R-Type Final im Test

PlayStation2

Es ist nicht mehr lange hin, bis nach beinahe zwanzig Jahren ein neues R-Type erscheinen wird. So richtig glaubten viele dem Namenszusatz »Final« damals nicht, obschon sie sicher deutlich früher mit einer Fortsetzung rechneten. Bevor nun aber in rund einem Monat R-Type Final 2 erscheint, wollen wir doch noch einmal über diesen vielleicht interessantesten Vertreter der Reihe sprechen. Er ist es, der die Vorlage für diesen lang ersehnten Titel darstellt.

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Die frühen und mittleren 2000er waren keine gute Zeit für Anhänger und Entwickler klassischer, zweidimensionaler Videospiele. Insbesondere der Markt der Horizontal- und Vertikalshooter (STGs) schrumpfte bereits mit den neuen Kassenschlagern der Spielhalle, den Kampfspielen. Sie überschütteten den Markt seit 91 mit dem Erscheinen von Street Fighter II, später Mortal KombatSamurai ShodownVirtua Fighter und Tekken mit innovativen Glanzlichtern. Doch ungeachtet dessen erschienen noch bis in die mittleren bis zum Ende der 90er Jahre unwahrscheinlich hochwertige STGs mit allerlei neuen und komplexen Ideen. Nur eben von weniger Entwicklern für eine kleinere Zielgruppe. Sogar die 3D-Hürde wurde häufig mit Bravour gemeistert und zeigte, wie selbst im Kern zweidimensionale Spiele von den technischen Möglichkeiten der polygonalen Grafik profitieren können. Auch Irem landete mit R-Type Delta einen zeitlosen Erfolg, der sich qualitativ sogar an die Spitze des Genres setzen konnte und trotz oder gerade wegen der Polygongrafik eine der spektakulärsten und eindringlichsten Welten kreierte. Mit der sechsten Konsolengeneration (Dreamcast, PS2, Gamecube und Xbox) war dann aber wirklich alles in 3D machbar und der Mainstream immer weniger an solchen angeblich simplen Titeln interessiert. Selbst bei Irem, die mit R-Type eine der bekanntesten Marken des Genres im Köcher hatten, erforderte es eine Menge Überzeugungsarbeit der Entwickler, im Jahr 2003 einen weiteren Ableger zu veröffentlichen. Im Wissen, es würde sich finanziell wohl kaum lohnen können, sollte es als Abschied von den Fans dienen und ihnen noch ein letztes Mal einen strategischen Horizontalshooter der Extraklasse für etliche Spielstunden bescheren. Es sollte eine lange Dürre folgen.
 

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So präsentiert sich R-Type Final von Beginn an gänzlich anders als Delta und die vorangegangene Trilogie. Eine düstere und schwere Atmosphäre ist durch alle Level hinweg spürbar und bestimmt viele Aspekte des Spiels. Die Farben wirken blass und verwaschen, die Musik nachdenklich und zurückhaltend, das Leveldesign gestreckt und unangespannt. Passend sind auch die kleinen Texte zu Beginn jedes Levels, die nachdenklich und schwermütig stimmen. 
 
Finals Spielsystem hingehen fußt eindeutig auf Delta. Das bedeutet zum einen, dass ihr die Geschwindigkeit eures Jägers jederzeit zwischen vier Stufen selbst bestimmen könnt, ohne von Powerups abhängig zu sein. Zum anderen, dass der Kontakt mit den meisten Wänden keinen Lebensverlust mehr verursacht. Ich empfinde dieser Änderungen als einen Segen und es ist wirklich interessant zu sehen, dass dieser scheinbare Grundpfeiler der Horinzontalshooter entfernt werden kann, ohne die Level zu banalisieren. Die flexible Schubkraft der Raumjäger erleichtert das Wiederaufrüsten massiv und mildert Frustmomente deutlich ab. Leider sind diese Spielkonzepte, vor allem in Verbindung miteinander, auch bei modernen STGs nur selten zu finden. 
 

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Final ist vergleichsweise groß. Sieben bis acht Welten ist ein Durchlauf lang und dauert mindestens eine dreiviertel Stunde ohne Abspann, was etwa 50% mehr ist, als im STG-Genre üblich. Im 87er Ur-R-Type waren es beispielsweise nur rund 18 Minuten. Um durchzuspielen, ist zudem viel Einsatz gefragt. R-Type-typisch setzt bereits das erste Level voraus, Schlüsselmomente auswendig zu lernen. Ohne Vorwissen wird man schon nach ein zwei Minuten gnadenlos von einen Kampfroboter vom Himmel gerammt. Doch Geduld und Disziplin zahlen sich aus, denn jeder Bereich ist routiniert durchchoreografiert und kann sicher beherrscht werden. Dies gilt auch für sämtliche Checkpoints, zu denen man nach einem Abschuss zurückgesetzt wird. Eine Selbstverständlichkeit ist das innerhalb dieses Gegners wahrlich nicht.
 
Dennoch, wer dieses Spielkonzept des Planens von möglichst effektiven und risikoarmen Routen durch des Feindes Land als unintuitiv und zu beschwerlich empfindet, hat hier mal wieder wenig zu lachen. Auch wenn Auswendiglern-Exzesse wie Level vier aus R-Type 3 oder sechs aus dem Seriendebut erfreulicherweise komplett ausbleiben. Allein dies, in Verbindung mit den in Delta eingeführten Modernisierungen verschafft Final bereits einen sehr sicheren Stand in der Welt der strategischen STGs. 
 
Final zitiert gern und häufig seine Ahnenreihe. Altbekannte Gegner und vor allem Bosse zeigen sich in neuem, interessanten Licht. Dem mächtigen Schlachtschiff des legendären dritten Levels des Seriendebuts begegnet ihr in dieser ähnlichen Form auch hier wieder, aber ebenso im Stile von R-Type II, wo ihr zwischen mehreren dieser Art umherfliegen musstet. Sogar Details wie der schmale Gang zu dessen ersten Boss wird im letzten Level referenziert. Als besonders spannend sei vor allem die Fortsetzung einer der Endsequenzen mit dem R-13 Cerberus aus Delta genannt.
 

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Doch ruhte Irem nicht auf ihren Lorbeeren und präsentiert sich mit abermals ungebrochener Kreativität und Mut zu Neuem. So wird der Raum, und damit das ganze Spielgeschehen, in einem Wurmloch mit höherer Geschwindigkeit eures Jägers stärker verzerrt und somit schwerer berechenbar. Der Levelboss hier passt seine Angriffsmuster dem ebenfalls an. Die verschiedenen Ausgänge aus dem Subraum haben sogar Auswirkung auf das Ende des Spiels. Außerdem gibt es vom zweiten Level ganze fünf Varianten. Welche ihr spielt, hängt davon ab, wie ihr das letzte Mal dessen Boss bezwungen habt. Es ergibt sich daraus nämlich beim nächsten Mal ein anderes Wetter und lässt dieses Gebiet austrocknen, überschwemmen oder einfrieren. Dass sämtliche Gegner gescannt werden können, um anschließend eine Datenbank mit Bildern und Infos anzulegen, sorgt zusätzlich für einen ausgeprägten Wiederspielwert, den es in diesem Genre kaum in vergleichbarer Qualität findet.
 
Aber natürlich wird auch in technischer Hinsicht in der Welt von R-Type eine neue Tür aufgestoßen. Erstmals seht ihr Raumverzerrungen, Partikeleffekte und glaubwürdige Darstellung außerirdischen Lebens.
 
Unter Waffengewalt aufschreiende und zusammenbrechende tierhafte Bydo und zuckende Innereien riesiger Bosse sowie in Stücke zer- und zu Boden fallende Kampfmaschinen. Hier wird von den Fähigkeiten der sechsten Konsolengeneration auch abseits von Polygonmengen und weichen Farbverläufen sichtlich Gebrauch gemacht.
 
Zudem sind auch die Hintergründe so detailliert, dass die Bilder aus der Gegnerdatenbank aus ganz anderen Perspektiven gezeigt werden können, ohne, dass die Umgebungen an Glaubwürdigkeit verlieren.
 

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Doch hat die PS2 mit all dem arg zu kämpfen. In fast jedem Level läuft Final langsamer als geplant, was in den wenigen Momenten auffällt, wenn es auf einmal einen Gang rauf schaltet. Beispielsweise in der zweiten Phase des vierten Bosses, wenn der Satellit abgekoppelt wird.
 
Besonders schlimm ist es im dritten Level, in dem die Geschwindigkeit vor allem an zwei Stellen drastisch in die Knie geht und zu einer üppigen Länge von acht Minuten führt. Alle anderen währen nur um die sechs. Man kann erahnen, wie viel dynamischer Final auf einer stärkeren Konsole hätte sein können. Vielleicht beschert uns R-Type Final 2-Entwickler Granzella noch eine Sammlung der späteren Serientitel, in der es auch ohne diese Einbrüche gespielt werden kann.
 
Doch auch abseits der Zeitlupe ist Final als eher ruhiges STG gestaltet worden. In den meisten Leveln gibt es mehrere Momente, in denen einfach nichts passiert und ihr ein wenig warten müsst, bis sich die nächste Angriffswelle blicken lässt. Einen richtig gut ausbalancierten Ablauf aus Action und Atempausen bieten eigentlich nur vier der fünf Level zwei-Varianten und der Sechste, der meiner Meinung nach zu einem der besten und spaßigsten der gesamten Reihe gehört. Abseits davon lässt euch Final manches Mal mehr als zwanzig Sekunden warten. Zehn Sekunden lange Lücken sind sogar recht häufig. Im Genre der STGs fühlt sich so etwas oft einfach unpassend und langweilig an. Wer sich über viele Tode hinweg das Leveldesign einprägen will, hat keine Lust, im ersten Level ewig den spielerisch nichtigen Kamerafahrten zuzusehen. Dort habt ihr zusammengenommen mehr als eineinhalb Minuten Leerlauf. Mit einem defensiven Satelliten könnt ihr noch länger das Pad weglegen.
 
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Und obwohl R-Type schon immer zu den gemächlicheren Genrevertretern zählte, stieß diese Ausrichtung gerade bei den Veteranen auf wenig Gegenliebe. Daher hat Final keinen so guten Ruf, wie man es von der Reihe gewohnt war, was insbesondere an den oft unnötig in die Länge gezogenen Leveln liegt. Vor allem der Vorgänger Delta lässt Final ein wenig schwachbrüstig wirken, welches es jedoch kaum erlaubte, es würdig zu beerben. Zu hoch lag die Messlatte dieses Ausnahmetitels. Selbst innerhalb einer Reihe wie dieser. Eine schwer abweisbare Kritik ist auch, dass Delta nicht nur spielerisch Ausnahmeniveau vorwies, sondern außerdem wahnsinnig gut inszeniert war. Darüber hinaus setzte es einen dramaturgisch und emotional geschickt auf die Spitze getrieben Schlusspunkt und hätte die Serie vielleicht besser beenden können. Doch gibt es allein wegen der moderneren Präsentation, dem immer noch hohen Niveau vieler Level und deren Kreativität sowie der in der Serie einzigartigen melancholischen Erzählweise wahrlich Grund zur Freude über diesen Überzeugungstitel.
 
Vom, wegen dem zum Bersten gefüllten Hangar, baukastenartigen Spieldesign ganz zu schweigen. Hier wird zusammen mit der Datenbank und der Galerie und einer Vorstufe des »Erfolge-Systems« der folgenden Konsolengeneration derart viel Wiederspielwert geboten, wie es in diesem Genre beinahe einzigartig ist. Ausgenommen natürlich die Umsetzung über komplexe Punktzahl-Mechaniken.
 

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Die insgesamt gut 100 Raumjäger unterscheiden sich in ihrer Ausrüstung, nicht aber auf Geschwindigkeit, Größe oder Panzerung bezogen. Die wichtigsten Punkte sind der Ladeschuss und der Satellit. Vor allem Letztere sind unheimlich vielfältig und können die Art, wie die Level zu spielen sind, stark verändern. Bspw wegen ihrer physische Ausmaße, mit der das Abwehren von Geschossen angegangen wird, aber auch wegen des Verhaltens im abgekoppelten Zustand. Hier werden Energieketten gezogen, sich an Gegnern festgebissen, in fester Linie zum Jäger gefeuert oder autonom und intelligent agiert. Natürlich ebenso entscheidend ist die rote, blaue und gelbe Spezialwaffe, die unglaublich vielfältig umgesetzt wurden und variantenreiche Spielstile erlauben. Zusätzlich lassen alle Jäger in unterschiedlichem Umfang den Wechsel zwischen verschiedenen Bits (Beibooten) und Raketen sowie Farbe zu. Auch die aus Delta bekannte Smart Bomb (Delta-Waffe/Dose), die je nach Schwierigkeitsgrad über mehrere Level-Längen aufladen muss, hat abhängig vom Jäger, einen leicht anderen Effekt. Sie ist übrigens im Nutzen eher eingeschränkt, da sie großen Gegner nicht gerade viel Schaden zufügt und keine Geschosse auslöscht. Hier ist also ebenfalls Planen angesagt. Neben den R-Jägern aus den Final Vorgängern, wie dem Ragnarok in zwei Varianten aus R-Type III, dem R13 und den RX aus Delta, werden auch Erinnerungen an andere Irem-Klassiker geweckt. So erinnert der RX12 -Crossing the Rubicon- mit seinen langen Tentakeln an X-Multiply von 1989 und der OF-1 Daedalus ist an Image Fight von 1988 angelehnt.
 

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Ausbalanciert sind diese ganzen Schiffe allerdings nicht. Am auffälligsten sieht man das bei den aufladbaren Strahlenwaffen. Diese können bei manchen Jägern, beginnend mit dem R9-Strike Bomber, mehrfach geladen werden, wofür die gestreckten Level genug Platz lassen. Woraufhin sogar Bosse mit einem einzigen Treffer erledigt werden können, was natürlich einem Großteil des Leveldesigns aushebelt. Schon von Beginn an steht außerdem eines jener Schiffe mit Schockwellenwaffe zur Verfügung, mit der man nicht nur gepanzerte Gegner treffen kann, sondern mit der auch der Boss des zweiten Levels stark an Risiko verliert. Doch über verlässlichere bzw. durchschlagskräftigere Sekundärbewaffnungen sowie große oder intelligente Satelliten kann Final deutlich leichter gestaltet werden.
 
Mit den verschiedenen Maßen zu »betrügen«, erlaubt es allerdings einem Spieler, seinen eigenen Schwierigkeitsgrad zu basteln und sich genau so sehr einzulassen, wie er es selbst will. Zumindest sobald er die mächtigen Schiffe freigespielt hat. Mit fast jedem dieser Jäger müssen Teile des Spiels immer wieder neu gelernt werden, womit Final lange Zeit frische Erfahrungen vermitteln kann. Jedenfalls ist ungewöhnlich viel Platz zum Experimentieren geboten und wer nicht schummeln will, wählt den guten alten R9-A Arrow Head.
 
R-Type Final ohne Continue mit dem R9 und dem RX12. Gespielt vom Autor:
 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Andreas meint:

Andreas

Liebe auf den ersten Blick war Final auch für mich nicht. Das schleichende Tempo und die unerwartet unscheinbare Musik zusammen mit dem weniger effektgeladenen Spielablauf sorgten für Ernüchterung. Das faire und zumindest manchmal hervorragende Leveldesign mit dem großartigen Delta Spielkonzept ließen mich dann aber doch nur noch schwer los. Dass die niedrigen Schwierigkeitsgrade Baby und Kids tatsächlich beim ersten Durchspielen eine gut dimensionierte Hilfe sind und da sich einige Jäger wirklich sehr unterschiedlich spielen, trugen dazu bei. Auch, wenn es nüchtern betrachtet nicht an das geniale Delta heranreicht, verfügt es über seine eigenen Qualitäten und weiß trotz seines trägen Ablaufs nach einer Weile wahrlich zu begeistern. Im Zuge der baldigen Veröffentlichung von Final 2 sollte dieser etwas verkannte Klassiker schleunigst nachgeholt werden.

Andreas meint:

Andreas

Alternatives Fazit 2009 geschrieben von Andreas Lang, © neXGam
 
R-Type Final gehört zum Besten, was der Markt derzeit an Shootern bietet. Durch die vielen Modi sind viele Spielspaßstunden garantiert. Viel Abwechslung und sehr schöne atmosphärische Hintergründe, machen das Game neben Ikuraga und Border Down zu den Shootern des Jahres 2003. Negativ solle man trotz allem das praktisch 1:1 übernommen Gameplay der Vorgänger bewerten. Hier hätte man mehr Innovation zeigen können.

Positiv

  • Tolles Spielsystem von R-Type Delta und abwechslungsreiche Level ...
  • Unverbraucht schwermütige Atmosphäre ...
  • Viele verschiedene Jäger und Ausrüstung zum Experimentieren ...

Negativ

  • ..., in denen es leider auch viele leere und langweilige Abschnitte gibt
  • ..., mit dadurch reduzierter Action und Geschwindigkeit
  • ..., die aber nicht ausbalanciert sind
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Forum
  • von Undead:

    BlackLion schrieb: Weil du nur gebrauchte Spiele kaufst Das macht "halb" sinn, da ich normalerweise schon schaue, was so alles rauskommt(und Notizen mache, was ich in Zukunft kaufen will ). Aber irgendwie ist der Trailer an...

  • von BlackLion:

    Undead schrieb: Es kommt ein 2. Teil? Wieso bekomme ich das nicht mit? Weil du nur gebrauchte Spiele kaufst Kommt sogar schon nächsten Monat ...

  • von Undead:

    Es kommt ein 2. Teil? Wieso bekomme ich das nicht mit? ...

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R-Type Final Daten
Genre -
Spieleranzahl 1
Regionalcode Pal
Auflösung / Hertz -
Onlinefunktion -
Verfügbarkeit 2004-03-26 12:36:00
Vermarkter Metro3d
Wertung 8.7
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