele IT-Bereiche sollten bald nachziehen - darunter auch das Reich der PC-Spiele.

 

Heutzutage gibt es eine Vielfalt an DRM-Systemen. Auf dem PC ist es bereits gang und gäbe, dass ein Spiel bei der Inbetriebnahme online freigeschaltet werden muss. Einige sind Kunden böse aufgestoßen. Manche nisteten sich wie Schadsoftware tief im Betriebssystem ein und selbst heute erregen Programme wie Origin Aufsehen, wenn sie das gesamte System (inklusive privater Daten) durchkämmen.

 

Zu den eher bewährten Systemen zählt Steam. Eine recht stabile Software, die mit der digitalen Distribution Millionen von Kunden anzog und gleichzeitig ein DRM nutzt: Steamworks. Alle Produkte, die es verwenden, müssen durch einen entsprechenden Online-Account verifiziert werden. Im Kreis der PC-Gamer weitestgehend akzeptiert, wünschen sich traurigerweise gar Konsolenspieler eine solche Plattform.

 

Es lässt sich nicht bestreiten, dass Steam als Bezugsquelle von reinen Download-Titeln verlässlich und benutzerfreundlich arbeitet. Patches und DLC-Erweiterungen sind bequem und unkompliziert nutzbar. Das hier auch DRM verwendet wird, nehmen Kunden gerne hin. Schließlich muss das geistige Eigentum ja geschützt werden, oder? Natürlich muss es das. Was viele selbst bei Steam übersehen ist der Fakt, dass Spiele so mit einem virtuellen Verfallsdatum versehen werden. Müsst ihr das Produkt online aktivieren, so setzt das System die Verfügbarkeit eines Servers irgendwo im Internet voraus, der die Freischaltung vornimmt. Ist dieser Server irgendwann, aus irgendeinem Grund nicht mehr erreichbar, ist eure Disc nur noch als Untersetzer zu gebrauchen.

 

Sicher wird Steam nicht heute oder morgen abgeschaltet. Und wenn es in zehn Jahren nicht mehr verfügbar ist, wen kümmern dann noch diese Spiele? Mittlerweile erscheinen neue Titel in solch kurzen Intervallen, dass wir es kaum schaffen, sie zwei Mal durchzuspielen, so kurzlebig sie sein mögen. Ist die Ungewissheit in diesem Falle also nicht vertretbar? Pragmatisch gesehen vielleicht, doch halte ich mich persönlich an meine Prinzipien: Ich spiele noch mit erschreckender Regelmäßigkeit Spiele, die weit über 10, gar 20 Jahre alt sind. Ein vorprogrammiertes Verfallsdatum geht mir gehörig gegen den Strich. Denn Fakt ist auch, dass viele Dienste, zu denen auch Steam zählt, sich von einer Garantie der Verfügbarkeit schlichtweg distanzieren. Zu Deutsch: „Wenn es nicht funktioniert, habt ihr Pech.“

 

Unbestreitbar hält kein Datenträger für die Ewigkeit. Wer heute die 30 Jahre alte Softwaresammlung seines C64 durchgeht, stellt schnell fest, dass viele Disketten nur noch ein Fall für die Tonne sind. Und auch korrekt gelagerte CDs können nach einigen Jahrzehnten reif für den Sondermüll sein. Selbst die unzerstörbar scheinenden Flash-Module, die auf Nintendo DS und Konsorten zum Einsatz kommen, sind nicht unsterblich: NAND Speicher lässt sich durchschnittlich 2 Millionen mal löschen. Das wird es irgendwann unmöglich machen, auf den Modulen noch Spielstände abzuspeichern.

 

Und gerade aus dem Grund ist es wichtig, dass wir nicht durch DRM benachteiligt und eingeschränkt werden. Nur ohne diese Mechanismen ist es möglich, digitale Daten zu sichern und für die Zukunft zu bewahren. Ich möchte damit nicht das Recht an geistigem Eigentum untergraben. Genauso wenig will ich meine Lieblingsspiele irgendwann „zu Grabe tragen“ müssen. Für viele vielleicht nicht nachvollziehbar, doch genieße ich heute noch gerne die ein oder andere Runde Space Invaders auf dem Atari 2600 - ein mittlerweile über 30 Jahre alter Titel.

 

Und auch auf Konsolen halten solche Systeme immer weiter Einzug. Erwerbt ihr per WiiWare ein Spiel, so ist dieses an das Gerät gebunden. Erleidet dieses einen Defekt, so müsst ihr euch an Nintendos Kundendienst wenden, um die gekaufte Software wieder zu erhalten. Ist die Garantie der Wii Konsole erloschen, ist es möglicherweise günstiger, den Titel erneut zu kaufen. Auch die Playstation 3 hat mit dem Playstation Network dieses Problem: All eure Onlinetitel und DLC‘s sind mit dem Steam-Account verbunden. Wenn dieser irgendwann dauerhaft unerreichbar sein sollte, sind die erworbenen Softwaretitel futsch. Selbst Patches können nicht ohne weiteres auf einem USB-Stick gesichert und auf einer anderen Konsole eingespielt werden - obwohl sie kostenlos verfügbar sind.

 

physical_vs_digital_04Wer Videospiele also nur konsumiert, wird mit solchen Systemen keine Probleme haben. Die erschreckend schnell schrumpfende Zahl derer, die sich gegen eben diese wehren, muss sich nach Alternativen umsehen. Eine große und vielversprechende Lösung stellt beispielsweise Good Old Games dar. Diese boten lange Zeit vollkommen DRM-freie Titel der älteren PC-Spiele Generationen an. 2011 nahmen sie The Witcher 2 - ebenso DRM-frei - in ihr Angebot auf und wollen auch in Zukunft neuere Titel anbieten. Und obwohl ich persönlich Software auf Datenträgern bevorzuge, unterstütze ich diesen Service vollends. Denn hier kann ich das Spiel sichern und bis ans Ende aller Tage nutzen - ohne Einschränkungen.

 

Es ist fast eine Ironie des Schicksals, dass speziell kleine Entwickler wie CD-Projekt Red (The Witcher, The Witcher 2) und Frictionalgames (Penumbra, Amnesia - The Dark Descent) DRM den Rücken kehren. So ist ihre Existenz von Piraterie stärker bedroht, als es bei großen Studios der Fall ist. Doch die Großen sind in der Regel die, die immer mehr wollen ...

 

Seite 3: Clouds - die Spitze des Eisberges & Fazit

Seit den vergangenen zwei Jahren ist der Begriff Cloud in aller Munde. Doch was bedeutet dies nun genau? Wir sprechen hier vom Cloud-Computing. Es geht darum, dezentrale Ressourcen über die virtuelle Wolke - das Internet - zu nutzen. Der Sinn besteht darin, dass relativ schwachbrüstige Endgeräte sämtliche Aufgaben bewältigen können. Sie tun dafür jedoch kaum selbst etwas, sondern lassen die Arbeit von externen Rechenzentren erledigen.

 

Dies ist natürlich für Videospiele interessant. Wer möchte denn nicht die neuesten Spiele mit den aufwändigsten Effekten in der höchsten Auflösung absolut flüssig ausführen? Bisher mussten Zocker dafür massig Geld in die entsprechende Hardware investieren. Mithilfe des Cloud Computing könnte ein Netbook jedes Game abspielen. Und „abspielen“ kommt der Sache auch wirklich nahe: Die Software läuft nicht auf eurem System - ihr seht nur das Bild. Sämtliche Aktionen, die ihr im Spiel ausführt, sollen in Echtzeit von externen Servern berechnet und zeitnah an euer System zurückgeschickt werden.

 

physical_vs_digital_05Heute schon gibt es Dienste wie OnLive, die euch genau das ermöglichen. Alles, was ihr dazu braucht, ist eine schnelle Internetanbindung. Und klingt dies nicht nach einer schönen Zukunft? Nie wieder teure Hardware kaufen! Wenn der Fernseher belegt ist, da gerade die neueste Folge GZSZ läuft, einfach bequem am Netbook weiterzocken. Fast ein utopisches Konzept.

 

Auf der anderen Seite stellt Cloud Computing die höchste und reinste Form des DRM dar. Es ist Ziel vieler großer Unternehmen komplett darauf umzusteigen, selbst der Desktop soll irgendwann ausschließ lich im Browser laufen. Mit dem gar winzigen Nebeneffekt, dass ihr weder Kontrolle über Programme (bzw. Spiele) noch eure persönlichen Daten mehr habt. Diese liegen alle auf den Servern der Anbieter und ihr könnt möglicherweise nur beten, dass eure Hochzeitsfotos oder das Video der ersten Gehversuche eures Kindes nicht verloren gehen.

 

Als Ende des Jahrtausends die Video-DVD den Massenmarkt erreichte, wurde schnell klar, dass man mit diesem Format günstig ganze TV-Serien an den Kunden bringen konnte. Viele Petitionen schossen aus dem Boden, mit dem Ziel, alte Kult-Shows aus den 80ern, die seit langer Zeit nicht mehr im TV-Programm ausgestrahlt wurden, auf DVD wieder zu beleben. Mit großem Erfolg! Seltsamerweise bewegen wir uns mit den Clouds in die Gegenrichtung.

 

Es ist natürlich eine unglaubliche Entwicklung, dass unbedarfte Endgeräte mit Hilfe dieser Technik nahezu grenzenlose Möglichkeiten haben. Doch für mich persönlich wiegen die Nachteile zu schwer. Eine solche Abhängigkeit an externe Dienste, deren Verfügbarkeit an vielen Details - nicht zuletzt an ununterbrochener Internetverbindung - abhängt, kann ich nicht als technischen Fortschritt akzeptieren. Hier lobe ich mit meine Spiele, die als DVD oder Modul im Schrank stehen: Einlegen und loslegen!

 

Persönliches Fazit:

Ihr werdet es schon am generellen Ton des Artikels bemerkt haben, dass ich ein wenig pessimistisch in die Zukunft schaue. Ich bin ein passionierter Videospieler und Sammler und wehrte mich bis vor einigen Jahren gegen alle Download-Titel mit Händen und Füßen. Doch da das Virus DRM immer mehr Systeme infiziert und auch physikalische Medien befällt, habe ich meine Ansichten geändert. Ich lege mittlerweile großen Wert darauf, dass meine Spiele, egal ob auf Medium oder nur als Download, über kein digitales Verfallsdatum verfügen. Dies wird zunehmend zu einem Spießroutenlauf. Services wie Good old Games jedoch und Hersteller wie Frictionalgames lassen mir ein wenig Hoffnung für die Zukunft.

 

Und natürlich hoffe ich auch, dass ich mit meinem Artikel den ein oder anderen Spieler ebenfalls zum Nachdenken animieren konnte. Selbst wenn wir glauben, dass Fortschritt nicht aufzuhalten ist, und das Angebot die Nachfrage zu bestimmen scheint. Wir haben immer noch die Wahl, nicht daran teilzunehmen. Viele der neuen Technologien - digitale Distribution und die Cloud - haben durchaus ihre Daseinsberechtigung und müssen nicht kategorisch bewährte Systeme verdrängen. Sammler sollten nicht fürchten, sich vor Neuerungen zu verschließen, sondern aktiv die Chance nutzen, Zeichen zu setzen.

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