Robotron 2084 im Test

Lynx

Ataris Handheld war nie großer kommerzieller Erfolg beschieden. Überlegener Hardware zum Trotz fanden sich einfach die Ende der Achtziger und in den frühen Neunziger Jahren beliebten Genres wie beispielsweise Jump‘n Runs wenn überhaupt nur in mittelmäßiger Qualität auf dem Batteriefresser. Dafür hatte der Lynx seine klare Stärke bei Arcade-artigen Games. Neben den technisch eindrucksvollen Titeln mit Skalierung und Rotation von Sprites fallen darunter auch solche Spiele, die bereits anno 1989 als Klassiker galten.

Robotron_2084_2Ms.Pac-Man, Joust, Paperboy... in diese Reihe aus hervorragenden Umsetzungen von leider damals schon antiken Spielen reiht sich ebenfalls Robotron 2084 ein. Der Spielhallenautomat der Firma Williams war 1982 veröffentlicht worden und begeisterte durch Unmengen von Sprites und die geniale Idee der Steuerung mit zwei Steuerknüppeln. Erdacht wurde die Robo-Metzelei von Eugene Jarvis und Larry DeMar, die zuvor bereits mit Defender einen großen Hit landeten. Als Inspirationsquelle musste Ataris Berzerk herhalten. Jarvis war negativ aufgefallen, wie der Spieler in diesem Spiel gehindert wurde, beim Betätigen des Feuerknopfes weiterzulaufen, da der Joystick beim Feuern fürs Zielen genutzt wurde. Durch die zwei Sticks in Robotron sollte sich der Spieler gleichzeitig frei bewegen und in alle Richtungen schießen können. Das Konzept erwies sich als ebenso einfach wie genial, und der Titel avancierte zum Renner.

In Robotron 2084 steuert man einen genmanipulierten Wissenschaftler, der versucht die letzten Menschen vor den Robotrons zu retten: Roboter, die dummerweise mit so viel Intelligenz ausgestattet wurden, dass sie die Ineffizienz ihrer Herren erkannten und als einzig logische Schlussfolgerung deren Auslöschung beschlossen.

Robotron_2084_4Das Geschehen findet auf einem einzelnen, nicht-scrollenden Bildschirm statt. Der Spieler wird dauerfeuernd in der Mitte des Spielfeldes abgesetzt und um ihn herum werden mit einem Algorithmus zufällig eine bestimmte Anzahl von Gegnern und zu rettenden Menschen generiert. Die Ziele sind einfach: Alle Robotrons abschießen und möglichst viele Leute durch Berührung retten, bevor sie getötet werden.

Das erste Problem ist die schiere Menge der Feinde; man kann es durchaus mit 40 oder 50 der Blechbüchsen gleichzeitig zu tun bekommen. Das macht es schon schwer genug zu überleben, geschweige denn einen Weg zu den Zivilisten zu finden. Eine Berührung durch einen Robotron, oder durch eines der stationären Hindernisse bedeutet den sofortigen Tod.

Das zweite Problem ist die einfache, wie geniale KI. Es gibt sieben verschiedene Gegnertypen, und zwei davon sind in der Lage zusätzliche Gegner zu erzeugen. Jede Variante der Blechbüchsen verhält sich für sich allein genommen simpel und berechenbar. Der Grunt bewegt sich auf kürzestem Weg auf den Helden zu. Der Hulk ignoriert den Helden, verfolgt dafür die zu rettenden Menschen oder bewegt sich ziellos. Der Enforcer bleibt erstmal am Rand und beginnt Projektile auf den Spieler abzufeuern, wenn dieser weit weg ist. Und das nicht nur auf den Standort des Spielers bezogen. Er berechnet mit ein, wo der Gamer bei der derzeitigen Marschrichtung sein wird, bis die Geschosse eintreffen. Die weiteren Robotrons haben auch eigene Verhaltensmuster.

Robotron_2084_8Im Zusammenspiel wird dieses Verhalten aber zur reinsten Todesfalle. Man ist nirgends sicher, in jeder Situation, die einem gegen die eine Art Gegner hilft, setzt man sich einer anderen umso stärker aus.

Der Schlüssel zum Erfolg in Robotron 2084 liegt im Verständnis der Gefahren, im schnellen Denken und in ständiger, dauerfeuergestützter Bewegung. Stehen zu bleiben bedeutet das Ende. In Wahrheit dauern die einzelnen Level des Spiels jeweils kaum eine Minute.. eine Minute höchster Konzentration und Anspannung. 40 verschiedene Gegnerwellen gilt es zu meistern, bevor sich das Geschehen wiederholt, aber nur wenige werden jemals alles zu sehen bekommen. Der Spieler hat andauernd in Sekundenschnelle auf seine Umgebung zu reagieren und die nächsten Schritte zu planen. Das „Risk & Reward“-Prinzip kommt zu tragen, wenn man versucht die Überlebenden für den Highscore zu retten.

Der Lynx bietet bekanntermaßen leider keine zwei Sticks wie der Spielautomat; und das ist auch der größte Schwachpunkt des Spiels. In der Standardeinstellung läuft man mit Dauerfeuer und kann sich mit den A- und B-Buttons drehen. Definitiv die bestmögliche Alternative und gut spielbar, aber dennoch nicht dem Dual-Stick-Prinzip ebenbürtig. Als Ausgleich wurde das Spielgeschehen generell etwas verlangsamt. Zur Abwechslung kann man die angesprochene „Berzerk“-artige Steuerung ebenfalls wählen, oder eine Variante, in der man immer in die Laufrichtung schießt. Diese sind jedoch dem Spiel nicht angemessen und machen es nahezu unmöglich gegen größere Gegnerhorden anzukommen.

Robotron_2084_5Grafisch mag man Robotron 2084 auf den ersten Blick für unter der Würde des Lynx halten; ein schwarzes Spielfeld und winzige Sprites mit wenigen Farben. Allerdings sorgen diese pro Sprite für eine gute Unterscheidbarkeit aller Gestalten.Wenn man sich das Spiel genauer anschaut, wird klar, dass es den Lynx in Wahrheit sehr fordert. Bei kaum einem anderen Game gibt es so ein Spritegewitter. Jeder Level bietet zig Gegner. Ein leichter Slowdown ist erst zu bemerken, wenn ungefähr fünfzig sich kreuz und quer bewegende Feinde und Menschen auf dem Schirm herumturnen; unbewegliche Todesfallen und die zahlreichen Projektile nicht mitgezählt. Es ist wirklich äußerst selten, dass das Spiel überhaupt einen Deut langsamer wird. Spriteflackern existiert sogar überhaupt nicht.

Der Detailgrad der Sprites ist gegenüber dem Automatenvorbild dezent reduziert worden, um das Geschehen bei der Auflösung des LCDs ohne Scrolling auf einmal dazustellen. Eine weise Entscheidung fürs Gameplay, und wegen des sowieso geringen Darstellungsgrades des Automaten auch nur für absolute Experten oder im Direktvergleich zu erkennen. Die Lynxfassung kann sich insgesamt rühmen, die dem Original ähnlichste Heimversion des Spiels bis zur Veröffentlichung der Mega-Drive-Umsetzung im Rahmen des Williams Arcade‘s Greatest Hits-Moduls von 1996 zu sein.

Musikalisch gibt es eine nette Titelmelodie, eine für die Highscore-Eingabe und eine für die Credits zu hören. Im Game selbst muss man leider wie bei so vielen Spielen für das kleine Kätzchen mit Soundeffekten vorlieb nehmen, was aber in der Spielhalle genauso war.




Götz meint:

Götz

Robotron 2084 ist ein perfektes Handheldspiel. Ich war mit dem Automaten nicht vertraut, nostalgische Gefühle für das Spiel hege ich also nicht. Und trotzdem begeisterte mich die Umsetzung für den Lynx schlichtweg. Neige ich sonst eher zu epischen RPGs, so schaffte es Williams Klassiker, mich süchtig nach einem Arcade-Oldie zu machen. Wie oft erwische ich mich dabei, nur noch eine Runde spielen zu wollen, um den Highscore zu knacken und bleibe anschließend zwei Stunden dabei. So simpel das Spielprinzip erstmal erscheint, so ausgeklügelt ist es doch. Ohne Köpfchen kommt man nicht weit. Die dezenten Slowdowns in heiklen Situationen seien der ansonsten praktisch perfekten Umsetzung verziehen. Ich hätte mir nur gewünscht, dass die Entwickler von Shadowsoft eine Hintergrundmusik eingebaut hätten, aber das Ziel war vermutlich eindeutig ein 1:1 Port. Für mich ist Robotron 2048 das beste Spiel, das offiziell für den Lynx erschienen ist.

Positiv

  • Unglaublich viele Sprites
  • Nahezu 1:1 Arcadeumsetzung
  • Suchtpotenzial

Negativ

  • Grafisch schlicht
  • Keine Hintergrundmusik
  • Seltene Slowdowns
Userwertung
9.77 10 Stimmen
Wertung abgeben:
senden
Forum
  • von 108 Sterne:

    Ja, da wäre optimal. Wobei ich perverserweise Robotron auf dem Lynx "gelernt" habe und dort daher höhere Scores erziele als auf der PS3 mit zwei Sticks.^^

  • von bmX:

    Super Spiel und schöner Port. Ich hätte mir allerdings eine Steuerung wie bei "Smash TV" auf dem SNES gewünscht. Digi-Kreuz zum laufen und die 4 Fire Buttons für die Schussrichtung. Auf dem dem Lynx halt allein von der Anordnung der Knöpfe nicht möglich.

  • von Civilisation:

    Eine von Daniels ersten Rezis. Unbedingt lesen! Robotron 2084 taris Handheld war nie großer kommerzieller Erfolg beschieden. Überlegener Hardware zum Trotz fanden sich einfach die Ende der Achtziger und in den frühen Neunziger Jahren beliebten Genres wie beispielsweise Jump‘n...

Insgesamt 2 Beiträge, diskutiere mit
Follow us
Robotron 2084 Daten
Genre Action
Spieleranzahl 1
Regionalcode PAL
Auflösung / Hertz -
Onlinefunktion -
Verfügbarkeit 1991
Vermarkter Atari
Wertung 8.8
Anzeigen
neXGam YouTube Channel
Anzeigen