Und das ist für mich der einzige große Kritikpunkt an Ryse! Dass das Kampfsystem nicht sonderlich abwechslungsreich ist, fällt zwar nach nur einer Stunde auf, doch nicht weiter ins Gewicht. Dafür sorgt der Umstand, dass man konstant gezwungen wird, zu blocken und erfolgreich zu kontern, wenn man bestehen möchte. Manche Gegner lassen sich zwar leicht niedermetzeln, andere erfordern jedoch mehr Feingefühl. Bei diesen müsst ihr beispielsweise zuerst die Deckung mit eurem Schild durchbrechen oder aber Angriffe abwehren, um dann mit einem Kontern anzugreifen.
Diese sind nämlich vielfältig und nett anzuschauen, da ihr eure Gegner auf verschiedenste Art und Weise und dazu noch in Zeitlupe umbringt. Mal findet euer Gladius seinen Weg durch den Hals eines Barbaren, mal fegt ihr euren Feind mit dem Schild von den Beinen, nur um mit dem Schwert die Wirbelsäule zu durchtrennen. Das alles passiert im Zeitraffer, was leidvolle Gesichtsausdrücke eurer Feinde offenbart. Die geneigten Antike-Fans werden wahrlich mit Emotionen wie Schmerz und Leid überströmt, wenn feindliche Gegner fallen. Großes Lob an Crytek für die vielen kleinen aber feinen Details!
Im Zusammenhang mit dem Kampfsystem möchte ich auf die im Vorfeld kritisierten Quick-Time Events eingehen. Es ist nämlich immer noch so, dass die genannten Hinrichtungen mit gezieltem Knöpfedrücken ausgeführt werden. Wenn es so weit ist, erscheint ein Totenkopfsymbol über dem Kopf eines Barbaren. Drückt ihr nun die RT-Schultertaste, verlangsamt das Spiel die Zeit und der Gegner blinkt entweder in Blau oder Gelb auf. Das ist das Signal für euch, den richtigen Knopf zu drücken. Blau steht dabei für X und Gelb für Y. Verwechselt ihr diese, ist es aber nicht weiter schlimm, da Marius die Hinrichtung trotzdem erfolgreich ausführt. Nur eure Bewertung der Exekution und die damit verbundenen erspielten EP-Punkte ändern sich. Heißt im Klartext: Wer auf die Farben achtet und die richtigen Knöpfe drückt, bekommt schneller neue Verbesserungen. Die Gegner sterben aber so oder so quallvoll vor euren Augen.
Letztendlich fand ich das Kampfsystem unterhaltsam, wenn auch nicht bahnbrechend. Dafür sorgten auch die wenigen Abschnitte, in denen ich meine Soldaten einen vorgegebenen Pfad entlangführte. Hier schossen Feinde Pfeile auf mich, die ich mit dem Hochreißen des Schildes abwehren konnte. Vereinzelt musste ich Stellungen verteidigen und meine Bogenschützen (entweder mit RB oder durch einen Kinect Sprachbefehl) befehligen. Gut gemacht, wenn auch nicht überraschend neu.
Was mich aber in jeder Sekunde vom Hocker riss, war die unfassbar gute Präsentation des Action-Adventures. Ich habe in meiner Laufbahn schon sehr viele Konsolespiele gespielt, aber keins beeindruckte mich so sehr wie Ryse: Son of Rome. Crytek zündet ein Grafikfeuerwerk, das seinesgleichen sucht und wahrlich für eine neue Generation steht. Charaktermodelle, Texturen, Bewegungen, alles, aber auch wirklich alles in diesem Spiel sieht fantastisch aus. Die acht Abschnitte des Spiels führen euch nach Rom, ins barbarenbesetzte Britannien und wieder zurück, glänzen dabei mit tollen Effekten und abwechslungsreichen Settings.
Auch der Soundtrack ist orchestralisch und kommt mit stimmigen Melodien daher, die zu jeder Situation passen. Etwas zwiegespalten bin ich aber im Hinblick auf die Sprachausgabe. Diese ist zwar lippensynchron und in Deutsch gehalten, doch haben mich einige Sprecher nicht überzeugt. So hören sich Kaiser Neros Söhne Basilius und Commodus zweitklassig an und kommen nicht an die sonst gut gewählten Sprecher heran.
Die Kampagne hätte meiner Meinung nach ruhig ein wenig länger sein können, da die Geschichte gut präsentiert und erzählt wurde und ich mich an der Grafik gar nicht sattsehen konnte. Ein reiner Grafikblender ist Ryse: Son of Rome aber nicht. Das Kampfsystem ist durchdacht, wenn auch nicht wirklich variantenreich. Ich wurde durchweg gut unterhalten und kann mich nur über die schiere Anzahl an Klongegnern beschweren. Wer also ein Launch Game für seine Xbox One sucht, das tatsächlich nach Next Gen aussieht, greift zu Ryse: Son of Rome.
Update zur "Legendary Edition" vom 11. Oktober 2014 (sh)
Wer Ryse: Son of Rome bisher verpasst oder erst kürzlich auf die Xbox One umgestiegen ist, sollte bei Interesse auf jeden Fall zur „Legendary Edition“ greifen, da sie aktuell für knapp unter 50 Euro ein deutliches Plus an Inhalt bedeutet. Wer rein auf die Story aus ist und sich die solo oder Multiplayer Gladiatorenkämpfe sparen möchte, kann weiterhin auch die bisherige Version kaufen. Hier auch noch der Hinweis, dass Microsoft zum Jahrestag weitere Titel in einer Special Edition neu auflegen wird, u.a. auch für Forza 5.