Der Herr der Ringe: Die Eroberung im Test

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Mit Star Wars: Battlefront haben die Pandemic Studios schon im Jahr 2004 für einen überraschenden Hit sorgen können, weil man das Gameplay von Battlefield geschickt mit dem Star Wars Universum verknüpfte. Jetzt versuchen sie es erneut, allerdings nicht mehr im Weltraum, sondern in Mittelerde.

Der_Herr_der_Ringe_Die_Eroberung_7Bei Spielen ist es wie mit Musik oder Filmen: Durch neuartige Trends bzw. technische Weiterentwicklung wächst ein betreffendes Genre in neue Bereiche. Bei Spielserien merkt man das oft, wobei das Call of Duty-Franchise hier ein sehr gutes Beispiel darstellt. Die Serie fing als Medal of Honor-Klon an und mauserte sich von Fortsetzung zu Fortsetzung zu einem immer packenderen Shooterabenteuer, wobei auch der Mehrspielermodus eine große Metamorphose durchlief. Seit Star Wars: Battlefront II sind viele Jahre vergangen und da sollte man glauben, dass sich im Genre der Mehrspielershooter einiges getan hat. Leider haben die Designer von Der Herr der Ringe: Die Eroberung das wohl verschlafen und vermurksen ein Spiel, welches prinzipiell Potenzial hätte. Aber vielleicht muss ich erst ein knallharter Tolkienfan sein, um darüber hinwegzuübersehen. Apropos Tolkienfan: Diese können theoretisch mit der Zunge schnalzen, denn mit der Der Herr der Ringe:  Die Eroberung dürfen alle wichtigen Ereignisse der Filmtrilogie nachgespielt werden.

Der Singleplayermodus läuft wie folgt ab: Vor jeder Mission bekommt ihr ein kurzes Video aus dem Film präsentiert, um euch, den Joypadbesitzer, in eine Herr-der-Ringe-Stimmung zu versetzen. Hierzu poltert und kracht der bekannte Soundtrack im Hintergrund, während ein Märchenonkel mit seiner Fahrstuhlstimme das letzte bisschen Atmosphäre zerstört. Ist das vollbracht, werdet ihr schnurstracks ins Geschehen katapultiert. Als einer von vier Helden (Krieger, Bogenschützen, Magier, Späher) gilt es immer (und ich meine wirklich immer!) Flaggenpunkte zu erobern bzw. zu sichern. Ist eure Klasse gewählt, schnetzelt und feuert ihr auf Orks und Monster ein, bis der besagte Punkt eingenommen ist. Um den Tolkienfan weiter zu blenden, heißt es im Missionsdesign „Halte die Burgmauern“ oder „Verteidige das Burgtor“! Und das tut ihr auch die ganze Spielzeit für gut sieben bis acht Stunden, wobei ihr in einer alternativen Geschichte auch Saurons Armee zum Sieg führen könnt.

Die Klassenwahl bei Der Herr der Ringe: Die Eroberung ist wohl die einzige Abwechslung, die der Titel wirklich hervorbringt. Mit dem Krieger prügelt ihr euch mit einem Flammenschwert durch die feindlichen Orks. Der Magier ist der Medic und Panzer zugleich. Dieser kann nämlich Truppen heilen und dank eines Schutzschilds bietet er die perfekte Deckung gegen Pfeile und Magierzauber. Der Bogenschütze ist die Ferneinheit, ausgestattet mit Gift- und Feuerpfeilen, die sich zwar auf dem Papier schön anhören, aber im Kampf nicht viel bringen. Die nutzloseste Einheit (im Einzelspielermodus) ist der Späher, der mit zwei Doppeldolchen und Unsichtbarkeitszauber von sich reden lässt. Um den Singleplayermodus zu überstehen, braucht ihr nur den Magier und den Krieger! Um der Buch- bzw. Filmvorlage gerecht zu werden, besucht ihr Helms Klamm, Isengart, die Minen von Moria oder das schwarze Tor. Weil das Herr der Ringe-Universum wenig Fahrzeuge (im Vergleich zu Star Wars) bietet, liegt der Fokus mehr auf Mann-gegen-Mann-Scharmützel – und diese wirken recht chaotisch. In den Missionen werdet ihr oft von Armeen begleitet, die euch theoretisch zur Seite stehen, aber im Endeffekt nichts tun. Diese lassen sich gerne vom Gegnern verprügeln oder töten sich selbst, indem sie von scharfen Kanten abrutschen und somit den Heldentod in der Tiefe von Mittelerde antreten.

Der_Herr_der_Ringe_Die_Eroberung_5Die Gegnerhorden sind gleich viel gewiefter. Diese greifen nämlich in großer Zahl an und schnetzeln von allen Seiten auf einen ein. Werdet ihr zu Boden gestreckt, habt ihr überhaupt keine Möglichkeit, euch vom Acker zu machen, weil ihr zu Tode geprügelt werdet. Ab und zu wandert eine Offizierseinheit vor eure Klinge, die in der Regel mehr aushalten kann als das allgemeine Fußvolk. Helden zu spielen war ein dickes Feature von Star Wars: Battlefront II, das auch seinen Weg in Mittelerde gefunden hat. Habt ihr einen Schlüsselmoment aktiviert, lässt euch das Programm die Wahl, ob ihr jetzt als Gandalf, Aragorn oder Faramir die Bösen verprügeln wollt (das geht auch später mit den schlechten Jungs). Diese verfügen meist über dieselben Spezialattacken und sind genauso schnell wieder tot wie normale Feldeinheiten. Ab und zu dürft ihr unter anderem Reittiere verwenden, die aber kaum von Nutzen sind, weil der Feind euch recht schnell vom Ross holen wird. Somit stellt sich schon früh ein gewisses Frustpotenzial ein, was nur nervenstarke Zocker ansprechen wird.

Der Multiplayermodus sieht eigentlich nicht anders aus. Mit nur 16 Spielern via PSN erobert ihr auf 13 Karten Flaggenpunkte, schnetzelt im Team-Deathmatch aufeinander ein oder jagt den Gegner in einem Capture-the-Flag-Modus, der sich hier „Finde den Ring“-Modus nennt. Größtes Problem mit menschlichen Mitspielern ist das Balancing, was sprichwörtlich grottenschlecht ist, und das unausgegorene Klassensystem. Teamarbeit, die viele von Battlefield kennen, werdet ihr auf den Servern überhaupt nicht finden. Wie denn auch, denn die einzige Klasse, die zur Teamarbeit einlädt, ist der Magier mit seiner Heil-und Schildfunktion. Auch nach ein paar Runden wird schnell klar, dass man mit wildem Draufprügeln bzw. Schießen besser wegkommt. Als Extras finden sich auf dem Maps stationäre Geschütze, um große Gegner zu beseitigen, sowie einige Reittiere, die ihren Nutzen gar nicht gerecht werden. Verfügt ihr über keinen Internetanschluss, dürft ihr strunzdumme Bots hinzuschalten.

Zu guter Letzt bleibt die Präsentation, die genau wie das ganze Spiel durchschnittlich ist. Zwar haben Heldenfiguren einen gewissen Erkennungswert, aber die schwach texturierten Umgebungen und die mauen Spezialeffekte lassen beim ersten Hinblick glauben, dass es sich hier um ein PlayStation 2-Spiel handelt. Ein echtes Gräuel ist die Kamera, die euch nie wirklich zufriedenstellt. Dadurch lauft ihr oft in euren Heldentod (Sprichwort: Kante) oder seht den Gegner überhaupt nicht. Somit sollte euer Daumen immer am zweiten Analogstick bleiben, weil nachjustieren der Alltag bei Der Herr der Ringe:  Die Eroberung ist. Der originale Herr-der-Ringe-Soundtrack kann leider die Atmosphäre durch die schlechte deutsche Synchronisation auch nicht mehr retten.




Dominic meint:

Dominic

Als Star Wars-Fan erster Stunde habe ich damals voller Ungeduld auf Star Wars: Battlefront gewartet und nach kurzer Spielzeit war ich von dem ganzen Spielkonzept recht enttäuscht. Der Nachfolger hatte zwar einen besseren Einzelspielermodus und Weltraumschlachten, war aber immer noch weit von perfekter Spielbarkeit entfernt. Pandemic hat mit Der Herr der Ringe: Die Eroberung den kreativen und spielerischen Absturz erreicht. Der Einzelspielermodus ist durchgängig langweilig und unspektakulär, während der Mehrspielermodus mit vielen Krankheiten (Balancing, Klassensystem usw.) zu kämpfen hat. Schade, wie hier ein guter Name seinem Ruf nicht gerecht werden kann. Nur wirkt das Spiel an vielen Stellen einfach nicht durchdacht genug, die verschiedenen Klassen weisen starke Mängel auf und motivieren nicht unbedingt zum Spielen. Da nützt am Ende auch die Herr der Ringe-Lizenz nichts.

Positiv

  • Herr der Ringe-Lizenz
  • Guter Soundtrack

Negativ

  • Langweiliger Einzelspielermodus
  • Mehrspielermodus bei weitem nicht perfekt
  • Klassensystem unbrauchbar
Userwertung
4.8 3 Stimmen
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Der Herr der Ringe: Die Eroberung Daten
Genre Action
Spieleranzahl 1 - 16
Regionalcode PAL
Auflösung / Hertz 720p
Onlinefunktion Ja
Verfügbarkeit 2009-01-15
Vermarkter Electronic Arts
Wertung 4.8
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