Sonic Boom: Lyrics Aufstieg – Show, don't tell! im Test

Im Bereich der Comics gibt es die Anleitung: »Show, don‘t tell!«. Grob übersetzt heißt das, dass man den Bildern die Narration überlassen soll und nicht auch noch zusätzlich mit Wörtern auf das Geschehen hinweisen. Eine Anweisung, an die sich manche Autoren nicht immer halten, wie zum Beispiel der berühmte Chris Claremont.

Bei den Videospielen hingegen wurde dieses Mantra immer umgesetzt. Hier gibt es Zwischensequenzen, die wichtige Entwicklungen innerhalb des Spiels zeigen. Und das, ohne dass das durch überflüssige Worte unterstrichen wird.

Leider haben die Programmierer von Sonic Boom: Lyrics Aufstieg sich diese Weisheit nicht zu Herzen genommen. Denn in ihrem Werk begehen sie wiederholt den Kardinalsfehler, dass ihre Charaktere Offensichtliches in ihren Dialogen wiedergeben. Und das noch nicht einmal während der Einleitungsphase, wo man meinen könnte, dass das zum Intro gehört, sondern auch im weiteren Spielverlauf selbst. Schon bald nimmt das solch penetrante Ausmaße an, dass man genervt den Ton ausmacht.

So muss man in einem Level jeweils vier Schalter aktivieren. Jedes Mal, wenn man kurz davor steht, heißt es in der einen oder anderen Art: »Ich glaube, wir müssen den Schalter aktivieren.« Und das ist keine Ausnahme, sondern die Regel! Es wirkt fast so, als ob die Entwickler ihre Spieler für so dumm halten, dass diese das Offensichtliche nicht bemerken.

Die Geschichte selbst ist ein Prequel zur TV-Serie. Sie handelt davon, dass Lyric, eine uralte, in einer Rüstung gefangene, versteinerte Schlange, von den Helden wiedererweckt wird und beschließt, alle Lebensformen in Roboter zu verwandeln. Dabei erhält er Unterstützung durch Dr. Eggman. Doch die Heroen, Sonic, Knuckles, Amy und Tails haben etwas gegen die Pläne der Schurken einzuwenden und beschließen, diese zu verhindern. Dass der Plot natürlich nicht das Gelbe vom Ei ist, braucht man nicht zu erklären.

Schlimmer sind jedoch die restlichen Dialoge, mit denen die Story weitergetrieben wird. Die sind nämlich zum Fremdschämen schlecht, so als ob da beim Erstellen überhaupt kein Wert draufgelegt wurde. So sagt zum Beispiel Knuckles an einer Stelle: »Wieso sollte ich dir sagen, dass Sonic einige 100 Meter unter uns ist«. Und so zieht es sich durch das gesamte Spiel hindurch. Die Figuren geben Plattitüden von sich und man hat zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, dass sie mehr sind als irgendwelche Namen ,die entfernt an bekannte Videospielcharaktere erinnern sollen.

Die Charaktere besitzen alle unterschiedliche Fähigkeiten. Amy kann zum Beispiel dreimal hintereinander springen, Sonic Verfolgunsangriffe durchführen, während Tails an bestimmten Stellen einen kleinen explosiven Roboter einsetzen und Knuckles sich durch den Boden graben und aus diesem wiederum angreifen kann. Einige Passagen erfordern den Einsatz von bestimmten Figuren, um weiterzukommen.

Sonic Boom: Lyrics Aufstieg kein Jump ‘n‘ Run, sondern ein Action-Adventure, und das wirkt sich auf das Gameplay aus. Die sonst von Sonic so gewohnten verschlungenen Level, durch die man mit Höchstgeschwindigkeit rauschte, sind passé. Das ganze Spiel fühlt sich im Vergleich förmlich ausgebremst an. So hat man es mit Stages zu tun, die relativ geradlinig aufgebaut sind. Es existieren zwar versteckte Passagen, die man dadurch entdecken kann, indem man mit dem Tablet-Controller auf den Fernseher schaut. Ebenso gibt es in jedem Level auch diverse Truhen und Kronen zu entdecken, mit deren Inhalt man Verbesserungen kaufen oder den Weg zu weiteren Truhen freischalten kann.

Das Problem ist, dass durch diese Genre-Veränderung viel von dem Charme verloren gegangen ist, der eben Sonic ausmacht! Und was wesentlich schlimmer ist: Das Spiel bricht mit einer weiteren Tradition. Zwar kann man immer noch Ringe sammeln, doch dieses Mal kann man nur 100 auf mit sich tragen. Und Feindkontakt führt nicht zu sofortigem Verlust aller, sondern nur zu einem Teilverlust. Wenn man die Gegner außerdem besiegt, erhält man einige zurück.

Das Problem an dieser Änderung wird klar, wenn man Folgendes berücksichtigt: Der Schwierigkeitsgrad von »Lyrics Aufstieg« ist nämlich niedrig angesiedelt. Sterben bedeutet hier: Man wird sofort wiederbelebt und hat außerdem – sozusagen als Entschädigung – 20 Ringe dabei. Kein Game Over, keine Continues. Wo bleibt da die Herausforderung?

Aber auch die Kamera ist ein Grund, sich über das Spiel aufzuregen. Denn die macht wiederholt Mucken. Es ist nie ganz vorhersehbar, wie sie jetzt an welchen Stellen wie reagiert. Lässt sie sich drehen? Oder bleibt sie fix? Selbst innerhalb eines einzigen Raumes kann es passieren, dass sie an den Rändern sich nicht verändern lässt, dafür aber in der Mitte. Oder in einem späteren Abschnitt nur zögerlich reagiert und dann auch noch nicht einmal frei beweglich ist.

Und die Kämpfe? Wie bereits erwähnt, ist Sonic ein Action-Adventure. Das heißt, man muss sich in festgelegten Arealen gegen eine feste Anzahl an Feinden durchsetzen. Da die Figuren jetzt Energieseile besitzen, mit denen sie unter anderem an bestimmten Schienen sich befestigen und entlang reisen können, können sie damit auch Gegner zu sich heranziehen. Dadurch werden die simplen Kämpfe noch einfacher und verkommen zu einem stumpfsinnigen Gekloppe ohne Abwechslung.

Gibt es denn sonst nichts Positives zu diesem Spiel zu sagen? Doch! Der Soundtrack ist gelungen! Vielleicht sogar einer der besten, den man dieses Jahr auf der Wii U hörte. Was am Gesamteindruck allerdings nur wenig ändert ...

Denn dieser lautet: Sonic Boom: Lyrics Aufstieg ist ein kompletter Flop. Die Entwickler machten so ziemlich alles falsch, was man falsch machen kann. Das Spiel ist auf keinen Fall eine gute Reklame für den blauen Igel, geschweige denn für seine TV-Serie. Eventuell wird die 3DS-Fassung besser ausfallen.