Mike Tyson Boxing im Test

PlayStation1
Viel Zeit ist zwischen Mike Tysons Videospiel-Auftritten vergangen. Nach einem Karriereknick, ein paar Jahren im Knast und der unvergessenen Ohrenbeißeraffäre erbarmten sich die netten Programmierer von Codemasters und widmeten dem Mann mit dem kleinen Aggressionsproblem ein eigenes Playstation-Spiel.

'"Hallo, ich heisse Mike. Willkommen zur meinen Bude. Ich werde dir verraten wem zu kämpfen und wie das Training auszuführen." Die deutsche Übersetung glänzt durch originelle Sprüche...'


Mike Tyson Boxing bietet durch mehrere Spielvariationen etwas für jeden Geschmack. Im altbekannten Versus-Modus tritt man wahlweise gegen einen computergesteuerten Gegner oder einen Freund zu einem Einzelkampf an. Etwas zeitaufwendiger ist das Turnier, in dem man eine ganze Reihe von Kontrahenten auf die Bretter schicken muss, um sich den begehrten Weltmeistergürtel zu sichern. Auf Wunsch können auch bis zu acht menschliche Spieler an diesem Wettkampf teilnehmen. Für Langzeitmotivation soll der Welt-Modus sorgen, in dem es darum geht, einen unbekannten Boxer an die Weltspitze zu führen. Leider kann man hier keinen neuen Prügelknaben kreieren, sondern muss aus dem bestehenden Angebot wählen. Unter der Aufsicht von Mike Tyson kann man ein Trainingsprogramm aufstellen und andere Boxer herausfordern. Was sich anfangs interessant anhört, wird leider viel zu schnell langweilig. Im Sparring kann der Spieler seine Technik verfeinern und sich aussuchen, ob sein Gegenüber offensiv oder defensiv boxt. Alle anderen Übungen wie Seilspringen oder Gewichtheben werden nicht nur automatisch ausgeführt, sondern finden hinter den Kulissen statt. Lediglich eine steigende Leistungskurve lässt erahnen, dass der eigene Boxer überhaupt etwas für seine Kondition getan hat.




'Mike versucht anderen Boxern das Fliegen beizubringen. Ob sich Mr. Wynalda von diesem Haken erholen wird?'


Nach spätestens einer halben Stunde sollte jeder Spieler die perfekte Balance zwischen Training und Ruhephasen gefunden haben. Nachdem der Termin für den nächsten Fight feststeht, kann man sich beruhigt zurücklehnen und die Wochen und Monate verstreichen lassen. Zockern mit masochistischer Veranlagung wird die Möglichkeit geboten, sich jede Woche die Kämpfe zukünftiger Gegner anzuschauen, was nicht nur unglaublich langweilig ist, sondern außerdem keinen nennenswerten Nutzen hat. Das Spiel wird zur ultimativen Lachnummer, wenn man sich entscheidet, nur die Trainingseinstellungen vorzunehmen und nicht aktiv in die Kämpfe einzugreifen. Mike Tyson Boxing verfügt einfach nicht über die nötige Spieltiefe, um als vollwertige Management-Simulation durchzugehen. Da in den Pausen zwischen den Runden nicht einmal die Taktik geändert werden kann, bleibt dem Zocker nur die Rolle des passiven Zuschauers.

Im Gegensatz zu den beiden actiongeladenen Spielen der Ready 2 Rumble-Reihe legen Codemasters bei ihrem Boxspektakel mehr Wert auf den Simulationscharakter. Hier reicht es nicht, einfach aus der Ecke zu stürmen und den Kontrahenten mit wilden Schlagkombinationen einzudecken. Wenn man nicht lernt, im richtigen Moment auszuweichen, wird man schon nach kurzer Zeit scheitern. Schlägt man daneben, füllt sich nach und nach die Spezial-Leiste des Gegners. Hat diese ihr Maximum erreicht, kann eine Attacke ausgeführt werden, die sehr viel Schaden verursacht. Außerdem kann man mehr Kraft in die eigenen Schläge legen, indem man die Knöpfe länger gedrückt hält, bevor man sie auslöst. Auf den ersten Blick sind das zwar nette Ideen, aber das Gameplay leidet stark unter diesen Besonderheiten. Es kommt praktisch nie zu einer richtigen Keilerei zwischen den Seilen, da man immer versucht, nach einem gut platzierten Haken Abstand zu seinem Gegner zu gewinnen, um die nächste Attacke vorzubereiten. Eine hohe Spielgeschwindigkeit und ein großes Schlagrepertoire hätten hier einiges retten können, aber leider bewegen sich die Boxer im Schneckentempo durch den Ring und ihre boxerischen Fähigkeiten sind auf das Minimum begrenzt.




'Tyson anno 2001. Inzwischen ist die Haarpracht einer Glatze gewichen und eine merkwürdige Tättowierung ziert das Gesicht des Ex-Champions.'


Grafisch liegt das Game knapp über dem Durchschnitt. Die Boxer sind detailliert und die vorhandenen Animationen wirken meistens flüssig. Leider haben die harten Jungs viel zu wenig Bewegungen drauf, um für ein optisch abwechslungsreiches Spielerlebnis zu sorgen. Es gibt zwar nur eine Handvoll Hallen, in denen die Kämpfe stattfinden, diese sind aber gut gemacht. Zwar sind die Hintergründe völlig starr und auch Blitzlichter sind Mangelware, aber dennoch gibt es einiges zu sehen das Gefühl von Räumlichkeit wird gut vermittelt. Allerdings muss man erst die Kameraperspektive umstellen, um wirklich etwas von den Arenen sehen zu können.

In Sachen Sound hat das Spiel nicht sehr viel zu bieten. Bei den Effekten wurde alles richtig gemacht. Die Schlaggeräusche sind realistisch und das Quietschen der Schuhsohlen begleitet die Bewegungen der Kämpfer. Leider enttäuscht die Musik auf ganzer Linie. Lediglich ein hämmernder Techno-Track steht zur Verfügung, und dieser ist nur in den Menüs zu hören.


'So oder ähnlich endeten früher fast alle Kämpfe von Iron Mike. Schon in der ersten Runde küsst der Gegner den Boden.'


Der Schwierigkeitsgrad von Mike Tyson Boxing ist sehr unausgeglichen. Der Turnier-Modus ist unglaublich einfach und schon nach ein paar Stunden sollte man die acht versteckten Boxer freigespielt haben. Da es im Optionsmenü keine Möglichkeit gibt, das Niveau der Gegner zu erhöhen, sinkt die Langzeitmotivation nach relativ kurzer Zeit rapide. Lediglich der Kampf gegen menschliche Gegner und der relativ schwere Welt-Modus sorgen dafür, dass dieses Game nicht schon nach einem Wochenende in den Tiefen der eigenen Spielesammlung verschwindet.



Das größte Manko des Spiels ist zweifellos die träge Steuerung. Gerade bei einer Box-Simulation, die schnelle Reaktionen erfordert, ist so etwas unverzeihlich. Wenn man beispielsweise dabei ist, seinen Gegner mit ein paar linken Haken zu bearbeiten und dieser plötzlich ausweicht, wird mindestens noch ein Schlag ausgeführt, bevor der eigene Boxer auf neue Kommandos reagiert.


'Was hier nach einer spaßigen Schlacht in der Ringecke aussieht, verkommt leider viel zum taktischen Herumstehen.'


Zwar ist es schon zu Beginn des Gamez möglich, die Sprache einzustellen, aber die Übersetzung ist unglaublich schlecht. Mit der grammatikalischen Glanzleistung: "Hallo, ich heisse Mike. Willkommen zur meinen Bude. Ich werde dir verraten wem zu kämpfen und wie das Training auszuführen.", begrüßt uns der Champion zu Beginn des Welt-Modus. Und auch der Rest des Spiels lässt vermuten, dass bei Codemasters keiner der deutschen Sprache mächtig ist.

Tim meint:

Tim

Mike Tyson Boxing kann sich offensichtlich nicht entscheiden, was es sein will. Für einen Arcade-Titel ist es zu langsam und für eine echte Simulation bietet es viel zu wenig Schlagvariationen und Einstellungsmöglichkeiten. Die schlechte Steuerung und die langweilige Soundkulisse sorgen dafür, dass Atmosphäre und Spielspaß in der Mittelmäßigkeit stecken bleiben. Da kann auch die teilweise gute Grafik nicht mehr viel retten. Schade ist nur, dass ein so überzeugender Oberbösewicht wie Mike für solch ein mittelmäßiges Game verheizt wurde.

Userwertung
0 0 Stimmen
Wertung abgeben:
senden
Follow us
Mike Tyson Boxing Daten
Genre Sport
Spieleranzahl 1 - 2
Regionalcode -
Auflösung / Hertz -
Onlinefunktion -
Verfügbarkeit 08.03.2001
Vermarkter Codemasters
Wertung 5.5
Anzeigen
neXGam YouTube Channel
Anzeigen