Wenn ich mich als Videospieler charakterisieren müsste, könnte man sagen, dass ich mich mit einer durchdachten und vorsichtigen Herangehensweise in den virtuellen Welten bewege. Dabei würde ich mich eher als defensiven Spieler beschreiben, denn als offensiv. Kommen Feinde auf mich zu, suche ich eine passende Deckung und handle überlegt. Dieses so perfekt einstudierte Verhalten hat mich bei Doom Eternal so oft das Leben gekostet. Jedesmal wenn ich bei den Feuergefechten drauf ging habe ich mich gefragt, ob das Spiel so unsagbar schwer ist oder ob ich meine Spielweise überdenken muss? Zurückblickend kann ich sagen, dass es in den meisten Fällen mein Fehler war. Denn Doom Eternal ist noch mehr wie sein Vorgänger ein Videospiel, welches aggressives Verhalten belohnt. Kommt ihr in einen Bereich und alle Ausgänge sind verschlossen und die Monster spawnen heißt es nicht ‚‚rückwärts‘‘, sondern ‚‚vorwärts‘‘. Dabei mutet das Gunplay (wenn es richtig läuft) wie ein morbides Ballett an. Bleibt man stehen, ist man sofort Fegefeuerlunch. So ist jedes Feuergefecht eine schweißtreibende und herausfordernde Angelegenheit. Dabei ist der Flow unglaublich wichtig. Wann welcher Feind zuerst erledigen und welche Waffe und Modifikation am besten geeignet ist, müsst ihr herausfinden. Hierbei bietet das Gameplay spielerisch viele Möglichkeiten.
Das offensive Gameplay wird damit unterstützt, dass ihr Feinde als Ressourcen sehen müsst. Recht schnell bekommt ihr eine Schulterkanone a la Predator spendiert, die zum Beispiel einen Flammenwerfer bietet. Steht ein Höllenwesen in Flammen, generiertet das ‚‚Armor‘‘. Die bekannten Glorykills und die Eiskanone, die alles in eurem Blickfeld einfriert, lassen kleine Medikits zu Boden fallen. Munition findet ihr zwar in der Umgebung, aber diese ist eher spärlich. Hier leistet die Kettensäge Abhilfe. Ist genug Benzin vorhanden, spaltet einen Gegner in seine Einzelteile und sammelt die Munitionspakete ein. Neben der Schulterkanone ist das Crucible Blade neu im Sortiment hinzugekommen. Dieses beeindruckende Energieschwert ist der Lebensretter in harten Situationen. Mit einem Schlag lässt sich selbst der dickste Feind (außer Endgegner) erledigen. Das geht natürlich auch auf Kosten von Energie, die ihr im Level aufsammeln müsst. Doom Eternal ist eine Spielwiese mit freischaltbarem Gimmicks. (Fast) jede Waffe bietet mindestens zwei Feuermodis die mit Upgrades erweitert werden können. Energiekristalle aka Wächterkristalle lassen euren Munitionsvorrat, die Schilde und Gesundheitsbalken anwachsen. Gesammelte Runen werden in passive Perks gesteckt, die euch zum Beispiel mehr Kontrolle während den Sprüngen gibt oder versteckte Items auf der Karte sichtbar macht.
Erkunden ist bei Doom Eternal Pflicht. Zum Glück geht der Nachfolger des Höllen-Reboots weiter den Weg der alten Tage, weg von den Schlauchlevels, hin zu mehr offenen Gegebenheiten. So werden erkundungsfreudige Spieler wie ich damit belohnt, Cheats, vorher erwähnte Upgrades und andere Goodies zu ergattern. Wenn ihr nicht ballert, wird in bester Jump‘n Run-Manier gesprungen, nur aus der Ego-Ansicht. Und diese Sprungeinlagen haben sich, je weiter ihr in der Story voranschreitet wirklich gewaschen. Mittels Doppelsprung- und Dashfunktion müsst ihr klaffende Abgründe überwinden, wo es fast wie bei Super Meat Boy auf eine perfekte Ausführung ankommt. Zum Glück ist dann nicht sofort Game Over, sondern das Spiel spawnt euch zurück wobei ein kleiner Teil eurer Lebensenergie genommen wird. Neben den Wummen ist die Kartefunktion der Bester Freund des Doom Slayers. Diese sorgt dank rotierbarer Zoomfunktion für den nötigen Überblick wo und wie ihr weiter kommt. Um das finale Ende von Doom Eternal zu sehen werdet ihr je nach Spielweise 18+ Stunden brauchen.
Danach könnt ihr vorher besuchte Abschnitte nochmals besuchen, um euch entweder mit den Cheats auszutoben oder fehlende Items einzusammeln. Unter dem Master Levels haben bis dato die Entwickler zwei neu arrangierte Versionen der bereits bekannten Kampagnen-Levels veröffentlicht, die durch neue Gegnerplatzierung und höheren Schwierigkeitsgrad punkten. Für den Onlinemodus haben die Jungs von id Software sich an einem asymmetrischem Gameplay probiert. In einem 2vs1-Match spielt ein Spieler den Doom-Slayer während zwei andere Onlinespieler aus einem Pool von fünf Dämonen versuchen diesen zu besiegen. Der Doom-Slayer versucht das allerdings genauso, hat er nach dem Ableben des ersten Gegners nur ein kleines Zeitfenster zur Verfügung, um auch den zweiten in die ewigen Jagdgründe zu schicken. Schon das Tutorial hat mich mit seiner Kompliziertheit abgeschreckt und so richtig wollte der Funke bei mir nicht überspringen. Ich persönlich hätte mich hier auf ein einfaches Team-Deathmatch oder einem Hordemodus gefreut.
Grafisch ist Doom Eternal mit der potenten id Tech 7 ausgestattet und bietet wunderschöne schaurige und detaillierte Kulisse mit konstanten 60 Bildern pro Sekunde. Und das merkt man dem Spiel jederzeit an. Das Gameplay ist wunderbar flüssig und dementsprechend flott. Die Auflösung ist abhängig von der Wahl eures Systems, wobei auf die Xbox One X hier auf dem Papier besser aussieht. Gespannt bin ich auf den Release der Switch-Variante, die zu einem späteren Zeitpunkt erscheinen wird. Wie viel Kompromisse müssen die Entwickler machen, um das Spiel auf der Konsole zu realisieren? Obwohl ich zum größten Teil nur Positiv über Doom Eternal geredet habe, muss der Titel doch ein bisschen Kritik einstecken. Da wären zuerst das nicht immer punktgenaue Gameplay. So reagierte bei millimetergenauen Sprungpassagen manchmal das Spiel auf meine Eingaben nicht, um mich zum Beispiel an Wänden festzuhalten. Die Anzahl der Feindtypen ist sehr begrenzt und am Ende werden sogar Endgegner im späteren Verlauf der Storykampagne dem Doom Slayer als einfach Feinde vor die Füße geworfen. Auch die Überlegenheit des Maurauder, eines offensiven Gegners ist jenseits von Gut und Böse und müsste noch dringend nachgepatcht werden, um dieser Figur ein bisschen den Schrecken zu nehmen.
Was für ein Game, was eine Wucht! Doom Eternal hat mich viel Schweiß und Nerven gekostet. An so unzähligen Stellen habe ich denn Ego-Shooter geliebt für sein Gameplay und die Besinnung auf die alten Ego-Shooter-Tage. Dann wieder war es der manchmal überzogen Schwierigkeitsgrad, der mich an dem Rande des Wahnsinns trieb. Doom Eternal ist ein Lichtblick im Genre der Ego-Shooter, die durch Games wie Call of Duty die letzten Jahre geprägt wurden. Bitte mehr davon in derselben Qualität