Floigan Bros. Episode 1 im Test

Dreamcast
Zwar kamen in den letzten Wochen der Dreamcast-Ära kaum noch Spiele auf den Markt, aber dafür war fast jeder Titel ein echter Spielspaßknaller. Besonders die Programmierer von Visual Concepts zeigten gegen Ende der SEGA-Konsolen-Zeit noch einmal, was in dem kleinen Wunderkasten steckt. Spiele wie NFL 2K2 oder Ooga Booga staubten hervorragende Wertungen ab. Am 23. November 2001 erschien mit Floigan Brothers das letzte PAL-Game der Edelspieleschmiede in Deutschland. Ob auch hier die Qualität stimmt, erfahrt Ihr in unserem Review.
Obwohl die beiden Hauptfiguren exklusiv für dieses Spiel entwickelt wurden, hat man sofort das Gefühl, sie schon seit Ewigkeiten zu kennen. Viele klassische Comedy-Elemente haben ihren Weg in das Spiel gefunden und auch die Charaktere wirken vertraut. Einer der Helden ist der große Moigle, der wesentlich mehr Kraft als Verstand hat und sehr schnell die Beherrschung verliert. Sein Bruder "Hoigle" ist zwar ein Zwerg, aber deutlich intelligenter.



'Unterschiedlicher können Brüder kaum sein. Ob die beiden wirklich den gleichen Vater haben?'


Unsere Helden sind nicht nur Verwandte, sondern auch noch Geschäftspartner. Sie betreiben einen riesigen Schrottplatz, auf dem sie allerlei verrückte Situationen erleben. Die Story des Spiels beginnt damit, dass "Moigle" seinen Bruder um Hilfe bittet. Um seine geheimnisvolle Maschine zu vollenden, braucht der Koloss diverse Bauteile, die irgendwo auf dem Schrottplatz versteckt sind. Eine abenteuerliche Suche beginnt. Schon nach kurzer Zeit wird klar, dass die Aufgabe kein Kinderspiel wird. Ein fieser Bösewicht namens "Baron Malodorous" hat nämlich ein Auge auf das Grundstück der ungleichen Brüder geworfen und lässt nichts unversucht, um sie zu vertreiben.

Das Spielprinzip ist zwar auf den ersten Blick ziemlich ungewöhnlich, entpuppt sich aber schon nach wenigen Minuten als leicht verständlich. Man sollte sich von dem Namen des Spiels nicht täuschen lassen. Hier handelt es sich keineswegs um die Dreamcast-Variante von Mario Bros.. Zwar bietet auch Floigan Brothers einige Jump´n Run Elemente, aber hauptsächlich ist es eine Sammlung von Geschicklichkeits- und Reaktionsspielen, die durch eine lustige Story verknüpft werden. Der Zocker schlüpft in die Rolle von "Hoigle" und muss allerlei kleine Aufgaben lösen, um die einzelnen Teile der Maschine zu finden. Da der kleine Held oft nicht über die nötigen Fähigkeiten verfügt, die man zum Weiterkommen benötigt, spielt auch "Moigle" eine wichtige Rolle. Eine sehr innovative Idee ist, dass man den schwergewichtigen Riesen nicht direkt steuern kann. Stattdessen muss man ihn durch diverse Tricks dazu bringen, die gewünschten Aktionen auszuführen.


'Was baut der verrückte Moigle in der Garage? Vom größten Toaster der Welt bis zu einer neuen SEGA-Konsole ist ihm alles zuzutrauen.'


In einer kurzen Trainingsmission lernt man alles, was im Umgang mit den beiden Brüdern wichtig ist. Am oberen Bildschirmrand sind immer die vier Knöpfe des Controllers zu sehen. Je nachdem, wo sich "Hoigle" gerade befindet und was zu tun ist, werden verschiedene Kommandos eingeblendet, die man seiner Spielfigur geben kann. Eine typische Situation ist, dass Hoigle aufgrund seiner Größe einen bestimmten Bereich nicht erreichen kann. Die Lösung für dieses Problem ist ebenso seltsam wie witzig: man muss den großen Bruder einfach so lange ärgern, bis ihm alle Sicherungen durchbrennen. In blinder Wut packt der Grobian dann seinen nächsten Verwandten und schlägt ihn in bester Baseballmanier durch die Luft. Wenn alles klappt, landet "Hoigle" nach diesem brutalen Schauspiel am gewünschten Ort. Ein großer Teil der Rätsel wird so oder ähnlich gelöst. Ständig muss man "Moigle" zum Weinen oder Lachen bringen, sorgt dafür, dass ihm schwindelig wird und bewegt ihn zu diversen anderen emotionalen Ausbrüchen. Während des eigentlichen Spiels gibt es immer eine Menge verschiedener Hinweise, die dem Zocker helfen, den richtigen Lösungsweg zu finden.

Neben den leichten Rätseln gibt es eine ganze Reihe von Action-Einlagen, die dem Spieler ein wenig mehr abverlangen. Unter Zeitdruck müssen hier beispielsweise gefährliche Passagen durchquert oder andere Geschicklichkeitstests gemeistert werden. Nebenbei muss man sich auch immer wieder darum kümmern, dass Moigle bei Laune bleibt. Manchmal wird der Riese nämlich ziemlich störrisch und verweigert jegliche Befehle seines älteren Bruders. Um ihn wieder zur Vernunft zu bringen, hilft oft nur ein kleines Spielchen. Diese Mini-Games glänzen zwar nicht gerade vor Komplexität, einige machen aber durchaus Spaß. Im Laufe des Abenteuers kann man dem sympathischen Trottel auch neue Möglichkeiten der Freizeitgestaltung beibringen. Dazu muss man ihn einfach mit einem Apfel füttern. Der plötzliche Vitaminschock führt in der Regel zu einer ungeahnten geistigen Aufnahmefähigkeit. "Moigle" führt ständig ein Punktekonto, auf dem immer der aktuelle Spielstand im Bruderduell vermerkt wird. Wenn einer der gesuchten Gegenstände aufgespürt wurde, gibt es immer einen kleinen Bonus. Manchmal muss man die sauer verdienten Punkte einsetzen, um "Moigle" zu bestechen.



'Hoigle ist genau so gespannt auf die Ergebnisse der Basteleien seines Bruders wie der Spieler.'


Obwohl Floigan Brothers sehr einfach ist, macht es Spaß. Viele der Mini-Games und vor allem die Story sorgen für ein breites Grinsen auf dem Gesicht des Spielers. Leider ist alles vorbei, wenn es am Schönsten ist. Gegen die Abenteuer der beiden Schrottplatzbesitzer wirkt selbst Stupid Invaders wie ein Epos. Die meisten Zocker dürften nach ungefähr zwei Stunden sehen, was "Moigle" in seiner Garage zusammengeschraubt hat. Eine derart kurze Spielzeit ist schon fast rekordverdächtig. Hat man Floigan Brothers einmal durchgespielt, holt man es höchstens noch aus dem Schrank, um den ein oder anderen Freund zum Lachen zu bringen.

Grafisch ist das Game sehr gut gelungen. Oft hat man tatsächlich das Gefühl, sich einen Zeichentrickfilm anzuschauen. Man kann sich gar nicht satt sehen an der grellbunten und detaillierten Umgebung. "Hoigle" und "Moigle" sind zwar ein wenig simpel konstruiert, aber gerade das verleiht dem Spiel seinen Charme. Die Animationen sind nicht nur vielfältig, sondern oft zum Schreien komisch. Selbst wenn der Spieler das Joypad nicht berührt, gibt es immer etwas zu sehen. Der tollpatschige "Moigle" ist definitiv der beste Pausenclown, den man jemals in einem Videospiel bewundern durfte. Ständig rennt er durch die Gegend und sorgt mit verrückten Aktionen für Stimmung. Einzig gelegentliche Clipping-Fehler trüben das Bild ein wenig.


'Wie man sieht, ist das Gameplay nicht sonderlich komplex. Dafür wird man mit einer tollen technischen Darbietung und einem abgedrehten Humor entschädigt.'


Der Sound ist eine Klasse für sich. Nur eine Handvoll Dreamcast-Spiele kann mit so guten Sprechern aufwarten wie Floigan Brothers. Man merkt sofort, dass hier Profis am Werk sind, die es verstehen, einer Spielfigur Leben einzuhauchen und den Zocker zum Lachen zu bringen. Auch die Soundeffekte hören sich an, als kämen sie direkt aus einer klassischen Zeichentrickserie der Marke Tom und Jerry. Die Musik besteht größtenteils aus schnellen und leicht verrückten Stücken, die das Spielgeschehen sehr gut untermalen.

Tim meint:

Tim

Ein hervorragendes Spiel für jüngere Dreamcast-Zocker. Kinder werden die lustigen Akteure und die grelle Cartoon-Grafik sofort lieben und viel Spaß mit den beiden Floigan-Brüdern haben. Wenn man allerdings ein wenig erfahrener ist und seinen Controller blind beherrscht, erweist sich das Game schnell als Mogelpackung. Hinter der tollen Optik, dem genialen Sound und der witzigen Story versteckt sich ein Grundprinzip, das nicht gerade durch Spieltiefe glänzt. Auch die Langzeitmotivation bleibt schnell auf der Strecke, denn Floigan Brothers ist viel zu kurz. Da die PAL-Version nicht übersetzt wurde, verliert das Spiel noch mehr an Reiz, weil kleine Kinder hierzulande in der Regel der englischen Sprache nicht mächtig sind.

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Floigan Bros. Episode 1 Daten
Genre Geschicklichkeit
Spieleranzahl 1
Regionalcode PAL
Auflösung / Hertz -
Onlinefunktion Ja
Verfügbarkeit 23.11.2001
Vermarkter SEGA
Wertung 7.8
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