Rise of the Tomb Raider – wenn gut nochmal besser wird im Test

Als Urspieler des Tomb-Raider-Franchise seit den guten SEGA-Saturn- und PlayStation-1-Zeiten habe ich sämtliche Höhen und Tiefen von Lara persönlich miterlebt. Ich gebe zu, dass ich dem Reboot skeptisch gegenüberstand, da statt Rätsel und Fallen die Action und erhebliche Brutalität einen enormen Anteil einnahm. Nach dem Durchspielen von Tomb Raider ruderte ich zwar ein wenig zurück, da das Gesamtpaket doch recht gelungen war, mir das Ganze mit einem anderen Spieltitel aber einfach noch besser gefallen hätte. Anscheinend hat man bei den Entwicklern gut zugehört, denn gefühlt kommt man „alten Hasen“ mit „Rise of the Tomb Raider“ wieder entgegen. Der Gewaltfaktor wurde gesenkt, was zum Ergebnis hat, dass der zweite Teil mit einer USK 16 auf den Markt kommen kann. Klar ist noch genug Action im Spiel und vor allem bei einer Sequenz dachte ich kurz nach, ob das nun so sein musste und nicht doch lieber ab 18 sein sollte. Aber übers gesamte Gameplay gesehen, ist die 16er Einstufung schon treffend. Gepaart dazu gibt es wieder mehr zu erkunden und neben dem „Oldschool-Einstieg“ in Syrien erinnern vor allem die Herausforderungsgräber an die Tugenden der Serie. Storymäßig serviert man im neuen Teil recht vorhersehbare Kost, wobei mir mehr als einmal ein amüsiertes Lächeln aufs Gesicht gezaubert wurde. Die Entwickler müssen wohl große Fans von Indiana Jones sein, so oft, wie man sich hier beim bekannten „Peitschenträger“ bedient hat. Aber lassen wir das ruhig durchgehen, denn bekanntermaßen ist gut kopiert immer noch besser als schlecht selber gemacht.

Jetzt denkt ihr sicher schon: „Boah, das kann ich mir bestimmt sparen und der macht das nun nieder!“ Weit gefehlt, den „Rise of the Tomb Raider“ ist ein Feuerwerk an Bits und Bytes – ich möchte gar sagen, das aktuell schönste Xbox-One-Spiel überhaupt. Vergesst, dass es eine dynamische Auflösung benutzt und Sequenzen hierdurch einen ticken schlechter aussehen als manche Ingame-Optik. Schon kurios, kam früher doch die „Ernüchterung“ der Spielegrafik nach erstaunlichen Intros und Zwischensequenzen. Hier haut es einen immer wieder von Neuen um und es gibt dickes Lob, auch wenn hier einige Tricks aus dem Hut gezaubert wurden und die Framerate nicht immer die konstante 30 hält. Es gibt so viele Dinge, die über diese Mankos sofort hinwegtrösten. Mit Bravour baut man auf die guten Punkte des Vorgängers auf, lässt euch ziemlich freie Wahl in der Entwicklung eures Charakters, bietet alternative Missionen, die euch Zugang zu neuen Arealen oder Gegenständen geben. Ressourcen aus Flora und Fauna wollen gezielt gesucht und in den eigenen Fortschritt eingefügt werden. Im Verlauf ermöglichen euch diese Objekte neue Herangehensweisen und Abkürzungen. Wer es gerne in anderer Sprache mag, darf sich aktuell zwischen satten 13 Sprachausgaben entscheiden, kombinierbar mit dem Untertitel eurer Wahl – hier sogar mit alternativen Farben für jeden Charakter. Deutschliebhaber mit Filmfaible werden schnell herausfinden, dass Lara nicht erneut von Nora Tschirner gesprochen wird, sondern von der Synchronstimme „Jennifer Lawrences“ (Tribute von Panem). Diese macht ihre Sache richtig gut und die Gerüchteküche brodelt aktuell, dass man das junge Schauspieltalent auch gerne für einen Reboot der Tomb Raider Filme hätte. Aber ich schweife ab; die Sprachausgabe ist nicht durchgehend glaubwürdig, da mache den Text doch etwas unemotional ablesen, die Hauptcharaktere an sich ziehen ihr Ding aber zufriedenstellend durch. Auffallend war, dass dies in allen Sprachen spürbar wird. Also probiert ruhig mal etwas rum mit chinesisch, japanisch, Italienisch, russisch oder einer der vielen anderen Angebote.  

Grob umschrieben geht es mal wieder um die Unsterblichkeit und dass eine uralte Gruppe namens „Trinity“ genau dies für sich und die neue Weltordnung möchte. Hatten wir alles schon, aber egal. Dabei wird viel von Laras Kindheit und der Beziehung zu ihrem berühmten Vater eingebaut. Es passt zwar nicht ganz, dass dieser sehr lange brauchte, um der Sache auf die Spur zu kommen und am Ende deswegen sogar ausgelacht wurde. Gleichzeitig tausende 08/15-Soldaten für diese Gruppierung arbeiten und diese teils sogar mit Gegnern kollaborieren. Sehen wir darüber hinweg, denn der Rest des Spiels macht einfach nur süchtig und dürfte sowohl Fans der „neuen“ Lara als auch alte Croft-Anhänger zufriedenstellen. Hab ich schon die tolle Atmosphäre und Grafik erwähnt? Einer unserer Forenuser zog gar den Award für den großartigsten Hintern in der Videospielgeschichte in Betracht! Kleines Rechenbeispiel – nach 13 Stunden habe ich gerade einmal 25 % Fortschritt erreicht, da ich jede Minute im Spiel genieße. Und bevor ihr auf die Idee kommt zu fragen, dabei habe ich Lara nicht nur aufs Gesäß geguckt. Die Hitze Syriens wird wie die Kälte Sibiriens und der Verfall der alten russischen Anlage fantastisch in Szene gesetzt. Man kombiniert gekonnt bekannte Elemente, sei es aus Far Cry, Assassin‘s Creed oder anderen Open-World-Vertretern. Kurz geschüttelt und nicht gerührt und fertig ist ein leckerer Mix, der für etliche Stunden an den TV fesseln wird.

Persönlich bin ich froh, dass es keinen Multiplayer-Modus gibt, denn Lara und Deathmatch oder andere Hau-drauf-Modi gehen gar nicht. So spendierte man dem Spiel den „Expeditionsmodus“, in dem ihr die gespielten Level noch einmal auf Zeit mit besonderen Aufgaben und Herausforderungen oder alternativem Einsatz von „Tuningkarten“ angehen könnt. Das Ganze wird natürlich mit den Zeiten weiterer Spieler rund um den Planeten abgeglichen um den Ehrgeiz im Ranking noch ein Stück zu steigern oben zu halten.

So genug jetzt, ich will weiterspielen. Nein, ich verrate hier nicht 60 % der Handlung, verlinke unten zwar zwei Videos, aber gebe zu, dass ich froh bin, schon sehr früh keine bewegten Bilder zum Spiel mehr gesehen zu haben. Denn nun ist Rise of the Tomb Raider erschienen und begeistert mich jede Minute. Ein dickes Lob gibt es zudem für die Xbox-360-Fassung. War man beim Vorgänger schon der Meinung, mehr könne man nicht aus der „alten“ Hardware herausquetschen, so wird man mit „Rise of the Tomb Raider“ noch einmal eines Besseren belehrt. Wer die volle Pracht erleben will, dürfte mit diesem Titel aber genug Grund haben, den Wechsel auf die aktuelle Microsoft-Hardware durchzuführen. Wie viel toller das Spiel in einem Jahr auf der PS4 aussehen wird, kann derzeit niemand sagen. Für mich ist nur klar, dass ich keinesfalls so lange warten möchte, nur ein paar Frames pro Sekunde oder Pixel mehr auf dem Schirm zu haben. Rise of the Tomb Raider ist definitiv das neue Grafik Aushängeschild für die Xbox One und stellt sogar Halo 5 voll in den Schatten. Bitte mehr davon!!!