Ring of Red im Test

PlayStation2
Konami haben es nicht leicht. Wohl kein anderes Game wird zur Zeit von der PlayStation 2-Gemeinde so sehnsüchtig erwartet wie Metal Gear Solid 2. Da kann es schon mal vorkommen, dass die kleineren Projekte des renommierten japanischen Spieleherstellers kaum wahrgenommen werden. Nach “Zone of the Enders“ kommt aus einer der hauseigenen Abteilungen nun bereits der zweite Titel für Sonys aktuelle Konsole, in dem sich alles um sogenannte Mechs dreht. Allerdings steht diesmal die Action eher im Hintergrund. “Ring of Red“ ist ein Strategiespiel und ermöglicht es dem Zocker, eine kleine, aber schlagkräftige Armee von monströsen Kampfrobotern in die Schlacht zu schicken.

"Das hat gesessen!"


Die Hintergrundstory ist zwar nicht ganz neu, aber recht komplex. In der Welt von Ring of Red hat der zweite Weltkrieg einen völlig anderen Verlauf genommen als in unserer Realität. Durch eine Reihe unglücklicher Ereignisse wurde Japan in zwei Staaten gespalten, die sich auch in den 60er-Jahren noch bekämpfen. Da die Konflikte seit einer kleinen Ewigkeit andauern, hat sich vor allem die Waffentechnologie viel schneller entwickelt, als es unter normalen Umständen der Fall gewesen wäre. So sitzen die Soldaten in dieser Parallelwelt in riesigen Panzern, die sich nicht auf Ketten durch die Landschaft bewegen, sondern Laufen können und über eine ganze Reihe von speziellen Attacken verfügen.

Der Spieler übernimmt zu Beginn die Rolle des Mech-Spezialisten Weizegger, der seinen recht unjapanischen Namen einem deutschen Vater verdankt. Da der junge Hitzkopf gerade erst die Militärakademie verlassen hat, muss er zunächst in einer Trainingsmission beweisen, dass er seinen tonnenschweren Roboter tatsächlich beherrscht. Schafft man es, die Konkurrentin Ryuko auszuschalten, darf man schon bald gegen echte Gegner antreten und erhält das Oberkommando über eine ganze Reihe verschiedenster Mechs.




"Sequenzen sind im schicken Anime-Stil gehalten."


Das Spiel läuft auf zwei Ebenen ab. Auf einer Landschaftskarte, die in viele kleine Quadrate unterteilt ist, darf man seine Truppen rundenbasiert bewegen. Nachdem man einen Zug gemacht hat, gibt es verschiedene Aktionsmöglichkeiten. So kann man sich beispielsweise ausruhen, um verlorene Energie zurückzugewinnen, in Dörfern neue Soldaten rekrutieren oder auch gegen einen Feind in die Schlacht ziehen. Während das Verschieben der Truppen hauptsächlich dazu dient, einen strategischen Vorteil zu erhalten, sind die Kämpfe das eigentliche Herzstück des Spiels. Hier erhält der Spieler die volle Kontrolle über den jeweiligen Mech. Wer jetzt schnelle Duelle erwartet, in denen durch schwierige Tastenkombinationen Spezialattacken ausgelöst werden, wird enttäuscht. Die Vernichtungsmaschinen sind nämlich genau so schwerfällig wie sie aussehen, und können sich nur vorwärts und rückwärts bewegen. Nach einer gewissen Zeit lädt sich die Waffe auf und kann abgefeuert werden. An dieser Stelle präsentieren uns Konami ein gut durchdachtes Kampfsystem. Es bringt nämlich nicht sehr viel, sofort drauflos zu ballern, sobald man dazu in der Lage ist. Durch ein Zielfernrohr, welches sich anfangs stark bewegt, sieht man den Gegner. Je länger man wartet, desto höher wird die Wahrscheinlichkeit, einen Treffer zu landen. Es kommt aber vor allem darauf an, zu feuern, wenn das Visier möglichst genau eingestellt ist. Da jede Auseinandersetzung zeitlich begrenzt ist, muss man sich immer wieder entscheiden, ob man schon bei einer Trefferquote von 50% den Knopf betätigt, damit genügend Zeit für weitere Attacken bleibt, oder ob man lieber länger wartet, um sein Ziel nicht zu verfehlen. Einige Mechs haben auch Nahkampffähigkeiten und können ihre Feinde ordentlich verprügeln, wenn sie weit genug vorgedrungen sind. Jeder Kampfroboter hat andere Fähigkeiten, die während eines Gefechts richtig eingesetzt werden müssen.

Auch die Fußsoldaten können ein entscheidender Faktor sein. Vor einer Konfrontation darf der Zocker festlegen, welche Kämpfer mit auf dem Mech sitzen und welche direkt ins Geschehen eingreifen sollen. Die Truppen unterscheiden sich nicht nur im Aussehen, sondern haben auch verschiedene Tricks auf Lager. Einige können Granaten werfen, andere verwirren den Feind oder stärken die Moral der eigenen Truppe. Als Mechkommandant ist der Spieler auch gleichzeitig der Oberbefehlshaber. Wenn man lang genug wartet, signalisiert einer der Soldaten, dass eine Spezialattacke vorbereitet wurde. Um diese auszulösen, muss man die entsprechende Abteilung auf das Schlachtfeld schicken.




"Das Kampfsystem von Ring of Red ist sehr gelungen"


Obwohl sich das Gameplay von Ring of Red etwas kompliziert anhört, weiß man nach spätestens einer Stunde alles, was man braucht, um seinem Roboter die richtigen Befehle zu geben. Danach hat man zwar immer noch viel Spaß an den Duellen und kann versuchen, verschiedene Taktiken für seine Armee auszuprobieren, aber ewig hält die Begeisterung nicht an. 30 Missionen mögen sich etwas wenig anhören, aber jedes Level kann durchaus mehrere Stunden in Anspruch nehmen. Leider sinkt die Motivation rapide, noch bevor man die Hälfte des Spiels geschafft hat.

Für einen Hauch von Rollenspiel sorgen die Erfahrungspunkte, die ein Mech nach einem Duell bekommt. Im Laufe des Spiels wird der Roboter in vielen Bereichen stärker und kann auf ein immer größeres Angebot von Spezialattacken zurückgreifen. Da man für die endgültige Vernichtung einer feindlichen Einheit wesentlich mehr Punkte erhält als für das bloße Überleben einer Runde, ist auch hier taktisches Geschick gefragt. Damit die schwächeren Kampfmaschinen nicht irgendwann völlig unbrauchbar werden, empfiehlt es sich, sie von Zeit zu Zeit auf bereits geschwächte Feinde anzusetzen.

Ein absolut unverzeihliches Manko ist, dass man innerhalb einer Mission nicht abspeichern kann. Da man manchmal vier Stunden benötigt, um ein Level zu meistern, kann es durchaus vorkommen, dass man zwischendurch die Lust am Weiterspielen verliert. Wenn man später nicht wieder von vorn beginnen möchte, gibt es nur eine Möglichkeit: die Konsole eingeschaltet lassen. Ein weiterer Nerv-Faktor sind die ewig langen Dialoge und Einleitungen, die vor und während jeder Mission stattfinden. Diese lassen sich nämlich nicht abbrechen, was nach einem gescheiterten Versuch dazu führt, dass man oft minutenlang gelangweilt vor der Konsole sitzt und sich alles zum zweiten Mal erzählen lassen muss.



Das textlastige Game wurde komplett ins Deutsche übersetzt, was in Zeiten von schnellen PAL-Konvertierungen sehr positiv zu bewerten ist. Insgesamt wurde hier wesentlich besser gearbeitet als es normalerweise in der Welt der Videospiele der Fall ist. Ein paar Schlampereien wurden aber dennoch gemacht. Zwar ist alles gut verständlich, aber Tippfehler sind an der Tagesordnung. Besonders Umlaute scheinen auf der Tastatur der Übersetzer sehr schwer auffindbar gewesen zu sein. Leider entpuppen sich die Helden fast ausnahmslos als wirklich unsympathische Zeitgenossen, was eine Identifizierung mit den Protagonisten nicht nur schwierig, sondern auch moralisch fragwürdig erscheinen lässt. Sprüche wie: “Ich bin ja kein Kriegstreiber, aber irgendwie törnt mich das an!“ wirken doch reichlich deplaziert.


"Pro Runde könnt ihr nur eine bestimmte Strecke zurücklegen."


Während die Landkarte und die kleinen Modelle der Mechs, die man darauf bewegt, äußerst simpel gestaltet sind, können sich die Kampfsituationen sehen lassen. Alle Kampfroboter wurden mit viel Liebe zum Detail gestaltet und durch eine ganze Reihe von Animationen und Effekten aufgewertet. Wenn ein Geschoss abgefeuert wird, geht beispielsweise ein Ruck durch den Koloss und das futuristische Stahlmonster bewegt sich so, wie man es erwarten würde, um den Rückstoß abzufangen. Vor allem die Spezialattacken und Explosionen sind sehenswert und auch die Schlachtfelder bieten viel Abwechslung. Je nach Tageszeit ist alles in ein anderes Licht getaucht und die Duelle finden vor verschiedensten Kulissen statt. Zwar wirken die Landschaftstexturen ziemlich verwaschen, aber dieses Manko gerät schnell in Vergessenheit, wenn man mit seinem Mech durch eine realistisch konstruierte und vom Krieg gezeichnete Stadt läuft. Die Soldaten sind zwar bei genauerem Hinsehen etwas detailarm, überzeugen aber durch jede Menge flüssiger Animationen.

Die Musik spielt eher eine untergeordnete Rolle und dudelt vor sich hin, ohne zu stören oder aufzufallen. Auch die Soundeffekte kommen über ein “nett“ nicht hinaus. Zwar kracht es immer an der richtigen Stelle, aber “Ring of Red“ ist nicht die Sorte Spiel, bei dem man die Anlage voll aufdreht, um für die richtige Atmosphäre zu sorgen. Hier kommen jede Menge verpasster Gelegenheiten zum Vorschein. Wenn man den Soldaten ein bisschen Sprachausgabe spendiert hätte, würde man als Kommandant wenigstens ein paar Gewissensbisse haben, nachdem eine komplette Abteilung ausgelöscht wurde.

Tim meint:

Tim

Im Großen und Ganzen ist Ring of Red ein gelungenes Strategiespiel, dass bei Weitem nicht so kompliziert ist, wie es auf den ersten Blick erscheinen mag. Vor allem die spannenden Duelle wurden grafisch ansprechend in Szene gesetzt und durch das innovative Zielerfassungssystem veredelt. Leider wiederholen sich viele Situationen zu oft und wenn man alle Fähigkeiten der Mechs und Bodentruppen kennt, geht dem Game lange, bevor man das Ende erreicht hat, die Luft aus. Allerdings dürfte man bis zu diesem Zeitpunkt viele Stunden vor dem Bildschirm verbracht haben. Durch die absolut schwachsinnige Speicheroption sinkt die Motivation rapide, wenn man ein Level nach einem unfassbar langen und harten Kampf zum dritten Mal beginnen muss.

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Ring of Red Daten
Genre Strategie
Spieleranzahl 1
Regionalcode -
Auflösung / Hertz -
Onlinefunktion -
Verfügbarkeit 21.10.2002
Vermarkter Konami
Wertung 7
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neXGam YouTube Channel
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