Project Phantasma versteht sich als Erweiterung des ersten Armored Core (AC) und bietet somit nicht dessen Umfang. Mit 17 Missionen lässt sich nicht einmal die Hälfte von dem vorfinden, was das Hauptspiel aufgefahren hat. Doch als Ausgleich zu den »fehlenden« 29 Einsätzen feiert der Arena-Modus sein Debüt, welcher auch in zukünftigen AC-Ablegern eines der Kernelemente darstellen sollte. Hierbei handelt es sich um eine Rangliste an AC-Piloten, gegen die man der Reihe nach zu Felde zieht. Die Kämpfe werden immer als Duell geführt, nachdem man sich für einen der 13 Kampfschauplätze entschieden hat. Hier winken neue Teile und finanzielle Entlohnung nach erfolgreichem Aufstieg.
Diese Arenen sind im Übrigen recht originell und sowohl taktisch als auch optisch ausreichend unterschiedlich gestaltet. In diesem, wie in weiteten Punkten, auf die im weiteren Text noch eingegangen wird, hätten einige Nachfolger gut daran getan, sich eine Schreibe abzuschneiden. Besonders spektakulär ist beispielsweise der Schiffsfriedhof oder die schwebenden Ebenen. Während es die Missionen durchaus erlauben, sie ohne alten Speicherstand zu bewältigen, werden die Kämpfe in der Arena schnell außerordentlich fordernd. Im Gegensatz zu den meisten menschlichen Gegnern, kann die KI euch ohne Probleme immer genau im Fadenkreuz behalten, während sie euch gekonnt umfliegen. Hier hatte ich deutlich weniger Spaß. Wer nicht extra seinen AC auf den Feind maßschneidern will, mit der CPU trickst (erst die Munition leer ballern lassen zum Beispiel) oder ein äußerst erfahrener Pilot ist, hat schlechte Karten.
PP spielt wie das Debüt der Serie im Zeitraum ebenfalls nach der »Großen Zerstörung« und vor der Marsbesiedelung (AC2), in welchem die Menschheit wegen der Verwüstung der Erde unter die Oberfläche flüchten musste. Doch auch jetzt sind die Mächtigen dieser Gesellschaft keineswegs kriegsmüde geworden und entwickelten militärische Technologie in Windeseile weiter. Größte Errungenschaft dabei waren zweifelsohne die namensgebenden Armored Cores. Besonders revolutionär ist deren standardisiertes Schnittstellenkonzept, was die einzelnen Komponenten miteinander kompatibel macht. Wie bei modernen Computern können also verschiedene Hersteller ihre Bauteile auf den Markt bringen und von jedem AC-Besitzer an seinen Kampfroboter montiert werden. So schreitet der Krieg zwischen den mächtigsten, weltweit agierenden Unternehmen ungehindert voran. In Armored Core steht der Nationalstaaten-befreiten Welt den Firmen nichts mehr im Weg, um immer weiter zu wachsen und größeren Einfluss zu gewinnen.
In diesem Rahmen erreicht den handelnden AC-Piloten der Auftrag, den »verlassenen« Untergrundkomplex »Amber Crown« zu infiltrieren. Hohe Auslöse gleicht das fehlende Wissen über den Auftraggeber und das schwer einzuschätzende Risiko für einen echten Söldner natürlich aus. Somit begebt ihr euch auf Geheiß der AC-Pilotin Sumika Juutilainen nach Amber Crown und versucht die Machenschaften einer ansässigen Geheimorganisation zu sabotieren.
Die Handlung von PP ist für AC-Verhältnisse ungewöhnlich linear und bezieht sich durchweg auf Aufträge von Sumika, die mit ihren Verbindungen zur Organisation im Mittelpunkt der Geschehnisse steht. Dadurch erscheinen eure Einsätze stärker von persönlicher Motivation getränkt, als nur vom Schwarzen Brett der Großunternehmen. Euch und Sumika, die mit ihrem leichten, rosafarbenen AC Ariake sogar ab und an Begleitschutz bietet, steht Stinger als Gegenspieler entgegen, der in späteren AC-Episoden noch häufig einen Gastauftritt haben wird. Im Gegensatz zu Sumika werden seine Beweggründe aber leider kaum glaubwürdig vermittelt, was ihn auch wegen seiner abgedroschenen »Verrücktheit« recht farblos macht. Zukünftige Antagonisten wie Leos Klein (AC2) sind da etwas spannender gezeichnet.
Die Missionen können tatsächlich mit dem hervorragenden Hauptspiel mithalten und bieten hohe Vielfalt, gute Ideen und im Rahmen der Möglichkeiten interessante Einsatzgebiete. Insbesondere jene in der verfallenen Großstadt oder die Infiltration eines Militärgeländes zum Entführen einer Schlüsselperson ragen positiv heraus und beschämen mit ihrer Qualität und ihrer Abwechslung einige spätere Vertreter der Reihe. Somit gehört auch AC PP in diesen Punkten zu den stärkeren Episoden und macht die geringe Anzahl der Einsätze besonders bedauerlich. Richtig spannend ist außerdem, dass FromSoftware zwei optionale Missionen eingestreut hat, die im Stil ihrer damals zweiten wichtigen Marke "King´s Field" gestaltet sind. In typischen mit Schatztruhen gespickten Kerkergängen gilt es ein Lager zu zerstören oder eine schaurige Burgruine gegen anrückende Schwadronen zu verteidigen. Derartige Verschmelzungen der beiden Reihen gab es danach leider in einer solchen Form nicht wieder.
Wie gehabt baut ihr in Project Phantasma ACs in einer weiten Bandbreite in den Bereichen der Mobilität, Panzerung und Bewaffnung zusammen. Egal ob zwei-, vierbeinig oder mit Kettenantrieb. Den konstruktiven Möglichkeiten sind wenige Grenzen gesetzt. PP übernimmt dabei das Teilerepertoire des Vorgängers und erweitert es von 138 auf 160. Darunter finden sich zusätzlich spektakuläre Waffen, wie Lasergeschütze, die gewaltige Explosionen hervorrufen und entsprechenden Schaden anrichten, wohingegen Andere aber nur über den alten Speicherstand verfügbar sind. Leider sind manche der neuen Teile auch zu mächtig oder zu schwach geraten und wurden daher in späteren Teilen überarbeitet. Außerdem wurde das Schadensmodell der Energieklingen geändert und den beinlosen ACs steht ein quasi maßgeschneiderter, schwerer Spezial-Booster zur Verfügung, der durch eine besonders ausgeprägte »Red Zone« ausdauerndes Fliegen ermöglicht. Dies macht sie vor allem im Kampf Mensch gegen Mensch wieder konkurrenzfähiger. Hier waren FromSoftware also bereits an der Positionierung der Armored Core-Reihe in Richtung Turniertauglichkeit interessiert.
Technisch hat sich nichts getan. PP sieht aus und spielt sich, wie der schicke Erstling und könnte abermals gern ein wenig flüssiger laufen. Dies fällt vor allem beim finalen Bosskampf auf, der die PS1 leider heillos überfordert. Auch beim Soundtrack wird bekanntes Niveau und damit zumeist unaufregender aber durchaus gefälliger Trance geliefert. Vorbildlich sind wie gehabt die wuchtigen Soundeffekte, die mit den satten Explosionen eine sehr gute Trefferrückmeldung erzeugen. Etwas was den späteren PS2-Titeln nicht sofort gelang. Die Steuerung ist wieder gewöhnungsbedürftig geraten und erfordert fürs Auf-und-ab-Gucken sowie fürs Strafen die Schultertasten. In hektischen Situationen kann es dann schwer werden, alle Funktionen des AC unter Kontrolle zu halten. Bei simulationslastigeren Spielen auf Konsolen, wie MechWarrior 2 verhält es sich aber ähnlich.
Project Phantasma ist ein gelungenes Add On zum hervorragenden Armored Core 1. Die Kampagne überzeugt mit gut gestalteten Missionen und einer AC-untypischen stark personenbezogenen Handlung. Durch den debütierenden Arenamodus sind hier erstmals die kurzweiligen Eins-gegen-Eins-Einsätze spielbar, die zusätzliche Auflockerung verschaffen. Da dieser jedoch teilweise sehr hartnäckige Kontrahenten antreten lässt, werden sich einige wohl nur bedingt länger damit beschäftigen wollen. Dann bietet der Storymodus mit 17 Missionen leider etwas wenig, auch wenn sie größtenteils sehr gelungen sind.