Caves Abschiedsgeschenk – DoDonPachi SaiDaiOujou im Test

Xbox 360

Was 1985 mit Tiger Heli begann, findet nun mit DoDonPachi SaiDaiOujou sein vorläufiges Ende. Als eine der Splitterfirmen aus dem Untergang der Shooterschmiede Toaplan blickt Cave heute auf eine weitreichende Geschichte zurück. Mit dem 1997er DoDonPachi übernahm Cave Toaplans Rolle als eine der treibenden Kräfte hinter der Entwicklung von Shooting Games (STGs) und hatte mit ihren Gameplay- und Artdesign-Entscheidungen maßgeblichen Einfluss auf das gesamte Genre.

1Für ihr vorläufiges Abschiedsgeschenk an die STG-Fans, die nicht gerade eine japanische Spielhalle vor der Haustür haben, wurde das Spiel überraschend sogar multinorm veröffentlicht. Darüber hinaus liegt es mittlerweile in ganzen vier Versionen vor, mit denen man bezüglich der preislichen Vorstellung und dem Bedarf an mitgelieferten Boni optimal bedient wird. Auch beim ganzen Drumherum wurde geklotzt. Wer bei den meisten Shootern gewohnt ist, eine schnörkellose Spielhallenumsetzung mit ein paar Extramodi verkauft zu bekommen, liegt dieses Mal falsch. Es wurde extra für die Heimversion ein sehr schickes Animeintro mit dazugehörigem J-Pop Song von Aya Hirano aufgenommen. Sie ist ebenfalls für das Voiceacting der Protagonistin Saya engagiert worden. In diesem Bereich wurde, auch für die anderen Charaktere, auf recht große Namen zurückgegriffen. So sind zum Beispiel die Texte des Operators von Asami Shimoda eingesprochen worden, die nicht nur eine erfolgreiche Sängerin, sondern deren Stimme auch die Grundlage für die Vocaloids Rin und Len Kagamine ist. Beide führen im exklusiven 360-Modus sehr ausgiebige Gespräche, da dieser auch die Geschichte des Spieles erzählt. Das Gameplay vom 360-Modus wurde, im Vergleich mit dem Hauptspiel, stark abgewandelt, worauf ich später noch eingehen werde. Weiterhin wurde ein Shop bereitgestellt, in denen Extras mit Ingame-Währung gekauft werden kann. Darunter befinden sich typische Kleinigkeiten wie Hintergrundbilder und Soundsamples, aber auch Modifikationen für das Hauptspiel. Das geht von geänderten Hitboxen bis hin zu einem KI-Kollegen, der euch durch das Spiel begleitet. Solche Einstellungen stehen selbstverständlich nicht für den Score Attack zur Verfügung. Das dafür notwendige Geld kann mit dem Durchspielen der Level verdient werden, aber auch durch mehrere Übungen, in denen ihr beispielsweise einzelne Bosse und Zwischenbosse ohne Verlust von Leben besiegen müsst. In manchen dieser Herausforderungen wird auch verlangt, ein Level ohne Abriss eurer Score Chain zu beenden, was Voraussetzung für besonders hohe Punktzahlen ist. Für einige dieser Übungen steht auch ein Superplay-Video bereit. Auch wurden Gamer-Score-Erfolge genutzt, um Spieler nicht gleich vor die Hürde eines „One Coin Clear“, also dem Durchspielen ohne die Verwendung eines Continues, zu stellen. Solche erhaltet ihr beispielsweise für das Abschließen mit sieben Continues.

 

2Kern der Auswahlmöglichkeiten im Hauptmenü stellt die Variante Arcade HD dar, welche, wie der Name schon sagt, der originalen Spielhallenversion mit stark verbesserter Grafik entspricht. Das Gameplay gestaltet sich bei SaiDaiOujou als wesentlich weniger radikal, als es das noch bei dem Vorgänger DaiFukkatsu/Ressurrection war, sondern orientiert sich viel stärker an den früheren Teilen der Reihe. Bei Cave stand der Leitspruch „DaiOujou für 2012“ im Zentrum der Entwicklung. Das bedeutet, dass eure Geschosse im Hyper-Modus nicht mehr verwendet werden können, um gegnerische Projektile aufzulösen. Stattdessen erhöht sich nur noch, wie in älteren Episoden, eure Angriffskraft. Auch werden nicht mehr alle Geschosse auf dem Bildschirm aufgelöst, wenn der Hyper wieder ausläuft, sondern ausschließlich bei der Aktivierung. Auch die kurze Unverwundbarkeit beim Auslaufen entfällt.

Als Ergebnis entsteht ein Gameplay, welches weniger stark auf Meter-Management ausgelegt ist, sondern das ständige Umfliegen der gegnerischen Geschosse und das Einhalten bestimmter idealer Flugbahnen in den Mittelpunkt stellt, ohne dass ihr euch zu sehr auf starke Defensivmechaniken verlassen könnt.

Damit wären wir schon an einem entscheidenden Punkt angekommen: dem Schwierigkeitsgrad. Der gestaltet sich, besonders mit Blick auf den direkten Vorgänger, aber auch auf andere Shooter von Cave, als recht hoch. Ursprung dessen sind unter anderem die weniger stark ausgeprägten Defensivfähigkeiten und die etwas größere Hitbox von Gleiter und Geschossen. Dass euer Laserstrahl sich nicht mehr so schnell aufbaut wie noch in DaiFukkatsu, verringert noch zusätzlich eure allgemeine Schlagkraft. Zudem gestalten sich die Formationen der Gegner und deren Projektile spätestens ab dem zweiten Boss als sehr herausfordernd und oft schwer zu durchschauen.
 
3Für alle, denen die Standard-Modi dann doch etwas zu hart sind, steht ein zur Abwechslung sehr gut gelungener Novice-Modus bereit. Während in früheren Veröffentlichungen von Cave der Novice-Modus für beinahe jeden auf Anhieb ohne Continue durchzuspielen und somit höchstens für die kleine Schwester interessant war, gestaltet er sich dieses Mal als ein sinnvoller Ausgleich zum angezogenen Schwierigkeitsgrad des Hauptspiels. Trotz deutlich reduzierter Anzahl an Geschossen wurde darauf geachtet, dass ähnliche Herangehensweisen an bestimmte Angriffsmuster eurer Feinde erhalten bleiben. Tatsächlich ist der Novice-Modus kaum einfacher als so mancher der leichteren Cave-Titel, wie z. B. Deathsmiles oder DaiFukkatsu im Strong-Modus.

Was das Scoresystem angeht, ist SaiDaiOujou hingegen etwas sozialer geworden. Während beim Vorgänger der durch Abschüsse entstandene Multiplikator nach Ablauf einer sehr kurzen Zeitspanne ohne weiteren Abschuss restlos eliminiert wurde, gehen euch jetzt nur noch 25 % eures Multiplikators verloren. Danach fällt dieser jedoch rapide ab. Könnt ihr schnell wieder einen Abschuss erzielen, so ist zumindest nicht gleich alles verloren. Somit ist nicht mehr Erfolg und Misserfolg auf Messers Schneide, sondern der Titel geht eher in die Richtung eines flüssigen Systems wie in Mushihimesama Futari, indem ihr einzelne Fehler auch wieder ausgleichen könnt.

In der Arcade-HD-Fassung wurde ebenfalls der sogenannte Overflow-Glitch der Spielhallenversion mitportiert. Dieser führte in der Spielhalle schnell dazu, dass das Ausnutzen dessen das Punktesammeln außerhalb eines speziellen Bereichs im fünften Level geradezu obsolet gemacht hat. In dieser Stufe lässt sich mit geschicktem Einsatz des Hypers eine extrem hohe Menge an Punkten sammeln. Dieser Glitch lässt sich im übrigen auch deaktivieren.

Da dieser Trick der Arcade-Fassung die Punktejagd etwas eintönig gemacht hat, wurde bald darauf die Version 1.5 entwickelt, in der die Punkteverteilung an mehreren Stellen geändert wurde. Weiterhin kann man den Hyper schneller aufleveln und einen Overflow häufiger auslösen. Geübte Spieler verwenden ihren Hyper genau in den Situationen, in denen sie nach Auslaufen der Zeit sofort mehrere Hyperlevel aufstocken können.
 
4Beide Versionen bieten euch vor Spielbeginn dieselben Optionen. Hinter dem, vor Release stark ins Rampenlicht gerückten, „Dress-System“ versteckt sich die bereits bekannte Modifikation der Angriffskraft eures Gleiters. Das Standardoutfit der jeweiligen Element Doll entspricht dem Shot-Modus, der euren Streuschuss verstärkt. Das Freizeitoutfit stellt euch hingegen einen stärkeren Laser zur Verfügung und mit den Badeklamotten werden beide Waffentypen auf Maximum gesetzt. Bei letzterer Einstellung wird jedoch automatisch der Schwierigkeitsgrad auf „Experte“ gestellt, was die gegnerische Gegenwehr auf ein Niveau bring, was in anderen Cave-Spielen dem 2nd Loop entsprechen würde. Weiterhin könnt ihr euch entscheiden, ob ihr mit dem „Autobomb-Feature“ spielen wollt oder nicht. In dem Fall verliert ihr bei einem feindlichen Treffer nur dann ein Leben, wenn ihr über keine Bomben mehr verfügt. Andernfalls rettet euch eine kurze Explosion, die alle gegnerischen Geschosse auslöscht. Mit dem Auslösen der Autobomb verliert ihr jedoch automatisch sämtliche Bomben, die ihr noch an Bord hattet, sowie euren kompletten Multiplikator. Bezahlen müsst ihr diese nützliche Funktion damit, dass ihr nach verlorenem Leben keine Bombe extra (mit dazugehörigem Bombenslot) erhaltet. Einen 2nd Loop gibt es ausnahmsweise nicht. Dafür müsst ihr euch die späteren Stufen des letzten Bosskampfes durch verschiedene Bedingungen (Bienen sammeln, keine Leben verlieren etc.) verdienen.

Erfreulicherweise stehen euch wieder alle drei klassischen Kampfschiffe Type A, Type B und Type C zur Verfügung und nicht wie beim geistigen Vorgänger nur zwei. Wie üblich verfügt der rote Type-A-Gleiter über einen konzentrierten Streuschuss und die höchste Bewegungsgeschwindigkeit. Das genaue Gegenteil stellt der blaue Type-C-Bomber dar. Über mittlere Beweglichkeit und einen Shot, der sich der Richtung anpasst, in die gerade gelenkt wird, verfügt der grüne Type-B-Helikopter.

Im 360-Modus hingegen kann nur mit dem neuen Type-D-Jäger, mit Saya als „Copilotin“, gespielt werden. Dessen Shot orientiert sich am ehesten an der klassischen Version des Type-B-Shots aus dem Ur-DoDonPachi. Allgemein ist dieser Jäger etwas stärker als die drei anderen. Seine Bewegungsgeschwindigkeit wird nur von Type-A getoppt und der Shot ist sowohl sehr weit als auch sehr stark. Während ihr normalerweise über mehrere Leben verfügt, müsst ihr das Spiel hier ohne zu sterben absolvieren. Als Ausgleich erhaltet ihr stattdessen eine Energieleiste. Diese leert sich, wenn ihr Bomben einsetzt und noch etwas stärker, wenn eine Autobomb ausgelöst wird. Wieder auffüllen lässt sich die Leiste, wenn ihr Gegner im Hypermodus besiegt. Exklusiv für den 360-Modus kann der sogenannte Shot-Laser eingesetzt werden. Dieser ist praktisch ein stärkerer Laser, der mehr Score-Objekte erzeugt, wenn ihr damit Gegner zerstört. Deswegen lässt sich der Hypermodus besonders gut mit dem Shot-Laser aufleveln. Leider zehrt dieser zusätzlich an eurer Energieleiste, weswegen ihr dessen Einsatz besonders klug abwägen müsst. Zusammengenommen erzeugen die Gameplayänderungen ein sehr erfrischendes und flexibles Spielgefühl, welches sich stark von den anderen Modi unterscheidet. Der Type-D-Jäger lässt sich im Shop übrigens auch für die anderen Modi freispielen und produziert in diesen sichtbar mehr Slowdowns als die anderen drei. Wählt ihr zu Beginn das Standardoutfit (Shot-Modus), entspricht die gegnerische Gegenwehr hier übrigens der des Novice-Modus.
 
5Kommen wir nun zum wichtigsten Punkt: Wie gut ist das Spiel abseits seines gelungenen Scoresystems?
Um es kurz zu machen: Man merkt dem Spiel an, dass es vom Entwickler mit der längsten Erfahrung bei der Entwicklung von Danmaku-Vertikalshootern entwickelt wurde. Kein Level spielt sich wie der andere oder erzeugt mit Blick auf Konkurrenztitel Deja-Vu-Gefühle. Schon der erste Boss fordert mit teils komplizierten Angriffsmustern und verfügt, wie einige andere Bosse, über mehrere Trefferzonen. So können beispielsweise seine riesigen Sidepods separat zerstört werden, was sowohl seine Position, als auch siehe Angriffe verändert. Im 360-Modus sind die Trefferzonen noch vielfältiger und haben eigene Energieleisten. Hier kann die Zerstörung bestimmter Sektionen sogar genutzt werden, um besonders knifflige Geschossmuster zu unterbrechen und euch somit mehr Zeit zum Ausweichen verschaffen.

Auch in den Levels wurden viele coole Ideen untergebracht. So müsst ihr im dritten Abschnitt, dem Aqua Palace, nicht nur schwer bewaffneten und gut gepanzerten Kriegsschiffen, sondern auch einem riesigen Schlachtkreuzer den Garaus machen. Diesem folgt ihr durch das gesamte mittlere Drittel des Levels und werdet von ihm schwer unter Feuer gesetzt. Alle bemerkenswerten Abschnitte der einzelnen Level aufzuführen und zu erklären, würde hier jedoch den Rahmen sprengen.

Noch ein paar Worte zum Audiovisuellen. Grafisch steht das Spiel in einer Reihe mit den bisher schönsten Caveshootern Akai Katana und DaiFukkatsu, wobei es deren Detailgrad bei Gegnern und Umgebung jedoch, zugunsten des sehr glatten, futuristischen Looks, nicht erreicht. Dafür gibt es dreidimensional wirkende Bosse, deren Einzelteile effektvoll zerstört werden können.
War ich bisher kein allzu großer Fan der DonPachi-Soundtracks, so hat SDOJ stellenweise sehr interessante Tracks zu bieten. Als Beispiel sei hier Level 4 erwähnt, dessen Soundtrack mehrere Tempo- und Stilwechsel vollzieht. Oder auch den des Endkampfes, bei dem die Musik je nach Bossstufe immer extremer und schneller wird und mit dem treibenden und hypnotischen Track Chikara beginnt.

Im 360-Modus wurden alle Tracks überarbeitet und zumeist schneller und härter gemacht. Ergebnis ist der meiner Meinung nach gelungenste Soundtrack aller Cave-Titel, der sich auf Augenhöhe mit den Besten des Genres befindet.

Cave ist ein würdiger (hoffentlich nur vorläufiger) Abschluss ihrer Programmierung von STGs gelungen. Trotz eines über die Jahre hinweg ähnlichen Basisgameplays wirkt SDOJ zu keinem Moment angestaubt oder schnell zusammengeflickt. Grafik, Sound und Gameplay sind auf Topniveau, zudem hat die Heimversion für die meisten Skilllevel der Spieler etwas zu bieten. Ein absoluter Pflichtkauf für jeden Danmaku-Fan. Wenn eine so großartige Videospiel-Reihe schon untergehen muss, dann wenigstens so wie DoDonPachi mit SaiDaiOujou!
 
Und hier das Spiel in Action, im 1CC!
 


 
 
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  • von mitsurugagaga:

    Jörg61 schrieb: Also ich sehe die Lücke da nicht mehr Hast nicht lange genug hingeschaut ...

  • von khaos:

    mitsurugagaga schrieb: Für das was er da gemacht hat braucht es sicherlich mehr als Übung und Ausdauer, keine Frage, aber für das Genre generell finde ich ist das Alter definitiv kein Ausschlusskriterium oder Hindernis. Ich selber bin ein...

  • von Jörg61:

    Also ich sehe die Lücke da nicht mehr

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