Logitech G29 Driving Force - der neue Hitkandidat? im Test

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Die Firma Logitech dürfte nahezu jedem ein Begriff sein, insbesondere durch ihr nach wie vor großes Angebot an Mäusen und Tastaturen. Neben kompakten Lautsprechersystemen und diversen Spielecontrollern war Logitech auch lange Zeit als Anbieter von günstigen und mittelpreisigen Lenkrädern - wie dem sehr beliebten G27 - bekannt. Anfang Januar 2013 verkündete das Unternehmen sich Ende 2013 aus dem Geschäft für Lenkräder zurückzuziehen, da der Absatz im Konsolenbereich rückläufig war. Mit der Xbox One und der Playstation 4 erschienen neue Rennspiele wie z.B. Forza 5/6, Drive Club, Project Cars und F1 2015, die für das Spielen mit einem Wheel prädestiniert sind. Logitech hat die Rufe der Fans erhört und im Juni 2015 – also ca.1,5 Jahre später - zwei neue Lenkräder angekündigt. Hierbei handelt es sich um das G29 für die PS3/PS4/PC und das G920 für die Xbox One/PC. Wir haben uns für euch das zur Verfügung gestellte G29 in allen Details sowie mit verschiedenen Systemen und Titeln angesehen.

01_G29_Unboxing_ContentIm Lieferumfang - des 399€ (UVP) teuren G29 Lenkrades - enthalten sind das Lenkrad, Pedalset, Netzteil und eine Aufbauanleitung. Eine Gangschaltung gehört – anders als bei den Vorgängerlenkrädern G25 und G27 - nicht mehr zur Basisausstattung. Eine 6-Gang H-Schaltung (+Rückwärtsgang) ist separat für 59,99€ UVP erhältlich.

Einmal ausgepackt hat man ein optisch ansprechendes Lenkrad und ein Pedalset mit Kupplungs-, Brems- und Gaspedal vor sich. Das Lenkrad ist mit Echtleder bezogen, unten abgeflacht, hat einen Außendurchmesser von 27,5cm und weist am Lenkradkranz oben mittig einen blauen Markierungsring zur visuellen Lenkradzentrierung und Orientierung auf. Es bietet eine LED-Drehzahlanzeige, zwei Edelstahl-Schaltwippen, Digitalsteuerkreuz, Drehregler (rot) und 14 Tasten, welche die Playstation typischen Kennzeichnungen aufweisen. Zudem befindet sich oberhalb der LED-Anzeige ein Wahlschalter zur Auswahl zwischen PS3- und PS4-Modus. Das Lenkrad ist fest mit der Basis (auch als Base bezeichnet) verbunden und lässt sich nicht austauschen.

04_G29_Base_SideDas Design der Lenkradbase (der Kasten, an dem das Wheel befestigt ist und sich die Technik befindet) scheint optisch an die Front eines Ford Mustangs der Baujahre 2004-2014 angelehnt zu sein. Es lässt sich wahlweise z.B. an einem Wheelstand oder einem Playseat festschrauben oder mittels zweier Drehknöpfe an einem Tisch festklemmen. Mit den Klemmen kann man das G29 an Tischplatten bis zu einer Dicke von knapp 50mm befestigen. Die Anschlüsse für Netzteil, Pedale und Gangschaltung befinden sich an der Unterseite der Basis und sind mit eindeutigen Symbolen gekennzeichnet. Das USB Kabel ist fest am Lenkrad verbunden. Die Kabel können entweder durch die Kabeldurchführungen nach vorne gelegt oder bei Besitzern eines originalen Playseat (Evolution) Rennsitzes direkt durch die Lenkradhalteplatte und das Rohrgestänge nahezu unsichtbar verlegt werden.

11_G29_Pedalset_BackDas Pedalset kann wahlweise unmittelbar über die acht Gummipads auf den Boden, mittels einer Kralle auf den Teppich gestellt oder festverschraubt werden. Auf Laminatboden gerät das Pedalset relativ leicht ins Rutschen. Etwas besser findet es Halt auf Parkettböden. Auf Böden mit ebenen Fließen rutscht es bei heftiger Bremsbetätigung etwas davon. Auf Teppichen hält das Pedalset seine Position, solange diese nicht selbst verrutschten. Idealerweise verschraubt man die Pedale fest oder befestigt es als gute Alternative an einem Wheelstand. Die Pedale lassen sich angenehm betätigen. Sehr gut gefallen die unterschiedlich hohen erforderlichen Betätigungskräfte der einzelnen Pedale. Der „Brake Mod“ gibt einem ein deutlich besseres Gefühl beim Abbremsen, welcher nach ca. 50% des maximalen Bremsweges zum Wirken kommt. Durch die in drei Positionen verstellbaren Pedalauflagen lässt sich etwas mehr Freiraum zwischen den Pedalen erzielen. Die Neigung der Pedale ist fest vorgegeben. Wird das Kupplungspedal nicht benötigt, gibt es die Möglichkeit im Zubehör eine große Pedalplatte zu erwerben, die das Kupplungs- und Bremspedal gleichzeitig abdeckt. Leider haben die Pedale nur eine Auflösung von 8-Bit respektive 256 Schritten (Pedalweg in 256 Schritten unterteilt). Eine 10-Bit Auflösung mit 1024 Schritten hätte dem ganzen gut getan, um das Bremsen im Spiel noch feinfühliger zu gestalten.

03_G29_TopDas Lenkrad liegt gut und griffig in der Hand. Das Leder und die Nähte sind sehr gut verarbeitet, wodurch keine Druck- und Reibstellen an der Hand entstehen. Der abgeflachte untere Rand dient mehr der Optik und hat keinen nennenswerten Vor- oder Nachteil. Die Knöpfe lassen sich gut erreichen und sind klar gekennzeichnet. Die LED Drehzahlanzeige kann man nur als ein nettes Gimmick bezeichnen. Wenn man sich auf das Renngeschehen am Bildschirm konzentriert, kann man nicht gleichzeitig auf die LED-Anzeige sehen, sonst ist der nächste unfreiwillige Abflug ins Grüne vorprogrammiert. Evtl. hat man diese Anzeige beim G920 deswegen sinnvollerweise wegrationalisiert.

Die Edelstahlschaltwippen sind gut positioniert, sauber verarbeitet und weisen keine scharfen Kanten auf. Der Schaltweg hätte etwas kürzer ausfallen dürfen. Das Lenkrad hat einen maximalen Lenkeinschlag von 900°. Beim Einschalten kalibriert es sich selbsttätig, indem es einmal nach ganz links, einmal nach ganz rechts und anschließend zur Mitte zurückkehrt.

Getestet wurde das G29 Lenkrad an der Playstation 3 (Gran Turismo 5&6), Playstation 4 (Drive Club, F1 2015, Project Cars, Sebastian Loeb Rally) sowie am PC (Assetto Corsa, F1 2015, Project Cars, Sebastian Loeb Rally, WRC 5, Dirt Rally, Raceroom Race Experience). Mit den Spielen selbst traten keine Probleme auf.

02_G29_Wheelrim_FrontBei der PS3 wird das Lenkrad jedoch als Driving Force GT erkannt, wodurch keine Kupplung verwendet werden kann. Am PC muss zur ordnungsgemäßen Funktion die Logitech hauseigene Gaming Software installiert sein. Diese bietet dafür einige Besonderheiten. So stehen von Logitech vorgefertigte Spielprofile zur Verfügung, welche sich aber auch noch bearbeiten lassen. Zudem ist es auch noch möglich eigene Profile anzulegen, die bei Spielstart automatisch geladen werden. So könnt ihr am PC jede Taste einzeln belegen, die Empfindlichkeit, den Lenkwinkel (40 – 900°) und die Kraft der Zentrierfeder einzustellen. Die Force Feedbackkräfte sind dagegen nicht einstellbar. Als spielübergreifend empfehlenswert empfand ich einen Lenkwinkel von 540°. Bei Dirt Rally (und im Allgemeinen bei Rally Spielen) sollte die Zentrierfeder auf 10% eingestellt und die restlichen Force Feedbackkräfte ingame reduziert werden. Für z.B. Project Cars wurde die Zentrierfeder auf 100% gestellt.

08_G29_Cable_ManagmentIm Spiel fällt sofort auf, dass um die Mittelstellung des Lenkrades eine Totzone von fast zwei cm – gemessen am Lenkrad außen - vorhanden ist, bei der keine Force Feedbackkräfte wirken. Hat man diese überwunden, spürt und hört man gleich die beiden Force-Feedback Motoren. Versucht man gerade auszufahren und steht das Lenkrad nicht exakt mittig, schalten sich die Force Feedback Motoren direkt ein. Das Fahrzeug fängt an, sich aufzuschaukeln. Ein Loslassen des Lenkrades bei gleichzeitig vernünftigem Geradeauslauf ist nicht möglich. Fährt man z.B. in die Bande, so agieren die Motoren so stark, dass das Lenkrad lautstark hin- und her klackert und dabei ungewollt schlafende Personen in Nebenräumen aufwecken kann. Trotz der vehement einsetzenden Motoren weiß das Force Feedback nicht richtig zu gefallen. Die maximalen Force Feedbackkräfte wirken im Vergleich zur Konkurrenz eher mittelmäßig, fast schon überfordert. Die mit steigender Kurvengeschwindigkeit zunehmenden Fliehkräfte sollten sich in einem deutlich schwerer drehbaren und entgegen arbeitendem Lenkrad bemerkbar machen. Beim Logitech G29 stellt sich dieses Gefühl nicht ein. Das können die Mitbewerber besser, dort gerät man bereits nach einer Runde auf der Nordschleife ins Schwitzen.

Bei Vorbesitzern eines Driving Force GT, G25 oder G27 Lenkrades dürfte sich sofort ein Déjà-vu Gefühl einstellen. Man könnte fast meinen, dass hier Produktrecycling betrieben wurde. Das Lenkradset weist auffällig starke optische parallelen zu den Logitech Lenkrädern Driving Force GT und G25/G27  auf. Wahrscheinlich kommt daher auch die offizielle Namensgebung „G29 Driving Force Racing Wheel“. So scheint man den Drehschalter und die +/- Tasten und den Lenkradkranz vom Driving Force GT, die Drehzahlanzeige, die Lenkradbase und das Pedalset vom G27 übernommen, angepasst und zur Playstation 4 kompatibel gemacht zu haben. Um dies herauszufinden, haben wir uns das G29 einmal näher angeschaut und dabei Lenkrad und Pedale zerlegt. Seht euch dazu auch unsere Bilderserie an.

Den Anfang machen wir mit dem Pedalset:
16_G29_Pedalset_Dissasembled_TopDie einzigen optischen Unterschiede zum G27 Pedalset liegen im gänderten Logitech Logo und den nun schwarzen Patronen hinter den Pedalen (G27 – rot; G29 – schwarz). Technisch betrachtet fällt der erhöhte Bremsdruck auf. Dieser wird durch einen sogenannten Brake-Mod realisiert, bei dem sich in der Patrone hinter dem Bremspedal zur Feder zusätzlich ein rechteckiger schwarzer Gummiblock gesellt hat. Tritt man das Bremspedal, so muss zu Anfang mit dem Fuß nur die normale Federkraft überwunden werden, bis man auf den Gummi trifft, der die benötigte Fußkraft deutlich erhöht. Da sich der Gummi beim Zusammendrücken nicht linear verhält, braucht man mit zunehmendem Pedalweg auch erheblich mehr Fußkraft. Dadurch wird ein realistischeres Bremsverhalten beim Bremsen erzeugt und wirkt einem überschnellen Blockieren der Räder im Spiel entgegen. Der restliche Aufbau scheint optisch und technisch identisch zum G25/G27 Pedalset zu sein.

Gangschaltung (optional erhältlich):
Beim G25 /G27 Pedalset war eine Gangschaltung noch Teil des Lieferumfangs. Beim G29 hat man sich dazu entschieden diese separat zu verkaufen. Optisch fällt sofort ins Auge, dass diese um das Steuerkreuz und die Tasten „beraubt“ wurde. Im Gegensatz zur G25/G27 Gangschaltung befinden sich nun das Steuerkreuz und die Tasten direkt am G29 Lenkrad. Diese sind jetzt besser zu bedienen und somit an der Gangschaltung überflüssig. Wie schon bei den Vorgängern hat man sechs Vorwärtsgänge und einen Rückwärtsgang zur Verfügung. Bei Fahrzeugen mit mehr als sechs Vorwärtsgängen kann man diese nicht (sinnvoll) mit H-Schaltung fahren. Die G25 Schaltung konnte mittels eines Drehschalters auf sequentielle Schaltung umgestellt werden. Diese Möglichkeit hat man aufgrund einer technischen Änderung in der Mechanik bei der G27 Schaltung entfernt. Da die G29 Gearbox auf der G27 aufbaut, ist diese leider auch nur als reine H-Schaltung einsetzbar. Für einen sequentiellen Einsatz muss gebastelt werden. Besitzer der alten Schaltung dürfte es freuen, dass man die G25/G27 Schaltung auch am G29/G920 Lenkrad weiter verwenden kann und somit um eine erneute Investition herumkommt.

Kommen wir zum Herzstück dem Lenkrad.
23_G29_Force_Feedback_Input_PointWie bereits zuvor erwähnt hat man sämtliche Knöpfe an das Lenkrad verfrachtet und dabei +/- Tasten und Drehregler vom Driving Force GT übernommen. Nach dem Öffnen der Lenkradbase erkennt man sofort den zum G27 identischen Innenaufbau. Die Steuerungsplatine wurde entsprechend der geänderten Tastenanbringung und der Kompatibilität zur PS4 wegen angepasst. Die beiden Stellmotoren für das Force Feedback wurden beibehalten. Nach wie vor kommen schrägverzahnte Zahnräder zum Einsatz. Lediglich der optische Encoder zur Lenkradpositionserkennung wurde durch einen sogenannten Hallsensor ersetzt. Der zuvor eingesetzte optische Encoder funktionierte ähnlich einem ABS Ring am PKW. Diese „Lochscheibe“ war aus Plastik und ging gerne einmal kaputt oder lockerte sich, wodurch das Lenkrad nicht mehr seine Kalibrierung nach dem Einschalten durchführen konnte und somit keine Funktion mehr bot. Ersatzteile für den G27 Encoder findet man allerdings über ein bekanntes Auktionshaus oder direkt vom Hersteller des Ersatzteils: http://cmlaserservice.com


Der Hallsensor arbeitet ebenfalls kontaktlos, bietet dagegen aber bei längerer Haltbarkeit zusätzlich eine höhere Genauigkeit und ermöglicht so eine bessere und zuverlässigere Positionserkennung des Lenkrades.  Der Selbstkalibrierungsprozess beim Start wurde verlangsamt, wodurch das Lenkrad nicht mehr so brutal in die Endpositionen fährt.


Fazit
Lange hat man auf Xbox One/PS4 kompatible Lenkräder aus dem Hause Logitech warten müssen. Umso größer war die Überraschung, dass man mehr ein produktrecycletes Update des G27 Lenkrades als ein neues Lenkrad serviert bekam. Wo das ohnehin schon gute Pedalset sinnvoll um einen „Brake Mod“ erweitert wurde und zu überzeugen weiß, hat man beim Lenkrad wieder auf den veralteten Zahnradantrieb gesetzt, der seine besten Zeiten lange hinter sich hat. Große Totzone um den Mittenbereich gepaart mit mittelprächtigem lautem Force Feedback sprechen leider nicht für eine Kaufempfehlung. Der UVP Preis von 399€ erscheint beim Gebotenen im Vergleich zu den Mitbewerbern deutlich zu hoch angesetzt. Diese trumpften bei gleichem Preisniveau u.a. mit optional erhältlichen Lenkradaufsätzen, invertierbarem Pedalset und einer wahlweise sequentiellen Gangschaltung auf. Das Lenkrad richtet sich wahrscheinlich eher an Vorbesitzer des G27 Lenkrades, die ihr Lenkrad liebgewonnen haben und nur auf der Suche nach einem nahezu identischen Lenkrad sind, welches kompatibel zu den neuen Konsolen ist. Leider hat man es auch bei Logitech verpasst ein Lenkrad auf den Markt zu bringen, dass gleichzeitig kompatibel zur PS4 und Xbox One ist. Dies wird wohl Lizenz und wirtschaftliche Gründe haben, hätte aber ein Alleinstellungsmerkmal und Kaufargument sein können. Was bleibt sind tolle Pedale und ein gut bis sehr gut verarbeitetes, handliches Lederlenkrad mit veralteter, nicht zeit- und preisgerechter Technik.

Wertung:
Verarbeitung: 8/10
Pedalset: 8/10
Lenkrad: 6/10
Gesamt: 7/10
 

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