Aber fangen wir doch mal mit dem Wichtigsten an: Was hat sich auf dem Platz getan? Ein weiteres Mal schraubt EA an der generellen Spielgeschwindigkeit und dreht sie noch ein Stück weiter nach unten. In Kombination mit den neuen Animationen ergibt sich ein realistisches Spielgefühl, da sich die Spieler nicht mehr anfühlen, als würden sie über den Platz schweben. Richtungswechsel und das Abbremsen von Sprints fühlen sich viel schwerer an als noch in den Vorgängern und auch der Ball hat etwas mehr Gewicht bekommen.
Auch haben sich die Standardsituationen ein Stück weit verändert. Es ist nun wieder ähnlich zu früheren Teilen möglich, den Schnitt des Balls vor dem Schuss auszuwählen. Eine kleine Flugkurven-Markierung zeigt dann die ungefähre Richtung des Balls an. Dadurch fallen nicht unbedingt einfacher Tore bei Freistößen, allerdings ist es nun für jeden leichter nachzuvollziehen und machbar, Schüsse überhaupt aufs Tor zu bekommen. Vorbei sind die Zeiten, wo man sich schon fast ärgert, einen Freistoß rausgeholt zu haben. Auch die Elfmeter wurden ein wenig vereinfacht. Um den Ball pulsiert eine Art Feld, welches je nach Skill des Spielers schneller beziehungsweise langsamer wird. Trifft man den Punkt, wo das Feld am kleinsten ist, kommt der Schuss präzise aufs Tor.
Möglich machen dies die Änderungen rund um das Gameplay und die Animationen die Hypermotion 2 Engine. Zumindest Konsolenspieler der aktuellen Generation kennen Version 1 schon aus dem Vorjahr. Mit vielen realistischen Aufnahmen, Motion Capturing und einer integrierten KI sollen Spielsituationen und die Reaktionen der Spieler auf dem Platz realistischer denn je sein. Und auch wenn es hier und da immer noch kleinere Bugs gibt, merkt man den Fortschritt auf PS5, Xbox Series und PC deutlich.
Hier schauen die alten Konsolengenerationen in die Röhre, von der Switch Version, die schon seit Jahren eh nur in der “Legacy Version” verkauft wird, fang ich am Besten gar nicht erst an. Hier ist man sowieso auf einer ganz alten Version der Engine unterwegs. In den vollen Geschmack des letzten FIFA-Games von EA kommen nur Besitzer der Playstation 5, Xbox Series X/S und PC-Spieler. Und das nun sogar über ein richtiges Crossplay System.
Es ist nun nämlich erstmals möglich, online sowohl gegen PC-Spieler als auch Spieler der jeweils anderen Konsolengeneration anzutreten. PS4 und Xbox One Spieler bleiben unter sich. Dieses Crossplay beinhaltet alle Online Varianten, also die normalen Online Freundschaftsspiele, Online Saisons mit Ranglisten, sowie den oft diskutierten Ultimate Team Modus.
Starte ich beispielsweise eine Suche mit dem 1. FC Köln, dann spiele ich Online auch eher gegen kleinere, und passendere Gegner als etwa ein PSG oder Real Madrid. Dadurch ist der Saisons Modus meiner Meinung nach viel spaßiger, als das Pay-To-Win eines Ultimate Teams. Wir können uns wohl darauf einstellen, dass trotz des Markenwechsels der Ultimate Team Modus ein großer Bestandteil der Reihe bleiben wird. Man kann auch sagen, ignoriere den Modus einfach, da er aber ein Element des Spiels ist, sollte er auch in einer Bewertung betrachtet und diskutiert werden. Hier ein Spiel ohne Altersbeschränkung auf den Markt zu bringen, welcher offen mit dem Verkauf von Lootboxen und einer Glücksspiel Mechanik umgeht, ist mindestens fragwürdig.
Für Singleplayer hat EA abgesehen von Hypermotion 2 und neuen Gameplay Mechaniken dieses Jahr weiterhin wenig Neues zu bieten. Der Pro Spieler und Volta Modus wurde nun zusammengefasst, was bedeutet, dass man Skill Punkte für seinen erstellten Spieler auch in normalen Volta Matches sammelt. Zur Erinnerung: Volta ist der Modus in Gedenken der FIFA Street Reihe. Hier spielt man also auf einem kleineren Feld mit weniger Spielern, und es kommt vor allem auf gutes Pass und Skill Spiel an, um den Gegner auszuspielen. Volta war bisher jedoch nur ein netter Zusatz und bleibt das auch mit FIFA 23.
Im Karrieremodus muss man die Änderungen ebenfalls mit der Lupe suchen. Die Menüstruktur wurde ein klein wenig verändert, sodass die wichtigen Menüs schneller erreichbar sind. Außerdem haben wir nun die Möglichkeit, eine Trainerkarriere mit einem realen Trainer zu starten. Eine der wenigen deutschen Trainer Gesichter sind Jürgen Klopp oder Edin Tersic. Damit ist es erstmals möglich, mit Kloppo seinen Herzensverein an die Spitze zu führen, statt mit einem selbst erstellten Trainer. Das ist ein nettes Feature, allerdings keine sensationelle Neuerung.
Vorbei sind leider die Zeiten einer wirklich interessanten Solo Kampagne wie seinerzeit die Geschichte von Alex Hunter. Hier hätte ich mir zum großen FIFA Finale ein kleines bisschen mehr für die Fans gewünscht. Auch was das Thema Präsentation angeht, hätte ich mir noch mehr gewünscht. Wo sind die ganzen Einlauflieder und Torhymnen in der Bundesliga? Wieso ertönt beim Tor vor der gelben Wand die Tormusik der Borussen, aber im Rhein-Energie-Stadion bleibt bei einem Tor vor der Südkurve alles still? Hier hätte EA gegen Ende noch ein wenig an der Atmosphäre schrauben können, die trotzdem auf einem wie immer hohen Niveau ist.
Aber in Summe macht all das am Ende nicht viel aus. Die Hardocore Fans spielen sowieso wieder den neuen Teil und sei es auch nur wegen der aktuellen Kader-Updates und aktuellen Trikot-Sets der Mannschaften. Später wird es noch ein Update zur nicht weniger umstrittenen FIFA Fußball-Weltmeisterschaft in Katar geben. Hier schließt sich dann irgendwie bildlich der Preis zum Ultimate Team Modus. FIFA ist und war seit jeher ein Phänomen, welches nicht jeder versteht. Das muss auch nicht sein. Der aktuelle Teil ist trotz bestehender Makel das beste FIFA, dass es je gab und wohl geben wird.
EA verabschiedet die FIFA Lizenz recht unspektakulär und trotzdem ist FIFA 23 das wohl beste FIFA, das wir bekommen werden. Wir können gespannt sein, was im nächsten Jahr passieren wird. Vielleicht rufen die Fans dann laut hinaus: “Der König ist tot. Lang lebe der König!”