Fatal Fury: Wild Ambition (PSone) im Test

PlayStation1
In der zweiten Hälfte der 90er sammelte SNK seine ersten 3D-Erfahrungen mit dem Hyper Neo Geo 64 Arcade Board. Zwischen Rennspielen und Samurai Shodown Titeln brachte die kommerziell nicht erfolgreiche Hardware auch irgendwann ein Spiel um die "legendären Wölfe" hervor. Letzteres bekam dann, im Gegensatz zu allen anderen Spielen des Hyper NeoGeo 64, eine Heimversion für die PSone spendiert, die wir uns im Folgenden näher anschauen…


Der junge Terry hält seinen Toten Vater und schwört Rache...


Inhaltlich kann man Fatal Fury: Wild Ambition wohl am besten als Remake vom allerersten Teil der Serie bezeichnen. In dem Intro sieht man, wie Jeff Bogard, seines Zeichens Vater der Helden Terry und Andy, von Fiesling Geese um die Ecke gebracht wird. Ganz klar, die Söhne schwören Rache und zehn Jahre später bietet sich eine Gelegenheit durch die Teilnahme am ersten King of Fighters Turnier in Southtown. Die Endings (zumindest die wenigen, die eine Handlung transportieren) revidieren das Ursprüngliche Ende um Geese's Tod und bringen das Spiel mit dem weiteren Verlauf der Serie in Einklang.


Geese vermöbelt seinen Bodyguard Billy...


Die Kämpferriege setzt sich allerdings aus allen Fatal Fury Teilen zusammen. Neben den obligatorischen Helden Terry, Billy und Joe geben sich Billy, Raiden und Geese aus Teil 1, Kim und Mai aus dem Zweiten sowie Yamazaki aus Fatal Fury 3 die Ehre. Mit Li Xiangfei ist sogar einer der Newcomer aus Real Bout Fatal Fury 2 vertreten. Immer nur olle Kamellen aufwärmen ist aber langweilig, darum bietet das Spiel natürlich auch Eigenkreationen: Toji Sakata und Tsugumi Sendo sind beide sehr Wurftechnik-lastig, wobei Tsugumi da wesentlich konsequenter und auch spielerisch interessanter ist. Zu guter letzt kann man PSone-Exklusiv noch stark überarbeitete Fassungen von Duck King und SNK’s Lieblings-Geheim-Endgegner Mr. Karate als Bonuskämpfer freispielen.



Mai darf in keinem Fatal Fury fehlen...






Special Moves werden spektakulär in Szene gesetzt...


Im Zuge dieser Modernisierungsmaßnahmen stützt sich somit auch das Spielsystem nicht mehr auf das hier noch etwas karge Original. Stattdessen hat man sich bei SNK Gedanken um die Weiterentwicklung des Real Bout Gameplays gemacht. Wie schon seit Anbeginn der Serie steht euch jeweils eine Taste für Schlag- und Kick-Techniken zur Verfügung, ein dritter "Special" Button muss Kontextsensitiv für stärkere Versionen der beiden anderen herhalten. Betätigt Würfe und leistet nebenbei noch (daher der Name) einige spezielle Angriffe und die Superattacken, mit denen ihr die beiden Lebensenergiebalken eures Widersachers gehörig dezimieren könnt. Der letzte Button steht dann auch schon für die erste große Änderung. Statt, wie in den 2D-Inkarnationen der Serie zwischen verschiedenen Ebenen zu Springen, rollt ihr euch hiermit in die dritte Dimension ab. Dies taugt jetzt somit nur noch zum Ausweichen vor gegnerischen Attacken, da Angriffe beim Ebenenwechsel natürlich flach fallen.


Die Kämpfer-Auswahl ist übersichtlich...


Beim Energiebalken für die Super Moves, dem so genannten "Heat" Meter, war man diesmal richtig innovativ: Im Gegensatz zum statischen Aufladen und Aufbrauchen herkömmlicher Beat'em ups hat die Leiste hier einen Ruhepunkt in der Mitte, an die sie sich während ihr untätig herumsteht, annähert. Wenn ihr dann angreift steigt sie, aber eingesteckte Treffer lassen sie wieder Gnadenlos in den Keller gehen. Wenn ihr es trotzdem schafft, sie auf Maximum zu bringen, stehen euch Overdrive Powers die neuen "Heat" Blows zur Verfügung. Letztere entsprechen weitestgehend den P-Power Supermoves der Real Bout Spiele, die Overdrive Powers sind zwar keine außerordentlich starken, dafür aber unblockbare Attacken, mit denen ihr auch Combos des Gegners durchbrechen und ihn zum Taumeln zu bringen könnt. Beide Varianten dezimieren den Balken jedoch fasst vollständig und geht eure Attacke mal daneben, fehlt nicht mehr viel, bis ihr eurerseits Benommen den Launen eures Gegenübers ausgeliefert seid. Wenn euch das zu riskant ist könnt ihr stattdessen, sobald ihr einen Teil eurer zweiten Leiste eingebüßt habt, "Heat" Meter-unabhängig auf die Super Power Attacks zurückgreifen (im Wesentlichen die S-Powers aus Real Bout). Des Weiteren gibt es noch Grundlegendere Features wie Konterattacken, Blocks, die den Gegner zurückstoßen und Bodenattacken.


Im Trainingsmode kann man die Moves in Ruhe üben...


Die Steuerung ist dabei stets zuverlässig und spricht unverzüglich an, kann jedoch manchmal etwas streng sein, weshalb aufgrund der höheren Präzision ein Arcadestick zu empfehlen ist (wer hätte das gedacht, bei einem Prügelspiel…). Aber auch mit diesem ist das Spiel hart genug: Die Gegner machen exzessiven Gebrauch von den unbegrenzt anwendbaren, aber für Anfänger schwer auszuführenden Super Power Attacks, und selbst wenn man den einfachen Schwierigkeitsgrad gewählt hat, nimmt da spätestens nach zwei Dritteln des Arcade Modus kein Schwein mehr Rücksicht drauf.
Außer dieser Standardvariante gibt es lediglich noch die für 2 Spieler und einen Trainingsmodus. Ein Teamkampfmodus wartet zwar auch noch darauf freigespielt zu werden, bis ihr die Bedingungen dafür erfüllen könnt, müsst ihr euch jedoch eine ganze Weile mit dem Spiel beschäftigen.





Der dicke Raiden kennt kein Mitleid mit der zierlichen Xiangfei...


Kommen wir zur Grafik und damit zum ersten kleinen Drama bei Fatal Fury: Wild Ambition. Zuerst die gute Nachricht: die Charaktere sind zwar etwas eckig, aber trotzdem sehr gut von den flachen Bitmaps, denen sie entstammen, adaptiert worden und bewahren ihr altes Flair. Ihre Animationen sind gelungen, lediglich der einfache Schlag wirkt bei vielen Charakteren seltsam. Bei den teilweise billig aussehenden Spezialeffekten hören die Positiven Punkte aber auch schon auf. Von Transparenzen haben die Programmierer scheinbar noch nie etwas gehört.


Die Neulinge fügen sich gut ein...


Die Hintergründe sind in 2D. Gut, das ist auf der PSone wahrscheinlich die bessere Wahl, immerhin haben sich nicht einmal die Entwickler von Tekken 3 an dreidimensionale Stages herangetraut. Was diese aber hingekriegt haben ist, den Boden in ein geometrisches Verhältnis mit dem Background zu bringen. Bei Wild Ambition rotieren die ungeachtet voneinander vor sich hin. Bei den meisten Stages fällt das Aufgrund der niedrigen Signifikanz der Bodentexturen zwar kaum auf, spätestens bei Geese wird der Qualitätseindruck durch sich scheinbar verschiebende Holzlatten aber weiter beeinträchtigt. Die Hintergründe an sich sind größtenteils ansprechend gezeichnet und im Durchschnitt interessanter als beim Feld-, Wald- und Wiesen- 3D-Prügler. Leider gibt es weder Variationen in den einzelnen Runden, noch Animationen, was sie vorherigen SNK-Spielen gewissermaßen unterlegen macht. Technisch muss man die Optik somit insgesamt irgendwo bei den ersten beiden Tekken-Spielen anordnen, allein die besseren Stages und das ausgefeiltere Charakterdesign zieht Wild Ambition hier aus der Versenkung.


Auf der PSone heißt es wiedermal warten...






Wer wird sich mit Geese-Power messen können...


Nun das große Drama: Die Soundeffekte sind absoluter Müll. Kratzig und unrealistisch, mit vereinzelnd auftretenden Bugs. Dazu eine Sprachausgabe, für deren Aufnahmequalität sich jeder SNES-Entwickler geschämt hätte. Wären da nicht noch die guten, stilsicheren, teilweise bekannte Themen aufgreifenden Background Melodien, die in einer Originalen und einer klanglich stark verbesserten Remix-Variante vorliegen, wäre die akustische Seite eine echte Nullrunde für das Spiel geworden.


Crazy Yamazaki ist wie immer gefährlich...

Technisch liefert das Spiel somit eine ziemlich peinliche Vorstellung ab. Ärgerlich ist hier, dass das in dem Ausmaß weder am Unvermögen der PSone (siehe Tekken 3 oder Street Fighter EX 2 Plus), noch an der Spielhallenvorlage liegt. Denn diese kann sich eigentlich durchaus sehen lassen. Wenn ihr euch die auf der PSone vorberechneten Zwischensequenzen (nicht das Intro!) des Arcade Modus anseht, habt ihr ein gutes Bild davon. Animierte und perspektivisch viel besser eingesetzte Hintergründe sind das, was einem als erstes ins Auge sticht, aber auch die Figuren geben ein besseres Bild ab. Alles in allem kein Vergleich zur PSone Grafik. Auch ist die Sprachausgabe im Original noch nicht vermurkst. Vielleicht hätte man das Spiel besser auf Dreamcast umsetzen sollen, zwar würde es da die Fähigkeiten der gegebenen Hardware nicht mehr wirklich voll ausnutzen, aber das tut die PSone Version ohnehin bei weitem nicht. Außerdem ist viel von gestrichenen Moves die Rede, allerdings scheint mir nach einer Überprüfung mittels eines FAQs für die Originalversion allein Andy um 2 Moves erleichtert, was mir in dieser Form eher nach einer Sache des Balancings, denn einer Einsparmaßnahme anmutet.

Team neXGam meint:

Team neXGam

Schade, denn Fatal Fury: Wild Ambition ist ein wirklich gutes Spiel, dass unter einer dermaßen schlampigen Technik zu leiden hat. Ein Jahr nachdem der Audiovisuelle Kracher Tekken 3 gezeigt hat, wie viel mehr in der PSone steckt, ist dies umso betrüblicher. Leider ist das Spiel offenbar auch zu spät für eine SEGA Saturn-Umsetzung gekommen, da hätte man vielleicht wenigstens die Animierten Backgrounds hinübergerettet. Wenn man jedoch über diese Mängel hinwegsieht und dem Spiel eine Chance gibt, bekommt man einen würdigen Ableger der Fatal Fury Reihe geboten.
Klar ist die Arcadefassung haushoch überlegen, aber die kostet schließlich auch gut das Zehnfache. Vielleicht kriegen wir ja irgendwann einen perfekten Port, wenn SNK Playmore erstmal alle seine 2D-Spiele auf der PlayStation 2 ausgeschlachtet hat…

written by Samuel Melzner, ©neXGam 

Userwertung
7.1 1 Stimmen
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Fatal Fury: Wild Ambition (PSone) Daten
Genre -
Spieleranzahl 1 - 2
Regionalcode NTSC-JP
Auflösung / Hertz -
Onlinefunktion -
Verfügbarkeit 24.06.1999
Vermarkter SNK
Wertung 7.3
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