Lara Croft Tomb Raider: Anniversary im Test

PlayStation2
Dass zu viel Hype eine ehemals gute Serie zerstören kann, mussten Tomb Raider Fans aus nächster Nähe beobachten. Je bekannter der Name Lara Croft wurde, desto einfallsloser und schlechter wurden die Spiele. Spätestens mit der ersten PS2-Episode namens Angel of Darkness war es den Entwicklern dann gelungen, fast alle Fans zu verscheuchen. Glücklicherweise entschied man sich im Hause Eidos anschließend zu ein paar drastischen Schritten. Man gab einem neuen Entwicklerteam eine Chance und legte eine dreijährige Pause ein, um in aller Ruhe ein neues Game kreieren zu können. Das erstaunlich gute Ergebnis erreichte uns im letzten Jahr in Form von Tomb Raider: Legend. Es ist zwar unwahrscheinlich, dass die Serie jemals wieder an alte Erfolge anknüpfen wird, dennoch gehört zumindest der erste Teil zu den Meilensteinen der Videospielgeschichte. Umso schöner, dass Crystal Dynamics, die schon den letzten PS2-Auftritt entwickelten, nun damit betraut wurden, eben diese Oldie-Perle zu überarbeiten.

Im Gegensatz zu den meisten Frauen, sieht Frau Croft mit jedem Geburtstag besser aus. Elf Jahre liegen zwischen den beiden Bildern.


Was die Story angeht ist alles beim Alten geblieben. Genau wie vor elf Jahren (halt mal, hätte die Anniversary Edition nicht 2006 erscheinen müssen, seltsam…) wird Lara Croft, eine junge Archäologin, von einer mysteriösen Organisation beauftragt, den so genannten Scion, ein uraltes Artefakt, aufzuspüren. Aus wissenschaftlichem Interesse entschließt sich die Protagonistin spontan, das nächste Flugzeug nach Peru zu nehmen. Dort angekommen findet sie ein gigantisches Höhlensystem vor, in dem es vor Gefahren wimmelt und in dessen Tiefen der gesuchte Schatz versteckt sein soll. Natürlich gibt es eine Reihe unerwarteter Wendungen, so dass der Zocker den Scion um den halben Planeten jagen muss und neben anderen Schauplätzen sogar das legendäre Atlantis besucht.

Während spätere Episoden der Reihe ein hohes Maß an Action-Sequenzen enthalten, gibt sich der Erstling in diesem Bereich etwas zurückhaltend. Erstaunlicherweise schmälert das den Spielspaß aber nicht. Immer wieder wird das gute Leveldesign des Ur-Tomb Raider von den Anhängern der Serie als Hauptgrund für ihre Treue genannt und auch heute noch können die komplexen Areale begeistern. Die akrobatischen Fähigkeiten der Heldin gekonnt einzusetzen, um abgelegene Orte zu erreichen, erfordert eine Menge Fingerspitzengefühl. Glücklicherweise wurde die Steuerung während des letzten Jahrzehntes deutlich verbessert. Was früher eine Aneinanderreihung von Einzelaktionen mit langen Vorbereitungspausen war, wird im Jahr 2007 oft zu einem einzigen fließenden Gesamtkunststück. Es kommt nur noch selten vor, dass man ohne eigenes Verschulden in die Tiefe stürzt, weil Lara nicht so reagiert, wie sie es laut Handbuch tun sollte. Dank neuer Fähigkeiten, die direkt aus Legend importiert wurden, ist das Game außerdem etwas abwechslungsreicher geworden. Diese Maßnahme ist äußerst gelungen, da Mrs Croft in den letzten Jahren mit dem noch gelenkigeren Prince of Persia einen hochkarätigen Konkurrenten bekommen hat.

Wenn doch einmal ein Fiesling auftaucht, handelt es sich meistens um einen Vertreter der exotischen Tierwelt. Es ist gerade die Knappheit dieser Auseinandersetzung, die dafür sorgt, dass ein plötzlich angreifender Bär oder Gorilla einen ordentlichen Adrenalinkick auslöst. Leider sinkt der Puls aber kurze Zeit später wieder rapide. Die Kämpfe waren noch nie die große Stärke des Spiels und daran hat sich auch kaum etwas geändert. Das kleine Waffenarsenal ist nicht sonderlich beeindruckend und die Fauna zeichnet sich nicht gerade durch Intelligenz aus. Wenn es einen hochgelegenen Punkt gibt, reicht es fast immer aus, eben diesen Rückzugspunkt aufzusuchen und aus allen Rohren zu ballern. Die gefährlichen Viecher bleiben vor dem unüberwindbaren Hindernis stehen und nehmen geduldig das heiße Blei entgegen. Das Kampfsystem wurde leicht überarbeitet und ist jetzt weniger sprunglastig. Außerdem hat man in bestimmten Situationen die Möglichkeit, in einen Zeitlupenmodus zu wechseln und einzelne Gegner mit nur einem Schuss in die ewigen Jagdgründe zu schicken. Diese Maßnahmen machen die Konfrontationen weder besser noch schlechter als im Original, lediglich anders.

Neben Geschicklichkeitstests und Balleraction gehören auch noch Rätsel zur klassischen Tomb Raider Rezeptur. Die grauen Zellen werden allerdings nicht an ihre Leistungsgrenze gebracht. Oft geht es lediglich darum, die passenden Schalter zu einer verschlossenen Tür aufzuspüren oder die richtige Kombination zu finden, um einen Mechanismus in Gang zu setzen. Auch wenn solche Maßnahmen eine deutliche Homage an die 3D-Action-Adventure-Frühgeschichte sind, können sie ein wenig nerven. Die Levels wurden im Vergleich zum Original flächenmäßig deutlich aufgepustet, wodurch die Sucherei nun noch aufwändiger ist. Das Klettern, Springen, Schwimmen und weitere sportliche Aktivitäten machen aber genug Spaß, um für die lange Jagd zu entschädigen.

Erst wenn man das Original noch einmal in die PSone oder den Saturn wirft, fällt auf, wie schmerzunempfindlich man in jüngeren Zockerjahren war. Eine falsche Drehung und der Bildschirm ist voller Pixelbrei, der jegliche akrobatischen Einlagen zum reinsten Glücksspiel macht. Auch das neue alte Tomb Raider leidet noch immer unter ein paar Kameraproblemen, ist aber im direkten Vergleich mit dem Oldie eine absolute Offenbarung. Selbstverständlich wurde auch die restliche Optik ordentlich aufpoliert und erstrahlt nun im 128-Bit-Glanz. Die vielfältigen Animationen der Protagonistin sind noch immer das Aushängeschild des Spiels, doch auch die großen Levels können trotz der etwas farbarmen Texturen überzeugen.

Es tut der Atmosphäre keinen Abbruch, dass die Musik nur selten spielt, aber sobald die epischen orchestralen Melodien doch einmal erklingen, wünscht man sich eigentlich, sie häufiger genießen zu dürfen. Entschädigt wird man mit soliden Soundeffekten, die unsere einsame Heldin durch die geheimnisvollen Höhlen, Tempel und Ruinen begleiten.


Auch eine alte Heldin kann noch neue Kunststücke lernen. Die Hobby-Archäologin ist akrobatischer denn je.


Obwohl man sich im Hause Crystal Dynamics vornehm zurückgehalten hat, was echte Neuerungen angeht, gibt es für Kenner des Originals noch ein paar Überraschungen. Neben den erweiterten Moves und den größeren Levels erwarten den erfolgreichen Schatzjäger nun auch ein paar freispielbare Extras. Croft Manor, Laras Hauptwohnsitz, ist ebenfalls deutlich gewachsen und lädt zu einer langen Erkundungstour ein. Um das Jubiläum auch wirklich angemessen zu feiern, liegt eine Bonus-DVD mit Filmen, Soundtrack und Artwork-Gallerien bei. Über die Qualität dieser netten Sachen können wir leider nicht viel sagen, da sie unserem Testmuster nicht beilagen.

Tim meint:

Tim

Nur wenigen Remakes gelingt es, einen Oldie so gut aufzubereiten, dass eine neue Generation von Zockern Gefallen an dem angestaubten Game finden kann. Tomb Raider Anniversary gehört zu diesen löblichen Ausnahmen. Die Entwickler haben tatsächlich fast alles richtig gemacht. Laras erstes Abenteuer wurde konsequent weiterentwickelt und verbessert, ohne den Charme des Originals zu zerstören. Die etwas dämlichen Gegner, kleinere Kameraprobleme und die letzten verbliebenen Macken der Steuerung trüben den Spielspaß nur wenig. Für eine absolute Spitzenwertung reicht es im Jahr 2007 aufgrund der stärker gewordenen Konkurrenz zwar nicht mehr, aber wer ein atmosphärisch dichtes Action-Adventure sucht, das stärker auf solides Leveldesign als auf Actionsequenzen setzt, sollte Frau Croft eine weitere Chance geben.

Positiv

  • Gelungene Neufassung eines Klassikers
  • Verbesserte Steuerung mit neuen Moves
  • Bonus-Disc

Negativ

  • Langweilige Kämpfe
  • Nicht für reine Action-Fans geeignet
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Lara Croft Tomb Raider: Anniversary Daten
Genre Action-Adventure
Spieleranzahl 1
Regionalcode PAL
Auflösung / Hertz -
Onlinefunktion -
Verfügbarkeit 31.05.2007
Vermarkter Eidos
Wertung 8
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