Assassin's Creed: Unity - Ein Schritt vor, zwei zurück im Test

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Dieses Jahr war für Assassin‘s Creed-Fans ein besonderes. Zuerst erschien Assassin‘s Creed: Liberation HD für die auslaufende Konsolengeneration und dann wurden zwei weitere Spiele der Franchise angekündigt: Rogue, ebenfalls für die Xbox 360 und PS3, und Unity, das erste Game der Reihe für die neuen Konsolen. Die letzten Monate konzentrierte sich die Marketing-Abteilung Ubisofts vor allem auf eben jenen Titel. Zu Recht?

Assassin_s_Creed_Unity_neXGam_11Es gab in den vergangen Tagen keine Möglichkeit, dem »Shitstorm« auszuweichen, den »Assassin‘s Creed: Unity« im Internet auslöste. Die Kritiken waren nicht besonders positiv und die Käufer und Spieler im Ausdruck ihrer Meinung nicht sehr zurückhaltend. Was war da los? Was machte Ubisoft nach dem gelungenen Black Flag denn falsch?

Im Grunde genommen so ziemlich alles Wichtige! Sie brachten ein Spiel heraus, das in vielen Aspekten zwar beeindruckend wirkt, aber gleichzeitig in anderen Dingen enttäuschend ausfällt. Um es in einem Satz auszudrücken: Wenn »Unity« die Zukunft der Franchise darstellt, dann mache ich mir um selbige große Sorgen.

Jetzt könnte man natürlich einwenden, dass das Spiel an überzogenen Erwartungshaltungen gescheitert sei. Denn zum einen war der Vorgänger »Black Flag« eine frische Brise innerhalb der Serie und zum anderen wurde enorm viel angekündigt und versprochen, darunter ein komplett überarbeitetes Kampf- und Free Climbing-System.

Assassin_s_Creed_Unity_neXGam_16In der Tat muss man den Entwicklern zugutehalten, dass sie ihre Versprechen einhielten. Es ist nicht mehr ohne weiteres möglich, sich als Ein-Mann-Armee durch zigtausend Feinde zu schnetzeln. Dafür sorgt schon das Parier-System, das die altbewährten Konterangriffe ablöst. Und zum anderen klettert Arno, der neue Protagonist, Gebäude wesentlich schneller als seine Vorgänger. Ebenso ist es jetzt nicht mehr möglich, ins Nichts zu springen und dabei zu sterben. Wenn das Programm merkt, dass keine sichere Landungsmöglichkeit erreichbar ist, kann man Arno auch nicht bewegen. Eine Neuerung, die mir persönlich am besten gefällt, da ich in den vorherigen Spielen auf Grund unbedachter Sprungmanöver oft genug ins Gras gebissen habe.

Und das sind nicht die einzigen Veränderungen. So kann man jetzt viele Gebäude einfach so betreten und durchläuft sie nicht mehr automatisch, wie es noch in III und »Black Flag« der Fall war. Auch die Attentatsmissionen wurden überarbeitet. Wichtige Morde müssen jetzt strategisch geplant werden. Es gilt den Fluchtweg zu sichern und Unterstützung zu erhalten. Zum Beispiel: Man soll den König der Bettler umlegen. Man könnte natürlich direkt vorgehen, doch es lohnt sich, den Hinweisen des Spiels nachzugehen. So kann man die Schornsteine seiner Untergrundresidenz zudecken. Dadurch können die Wächter nichts sehen und sind blind, wenn man flieht. Des Weiteren sind einige Obdachlose in einer Auseinandersetzung mit seinen Männern verwickelt. Hilft man ihnen, lenken sie später die Feinde ab, sodass man es mit weniger Leuten zu tun hat. Eine deutliche Verbesserung im Vergleich zu den den vorherigen Spielen, da man in diesem Fall wirklich vor Ort nachdenken und planen muss.

Doch dem gegenüber stehen jede Menge Aspekte, die einfach nicht richtig sind oder nicht funktionieren. Ein Teil des Problems liegt darin, das eben der Vorgänger nicht »Assassin‘s Creed III« war, sondern »Assassin‘s Creed IV: Black Flag«. Eine Besonderheit dieses Spiels war nämlich, dass der Protagonist Edward Kenway kein typischer Assassine war, sondern eigene Interessen hegte.

Assassin_s_Creed_Unity_neXGam_22Arno hingegen ist ein Rückfall in alte Zeiten. Seine Familie wurde von dem Konflikt zwischen Assassinen und Templern in Mitleidenschaft gezogen. Jetzt ist er Teil der Bruderschaft, um Rache zu nehmen. Es wird zwar versucht, den Plot dadurch komplexer zu machen, dass sowohl seine große Liebe als auch sein Ziehvater Templer sind, doch das ändert nichts daran, dass der Hauptcharakter überwiegend so interessant wie eine weiße Wand wirkt. Man wird nicht warm mit ihm. Dasselbe gilt auch für die anderen Figuren. Woran auch der wahre Antagonist nicht viel verändert, denn seine Art hinterließ schon im Vorgänger einen gemischten Eindruck. Zwar war der eine Vertreter abwechslungsreich, doch der andere war langweilig und nervte am Ende. Aus Spoilergründen verzichte auf detaillierte Andeutungen.

Aber auch die Präsentation der historischen Epoche zieht nicht. Zum einen agiert Arno kaum mit geschichtlich bedeutsamen Personen, die außerdem nicht näher charakterisiert werden. Zum anderen wird ebenso der Hintergrund der Französischen Revolution kaum genutzt. Erst im späteren Verlauf des Spiels schafft es dieser, ein Teil der allgemeinen Handlung zu werden. Zu spät, um das dauerhafte Interesse des Gamers zu wecken und zu fesseln.

Überhaupt gibt es in der Story ein gigantisches Logikproblem: So hat Arno deutlich mehr Fähigkeiten als seine Vorgänger. Wenn er eine wichtige Persönlichkeit ermordet, kriegt er Erinnerungssplitter mit seinem Adlerblick mit und von diesen erzählt er später vor dem obersten Rat der Assassinen. Nur, wieso glauben sie ihm? Wissen sie von seinen Möglichkeiten? Das wird nicht erklärt und man muss es einfach akzeptieren. Dabei ist es im Grunde genommen reine Faulheit der Autoren, dass man keine Begründung erhält.

Assassin_s_Creed_Unity_neXGam_5Wobei das Schlimmste in der gesamten Story die Gegenwartsebene ist. Hier macht sich umso mehr bemerkbar, dass in »AC III« Desmond Miles ums Leben kam. Man mag über seine Geschichte halten was man will, aber immerhin hatte man da für die Gegenwart eine Identifikationsfigur. In »AC IV« spielte man einen gesichts- und namenslosen Abstergo-Angestellten, der für die Assassinen arbeitete. Das war zwar nicht schön, doch wenigstens konnte man sich umherbewegen und mit anderen Charakteren interagieren. In »Unity«? Ist man gesichts-, namens- und gestaltlos! Man ist irgendjemand, der irgendwo an einem Rechner sitzt und von der Bruderschaft kontaktiert wird. Langweiliger geht es nicht mehr. Und die Serverbrückenmissionen, in denen man gefangene Assassinen befreien muss, sind auch nicht besser. Daran merkt man einfach, wie sehr Desmond fehlt. So wirkt die Gegenwartsebene jetzt beliebig und bewegt den spieleübergreifenden Plot kaum weiter.

Doch wenden wir uns wieder der Ebene um Arno und den Gründen für den Shitstorm zu: Ubisoft hat mit diesem Teil richtig ins Klo gegriffen und gleichzeitig einige Spieler insgeheim beleidigt, so hart das auch klingen mag.

Es gibt zu Unity eine Companion-App. Diese wiederum ist Teil von dem »Assassin‘s Creed: Initiates«-Programm. Dabei handelt es sich um ein besonderes Projekt, das vermutlich an Langzeitspieler gerichtet ist. Wer seit Teil 2 alle seine Games in Uplay registrierte, der erhält Zugriff auf exklusive Truhen und auf bekannte Klamotten, die berühmte Assassinen wie Ezio Auditore vor einem trugen. Vorausgesetzt natürlich, er erreicht einen bestimmten Level, denn erst dann darf er darauf zugreifen.

Assassin_s_Creed_Unity_neXGam_8Allerdings ist das »Initiates«-Programm verbuggt und funktioniert deshalb nicht richtig. Ich habe in meinem Fall alle Games der Reihe bei Uplay registriert, und zwar seit das möglich ist. Doch davon weiß es nichts. Es sieht nur »Unity« selbst. Gemäß der Software besitze ich weder »Black Flag« noch »Liberation HD« noch irgendeinen anderen Teil. Kurioserweise zeigt Uplay selbst die Spiele an. Ebenfalls fehlerbehaftet: die Companion-App, die man nicht mit dem Game verbinden kann. Vielleicht wird es irgendwann mal gepatcht, doch jetzt zum Start ist es ein Armutszeugnis.

Und so nervt zum einen, dass dieses Feature eingebaut ist und dann noch nicht einmal richtig funktioniert. Zum anderen ist es irritierend, wenn man zu einer auf der Karte gelb gekennzeichneten Truhe kommt, auf die man allerdings nicht zugreifen kann, weil man nicht Teil des Initiates-Programms ist! Damit macht sich Ubisoft sowohl bei den Langzeitfans als auch bei den Neueinsteigern unbeliebt.

Auch übertreibt es Ubisoft erneut mit den Special Editions. Sieben Stück gibt es, die teilweise exklusive DLCs besitzen. Wobei die Spitze des Eisbergs Rasiercreme ist, die man in den USA kaufen konnte und die spezielle Items enthielt. Dämlicher geht es nicht.

Assassin_s_Creed_Unity_neXGam_9Was außerdem äußerst unangenehm auffällt: Die Mikrotransaktionen kehren mit Vehemenz zurück. Bei Teil IV störten sie nicht so sehr, aber in »Unity«?

Das Problem liegt darin, dass das Spiel über eine unglaubliche Anzahl an Waffen und Klamotten verfügt. Besonders letztere sind von Bedeutung, da sie bestimmte Werte von Arno wie die Gesundheit oder das Schleichen verbessern. Man schaltet sie nach und nach frei, wenn man entsprechende Fortschritte macht. Doch anschließend muss man sie sich noch mit Ingame-Währung kaufen. Einige spätere Klamotten sind zudem richtig gut und entsprechend richtig teuer.

Natürlich kann man jetzt, um Geld zu verdienen, einige der vielen Nebenmissionen machen. Die sind gelungen und machen Spaß! Man kann spezielle Assassinenaufträge erledigen oder sich als Ermittler betätigen. Für jede erfolgreiche Mission erhält man Geld, dass man dann in die gewünschten Waren investieren kann.

Doch wenn man nicht die nötige Geduld aufbringt, kann man mit Echtgeld die passende Ausrüstung kaufen. Bis zu 100 € kann man so auf einen Schlag ausgeben und so teilweise dann auch noch verbilligt an das Gewünschte herankommen. Das ist, um es milde zu sagen, eine große Frechheit von Ubisoft und für ehrlich spielende Gamer eine weitere schallende Ohrfeige.

Assassin_s_Creed_Unity_neXGam_18Dabei ist das noch längst nicht alles. Was am meisten stört, sind die graphischen Bugs. Sie sind nicht mehr so heftig, wie noch zum Release, aber sie sind wahrnehmbar vorhanden. Wenn in Zwischensequenzen die Leute miteinander verschmelzen oder falls man auf der Straße sieht, wie Personen auf einmal auftauchen, wirkt das angesichts der neuen Konsolengeneration unschön und unnötig. Doch wesentlich erschreckender sind die Framerateeinbrüche. Nur leicht bei einigen Sequenzen, deutlich bemerkbarer jedoch bei den Free-Climbing-Passagen, wo die Anzahl der fps schier ins Bodenlose stürzen. Das sind Aspekte, die müssen nicht sein. Hätte man beim QM besser aufgepasst und mehr Zeit investiert, hätte man das vielleicht vermeiden können. Aber leider herrscht heutzutage der Gedanke ans schnelle Geld. Solche Fehler werden dann eben irgendwann nachträglich herausgepatcht.

Ich bin von »Unity« enttäuscht. Es hatte viel Potential, doch es nahm es nicht richtig wahr. Das Ergebnis ist ein »Assassin‘s Creed«-Spiel, dass die Reihe rezeptionsmäßig zurück in die Zeit von »Assassin‘s Creed Revelations« und »Assassin‘s Creed III« schleudert. Der Fortschritt von »AC IV« wurde damit zunichtegemacht. Jetzt kann man als Fan nur hoffen, das zumindest »Rogue« besser ausfällt.




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Forum
  • von aldi404:

    Nächstes Pile of Shame Spiel erledigt, leider war der Endkampf ziemlich langweilig und der Boss recht einfach, kein Vergleich zum epischen Finale von AC Syndicate. Jetzt kommt noch der Dead Kings DLC und vielleicht noch ein paar Collectibles....

  • von aldi404:

    Alleine die Tatsache, dass man nicht pfeiffen kann, um Gegner anzulocken macht Unity schon schlechter als Syndicate. Auch kann man im Kampf keine Gegner mehr greifen und als menschlichen Schutzschild missbrauchen. Das alles in Kombination mit Arnos verkrüppelter Eagle Vision nervt schon ziemlich....

  • von Darkshine:

    Das Spiel scheint eine späte Rehabilitierung zu erfahren. Einige halten es inzwischen für das beste "klassische" AC. Für mich haben AC2 und Black Flag die Nase vorn.

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