

Im Gegensatz zu den meisten Frauen, sieht Frau Croft mit jedem Geburtstag besser aus. Elf Jahre liegen zwischen den beiden Bildern.
Was die Story angeht ist alles beim Alten geblieben. Genau wie vor elf Jahren (halt mal, hätte die Anniversary Edition nicht 2006 erscheinen müssen, seltsam…) wird Lara Croft, eine junge Archäologin, von einer mysteriösen Organisation beauftragt, den so genannten Scion, ein uraltes Artefakt, aufzuspüren. Aus wissenschaftlichem Interesse entschließt sich die Protagonistin spontan, das nächste Flugzeug nach Peru zu nehmen. Dort angekommen findet sie ein gigantisches Höhlensystem vor, in dem es vor Gefahren wimmelt und in dessen Tiefen der gesuchte Schatz versteckt sein soll. Natürlich gibt es eine Reihe unerwarteter Wendungen, so dass der Zocker den Scion um den halben Planeten jagen muss und neben anderen Schauplätzen sogar das legendäre Atlantis besucht.

Wenn doch einmal ein Fiesling auftaucht, handelt es sich meistens um einen Vertreter der exotischen Tierwelt. Es ist gerade die Knappheit dieser Auseinandersetzung, die dafür sorgt, dass ein plötzlich angreifender Bär oder Gorilla einen ordentlichen Adrenalinkick auslöst. Leider sinkt der Puls aber kurze Zeit später wieder rapide. Die Kämpfe waren noch nie die große Stärke des Spiels und daran hat sich auch kaum etwas geändert. Das kleine Waffenarsenal ist nicht sonderlich beeindruckend und die Fauna zeichnet sich nicht gerade durch Intelligenz aus. Wenn es einen hochgelegenen Punkt gibt, reicht es fast immer aus, eben diesen Rückzugspunkt aufzusuchen und aus allen Rohren zu ballern. Die gefährlichen Viecher bleiben vor dem unüberwindbaren Hindernis stehen und nehmen geduldig das heiße Blei entgegen. Das Kampfsystem wurde leicht überarbeitet und ist jetzt weniger sprunglastig. Außerdem hat man in bestimmten Situationen die Möglichkeit, in einen Zeitlupenmodus zu wechseln und einzelne Gegner mit nur einem Schuss in die ewigen Jagdgründe zu schicken. Diese Maßnahmen machen die Konfrontationen weder besser noch schlechter als im Original, lediglich anders.
Neben Geschicklichkeitstests und Balleraction gehören auch noch Rätsel zur klassischen Tomb Raider Rezeptur.

Erst wenn man das Original noch einmal in die PSone oder den Saturn wirft, fällt auf, wie schmerzunempfindlich man in jüngeren Zockerjahren war. Eine falsche Drehung und der Bildschirm ist voller Pixelbrei, der jegliche akrobatischen Einlagen zum reinsten Glücksspiel macht. Auch das neue alte Tomb Raider leidet noch immer unter ein paar Kameraproblemen, ist aber im direkten Vergleich mit dem Oldie eine absolute Offenbarung. Selbstverständlich wurde auch die restliche Optik ordentlich aufpoliert und erstrahlt nun im 128-Bit-Glanz. Die vielfältigen Animationen der Protagonistin sind noch immer das Aushängeschild des Spiels, doch auch die großen Levels können trotz der etwas farbarmen Texturen überzeugen.
Es tut der Atmosphäre keinen Abbruch, dass die Musik nur selten spielt, aber sobald die epischen orchestralen Melodien doch einmal erklingen, wünscht man sich eigentlich, sie häufiger genießen zu dürfen. Entschädigt wird man mit soliden Soundeffekten, die unsere einsame Heldin durch die geheimnisvollen Höhlen, Tempel und Ruinen begleiten.


Auch eine alte Heldin kann noch neue Kunststücke lernen. Die Hobby-Archäologin ist akrobatischer denn je.
Obwohl man sich im Hause Crystal Dynamics vornehm zurückgehalten hat, was echte Neuerungen angeht, gibt es für Kenner des Originals noch ein paar Überraschungen. Neben den erweiterten Moves und den größeren Levels erwarten den erfolgreichen Schatzjäger nun auch ein paar freispielbare Extras. Croft Manor, Laras Hauptwohnsitz, ist ebenfalls deutlich gewachsen und lädt zu einer langen Erkundungstour ein. Um das Jubiläum auch wirklich angemessen zu feiern, liegt eine Bonus-DVD mit Filmen, Soundtrack und Artwork-Gallerien bei. Über die Qualität dieser netten Sachen können wir leider nicht viel sagen, da sie unserem Testmuster nicht beilagen.
Nur wenigen Remakes gelingt es, einen Oldie so gut aufzubereiten, dass eine neue Generation von Zockern Gefallen an dem angestaubten Game finden kann. Tomb Raider Anniversary gehört zu diesen löblichen Ausnahmen. Die Entwickler haben tatsächlich fast alles richtig gemacht. Laras erstes Abenteuer wurde konsequent weiterentwickelt und verbessert, ohne den Charme des Originals zu zerstören. Die etwas dämlichen Gegner, kleinere Kameraprobleme und die letzten verbliebenen Macken der Steuerung trüben den Spielspaß nur wenig. Für eine absolute Spitzenwertung reicht es im Jahr 2007 aufgrund der stärker gewordenen Konkurrenz zwar nicht mehr, aber wer ein atmosphärisch dichtes Action-Adventure sucht, das stärker auf solides Leveldesign als auf Actionsequenzen setzt, sollte Frau Croft eine weitere Chance geben.