Die Geschichte der Vorgänger liegt über 60 Jahre zurück. Die Zeit, in der die Menschheit nach der »Großen Zerstörung« unterirdisch leben musste, scheint vorbei zu gehen. Nachdem die Überreste des Mars-Migrationsprojektes, welches vor der Großen Zerstörung von Murakumo Millenium in Gang gesetzt wurde, von Zio Matrix entdeckt wurde, steht jetzt im Jahr 223 die massenhafte Besiedelung des Mars im Mittelpunkt. Hier werden die Karten der Machtverhältnisse neu gemischt und jeder will ein Stück vom Kuchen ergattern. Im Gegensatz zu den mächtigsten Firmen der vergangenen Teile -Murakumo und Chrome- stehen neben Zio auch Emeraude und Balena an der Spitze der Machtkämpfe. Zusätzlich versucht eine Abteilung der Erdregierung -LCC- Kontrolle über den Mars zu erlangen und verbündet sich mit Balena, der kleinsten der drei Firmen, und setzt eine Gruppe von Ex-Raven für ihre Interessen ein. Diese Söldner mit dem Namen »Frighteners« und ihr Anführer Leos Klein, dessen AC Ethermaster auf dem Spiel-Cover zu sehen ist, stellen in AC2 die Hauptantagonisten dar.
In den verlassenen Anlagen des Mars befinden sich jedoch noch wehrhafte Zeugnisse der vergangenen Terraforming-Versuche, die die freie Expansion auf dem Roten Planeten verlangsamen. Die als »Disorder Units« titulierten Maschinen, machen die Wiederinstandsetzung der alten Anlagen schwierig und teuer. Auch scheint es unter ihnen besonders gefährliche und hochtechnologische Modelle zu geben. Zusätzlich verhärten sich die Meinungsverschiedenheiten zwischen der Erd- und der Marsabteilung von Zio.
Bauten die drei PS1 Armored Cores noch aufeinander auf und erweiterten wiederholt dasselbe Teilerepertoire, so fängt AC2 hier ein neues Kapitel an. Dennoch überwiegt die Vielfalt mit 202 Teilen gegenüber den 187 von Master of Arena. Diese Menge ist auch notwendig, da AC2 zu den bisherigen zehn drei zusätzliche Teilekategorien integriert (plus den weiterhin vorhandenen »Optional« genannten Buffs). Hinzugefügt wird der Radiator, der sich um die Wärmeentwicklung kümmert. Das Überschreiten einer kritischen Grenze löst einen Alarm aus und die Verteidigung des AC beginnt abzunehmen, bis die Temperatur wieder im normalen Bereich liegt. Mit den Insides und Extensions können weitere Offensiv- und Defensiv-Ausrüstungen, wie Extrabooster, Radarstörvorrichtungen, Bomben oder Minen, ausgerüstet werden. Außerdem haben die Triebwerke der ACs zusätzlich den Overboost, welcher auf Kosten großer Mengen an Energie, nach kurzer Ladephase einen AC sehr schnell über weite Strecken transportieren kann. Dies macht es vor allem in Nahkämpfen eurem Gegner schwer, euch im Visier zu halten. Für den linken Arm gibt es jetzt auch ein Energieschild, das im Tausch gegen Generatorenergie die Front des AC schützt. Es werden so noch mehr Möglichkeiten geboten, die Fähigkeiten des AC an die eigenen Bedürfnisse und Vorlieben anzupassen und verschiedenste Spielstile zu entwickeln. Wer sich nicht festlegen kann, hat immerhin drei Stellplätze in der Garage frei für zwei weitere ACs.
Dieses erweiterte Gameplay-System machte AC2 auch für Veteranen sehr interessant. Alle anderen Aspekte wurden aus AC1 übernommen und ermöglichen ein ähnliches Spektrum an Möglichkeiten. Wie ich bereits in meinem Test zum Klassiker umschrieben habe, müssen die einzelnen Komponenten besonders im Zusammenspiel betrachtet werden. Der Energieverbrauch aller Teile (bspw. jener von Boostern und Energiewaffen) muss vom Generator gedeckt werden können. Dass ähnliche Abwägungen u.a. auch beim Thema des Zielerfassungssystems und der Waffenreichweite wiederkehren, lässt die Konstruktion zu einer sehr komplexen Angelegenheit werden. Wie in guten Rennsimulationen entsteht beim Basteln ein reizvolles Streben nach Perfektion. Die gröbste Einteilung der ACs lässt sich wie zuvor anhand ihrer Beine vornehmen. Neben den Humanoiden und jenen mit Umkehrgelenk, stechen die extrem agilen aber energiehungrigen Vierbeiner und die stabilen und tragfähigen beinlosen Varianten im Panzerstil hervor.
Im Gegensatz zu früheren AC-Episoden (und in der Tat ebenso manchem späteren Eintrag) wird beim Händler angezeigt, welche Werte sich wie stark vom aktuell ausgerüsteten unterscheiden. Dies macht das Kaufen und Vergleichen viel komfortabler, auch wenn man sich noch mehr Informationen über Unterschiede spezieller Eigenschaften der Teile wünschen würde.
Neben dem erweiterten Gameplay wurde aber vor allem an der Technikschraube gedreht. Viel Mühe gaben sich die Entwickler offensichtlich mit den namensgebendem Kriegsgerät, den Armored Cores. Waren bereits die Polygonmodelle auf der PS1 detailliert und gut animiert, legt AC2 auf der Konsole der nächsten Generation ordentlich nach. Besonders im Luftkampf werden die variantenreicheren Animationen gut sichtbar. Außerdem sind einige Anbauteile wie Radars erstmals beweglich. Die Lichteffekte gegnerischer Energiewaffen und vor allem der eigenen Booster sind das hübscheste, was AC2 zu bieten hat. Zusammen mit der (meistens) stabilen Bildrate und der höheren Auflösung wirkt AC2 runder und feinsinniger spielbar als je zuvor. Doch es sei erwähnt, dass das Jahr 2000 noch in der PS2-Frühzeit liegt und FromSoftware ein kleiner Entwickler war. So reiht sich AC2 ein in eine Gruppe aus technisch eher schwachen Spielen, die nicht in der Lage sind, die theoretische Überlegenheit der neuen Konsole umzusetzen ein. Da es in Japan und Europa nur wenige Monate nach Verkaufsstart der PS2 und in Amerika gar als Launch-Titel erschien, war es jedoch in guter Gesellschaft. Texturen, Umgebungsarchitekturen, Sichtweite und Lichteffekte sind auf bescheidenem Niveau. Wie FromSoftwares PS2 Frühwerk Eternal Ring, welches ihre Ego-RPGs fortsetzte, sieht auch AC2 manchmal eher nach einem getunten N64 Spiel aus. Durch die detailarmen matschigen Texturen und nur begrenzten Grafikeffekten macht es einen recht sterilen und faden Eindruck.
Das Problem von AC2 ist jedoch nicht die im unteren Durchschnitt der PS2 Frühzeit befindlichen Technik oder die nur dezente Innovation mit Blick auf die Vorgänger. Jenes Basisgameplay funktionierte zu dieser Zeit ebenfalls ausgezeichnet. Auch, dass abermals das etwas sperrige Steuerungskonzept der Vorgänger und der hauseigene Kings Field-Reihe (per Schultertasten nach oben und unten schauen) bemüht wird, erfordert zwar Gewöhnung, funktioniert aber gut. Es ist vielmehr, dass die Kämpfe sich schlichtweg nicht mehr so spaßig anfühlen, wie noch auf der PS1. Die Mechs wirken behäbiger und die Waffen schlapper. Die Missionen haben weniger Abwechslung und finden in hässlicheren Gebieten statt. Der Handlungsverlauf birgt wenig Interessantes und auch der Soundtrack ist etwas unscheinbarer geworden. Besonders in den frühen Aufträgen, in welchen ein nur notdürftig ausgestatteter AC zur Verfügung steht, macht das Spiel kaum Spaß. Selbst kleine spinnenartige Roboter, die teils in Massen auftreten, erfordern mit dem Standardgewehr mindestens 4 Schüsse. Das sieht nicht nur langweilig aus, es spielt sich auch so. Wenn ihr dann relativ schnell mit Munitionsknappheit konfrontiert werdet und euer Energieschwert nur sehr widerwillig Schaden an kleinen Gegnern anrichtet, ist der Frust vorprogrammiert. Die Gefechte transportieren schlicht zu wenig Energie. Ebenso sind sie zu keinem Moment in der Lage die Größe der Maschinen und die Wucht ihrer Waffen darzustellen. Erst mit einem potenter konstruierten Kampfroboter machen die Kämpfe wieder mehr Spaß. Wer ein PS1 AC erst nach AC2 gespielt hat, der wird sich wundern, wie viel actionreicher sich die alten Kamellen spielen lassen. Gerade weil spätere PS2 Episoden hier Besserung versprachen, ist Armored Core 2 heute keine wirklich gute Wahl mehr.
Was den Umfang angeht, ist AC2 immerhin solide aufgestellt. Wie bereits in Project Phantasma und Master of Arena können jederzeit Kämpfe in der Arena bestritten werden. Ganze 49 AC-Piloten gilt es zu bezwingen, wenn man den ersten Rang erreichen will, wobei spätestens die Top 10 schwere Hürden darstellen können. Hier lassen sich außerdem die knappen Kassen aufbessern und neue AC-Komponenten erhalten, was besonders zu Beginn des Spiels sehr willkommen ist, da mit dem Start-AC schnell kein Blumentopf mehr zu gewinnen ist. Zusätzlich gibt es endlich erneut wie im Debüt eine ordentliche Anzahl an Storymissionen. Mit 36 ist es aber auch hier dem Erstling mit seinen 47 Einsätzen unterlegen. Obwohl es eine ähnliche Gegnervielfalt, wie in den Vorgängern gibt, verhalten sie sich oft nicht unterschiedlich genug, um für abwechslungsreiche Kämpfe zu sorgen. Manche kommen auch nur selten vor und fallen kaum auf. Nur in wenigen Missionen wird ebenso mal mit einem imposanten Boss geklotzt. Immerhin kann noch ein höherer Schwierigkeitsgrad gewählt werden, der aber nur geringen Einfluss hat. Hier scheinen die Gegner nur etwas offensiver zu agieren. Außerdem gibt es die Möglichkeit, gegen einen menschlichen Widersacher anzutreten. Vorbildlicherweise lässt sich hierfür, neben dem bekannten System Link per Kabel, auch über einen geteilten Bildschirm spielen.
FromSoftware hatte wohl mit den neuen Gameplayelementen und Sonys komplizierter PS2-Architektur zu viel um die Ohren. Einiges lässt AC2 mit Blick auf seine PS1 Vorgänger vermissen. So bleibt es in den meisten Aspekten hinter den Erwartungen der Fans zurück, legt aber mit der neuen Grafikengine und dem komplexeren Baukasten den Grundstein für die sehr zahlreichen PS2-Ableger der Reihe. Dass bereits mit einer Hand voll Detailverbesserungen einiges erreicht werden konnte, zeigt das Add-On Armored Core 2: Another Age, das mit einem etwas flotteren Gameplay, spannenderen Einsätzen und marginal aber an vielen Stellen verbesserter Grafik aufwarten konnte und wieder deutlich mehr Spaß machte. Außerdem gibt es erst hier den schmerzlich vermissten 60 Hz Modus.