Ich gebe zu, dass man ab einem gewissen Alter Veränderungen gegenüber nicht mehr ganz so offen ist. Fühlte man sich bei der Neuauflage von Oddword: New´n Tasty irgendwie direkt „zu Hause“, wollte dieses Gefühl bei Oddworld: Soulstorm nicht sofort einkehren. Ich kann schon hier sagen, dass es nach den Teststunden bis Level sieben bereits fast eine eine kleine Hassliebe ist. Hab ich verdrängt, dass der Schwierigkeitsgrad teilweise nicht ohne ist oder liegt es am neuen System, welches mit zusätzlichen „Abzeichen/Herausforderungen“ Menschen wie mich, die gerne jeden Winkel durchsuchen und die Level nicht einfach durchrauschen wollen, anspricht? Meine Methode kostet auf jeden Fall Zeit und dank Dark Souls bin ich geduldig und sehr hart im Nehmen von Rückschlägen geworden. Wenn ich das Ende eines Levels erreiche, möchte ich am liebsten halt mit so vielen Erfolgen wie möglich da raus. Abgesehen davon, dass es in Oddworld: Soulstorm im Grunde wichtig ist, so viele Level wie möglich mit „gutem Quarma“ abzuschließen, was man durch das Retten seiner Mudokon Freunde erlangen kann. Erst wenn ihr hier mindestens 12 der augenscheinlichen 15 Level mit gutem Quarma erledigt habt, schalten sich zwei weitere Level frei, die das gute und ganz gute Ende aufzeigen.
Die neue Engine und die sehr dynamische Kamera lassen eine 2.5D Welt entstehen, die es bisher in so detaillierter Form noch nicht gab. Hier muss man sich ein klein wenig gewöhnen, waren es früher doch recht starre 2D mit einem Hauch 2.5D Abschnitte, die man immer recht gut überblicken konnte. Hier hat die Kamera ab und an auch ihre Tücken und macht so manchen Sprung schwieriger als gedacht. Zumindest wenn man die versteckten Bereich und Items erlangen möchte. Später kommen auch wieder klassische Abschnitte hinzu. Kurioserweise werden dann dort Dinge wie z.B. das Vorbeischleichen an einem Slig erklärt, die man in fünf Level davor bereits zum Einsatz gebracht hat. Das wirkt ein wenig so, als ob man um das alte Grundgerüst Dinge vor, nach und mit eingebaut hat. Wie oben geschrieben, liegt es wohl an meiner Spielweise, dass ich für einen Level teils 2 Stunden oder mehr benötige. Dabei ist es dann etwas ärgerlich, wenn man diese nicht komplett zurücklaufen kann und zum Erreichen von verpassten Dingen den Level neu starten muss. Besonders hervor stach hier Level 3, in dem man nur einen Mudokon retten muss, die Türe zu ihm aber immer verschlossen war. Ich dachte an einen Bug, bis ich heraus bekam, dass man hier vom Spieler einen Speedrun bis zur Levelmitte erwartet, da die Türe nur vier Minuten offen ist. Im Anschluss müssen Sammler dann nochmals komplett zum Anfang zurück, um alle Nebenaufgaben schaffen zu können – das sind klare Dinge der Hass Seite und sind meiner Meinung nach unnötig oder sollten zumindest im Vorfeld klar kommuniziert werden! Gerade in diesem Abschnitt holten mich dann allerdings auch Stellen ein, die ich vorher locker durchlaufen konnte, an der auf einmal aber ab einem bestimmten Punkt auf dem Weg sofort alle Scharfschützen auf mich schossen und ein Weiterkommen unmöglich machten. Es halt also erneut nur der komplette Neustart.
Es hätte dem Spiel aus meiner Sicht geholfen, wenn man wie auf einer Timeline die Möglichkeit gehabt hätte, die einzelnen Speicherpunkte der Level gezielt erneut aufrufen zu können. Ist man einmal durch, muss man den gesamten Level wieder neu starten. Zudem kennt man es aus anderen Spielen, dass man bereits gefundene Dinge beim Replay nicht nochmal neu suchen muss. Oddworld: Soulstorm gehört nicht dazu und ihr müsst für einen perfekten Durchlauf sämtliche Dinge und Mudokons noch einmal finden, statt nur die „Differenz“.
Die Basis der Story ist natürlich gleich geblieben, auch wenn sie nun deutlich ausgeschmückter ist. Nach der Flucht aus Rapture Farms muss Abe mit seinen Mudokon Freunden fliehen und diese nun in eine sichere Heimat bringen. Dabei werden sie getrennt und Abe muss oftmals aus der Entfernung dafür sorgen, dass diese weiter kommen. Was leicht beginnt, wird beim ersten Versuch, alle 200 Mudokons vor Beschuss zu retten, zur klaren Herausforderung. Als neue Hilfsmittel stehen einem hier neben dem bekannten „Chanten zur Übernahme von Gegnern“ Minen und andere Hilfsmittel zur Verfügung, die teils über ein Herstellungsmenü gebaut werden müssen. Hierzu ist es erforderlich, dass ihr akribisch in Mülltonnen und Schränken nach Sachen sucht. Unter anderem könnt ihr nun aber auch schlafende oder betäubte Gegner ausrauben und fesseln, was teils zu den Herausforderungen eines Levels gehört. Gerade dies macht eine komplett andere Herangehensweise nötig, hat man sie früher doch einfach gerne platzen oder in gefährliche Maschinerien laufen lassen, die sie zerhexelt haben. Da Bereiche mit Feuer nun gelöscht oder diese gar gezielt gelegt werden müssen, bekommt das Spiel neue Dynamik, wobei vor allem die Löschversuche sehr penible Trefferzonen haben, was gerade zu Beginn für etwas Frust sorgen kann.
Die Sprachausgabe wurde hier zu großen Teilen von Lorne Lanning, dem Schöpfer von Abe selbst übernommen. Leider wurde aber auch das neueste Abenteuer nicht ins Deutsche synchronisiert, obgleich die deutsche Sprachausgabe seinerzeit gelungen und ganz nah am Original war. Es gibt zwar deutsche Untertitel, warum man diese im Vorspann beim Flug über die Zeitungsartikel, welche für Neulinge die Vorgeschichte erzählt nicht eingebaut hat, ist mir schleierhaft.
Am Ende bzw. als Zwischenergebnis nach Rund der Hälfte des Spiels muss ich sagen, dass Abe mich trotz einiger Bugs und Frustmomente erneut in seinen Bann gezogen hat. Es dürfte sich hier aber klar um einen Titel handeln, der nicht für jeden geeignet ist. Am besten wäre es, wenn man bereits eins der anderen Abenteuer gespielt und auf jeden Fall eine gute Portion Frustresistenz mitbringt. Grafisch gab es nie ein schöneres Oddworld Spiel, spielerisch darf man kreativ sein, denn es gibt immer mehr als einen Lösungsweg. Aus diesem Grund kann man es sogar im lokalen Team angehen, alleine schon, um zu sehen, wie ein Freund die Sache angehen würde. Gerüchten zufolge dürften irgendwann dann auch Xbox Besitzer Hand anlegen. Aktuell ist das Spiel ausschließlich auf PlayStation 4, PlayStation 5 und PC erhältlich.