RPM Tuning im Test

Xbox
Man müsste mal ein Rennspiel programmieren, bei dem das Tuning der Autos eine zentrale Rolle spielt und bei dem sich alles um illegale Straßenrennen dreht. Der Flair des Kinofilms The Fast and the Furious wäre doch genau das Richtige, um dem Genre neues Leben einzuhauchen. Wie bitte? Das gab es alles schon? Die große Welle der Tuning-Games ist inzwischen sogar schon wieder abgeflacht? Da muss aber irgend jemand vergessen haben, die Programmierer von Babylon Software in ihrem außenweltsicheren Bunker zu informieren, denn mit RPM Tuning hat die junge Spieleschmiede nun einen Xbox-Titel abgeliefert, dessen Konzept verdächtig an Need for Speed Underground erinnert. Ob sich der Nachzügler für Racing-Freaks lohnt, erfahrt ihr in unserem Review.

'Auch dieses brave Geländefahrzeug wird mit der richtigen Lackierung und ein paar Modifikationen unter der Motorhaube schnell zum Traum eines jeden Hobby-Rennfahrers.'


Was die Modi angeht, beschränkt sich RPM Tuning größtenteils auf die klassischen Varianten. Natürlich hat man die Möglichkeit, einfach nur eine Herausforderung nach der anderen gegen computergesteuerte Fahrer oder einen befreundeten Zocker im Splitscreen zu bestreiten. Ob regulärer Einzelwettstreit, Turnier, Flucht, Verfolgung oder Viertelmeilenrennen, hier gibt es immer etwas zu tun. Etwas gehaltvoller ist der Tuning-Modus, in dem man für besondere Leistungen mit Geldpreisen belohnt wird, die natürlich sofort wieder in die Verbesserung des eigenen fahrbaren Untersatzes investiert werden sollten. Wie schon in den beiden Teilen von Need for Speed Underground ist neben einer vernünftigen Feinjustierung der Lenkung und einer langsamen Erhöhung der PS-Zahl der Kauf von Nitro-Flaschen besonders wichtig. Liegt man einmal zu weit hinten, wird das wertvolle Gas per Knopfdruck in den Motor gejagt und sorgt für eine kurze aber extreme Beschleunigung.

Das Herzstück des Spiels ist eindeutig der Story-Modus. Hier schlüpft man in die Rolle von Vince Riker, der auf der Suche nach dem ultimativen Auto ist. Bis der junge Mann dieses legendäre Stück unterm Hintern hat, muss er seine fahrerischen Talente allerdings in über 50 Missionen unter Beweis stellen. Dieser Modus weiß dank der vielen Cutscenes und der soliden Geschichte durchaus zu gefallen. Gleich zu Beginn trifft unser Straßenrowdie auf den gleichgesinnten Burk Lewis, eine Art Tuning-Hippie, der sich schnell als nützlicher Verbündeter entpuppt. Die Tatsache, dass meistens mehrere Rennen nacheinander gefahren werden müssen, bevor man speichern darf, ist zwar etwas frustrierend, erhöht aber trotzdem die Langzeitmotivation, da man oft diverse Versuche braucht, bis man das Ende einer Mission erreicht hat.


'Irgendwie erinnert der Tuning-Gott Burk verdächtig an Whistler, den halbverrückten Bastler aus der Blade-Trilogie.'


Manche Rennspiele kommen sehr gut ohne teure Lizenzen aus. Allerdings handelt es sich dabei normalerweise um reine Arcade- oder Fun-Racer, bei denen in der Regel originelle Gameplay-Elemente im Vordergrund stehen. Wenn sich allerdings alles um das Tuning dreht, sind Originalfahrzeuge fast unverzichtbar. Ein Teil des Reizes solcher Games ist schließlich die Suche nach der Antwort auf die ewige Frage: “Wie sähe mein Traumauto aus, wenn ich unendlich viel Geld hätte und es keinen TÜV geben würde?“ Leider kann RPM Tuning bei solchen Problemen keine Abhilfe schaffen, da es sich bei allen Vehikeln sowie den dazugehörigen Tuning-Teilen um reine Phantasieprodukte handelt. Bei geschichtsträchtigen Namen wie “Coupé GT“ oder “Pickup 150“ fragt man sich beinahe, warum keine “Karre 08/15“ zur Auswahl steht.

Die Tuning-Möglichkeiten sind ganz nett, nicht mehr und nicht weniger. Auf der Hülle des Games wird mit großen Zahlen geworben. Von “1.382.976 sichtbaren Möglichkeiten und 221.184 Möglichkeiten unter der Motorhaube“ ist dort die Rede. Das hört sich zwar toll an, ist aber nicht wirklich spektakulär, wenn man in die Geheimnisse der Mathematik eingeweiht wurde und sich vorstellen kann, wie viele Kombinationsmöglichkeiten schon bei geringen Mengen von Anbauteilen möglich sind. Gerade mal sieben Grundfahrzeuge stehen zur Auswahl, die anschließend mit diversen Umbauten, Aufklebern und weiteren Verschönerungen den eigenen Bedürfnissen angepasst werden können.


'Die Fahrzeugmodelle sind etwas grob ausgefallen. Darüber kann auch der leicht übertriebene Spiegeleffekt auf dem virtuellen Lack nicht hinwegtäuschen.'


Die Steuerung, die nicht sonderlich realitätsnah ausgefallen ist, zählt klar zu den Stärken des Spiels, hat aber auch ein paar mittelschwere Macken. Die Fahrzeuge reagieren selbst nach einem großen Tuning nicht sonderlich schnell und ein sensibles Gefühl für die Handhabung der Bremsen ist Pflicht, wenn man enge Kurven fehlerfrei meistern will. Vor allem bei den späteren Herausforderungen muss man eine Weile experimentieren und die Strecke kennen lernen, bevor man wirklich weiß, was zu tun ist. Dummerweise gibt es da aber auch immer noch diverse unberechenbare Faktoren wie den Gegenverkehr oder andere Fahrer. Die Steuerung ist einfach nicht dafür geschaffen, im letzten Augenblick die Richtung zu ändern und einen Unfall zu vermeiden. So kommt es immer mal wieder vor, dass ein computergesteuerter Mitstreiter das Vehikel des Spielers mitten in der Kurve rammt und der arme Zocker zum hilflosen Augenzeugen bei seinem eigenen Blechschaden wird. Gepaart mit der willkürlich wirkenden Crashphysik, die den Wagen gern mal ohne erkennbaren Grund entgegen der Fahrtrichtung zum Stehen kommen lässt, sorgt die Steuerung also in schöner Regelmäßigkeit für unfaire Situationen.

Die Grafik könnte man als ordentliches Mittelmaß bezeichnen, wenn RPM Tuning vor zwei oder drei Jahren erschienen wäre. Optisch erinnert das Game stark an den Konsolenklassiker Burnout (genau, das ist der Teil bevor die Serie gut wurde). Obwohl die Straßen immer stark befahren sind, wirkt alles ein wenig steril und lieblos. Sowohl die Gebäude als auch die Automodelle sind äußerst detailarm und da man immer in der gleichen Stadt unterwegs ist, erlebt man nur wenige Überraschungen. Bis auf ein paar Straßenschilder gibt es kaum zerstörbare Objekte, was bedeutet, dass auch ein einfacher Zaun zum unüberbrückbaren Hindernis wird. Alle Autos, die nicht an den Rennen teilnehmen, sind ebenfalls aus unkaputtbarem Material hergestellt, wodurch die Crashs äußerst langweilig aussehen. Auch das Schadensmodell der steuerbaren Autos ist veraltet und geht nie über kleine Beulen oder eine fehlende Motorhaube hinaus. Ein paar Effekte mehr hätten RPM Tuning sehr gut getan, denn die Funken, die entstehen, wenn ein Fahrzeug an einer Bande entlang fährt, reißen heutzutage wohl niemanden mehr vom Hocker. Wer lange sucht findet aber doch ein paar gute Aspekte der Optik. Die Weitsicht ist mehr als ordentlich und wenn der Nitro gezündet wird, sieht das durchaus interessant aus. In diesen Situationen stimmt auch das Geschwindigkeitsgefühl.


'Wird es eine unfallfreie Fahrt durch den Tunnel? Nicht wenn die computergesteuerten Gegner gerade angriffslustig sind.'


Unterboten wird die Grafik leider noch durch den Sound. Ich spiele jetzt seit über 20 Jahren Videospiele, aber nur selten habe ich einen Soundeffekt als so unangenehm empfunden wie das Geräusch, das die virtuellen Motoren in RPM Tuning von sich geben. Statt dem angenehmen Brummen echter PS-Boliden wird hier ein schrilles und immer ähnliches Geheul aus den Lautsprechern gepumpt, das irgendein Babylon-Mitarbeiter heimlich aufgenommen haben muss, als ich mit meinem klapprigen Rasenmäher den Garten bearbeitet habe. Gemischt mit immer wieder gleichem Bremsengequietsche und dem gelegentlichem Hupen anderer Verkehrsteilnehmer ergibt sich eine äußerst nervtötende akustische Kulisse, die den Zocker dank Dolby Digital Unterstützung aus allen Richtungen einkesselt. Enttäuschend sind auch die Unfälle. Es scheint ziemlich egal zu sein, ob man ein anderes Fahrzeug leicht streift oder mit Vollgas vor ein stationäres Hindernis brettert, statt einem ordentlichen Scheppern gibt es immer nur einen zurückhaltenden Mini-Knall zu hören. Es bringt leider nicht viel, die Effekte runterzudrehen und stattdessen die Musik in den Vordergrund zu stellen, denn der Soundtrack besteht hauptsächlich aus Fließband-Drum´N´Bass-Stücken der übelsten Sorte.


'Wenn der Nirto gezündet wird, gibt es durchaus ein paar nette Motion Blur Effekte zu bewundern.'

Tim meint:

Tim

RPM Tuning ist ein Billig-Titel, der nur halb so viel kostet wie andere Neuerscheinungen. So lange man diese Tatsache während des Spielens im Hinterkopf behält, gibt es durchaus ein paar Lichtblicke. Für wenig Geld bekommt man eine Menge Spiel. Besonders den umfangreichen Story-Modus würde man in einem solchen Game kaum vermuten. Auch das Fahrverhalten und der recht knifflige Schwierigkeitsgrad sorgen dafür, dass Racer-Freunde viel Zeit vor der Konsole verbringen dürfen. Um RPM Tuning allerdings wirklich genießen zu können, sollte man den Großteil der restlichen Genrevertreter aber bereits komplett durchgespielt haben und immer noch hungrig nach mehr sein. Technisch hinkt das Rennspektakel seiner Zeit hinterher und in vielen Bereichen merkt man ganz deutlich, dass weder Geld noch Entwicklungszeit in ausreichendem Maße vorhanden waren. Kein Xbox Live Support, keine Möglichkeit, eigene Soundtracks zu verwenden (was bei der Musikauswahl bitter nötig gewesen wäre) und keine lizenzierten Autos trüben den Spaß deutlich. Die Soundeffekte sind ein Tiefpunkt, der absolut unverzeihlich ist.

Positiv

  • Umfangreich

Negativ

  • Soundeffekte
  • Kein Live-Support
  • Schwache Technik
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RPM Tuning Daten
Genre Racing
Spieleranzahl 1 - 2
Regionalcode -
Auflösung / Hertz -
Onlinefunktion -
Verfügbarkeit 17.05.2005
Vermarkter FlashpointAG
Wertung 5.3
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