The Story of Thor im Test

Anders als der 8-Bit Pixelheld müsst ihr hier jedoch keine holde Maid vor düsteren Schergen beschützen, sondern auf Geistersuche begeben. Nachdem Prinz Ali bei seiner letzten Schatzsuche auf einer einsamen Insel einen goldenen Armreif gefunden hat, muss er nun vier Elementwesen aufspüren, um das Land vor dem drohenden Untergang zu beschützen. Okay, die Story hat keinen Preis verdient und ist zu keiner Zeit besonders tiefgründig oder gar überzeugend. Aber es sind andere Tugenden, die The Story of Thor für Mega Drive dennoch zu einem spielenswerten Modul machen.

Da wäre beispielsweise die Grafik. Denn das Abenteuer des königlichen Jünglings glänzt bereits kurz nach dem Einschalten mit einem crispen Intro im Zeichentrick-Look, das die Vorgeschichte schildert. Hierbei trifft man bereits auf einen seinerzeit seltenen Umstand: The Story of Thor wurde komplett in Deutsch lokalisiert und kann somit auch ohne ausgereifte Fremdsprachenkenntnisse genossen werden.

Allerdings wären selbst englische Texte keine Tragödie gewesen, denn das Abenteuer läuft ganz nach der "Talk less, fight more" Devise. Dementsprechend "einfältig" mag erfahrenen Rollenspielern daher die Geschichte und die Entwicklung selbiger erscheinen, doch The Story of Thor setzt die Akzente eben an anderer Stelle - der Action.

Statt sich hier durch dicke Schwarten zu lesen und Dorfbewohner in fünfminütigen Dialogen auszuquetschen, wird hier viel mehr Zeit mit dem Metzeln der zahlreichen Monsterarten zugebracht. Natürlich mit Kämpfen in Echtzeit. Und einem wehrhaften Ali, der seine Gegner nicht nur mit Säbelattacken und Tritten malträtiert, sondern auch den einen oder anderen Spezialangriff in Petto hat - beispielsweise den 360° Flaming Dagger, der allerdings eine Weile Training zur Ausführung benötigt. Generell dauert es ein bisschen, ehe die hakelige Steuerung wirklich geübt von der Hand geht, was auch an der fehlenden Möglichkeit der diagonalen Attacke liegen mag.

Mitunter hatte dieser Autor aber das Gefühl, hier ein Streets of Rage meets Fantasy-Welt vor sich zu haben. Und das auch nicht ohne Grund, zeichnete sich für die Soundeffekte doch ein gewisser Yuzo Koshiro verantwortlich, der .. na? Genau! ... bereits den Sound bei diesem Spiel abgemischt hat. Das merkt man als erfahrener Haudegen auch sofort, denn Herr Koshiro hat doch glatt mal ein paar Soundeffekte aus dem SEGA-Prügler recycelt. Lasst Ali mal zum Sprungkick ansetzen - das hört sich glatt nach unserem alten Freund Axel an! Und es blieb nicht nur beim markanten Schrei ...

Eine weitere Tatsache setzt The Story of Thor zudem von den vermeintlich "echten" Rollenspielen ab: Ein Erfahrungspunkte-System mit herkömmlichen erreichbaren Stufen gibt es nicht. Stattdessen lassen Gegner nach einer gewissen Anzahl gewonnener Kämpfe immer wieder mal ein Herz-Item fallen, welches die HP steigen lässt.

Und noch etwas macht The Story of Thor recht einzigartig: Statt spezieller Skills sammelt ihr während des Abenteuers Schätze und vor allem Geister (!) auf, die sich auf Zeit rufen lassen. Efreet, Geist des Feuers, lässt sich beispielsweise an jeder Feuerstelle beschwören und hilft beim Vermöbeln der Gegner - oder zündet eine Fackel im Rahmen eines Rätsels an, um die nächste Tür zu öffnen. Derlei Rätselspielereien konnten die Macher natürlich nicht widerstehen und so muss trotz aller Action immer mitgedacht werden, ob man die Wasserstelle nun zum Beschwören des Wassergeistes Dytto nutzt oder nicht. Denn jeder erweckte Geist zehrt fortwährend an der Substanz eures SP-Balkens. So will jeder Einsatz wohlüberlegt sein.

Was gibt es noch zu The Story of Thor zu sagen? Erfreulicherweise erkannte SEGA nicht nur in Sachen Lokalisierung die Zeichen der Zeit, sondern spendierte dem Modul auch noch einen Batteriespeicher mit Platz für vier Spielstände. Löblich! Sparsam war man hingegen beim Umfang, so dass geübte Spieler für das orientalische Abenteuer mitunter nur ca. 10 - 15 Stunden benötigen werden. Da haben andere Genrevertreter merklich mehr zu bieten.

Wer nun übrigens trotzdem unbedingt einen Blick auf das Modul werfen möchte, der kann sich entweder bei einschlägigen Auktionsseiten relativ günstig (Kostenpunkt für ein komplettes Exemplar: ca. 10 Euro) mit einem Exemplar eindecken oder wirft einfach mal seinen Nintendo Wii an: Dort gibt es das als "Beyond Oasis" betitelte Spiel nämlich für 800 Punkte (= 8 Euro) als Virtual Console Download zu beziehen.