The Witch and the Hundred Knight im Test

PlayStation3

Action-Rollenspiele. Seit Generationen die Einstiegsdroge für Neulinge in der Welt der Erfahrungspunkte, trugen die flotteren Verwandten der zugbasierten Epen im Laufe der Jahre verschiedenste Stilblüten. So viele, dass man nicht pauschal sagen kann, dass jemandem nur, weil er Action-RPG X mag, auch der ebenso hoch gelobte Vertreter Y gefallen muss.

witch_nexgam_02Nimmt man die Trennung zwischen Action-Adventures a la Zelda von Action-RPGs vor, so wird Konsolenspielern als frühester Klassiker des Genres vermutlich Secret of Mana von Squaresoft einfallen. PC-Enthusiasten hingegen schwören seit fast 2 Jahrzehnten auf Blizzards Diablo-Reihe. The Witch and the Hundred Knight ähnelt weder dem einen noch dem anderen.

Das mussten Heiko, der westliche Genrevertreter in der Regel sehr schätzt, und ich, als Fan der japanischen Artgenossen, feststellen.

 

Story

Daniel meint:

Hier wird gewohnte Nippon-Ichi-Kost geboten. Will sagen: Das Spiel ist abgefahren und nimmt sich selbst nicht ernst. In der Rolle des Hundertritters, eins kleinen, geistlosen Dämons, beschworen von der Sumpfhexe Metallia, soll der Spieler nach und nach die von anderen Hexen beherrschten angrenzenden Gebiete okkupieren. Unser fieses Hexengör kann sich nämlich nur innerhalb ihres giftigen Sumpfes bewegen, und um die Welt bereisen zu können muss eben alle Natur dem Morast weichen. Zur Seite steht ihr dabei ihr Diener, der die Launen seiner Meisterin mit gekonnt trockenen Witz zu kommentieren weiß. Weitere Charaktere stocken die Truppe im Laufe der Geschichte zu einer immer bunteren Menagerie auf.

Wer auf NIS abfährt, dürfte hier bestens bedient werden ... mich unterhält die Handlung mit ihrem nicht ganz jugendfreiem Humor köstlich.

Nervig ist aber, dass sie einem in der Regel in Form eines großen Blockes am Anfang und Ende des Kapitels serviert wird. 15 Minuten passiv vorm Bildschirm zu hocken ist leider keine Seltenheit.

 

witch_nexgam_03Heiko meint:

Hier muss der Spieler seine Englischkünste unter Beweis stellen. Die für ein Action-RPG sehr ausufernd geführten Dialoge sind witzig, infantil, subtil und manchmal fragwürdig. Die Charaktere sind alle insgesamt recht unterhaltsam, auch wenn die »Rotzgöre« Metallia mit ihrem Dauerhass schon etwas nerven kann. Der Butler konterkariert dies hingegen hervorragend mit trockenem Humor. Dafür, dass der Hauptplot nicht sehr tiefgründig ist (Warum kann die Hexe den Sumpf nicht verlassen) wird man mit teils vielen redundanten Dialogen vollgeballert. Wer nicht absolut fit im Englischen ist, verpasst meiner Meinung auch viele Feinheiten der Gespräche.

 

Gameplay

Daniel meint:

Kein Zweifel, The Witch and the Hundred Knight ist ein Action-RPG; nur ein eigenartiges. Grundlegend ist das Spiel in Stages unterteilt. Jedes Kapitel befasst sich mit einer Stage, bestandene Level bleiben über die Oberwelt anwählbar. Ziel ist es, sich in Echtzeit durchzukämpfen, am Ende den Boss zu besiegen und den Abschnitt dadurch für Metallia zu gewinnen.

Gekämpft wird durch einfaches Knöpfchen drücken. Bis zu 5 Waffen können gleichzeitig ausgerüstet werden; der erste Schlag einer Combo wird immer mit Waffe 1 durchgeführt, der zweite mit Waffe 2 und so weiter. Der Trick ist, die Kampfgeräte in der richtigen Reihenfolge für Angriffsboni zu kombinieren. Zusätzlich können noch verschiedene Facetten, eine Variante der Charakterklasse erlernt werden. Diese ändern die Grund-Stats. Die Zeit im Dungeon ist aber knapp, denn dem Hundertritter steht nur begrenzt Energie zur Verfügung. Stetig läuft der Zähler, beschleunigt durch Aktionen wie das Rennen. Geht er auf die Null zu, heißt es: Rückzug zur Basis. Netterweise sind in regelmäßigen Abständen Checkpoints verteilt, die man zum Teleport nach Hause und zurück nutzen kann.

Wer sich unterwegs mit Items eindecken will, der darf Shops besuchen, Truhen öffnen, oder die Gebäude der feindlichen Dörfer einnehmen. Wie das geht? Ganz einfach. Die Menschen leben alle friedlich unter der Herrschaft der lokalen Hexe. Jeder Haushalt hat dabei einen eigenen Level. Ist der Spielercharakter stark genug, kann man das Haus per Knopfdruck angreifen und erobern. Als Belohnung winkt ein Item oder Erholung. Ganze Städte fallen so dem Hundertritter zum Opfer. Ein witziges Feature, aus dem man allerdings mehr hätte machen können.

So bietet das Spiel für verschiedene Spielertypen etwas. Der klassische Action-RPG-Liebhaber darf looten und Leveln und sich am simplen Actionkampfsystem erfreuen. Wer nach Innovation sucht, wird bei den vielen kleinen Zusatzfeatures fündig, die NIS Werk von Genre-Kollegen klar absetzen. Für mich eine gelungene Mischung. Schmerzlich vermissen tue ich nur einen 2-Spieler-Modus.

 

witch_nexgam_04Heiko meint:

Für mich als Freund des Action-Kampfsystems war das Gameplay von The Witch and the Hundred Knight anfangs verwirrend, was nicht zuletzt auf das miserable Tutorial zurückzuführen ist, das zwar erklärt wie man Schalter umlegt, aber z. B. auslässt, wie man Waffen kombiniert, um effizientere Schlagkombos zu ermöglichen. Diese Faulheit und Nachlässigkeit drücken die Entwickler einem auf noch auf die Nase, indem sie anmerken »Lies die 50 Tips auf Ladebildschirmen«. Ernsthaft? Und was ist, wenn meine Frage erst bei Ladebildschirm 47 beantwortet wird? Für Fans eines flotten Kampfgeschehens gibt sich das System außerdem zu verkopft. Die stetig sinkenden Kalorien und zig andere Restriktionen, bei denen man nie genau weiß, wie sie sich auswirken, kommt es zu Fragen, wie welche Waffen man jetzt ausrüstet. Leider existieren auch nur 2 Slots für Defensivitems, das macht das Looten dann doch etwas unmotiviert. Skills etc gibt es nicht, simples Knopfdrücken ist angesagt. Die kurzen Dungeons mit Boss am Ende motivieren hingegen schon, man verliert sich nicht in endlosen Welten.

 

Grafik & Sound

Daniel meint:

Die audiovisuellen Qualitäten sind wie bei diesem Entwickler gewohnt erneut der Teil, wo das Game abfällt. Anders als in den meisten NIS-Titeln werden hier frei drehbare 3D-Umgebungen und Polygoncharaktere geboten. Sprite-Allergiker haben also Entwarnung. Leider ist die Grafik aber detail- und effektarm. Mehr noch, das ganze Spiel sieht verschwommen aus. Ob das zu Stande kommt, weil in einer Auflösung niedriger als 720p gerendert und dann hochskaliert wird, oder ob das ein schlechter Grafikfilter ist ... wer weiß. Schön geht jedenfalls anders. Und wären die Charakterartworks nicht so gestochen scharf, würde man meinen, dass da kein HDMI-Kabel an der Konsole klemmt.

Apropos Artworks: In bester Japano-Nischentradition werden Cutscenes erneut nur durch große Bilder der Figuren in wechselnden Posen dargestellt. Die Mühe, die neue 3D Engine für voll animerte Cutscenes in Spielgrafik zu nutzen, sparte man sich.

Sehr positiv fällt dagegen die Sounduntermalung auf. Wo Top-Publishern für solche Nischentitel schon Untertitel zu aufwändig zu lokalisieren sind, wartet NIS wie immer mit einer vollständigen englischen Synchronisation auf. Die Sprecher bringen den Humor gekonnt rüber, und wer es originalgetreuer mag, darf auch gerne der japanischen Sprachausgabe lauschen. Die Musik ist gelungen, und vor allem das Theme aus Metallias Sumpf hat eine schräge Ohrwurmqualität.

 

witch_nexgam_01Heiko meint:

Dieser Filter, waaaaah. Wie Daniel bereits treffend anmerkt, liegt ein kompletter Unschärfefilter über dem Spiel, vermutlich um die niedrige Auflösung zu vertuschen. Die Umgebungen sind auch wie aus dem Editor zusammenkopiert, die Sprites in Dialogen simple Bitmaps. Ne, schön geht anders. Aber wenigstens das Charakterdesign weiß zu gefallen. Der Sound punktet mit einer vollen englischen Synchronisation, die sogar gelungen ist, kein Dialog wirkt extrem aufgesetzt, der Soundtrack hat es mir angetan. Alles in Allem ein eher durchschnittliches Erlebnis. Leider kann ich aufgrund des angesprochenen Unschärfefilters das Spiel nicht ausreichend genießen.




Daniel meint:

Daniel

Für mich ist das Spiel um den Hundertritter eine willkommene Abwechslung. Einerseits, weil japanische Action-RPGs heute Mangelware sind, und andererseits, weil es einen eigenen Charakter hat. NIS schuf hier ein Spiel, das sich wohltuend sowohl von Genre-Konkurrenten als auch vom firmeneigenen Line-up unterscheidet.

Die schwache Grafik trübt den Gesamteindruck aber leider. Ebenso wirken die vielen kleinen Gameplay-Elemente nicht alle voll durchdacht und werden meist nur mäßig erklärt. Ein 2-Spieler-Modus hätte ebenfalls enorm zum Dauerspaß beigetragen. Trotz seiner Macken dürfen Japano-Fans bedenkenlos zugreifen.

Positiv

  • Abgefahrener Humor
  • Flottes Gameplay
  • Nette Ideen

Negativ

  • Miese Grafik
  • Dürftige Tutorials
  • Nur für einen Spieler
Userwertung
5.9 5 Stimmen
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Forum
  • von Flat Eric:

    108 Sterne schrieb: Also unsere Kritik war definitiv auch nicht "bockschlecht". nexgam.de/PlayStation3/The-Witch-and-the-Hundred-Knight.html Nein, natürlich nicht. Fand euren Beitrag richtig gut, hat mir geholfen, das...

  • von 108 Sterne:

    Also unsere Kritik war definitiv auch nicht "bockschlecht". nexgam.de/PlayStation3/The-Witch-and-the-Hundred-Knight.html...

  • von Flat Eric:

    Mal für 9 Euro vom Media Markt mitgenommen (PS3). Für den Preis kann man ja kaum was falsch machen und die Kritiken (bockschlecht) unterscheiden sich schon etwas vom Feedback der Spieler, die das Game ganz okay finden. Da es genau mein Genre ist (ich zocke eigentlich alles im Bereich Action-RPG...

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The Witch and the Hundred Knight Daten
Genre Action-Adventure
Spieleranzahl 1
Regionalcode regionfree
Auflösung / Hertz -
Onlinefunktion -
Verfügbarkeit 2014
Vermarkter Nippon Ichi
Wertung 7.3
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neXGam YouTube Channel
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