Hudson - Ein Veteran verabschiedet sich im Test

Nach einer knapp 40-jährigen Firmengeschichte endet diesen Monat der Werdegang einer weiteren Traditionsfirma. Nachdem es in den letzten Jahren z. B. Core Design und Sierra erwischte, schließt nun der japanische Hersteller Hudson seine Pforten. Wie Konami, denen Hudson seit 2011 vollständig gehört, im Januar bekannt gab, wird die Firma aufgelöst und soll in Konami Digital Entertainment aufgehen. Auch wenn es Pläne gibt, die Marke Hudson weiter zu verwenden, wird die ursprüngliche Firma nicht dahinter stehen.

Hudson wurde 1973 in Sapporo, der viertgrößten Stadt Japans, gegründet. Zunächst als einfaches Geschäft für Telekommunikationsprodukte und Kunstfotografien. Den Namen wählten die beiden Gründer Yuji und Hiroshi Kudo aufgrund ihrer Begeisterung für Züge von einem Lokomotivtyp dieses Namens. 1975 wurde dann mit der Herstellung und dem Vertrieb von Computerprodukten begonnen, ehe man ab 1978 mit der Entwicklung von Videospielen begann. Nachdem man zunächst für japanische Heimcomputer, u. a. die MZ- und X1-Serie von Sharp programmierte, wurde Hudson 1984 der erste Dritthersteller für Nintendos Famicom Konsole.

bomberman_pce_xgEin erster bedeutender Erfolg war die Famicom-Umsetzung des Klassikers Lode Runner, die 1984 erschien und sich weit mehr als eine Million mal verkaufte. Im darauffolgenden Jahr kam dann der erste Teil von Hudsons größter Erfolgsserie: Bomberman. Das Action-Geschicklickeitsspiel ist einer DER Kulttitel im Mehrspielerbereich und erschien in zahllosen Varianten und Fortsetzungen auf nahezu allen Plattformen, Klone und Kopien nicht einmal mitgerechnet.

Weitere Reihen, die auf dem NES/Famicom begannen, waren; Momotaro Densetsu (1987) - ein Rollenspiel und Momotaro Dentetsu (1988), ein wirtschaftsorientiertes Brettspiel (dentetsu bezeichnet einen elektrisch betriebenen Zug, densetsu bedeutet Legende). Zudem erschien 1986 Adventure Island, eine Adaption von SEGA und Westones Wonder Boy für Famicom und MSX, für das Hudson selbständig eine Reihe von Fortsetzungen entwickelte.
Der Protagonist der Adventure-Island-Reihe, Takahashi Meijin („Meister Takahashi“), wurde dabei dem Hudson Firmensprecher Toshiyuki Takahashi nachempfunden. Seitdem funktionierte Takahashi auch als eine Art lebendes Firmenmaskottchen und trat auch als Werbefigur für die Firma auf.

Trotz der Erfolge als Entwickler und Verleger von Spielen entwickelte Hudson in den 80er Jahren weiterhin auch Hardware. Nachdem man erfolglos versucht hatte, Nintendo Designs für mehrere Grafikchips zu verkaufen, arbeitete Hudson mit NEC (Nippon Electric Corporation) zusammen. In Gemeinschaftsarbeit entwickelte man die PC Engine, die in Japan 1987 und in den USA 1989 unter dem Namen Turbografx 16 erschien.

Während die PC Engine in Japan gut lief, konnte sie sich außerhalb des Landes nicht durchsetzen. Ein großes Problem war, ähnlich wie lange Zeit beim SEGA Master System, die mangelnde Unterstützung durch Dritthersteller. Bedingt durch Nintendos Politik, Firmen keine Lizenz für NES-Entwicklungen zu gewähren, wenn sie ihre Programme nicht exklusiv auf dem NES veröffentlichen würden.

bonk_xgZu den bekanntesten Spielen der PC Engine gehört die "Bonk"- bzw. "B.C. Kid"-Reihe von Atlus und Red Company, ein Jump'n'Run mit einem kahlköpfigen Höhlenmenschen, der seine Feinde per Kompfnuß auf die Bretter schickt. Bonk fungierte auch als Maskottchen der PC Engine. Der Name der Reihe in Japan, "P.C. Genjin", ist auch als Anspielung auf "PC Engine" zu verstehen (genjin bedeutet im Japanischen "Urmensch" bzw. "primitiver Mensch").

Wohl wegen des ausbleibenden Erfolgs der PC Engine weltweit gesehen gab es später auch Portierungen und Ableger von Bonk auf anderen Systemen. Die deutsche Kultschmiede Factor 5 sorgte seinerzeit übrigens für die Amiga-Umsetzung des ersten Teils.

Weitere bedeutende Titel aus der PC-Engine-Ära sind zudem das Gauntlet-inspirierte Action-Rollenspiel Dungeon Explorer und das Hexfeldstrategiespiel Nectaris. Letzteres inspirierte Blue Byte seinerzeit zu Battle Isle.

Zur PC Engine kam außerdem 1989 noch eine CD-Erweiterung, wodurch sie noch vor z. B. dem Mega Drive (mit Mega CD) oder dem CD-i zur ersten CD-ROM-Konsole wurde. Für die PC Engine CD verlegte Hudson z. B. die ersten drei Spiele der Rollenspielreihe Ys und entwickelte eine eigene Version von Teil 4. Eine zweite herausstechende Rollenspielreihe, die von Hudson verlegt wurde, ist die Tengai-Makyou-Serie von Red Company, deren erste Teil auch das erste speziell für CD entwickelte RPG war. Bei den Eigenentwicklungen Hudsons ist zudem das Fantasy-Shoot‘em Up Lords of Thunder zu nennen.

In den beiden darauffolgenden Hardwaregenerationen ist neben dem Dauerbrenner Bomberman vor allem die für Nintendo entwickelte Reihe „Mario Party“ erfolgreich. Auf der PlayStation und der PlayStation 2 erscheint zudem Eightings Prügelspielreihe Bloody Roar.

konami_logoBei den aktuellen Konsolen gibt es dann relativ wenig neue Titel, es erscheinen vor allem alte 8- und 16-Bit-Spiele für die Downloadportale der großen Konsolen. Als jetzt Tochterfirma von Konami werden zudem einige Um- und Fortsetzungen von Konamititeln programmiert. Die Übernahme durch Konami geschah in mehreren Schritten nach Hudsons Börsengang im Dezember 2000. Kein Jahr später, im August 2001, wurde Konami größter Anteilseigner von Hudson. Anfang 2005 kaufte Konami nach einer Kapitalaufstockung dann einen absoluten Mehrheitsanteil und kaufte Hudson schließlich vollständig im Januar 2011. Der US-Zweig von Hudson wurde dabei geschlossen.

Die Frage nach der Zukunft von Hudson braucht man wohl nicht zu stellen. Wie eingangs erwähnt, wird zwar der Name weiter verwendet werden, die bisherige Firma jedoch in Konami aufgehen. Die Ankündigung bei der Übernahme 2011, dass Hudson mehr in Richtung Facebook- und Mobiltelefonspiele entwickeln werde, lässt bestenfalls vermuten, dass mit diesen Formaten halbwegs kompatible Marken wie Bomberman oder Momotarou Dentetsu weitergeführt werden. Welche Qualität diese nach dem personellen Exodus im letzten Jahr (u.a. kündigten Momotarou-Dentesu-Erfinder Akira Sakuma und „Firmenmaskottchen“ Toshiyuki Takahashi) haben werden, wird man erst sehen, wenn tatsächlich etwas veröffentlicht wird.

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