40 Jahre Atari - Die Atari Story im Test

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Space War liefert das Fundament. Zu dieser Zeit war Nolan Bushnell noch mitten in seinem Studium an der University of Utah. Und hier kommt der gute Herr Bushnell zum ersten Mal in Kontakt mit Space War, das auch im Westen der USA bereits die damals noch sündhaft teuren und zimmergroßen Universitätscomputer erobert hat. Bushnell spielt Space War und ist sofort begeistert. Noch auf dem Weg nach Hause soll er angeblich in Gedanken überlegt haben, ob und wie es möglich wäre das Spiel in einen Münzautomaten zu zwängen und in die nächste Spielhalle zu stellen..

Special-Die-Atari-Story-1Allerdings hat Bushnell mit einigen Problemen zu kämpfen - die benötigten Komponenten sind damals noch unverschämt teuer, da nur in geringen Stückzahlen produziert und zudem noch riesengroß - viel zu riesig, um in einem Gehäuse von der Größe eines Flipperautomaten Platz zu haben!


Die Jahre gehen vorbei und 1970 schließt Nolan Bushnell sein Studium ab. Er erhält direkt im Anschluss einen Arbeitsplatz bei Ampex in good ol' Kalifornien und lernt dort bald Ted Dabney kennen, den er recht bald schon mit seiner Space War-Automaten-Idee angesteckt hat.

Ein Jahr und etliche schlaflose Nächte, die mit der Planung des Automaten in Zusammenhang stehen, später kündigt Bushnell schließlich bei seinem Arbeitgeber Ampex und will sich fortan nur noch auf sein Projekt konzentrieren. Als der Automat dann endlich fertig ist, findet sich zu Bushnells Freude auch recht bald ein Abnehmer für das Gerät - Nutting Associates. Die Company willigt ein das Gerät zu produzieren und zu vermarkten. Leider ist der Erfolg eher mau, gerade mal 1.500 Geräte werden produziert und verkauft.

Special-Die-Atari-Story-2Doch ein Erfindergeist wäre bekanntlich kein Erfindergeist, wenn er sich davon beirren ließe. Also sucht Bushnell den Fehler und kommt zu dem Schluß, dass Space War vermutlich viel zu kompliziert zu steuern war. Verschiedene Tasten für Rotation, Schub und Feuer überforderten viele der leicht angetrunkenen Barbesucher, so dass Bushnell bald davon überzeugt ist, dass ein erfolgreiches Arcadespiel vor allem durch eine simple Steuerung und ein leicht verständliches Gameplay überzeugen muss.

Bushnell gibt nicht auf und sieht sich weiter um. Auf einer Messe trifft der noch junge Bushnell zum ersten Mal auf das Magnavox Odyssey System, das seine Aufmerksamkeit erregt. Gezeigt wird darauf ein einfaches Tennispiel mit zwei Schlägern und einem Ball, der fortwährend gespielt werden muss. Das Spiel ist einfach, aber gleichzeitig unterhaltend und weckt das Interesse Bushnells.

Die Gründungsphase Ataris

Enttäuscht über die wenig fruchtbare Zusammenarbeit mit seinem alten Partner Nutting Associates gründet Bushnell gemeinsam mit seinem alten Freund Ted Dabney eine eigene Firma. Nach reiflicher Überlegung soll die neue Firma den unsäglichen Namen "Syzygy" erhalten, der allerdings glücklicherweise schon an eine Firma vergeben ist.

Special-Die-Atari-Story-3Also entscheidet man sich für das uns bekannte japanische Wort "Atari", was übersetzt soviel wie in etwa "Ich werde gewinnen" bedeutet und aus dem japanischen Brettspiel "Go" stammt. Auch ein Logo ist bald gefunden und was liegt näher als bei einem japanischen Firmennamen auch gleich noch den heiligen Fuji als Logo zu verwenden? Am historischen 27. Juni 1972 setzt Bushnell seine benötigten Unterschriften unter die Dokumente und gründet damit ganz offiziell die Firma Atari. Mit einem Startkapital von mageren 500 US Dollar, die sich Bushnell und Dabney brüderlich teilen.

Bald macht man sich an die Entwicklung des ersten Titels mit dem heute wohlklingenden Namen "Pong". Dabei handelt es sich aber ehrlich zugegeben eigentlich nur um einen Klon. Ihr ratet schon richtig, daß Magnavox Odyssey und sein Tennispiel, welches ursprünglich vom deutschstämmigen Ralph Baer entwickelt wurde....


Nachdem der erste Prototyp gefertigt ist, beginnt eine schreckliche Zeit für Bushnell. Er geht von Firma zu Firma hausieren, immer auf der Suche nach einem Produzenten. Doch nirgendwo glaubt man ernsthaft an den Erfolg eines solchen Geräts und so entschließt sich Bushnell nach unzähligen Absagen, das Gerät auf Gedeih und Verderb selbst zu produzieren.

Und er hat damit Erfolg. Nolan Bushnell erzählte dazu immer gerne die Anekdote von einem Gastwirt, in dessen Lokalität man einen der Prototypen aufgebaut hatte:

"Nach zwei Tagen bekam ich einen Anruf von dem Gastwirt, in dem er mir mitteilte, daß der Automaten nicht mehr funktionieren würde. Er klang sehr aufgeregt. Ich fuhr direkt hin um mir die Sache anzusehen und stellte die Fehlfunktion bald fest - der Geldkasten war durch die vielen eingeworfenen Geldstücke überfüllt und musste durch einen viel größeren ersetzt werden."
 

Special-Die-Atari-Story-4Der Erfolg von Pong steigert sich von Monat zu Monat, bald schon sind für damalige Verhältnisse sagenhafte 10.000 Automaten verkauft und weitere Aufträge befinden sich in greifbarer Nähe.

Doch Bushnell ist bald nicht mehr allein. Wie das immer so ist, wollen auch andere ein Stückchen vom Kuchen haben und überschwemmen den Markt mit Pong-Klonen. Einer davon kommt übrigens von Nutting Associates, dem ehemaligen Partner von Bushnell, der seinerzeit die Mittel für die Entwicklung des Pong-Automaten verweigert hatte.

Verunsichert durch die immer zahlreichere Konkurrenz beschließt Ted Dabney seine Anteile der Firma an Nolan Bushnell zu verkaufen. Dessen unbeeindruckt sucht Bushnell weiter nach neuen Spielideen - schon kurze Zeit später kommen Gotcha, Space Race, Double Pong und Super Pong in die amerikanischen Spielhallen. Wir schreiben mittlerweile das Jahr 1974 und da der Name Pong sich bereits zu einem echten Markenzeichen Atari's entwickelt hatte, dauerte es nicht lange bis noch weitere Versionen ihren Weg zum geneigten Spielhallengänger fanden. Quadra Pong war dabei das erste Spiel, daß sich mit bis zu vier Leuten simultan am Automaten zocken ließ.


Special-Die-Atari-Story-5Die Entwicklung schreitet schnell voran und weitere Automaten wurden entwickelt und veröffentlicht, so etwa Grand Track, Formula K, World Cup Football und der legendäre Tank Automat. Außerdem geht man gedanklich ganz neue Wege bei Atari. Erste Ideen über eine Heimversion von Pong kommen auf, die ganz einfach an den heimischen Fernseher gesteckt werden kann. Die Konsole wird schließlich von einem drei Mann starken Team entwickelt und erhält den Namen "Home Pong". Doch abermals zeigt sich der Handel skeptisch gegenüber Bushnells neuestem Streich - schließlich haben viele Händler noch die dürftigen Abverkäufe des Magnavox Odyssey in Erinnerung.

Doch 1975 schafft Atari den Durchbruch und erhält Gelegenheit, sein Home Pong bei den Verantwortlichen der Warenhauskette Sears-Roebuck vorzuführen, die sofort begeistert sind und 150.000 Geräte kaufen. Diese Geräte werden rechtzeitig zum lukrativen Weihnachtsgeschäft unter dem eigenen Label "Sears Tele-Games" veröffentlicht und finden reißenden Absatz. Der Name Atari gewinnt landesweit an Popularität und wird bald mit dem Videospielen überhaupt assoziiert.

Auch in der Spielhalle ist Atari nicht untätig - mit Le Mans, Night Driver und Breakout landet man einige der größten Hits und die Company wächst und wächst, bis sie schließlich von Time Warner Communications für stolze 28. Millionen US Dollar aufgekauft wird. Dieser Schritt war nötig, um an das erforderliche Kapital für die Produktion der neuen Heimkonsole (Arbeitstitel: "Stella") zu gelangen.

Atari erobert die Wohnzimmer

Im Jahr 1977 gelingt Atari dann der nächste glückliche Wurf, als man die Rechte an dem von der japanischen Firma Taito entwickelten Spiel "Space Invaders" erwirbt und dieses sehr erfolgreich auf den Markt bringt. Das Geld konnte man auch sehr gut brauchen, plante man doch ein sehr interessantes Projekt mit der Heimkonsole Stella, welches kurz darauf in Video Computer System (kurz VCS) umbenannt wird.
 

Special-Die-Atari-Story-6Doch das gewagte Experiment wird zum Riesenerfolg und das Atari VCS verkauft sich die ersten Jahre wie warme Semmeln. Bis 1990 wird die Konsole noch von Atari verkauft und neue Spiele werden ganz offiziell entwickelt. In Sachen Langlebigkeit dürfte also wohl nur das Neo Geo aus dem Hause SNK mit dem Videospielpionier mithalten dürfen.

Aber wir bleiben in den End-Siebzigern, genauer gesagt 1979. Zu diesem Zeitpunkt entwickelt man bei Atari nämlich zwei Homecomputer mit den Modellnummern 400 und 800. Für die damalige Zeit verfügen beide Modelle über eine grandiose Grafik und eine sehr fortschrittliche Hardwarearchitektur. Und auch die Spielhalle wird von Atari weiterhin mit hochwertigen Games versorgt. Das Spiel des Jahres ist das später vielfach geklonte Asteroids. Viele Games aus der Spielhalle werden wenig später auch als Modulversion für das VCS umgesetzt.

Gegen Ende des Jahres verlässt Nolan Bushnell, der Gründer Ataris seine Company um an etwas völlig neuem, nämlich Roboter für den Gebrauch im Haushalt zu arbeiten. Gerüchten zufolge fühlte er sich bei Atari immer mehr eingeengt.

Einige der Atari Leute folgen Bushnell wenig später darauf, da sie sich durch die neuen Arbeitsvorschriften des Time Warner Konzerns eingeschränkt fühlen. Sie entwickeln aber nicht wie Bushnell ebenfalls flopverdächtige Roboter, sondern gründen die erste auf die Entwicklung von Videospielen spezialisierte Firma (zu Neudeutsch: ein Third-Party Hersteller) namens Activision.
 

Special-Die-Atari-Story-7Vier später legendäre Spieledesigner steigen in das gewagte Projekt ein, namentlich waren das David Crane, Larry Kaplan, Alan Miller und Bob Whitehead. Und die Risikobereitschaft zahlte sich schon nach kurzer Zeit aus - die Activision Titel verwiesen zahlreiche Atari Spiele qualitativ schon bald in die Schranken und belebten den VCS Spielemarkt durch die entstandene Konkurrenz. Perlen wie Pitfall, River Raid, H.E.R.O und Stampede sind auch heute noch unvergessen.

Special-Die-Atari-Story-8Um mit der Konkurrenz von Intellivision und Colecovision mithalten zu können wirft Atari 1982 das Nachfolgemodell des nunmehr als VCS 2600 bekannten Geräts auf den Markt - der 5200er. Die Grafik- und Soundfähigkeiten des Geräts übertreffen die des Vorgängers um einiges, durch die Inkompatiblität zum 2600er und mangelnden Support sowie berüchtigt instabilen Controllern kann sich die Konsole aber niemals richtig durchsetzen und führt fortan bald ein Schattendasein.

Atari und die Heimcomputer

Ein Jahr später startet Atari wieder einen Angriff auf den stetig im wachsen begriffenen Markt der Homecomputer und veröffentlicht das erste Gerät der XL-Serie in den USA, den ATARI 1200 XL. Dank einer ähnlichen Fehleinschätzung wie beim 5200er ist auch dieses Gerät nicht mit seinen Vorgängern, den mittlerweile in die Jahre gekommenen 400 / 800er Rechnern kompatibel und krankt deshalb von Beginn an unter akutem Softwaremangel. Wirtschaftlich entwickelt sich das Gerät trotz der innovativen Technik zum Flop für Atari.
 

Special-Die-Atari-Story-9Doch auch Atari lernt hinzu und veröffentlicht 1983 schließlich die beiden sehr erfolgreichen XL-Modelle 600XL und 800XL, die sich auch heutzutage noch einer festen Fangemeinde erfreuen. Das größte Manko des 1200XL, die fehlende Abwärtskompatibilität, wurde behoben. Erstmals ist das Basic direkt in den Rechner integriert und muss nicht immer mühsam per Hand geladen werden.


Doch so erfolgreich es für Atari in Sachen Homecomputer begann, desto dramatischer spitze sich die Lage bei den Heimkonsolen zu. Es war die Zeit des Videospielcrashs und die Verkäufe von VCS Hard- und Software brachen völlig ein, da der Markt mit unzähligen billig produzierten Schrottgames geflutet wurde und Kunden somit verunsichert wurden. Der Erfolg von Homecomputern wie dem C64 beschleunigten diesen Prozess noch zusätzlich. Der Verlust für das Geschäftsjahr wurde mit 536 Millionen US Dollar dotiert. Mitunter verlor Atari bis zu 2 Millionen Dollar pro Tag! Dass die Company das nicht mehr lange durchhalten könnte, war klar und dazu muss man kein BWL studiert haben. Also verlegte die Firmenleitung die Produktion ins Ausland und kündigte vielen langjährigen Mitarbeitern. Insgesamt 1700 Beschäftigten aus den Sparten Homecomputer und Consumer Electronics wurden arbeitslos.

Trotzdem änderte sich die Lage Atari's auch im kommenden Geschäftsjahr nicht. Die Unternehmensführung zog die Notbremse, entließ weitere 1000 Angestellte und schloss eine der Produktionsanlagen in Hong Kong. Atari hatte somit sein Personal innerhalb von zwei Jahren um 2/3 verkleinert. Da das Managment bei Time Warner nicht mehr daran glaubte, dass Atari sich aus eigenen Kräften erholen könne, veräußerte man die Homecomputer und Home Entertainment Sparte Ataris an Jack Tramiel. Tramiel hatte erst kurz zuvor seine von ihm gegründete Firma Commodore im Streit verlassen.

Die Ära Tramiel

Special-Die-Atari-Story-10Es kam wie es kommen musste, Tramiel übernahm das im Sinken begriffene Schiff um es wieder zurück auf Kurs zu bringen und um sich nicht zuletzt an Commodore zu rächen. Dabei ging er allerdings rücksichtslos gegen die alten Angestellten vor, entließ den größten Teil und ersetzte sie durch treue Gefolgsleute aus der Commodore Zeit. Außerdem wurden auf Anweisung von Tramiel sofort alle Weiterentwicklungen der XL Reihe eingestellt, da man nun mehr alle verfügbaren Ressourcen für ein neues Großprojekt benötigte. Die Rede ist von den 16-Bit Computern der ST-Reihe.

Es ist sicherlich nicht schwer zu erraten, dass sich Tramiel mit seiner eigenwilligen Vorgehensweise nicht unbedingt zahlreiche Freunde gemacht hatte. Doch sein eingeschlagener Weg sollte dem Unternehmen aus der Krise helfen. Das Schlußquartal 1984 konnte bereits mit einem Umsatz von 150 Millionen Dollar endlich wieder im grünen Bereich abgeschlossen werden. Zudem waren intern die Entwicklungen an der Videospielkonsole Atari 7800 abgeschlossen worden, aber die Firmenleitung zögerte mit der Veröffentlichung, da man noch den Schock vom erst ein Jahr zurückliegenden Crash in den Knochen hatte.


Special-Die-Atari-Story-11Stattdessen konzentrierte man sich weiter auf die Entwicklung der ST Reihe und konnte 1985 die ersten Rechner der neuen Generation vorstellen - den Atari 260 ST und 520 ST. Außerdem veröffentlichte man die bereits fertig in den Entwicklungslabors stehenden 8-Bit Rechner 800/65 XE und 130 XE, die nun designtechnisch schon merklich an die neue Zeit angepasst worden waren. Technisch verbarg sich unter der Haube der beiden allerdings kaum mehr als die bereits jahrelang erhältlichen Rechner der XL-Reihe. Für Atari war mit der Veröffentlichung der beiden Rechner das Thema 8-Bit endgültig abgeschlossen.

Der Atari ST und der Atari 7800

Kaum ein Jahr später, wurde die ST-Reihe durch einen weiteren Computer ergänzt - dem 1040 ST. Er wurde standardmäßig mit damals verschwenderischen 1 MB RAM ausgeliefert und war trotzdem preislich noch im unteren Marktsegment angesiedelt. Das Gerät fand guten Absatz und bald schon fanden sich STs in Bereichen der Datenverarbeitung, dank des Midi-Ports auch in Tonstudios und natürlich auch beim Heimanwender wieder.

Alles hätte von da an so schön sein können, wäre da nicht der alte Mitkonkurrent Commodore gewesen. Dort hatte man nämlich den von Jay Miner (einem Ex-Atari Mitarbeiter) entwickelten AMIGA seit neuestem in der Produktpalette und dieser konnte es zwar softwaretechnisch noch nicht mit dem STs aufnehmen, dafür aber war die Hardware vergleichbar. Beide Rechnerreihen nutzten die beliebten 68000er CPUs von Motorola und innerhalb kürzester Zeit entstand eine Art Wettrennen der beiden Firmen um die Krone im Homecomputersegment.
 

Special-Die-Atari-Story-13Auch 1987 sollte für die ST User einige Neuerungen bringen. Auf Messen wurde der neue Mega ST vorgestellt, der etwas kompakter als die ST-Reihe war und zudem entweder mit 1, 2 oder gar 4 MB RAM erhältlich war. Der Erfolg des 1040ers konnte zwar niemals wiederholt werden, dennoch freute man sich in der Atari Zentrale über ganz passable Absatzzahlen, insbesondere als Bürorechner erfreute sich die Mega ST-Serie großer Beliebtheit.
 

Ebenfalls '87 entschied sich die Atari Führung dann ihr mittlerweile arg angestaubtes VCS 7800 auf den Markt zu bringen. Es ist leicht zu erraten, dass die Veröffentlichung auf die neuerdings stark in Mode gekommenen Konsolen aus Japan, wie etwa das NES zurückzuführen war. Doch das VCS 7800 war technisch gnadenlos veraltet und konnte im Konkurrenzkampf trotz der Abwärtskompatibilität zum 2600er keinen Blumentopf gewinnen. Insbesondere fehlende Soundkapazitäten belasteten das Spielerlebnis. Atari versorgte das 7800 fleißig mit Portierungen alter Arcade Titel, verstand es jedoch nicht neue und attraktive Spieleserien zu kreieren wie es Nintendo oder SEGA vormachten. Dritthersteller waren zudem meist durch Exklusivverträge an Nintendo und das NES gebunden. Es kam wie es kommen musste, das 7800er wurde bald zum gnadenlosen Nischendasein verdonnert und auch von Atari nur noch sehr stiefmütterlich behandelt.

Doch das war im nachhinein gesehen nicht der einzigste Fehler des Managments - im gleichen Jahr veröffentlichte Atari nämlich noch eine IBM-kompatible Computerreihe, von der man sich besonders im alltäglichen Bürogebrauch große Chancen ausrechnete. Auch Commodore verfolgte schon einige Jahre diese Idee und genau wie beim Konkurrenten aus Braunschweig ging der Schuss nach hinten los. Die Computer verkauften sich nur sehr schleppend und waren wenig profitabel. Experten führen diesen Schritt gerne auf die teils jähzornige Art Jack Tramiels zurück, der in Commodore den Erzfeind Nr. 1 sah und um jeden Preis deren Erfolg verhindern wollte.

Während sich in der Zwischenzeit nicht viel tat und beide Computersysteme, Atari und Amiga sowohl in den Verkaufszahlen als auch in Sachen Softwareversorgung in etwa gleichauf lagen, zog der Amiga mit dem Jahr 1989 am Atari vorbei. Zu spät hatte man bei Atari auf den sich verändernden Markt reagiert und warf nun hastig den 1040STE, eine Weiterentwicklung des 1040ST auf den Markt. Dieser ermöglichte insbesondere eine verbesserte Farbpalette, Hardwarescrolling und erweiterte Soundfähigkeiten. Somit sah man sich mit dem Amiga auf Augenhöhe was die Eignung für Spiele anbelangte. Doch auch diese Modifikation brachte keine Wende im Homecomputermarkt, der Amiga hatte sich bereits als "Spielcomputer" etabliert, die STE-Serie kaum mit exklusiven Spielen bedacht.

Ferner gab es von Atari auch noch einige flopverdächtige Veröffentlichungen wie etwa den Atari TT, einem 32 Mhz Computer der sich vorallem durch seine Inkompatibiltät zu älterer Software unter den Usern einen (schlechten) Namen machte und insbesondere im professionellen Bereich eingesetzt werden sollte. Zwar nicht wirklich ein Flop, aber auch kein Renner in Ataris Produktlinie war das Palmtop "Portfolio", das zudem über MS-DOS Kompatibilität verfügte. Wieder einmal seiner Zeit um einige Jahre voraus, kränkelte das Produkt an fehlendem oder falschen Marketing und unzureichender Unterstützung seitens externer Entwickler.

Der Atari Lynx und der Jaguar


Special-Die-Atari-Story-14Fast 1:1 lässt sich diese Aussage leider auch auf den Atari Lynx beziehen. Als erster Farbhandheld der Welt mit einer bis dato konkurrenzlosen Technik gesegnet, verpasste es Atari das mobile Spielerlebnis auf dem Markt zu etablieren. Mehr zum Lynx könnt ihr in unserer Lynx History nachlesen.

Um 1990 rum wurde das Missmanagment des Tramiel Clans immer augenscheinlicher. Marketing war ein Fremdwort für die PR-Abteilung, die - wenn sie denn mal aus dem Winterschlaf erwachte - sinnigerweise Produktwerbung fast ausschliesslich in Atari Zeitschriften schaltete. Man begann den gleichen Fehler zu begehen, der später auch Commodore zum Verhängnis werden sollte. In den obersten Etage dachte man offenbar wirklich, dass es wie früher vollkommen ausreiche ein hervorragendes Produkt zu produzieren. Dieses werde sich dann schon ganz von alleine verkaufen. Doch dem war nicht so und das Weihnachtsgeschäft 1990 wurde zum Fiasko für Atari. Zum ersten Mal schrieb man wieder rote Zahlen und fuhr einen Verlust von 20 Millionen US Dollar ein. Daran konnte auch der im selben Jahr veröffentlichte STACY, eine tragbare Version des ST, nichts ändern.
 

Special-Die-Atari-Story-15Und auch im Folgejahr ging es für Atari leider nicht aufwärts. Zwar erblickten wieder zahlreiche neue Produkte das Licht der Welt, wie etwa das ST-Book, ein Laptop basierend auf der ST-Reihe, welcher gerade 1000x produziert wurde, oder aber der Mega-STE, ein modifizierter Mega ST. Doch das Ruder war nicht mehr herumzureißen, der Amiga hatte einen riesigen Verbreitungsgrad erreicht und die Nachfolge des altehrwürdigen C-64 als Computer für die Massen angetreten.

Hoffnung schöpften die Atari-Fans nochmal 1992, als Atari auf zahlreichen Messen den neuen Atari Falcon präsentierte. Mit blitzschnellem 68030er Prozessor flog der Falcon der damaligen Konkurrenz in Sachen Geschwindigkeit davon und konnte vorallem im multimedialen Bereich überzeugen. (Zum Vergleich, etwa zum gleichen Zeitpunkt präsentierte auch Commodore den neuen Amiga 1200, dieser verfügte allerdings nur über eine 68020er CPU mit 2 MB RAM). Trotzdem war dem Falcon keine sonnige Zukunft beschienen, alte Fehler wurden zur Verärgerung der treuen Käufer weiterhin begangen. So wurde der Falcon wieder einmal nicht beworben und nur in kleinen Stückzahlen und an kleine Händler verkauft. Die Masse der Computeruser wusste nicht einmal davon, was Atari da in seinem Hort stehen hatte. Die steigende Popularität von Windows und DOS-PCs als Spielemaschinene beschleunigten die Abwärtsspirale zudem weiter.
 

Special-Die-Atari-Story-16Auf dem Computerfeld geschlagen, wollte man es auf dem Konsolensektor nochmal wissen, schließlich hatte man dort seine erfolgreichen Wurzeln und besaß noch einen erstaunlichen Backkatalog an wertvollen Lizenzen. Insgeheim entwickelt, konnte man der überraschten Presse im Jahr 1993 die erste 64-Bit Konsole der Welt, den Atari Jaguar präsentieren. Während Sega- und Nintendouser noch voll im Bann der 16-Bit zockten, wurde auf Ataris Raubkatze bereits (für damalige Verhältnisse) aufwendige 3D Grafik gezeigt.

Doch Atari war bereits am Ende. Finanziell ausgeblutet hatte der Konzern den Großteil seiner eigenen Produktionsstätten in Fernost verkaufen müssen, so dass man nun nicht einmal mehr über ausreichend Kapazitäten verfügte, um die Raubkatze produzieren zu können. Glücklicherweise liess sich dann mit IBM doch noch ein Partner für die Produktion finden, was den Preis des Jaguars aber nachhaltig noch weiter in die Höhe trieb.

Dem Jaguar erging es in den Folgejahren indes nicht anders als seinem kleinen Bruder , dem Lynx. Die von Atari einst angekündigte Softwarelawine liess sich nicht blicken, stattdessen tröpfelten hier und da vereinzelt Titel in die Regale der Händler. Viele waren zudem auch noch einfach 1:1 Umsetzungen von SNES bzw. MD Hits die den Jaguar in seinen technischen Fähigkeiten krass unterforderten. Da auch keine nennenswerte Werbeoffensive von Seiten Ataris kam (mittlerweile hatte man keine finanziellen Mittel mehr), kam auch der Jaguar nicht aus seinem Schattendasein heraus. Da halt auch die über ein Jahr verspätete Veröffentlichung des Jaguar CD Laufwerks nicht mehr.

Die Gründe, warum der Atari Jaguar schlussendlich scheiterte, obwohl eigentlich alle Voraussetzungen für einen Markterfolg geschaffen wurden, sind vielfältig. Insbesonder im Internet haben sich in den letzten Jahren viele Gerüchte festgesetzt, warum das Gerät gescheitert ist. Wir haben diese Gerüchte in einem gesonderten Artikel sortiert, aufbereitet und auf Wahrheitsgehalt geprüft.

Die Abwicklung eines Pioniers


Es wurde fortan sehr still um Atari und auch um die Entwicklung eines neuen Computermodells fertig zu stellen, war nicht mehr ausreichend Finanzkraft vorhanden. So kam was kommen musste, die Abwicklung einer der bedeutsamsten Firma der Videospiel- und Computergeschichte. Besitzer Jack Tramiel kaufte sich beim Festplattenhersteller JTS ein und beide Unternehmen fusionierten schließlich am 30.07.1996. Ohne das es irgendjemand richtig mitbekommen hatte, existierte die Firma Atari plötzlich nicht mehr.

Special-Die-Atari-Story-17Damit einhergehend waren selbstverständlich alle Weiterentwicklungen gestoppt worden und gingen an JTS über. Die Büros in Sunnyvale wurden geschlossen, die restlichen 100 Mitarbeiter gekündigt, Prototypen vernichtet oder von Entwicklern mit nach Hause genommen, Lagerbestände und Büromöbel an Liquidatoren versteigert. Auch die JTS-Geschichte endete nicht glücklich: Man meldete Anfang 1998 Insolvenz an. Es wird gemutmaßt, dass der Tramiel Clan die Fusion nur nutzte um das Privatvermögen der Familie zu retten und von Atari abzuziehen.

Für die letzten treuen Atarifans begann ein Trauerspiel, fing man denn nun an die restlichen Rechte und Lizenzen zu einem Schleuderpreis zu verschachern. Nicht einmal 5 Millionen US Dollar zahlte der HASBRO Konzern letztendlich für die Rechte Ataris. Pläne hatte man damit aber eigentlich nicht und so nutze man die Lizenz lediglich um ein paar Compilations mit alten Spielehits für den PC aufzulegen bzw. man veröffentlichte zu Weihnachten '97 das Spiel Frogger sowie einige andere Atari Klassiker in einer neuen Fassung für PS1 und Dreamcast.


Special-Die-Atari-Story-19Atari heute

Ende 2002 kam dann nochmal Bewegung ist Spiel. Was die einen als üble Leichenfledderei bezeichneten, hieß für die anderen ein freudiges Wiedersehen mit dem altbekannten Fuji Logo. Der bisher als Infogrames bekannte französische Entwickler & Publisher von PC & Konsolensoftware erhielt von Hasbro die Rechte und änderte den Firmennamen am 7. Mai 2003 offiziell in Atari um. Seitdem wurden unter dem Logo Ataris zahlreiche Neuerscheinungen für PCs und Konsolen veröffentlicht.

Von der einstigen Company ist außer dem Namen nicht recht viel mehr geblieben. Die Gerüchte, Hasbro wolle das seinerzeit bei Atari begonnene Projekt "Jaguar 2" zu Ende führen und auf den Markt bringen, hat sich nicht bewahrheitet.

Mittlerweile verdient das "neue" Atari seine Meriten damit alte Klassiker via Download im Appstore zu verschachern. Das Publishing von von Konsolengames hat man mittlerweile nahezu komplett eingestellt.

Wer jedoch glaubt, dass die Ataris so langsam in Vergessenheit geraten, der irrt. Die Fanszene veröffentlicht noch heute, 40 Jahre nach der Gründung und 16 Jahre nach dem Ende Ataris, Spiele für alle möglichen Atari-Plattformen. Für das VCS erscheinen noch heute gute 10 - 15 Spiele jährlich. Auch die Homecomputer-Szene ist lebendig und bastelt weiter fleißig Demos, als wäre es noch 1990. Lynx und Jaguar Fans werden ebenfalls weiterhin von fleißigen Entwicklern wie StarcatReboot oder Matthias Domin mit Games bedacht. Daumen hoch und long live Atari!

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  • von life_is_pleach:

    Hat eigentlich jemand der das Buch auch bestellt hat eigentlich eine Versandbestätigung bekommen? Ich nämlich noch nicht.

  • von 108 Sterne:

    Ist wohl als Gegensatz gedacht zum Tramiel-Spruch. Das Buch ist ja nur über die Bushnell-Zeit, und da ging ja angeblich alles ganz locker zu. Die Tramiel-Ausgabe wird dann sicher Business is War heißen. Hoffe du kriegst dein Buch noch....

  • von bmX:

    Stimmt, das Buch heißt anders. Aber J.Tramiels spruch war "Buisness is War" darn lehnt sich der Buchtitel an. Wie auch immer, offiziell sollte es nun lieferbar sein. Habe aber keinerlei Nachricht, das es versandt wurde. Alles irgendwie komisch. Wer kann, sollte über Amazon ordern, da...

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