Kommen wir also zum Spiel selbst. Entwickelt wurde das Action-RPG von Ganbarion. Das Studio ist vor allem für die Videospielversoftungen der One Piece Manga und Anime Reihe verantwortlich. Nintendo agierte hier wieder einmal als Publisher, eben so wie schon bei den beiden RPGs zuvor.
Die Geschichte handelt von einem Mädchen namens Helena. In ihrer Stadt feiert sie verkleidet als Ernte-Göttin ein Fest, als plötzlich die Stadtmauern erschüttert werden. Als die Menschen in Panik um ihr Leben laufen, ergreift Aeron, ein Ritter und Freund Helenas, ihre Hand und flüchtet mit ihr aus der Stadt. Die junge Frau wurde auf dem Fest verflucht und verwandelt sich nun immer mehr in eine Bestie. Unterwegs treffen die beiden auf eine reisende Händlerin. Mawda, so der Name der skurillen alten Dame, bietet ihnen ihre Hilfe an. Zu dritt reisen sie zu den dreizehn Türmen. Nur hier kann Helenas Fluch gebrochen werden.
Nahe der Türme, die durch Ketten zusammengehalten werden und über einem riesigen Abgrund schweben, befindet sich ein verlassenes Observatorium. Hier quartieren sich die Flüchtlinge ein und Mawda erklärt Aeron, wie er die junge Frau retten kann. In den Türmen hausen dreizehn Bestienmeister. Nur ihr Fleisch kann Helena von ihrem Fluch befreien. Aeron muss also jeden Turm aufsuchen, sich bis zum Obermotz durchschlagen und ihn in Stücke schneiden. Keine leichte Aufgabe! Vor allem, da dem Ritter nicht viel Zeit bleibt, denn Helenas Verwandlung schreitet unaufhörlich voran ...
Bewaffnet mit Schwert und Kette beginnt euer Abenteuer also im ersten der dreizehn Türme, die alle unterschiedlich gestaltet wurden und schön atmosphärisch daherkommen. Hier liegt der Fokus ganz klar auf den Kämpfen und dem Erforschen der Dungeons, was auch das Lösen diverser Rätsel mit sich bringt. Das wichtige Bestienfleisch bekommt ihr nämlich nicht nur von Endgegnern. In den Türmen werfen sich euch allerlei Monster in den Weg. Besiegt ihr diese, könnt ihr mit eurer Kette das Fleisch von den Monsterknochen reißen und in eurem Inventar verstauen.
Das Kampfsystem läuft in Echtzeit ab. Auf Knopfdruck drescht ihr mit eurem Schwert auf die Gegner ein, blockt oder weicht Angriffen aus und setzt eure Kette geschickt ein, um Widersacher zu fesseln oder durch die Gegend zu schleudern. Obwohl ihr mit Classic Controller spielen könnt, rate ich dringend zur Kombination aus Wiimote und Nunchuk Controller. Grund dafür ist die Kette. Per Wiimote steuert ihr nämlich einen Pointer über den Bildschirm. Dieser dient als Fadenkreuz für eure Waffe. Zielt ihr beispielsweise auf bestimmte Dinge wie Items, könnt ihr diese mit der Kette zu euch holen. Zudem müsst ihr sie einsetzen, um Rätsel zu lösen oder Abgründe zu überbrücken. Per Knopfdruck hangelt ihr so von Vorsprung zu Vorsprung oder zieht Blöcke umher. Monster lassen sich ebenfalls damit bearbeiten. Fliegende Gegner können so anvisiert und aus der Luft gefischt werden. Größere Biester könnt ihr fesseln oder ihnen die Waffe aus der Hand entreißen. Stürmen mehrere Monster auf euch zu, könnt ihr zwei aneinander ketten und so in ihrer Bewegungsfreiheit eingrenzen. Die Einsatzmöglichkeiten sind recht vielfältig, was wirklich zu gefallen weiß. Neben der Kette und eurem Schwert sind weitere Waffen in den Gemäuern versteckt und können bei Mawda im Observatorium verbessert werden.
Die wohl wichtigste Person im Observatorium ist jedoch Helena. Seid ihr nicht in den Türmen unterwegs, solltet ihr mit ihr plaudern oder ihr Geschenke geben, die ihr in den Dungeons findet oder bei Mawda kaufen könnt. All diese Aktionen steigern die emotionale Bindung zwischen den beiden Hauptcharakteren, was Einfluss auf das Spielende hat. Sechs verschiedene Enden bietet Pandora's Tower. Welche ihr nach dem etwa 20 stündigen Abenteuer zu Gesicht bekommt, hängt davon ab, wie ihr mit Helena umgeht.
Aber zurück zu den Türmen! Gleicht der erste Dungeon einem Spaziergang, zieht der Schwierigkeitsgrad ab dem vierten Gemäuer extrem an und kann für Frust sorgen. Tragt ihr dann nicht die richtige Ausrüstung oder gehen euch die Heiltränke aus, seht ihr den Game Over Bildschirm schneller, als euch lieb ist. Glücklicherweise gibt es die sogenannten Meilensteine. Das sind Checkpoints innerhalb der Türme, die euch nicht zum Anfang des Dungeons befördern, wenn ihr vom Ableben Gebrauch machen solltet.
Obwohl das Spiel viel Freiraum für Erkundungstouren in den Gemäuern bietet, bleibt der Forscherdrang auf der Strecke. Das liegt vor allem an der Zeit! Ja, richtig gelesen. In Pandora's Tower sitzt euch diese ständig im Nacken. Erinnert ihr euch noch an Zelda Majora‘s Mask, wo ihr drei virtuelle Tage Zeit hattet, die Welt zu retten? Hier ist es ähnlich. Eine Anzeige verdeutlicht euch, wann Helena endgültig zur Bestie wird. Läuft der Kreis in der linken unteren Bildschirmecke ab, bricht das Spiel ab und ihr schafft es nicht, den Fluch zu brechen. Wie ihr dem entgegenwirken könnt? Ganz einfach: Eure Liebste braucht Bestienfleisch, um das Voranschreiten des Fluchs zu bremsen. Das von Monstern erhaltene Fleisch müsst ihr also Helena bringen, bevor ihre Zeit abläuft, um diese zu verlängern.
Der Zeitdruck, gepaart mit einem hohen Schwierigkeitsgrad und einiger anderer Patzer mindern den Spielspaß schnell. So zum Beispiel die feste Kameraperspektive. Wie in Sonys God of War lässt sich die Kamera nicht manuel drehen, was nicht sonderlich schlimm wäre, wenn der Bildausschnitt alles zeigen würde. So passiert es, dass wichtige Hebel, die nur mit der Kette erreicht werden können, auf diese Weise nur ansatzweise zu sehen sind und sich nur schwer mit der Kette anvisieren lassen. Bei den Kletterpassagen kann es zudem vorkommen, dass ihr ins Nichts fallt, weil ihr nicht seht, was sich unter euch befindet. An der Kamera hätte Ganbarion definitiv noch arbeiten müssen.
Unübersichtlich wird es ebenfalls, wenn mehrere Monstern auf euch zustürmen. Bewegt ihr euch dann zwischen zwei verschiedenen Bildabschnitten (z. B. wenn ihr Angriffen ausweicht), artet das Kämpfen in reges Chaos aus, da die Kameraeinstellung permanent wechselt und ihr nur schwer die Gegner trefft. Apropos Gegnertreffer: Wieso die Entwickler kein Lock-On Feature einbauten, bleibt mir ein Rätsel. Ohne dieses schlagt ihr öfters mal ins Leere, was ärgerlich ist.
Dafür kommt der Soundtrack sehr gut rüber. Atmosphärische Melodien von Verdi oder Tschaikowski passen sich den jeweiligen Spielsituationen an. Leider ähneln sich viele der Musikstücke. Ich hätte mir mehr Abwechslung in den Arrangements gewünscht. Die englische Sprachausgabe ist ebenfalls gut gelungen und kommt mit deutschen Untertiteln daher. Diese sind unverständlicherweise ein wenig abgeändert worden. Helena heißt im Englischen Elena und Mavda wurde mit Mawda ins Deutsche übersetzt.
Als Action-RPG würde ich Pandora's Tower nicht bezeichnen. Wer sich auf ein Rollenspiel freut, wird bitter enttäuscht werden. Findet ihr euch jedoch mit dem Begriff Action-Adventure ab, bekommt ihr einen guten Dungeon Crawler mit RPG-Anleihen spendiert. Leider kann das Zeitfeature (man liebt oder hasst es) in Kombination mit Schwierigkeitsgrad und Kamera schnell Frustmomente erzeugen. Wer darüber hinweg sieht und die Zähne zusammenbeißt, erlebt 20 spannende Stunden. Nur grafisch hätte ich weitaus mehr erwartet.