Valkyria Chronicles Remastered - Zurück nach Gallia im Test

9.2 Punkte neXGam Wertung. Das war es, was Valkyria Chronicles auf der PS3 erreichte. Zurecht, war es doch eines der besten japanischen Games der ersten HD Generation. Wo SEGA Anfang der 90er Jahre mit Shining Force das Taktik RPG auf Konsolen gerade im Westen popularisierte, war die 2009er Kriegsgeschichte eine legitime Frischzellenkur und Erneuerung des Genres.

Das Jahr ist 1935, der Ort eine Art Paralleluniversum, in dem Europa unter anderen Nationen als den uns bekannten aufgeteilt ist. Der zweite europaische (nicht europäische!) Krieg, analog zum realen zweiten Weltkrieg, zerreißt den Kontinent. Die Atlantische Föderation im Westen und das Kaiserreich im Osten kämpfen um die knappen Ragnazid-Vorkommen. Ein Mineral, das in dieser Welt sowohl für Energieversorgung, als auch Medizin genutzt wird. Inmitten dessen wird das kleine, neutrale Königreich Gallia aufgrund seiner reichen Bodenschätze vom Kaiserreich überfallen. Überall im Land sammeln melden sich Menschen freiwillig zur Miliz, um die reguläre Armee zu unterstützen. Ebenso Welkin Gunther, Sohn eines großen Generals, mit seinem geerbten Panzer ... der »Edelweiss«. Als Anführer von Squad 7 der Miliz führt der Spieler Welkin durch 18 Kapitel zum Ruhm als Kriegshelden und Retter der Nation.

Das ungewöhnliche Szenario, welches Fantasy mit einem Spiegelbild unserer eigenen Welt verquickt, dürfte ein Hauptgrund für den Misserfolg von Valkyria Chronicles 2008 gewesen sein. So laut der Ruf nach Innovation, weg von den Clicheés auch immer ertönen mag, so sehr nehmen die Menschen doch scheinbar Abstand, wenn ihnen ein so ungewöhnliches Szenario präsentiert wird. Saubere Anime-Ästhetik mit hellen Farben und Kitsch, aber ein Kriegsszenario, dass selbst die schlimmsten Seiten der realen Historie wie Konzentrationslager für Minderheiten nicht außen vor lässt; das war vermutlich zu merkwürdig.

Dabei funktioniert es so gut. Sowohl die Fans von japanischen Superhelden und anderen Stilmitteln, als auch diejenigen die auf der Suche nach einer ernsthaften Story sind, werden hier gut bedient. In den Kapiteln schafft Valkyria Chronicles den Spagat zwischen leichtherzigen JRPG Standards und düsteren Abgründen.

Das Gameplay an sich ist der große Star. Strategische Platzierung der Einheiten auf der Karte? Vorhanden. Ausgefeilte Topologie? Check. Quadrat- oder Hexfelder? Nein! Denn neben abseits der Kartenansicht wird sich im Strategie-Abenteuer in 3rd Person Perspektive frei bewegt, ohne künstliche Einschränkung durch Spielfelder. Man ist mitten drin. Ein simpler Balken bestimmt, wie lange man sich pro Zug bewegen darf; bis dieser verbraucht ist kann man frei durch die Landschaft tollen. Und ist man nicht weit genug gekommen, so darf dieselbe Einheit in einer Runde auch mehrfach gesteuert werden. Eine begrenzte Anzahl von Aktionen pro Phase ist erlaubt, welche Einheiten man wirklich nutzt, ist dabei dem Spieler überlassen. Zum Zielen wird mit R1 die Zeit dann angehalten und in Ruhe anvisiert.
 

Scouts, Shocktrooper, Lancer, Engineers und Sniper. Fünf Klassen von Soldaten gibt es, jede mit eigenen Stärken, Schwächen und Aufgaben im Kampf, wie man es von anderen Taktik RPGs kennt. Dazu gilt es noch, zwei Panzer zu kommandieren.

Der Mix aus Altbekanntem und Neuem machte SEGAs Game zu etwas Besonderem. Und auch nach 8 Jahren ist das Konzept so perfekt wie unverbraucht.

Die Grafik, präsentiert in der CANVAS Engine ist stilistisch einzigartig. Die Animecharaktere und Landschaften erscheinen wie mit Bleistiften schraffiert. Für den PS4 Release wurde dabei die Auflösung auf 1080p erhöht, und die Framerate von 30fps auf absolut stabile 60 verdoppelt. Erhöhter Level of Detail bei entfernten Objekten, mehr Grasdichte und ähnliches Texturfilterung, die selbst Mauerwerk viele Meter von der Kamera weg klar sichtbar macht ... selbst die PC-Fassung wird hier übertroffen.
 

Und dennoch wirken die Neuerungen dezent. Da Valkyria Chronicles nie durch rohe Grafikpower beeindruckte, sondern durch den tollen Stil in einer sauberen 3D Grafik bezauberte kommt der Remaster Aspekt nicht so stark zu tragen wie bei anderen Neuauflagen. Wer PS3 und PS4 nicht unmittelbar nacheinander spielt, der wird kaum die Unterschiede bemerken. Das ist aber auch egal ... die Schönheit des Spiels ist wie sie jetzt ist nahezu perfekt abgerundet. Allenfalls das eine oder andere unschöne Kantenflimmern an den Konturen der Heroen fällt negativ auf.
 

Valkyria Chronicles Remastered ist eine liebevolle Neuauflage des verkannten Spitzentitels. Vor allem zu Budgetpreis ist das Game jedem Liebhaber von Taktik RPGs wärmstens zu empfehlen. Wer das PS3 Original schon besitzt, muss genau hinschauen, ob er die Unterschiede bemerkt. Dafür  kommen endlich Trophäenjäger auf ihre Kosten, blieb doch die 2008er Fassung ungepatcht und ohne Erfolge. Und mit den in diesem Release enthaltenen DLCs hat das Abenteuer auch etwas mehr Substanz.

Eine Wertung spare ich mir an dieser Stelle. Der ursprüngliche Test ist nach wie vor zutreffend, es ist immer noch das gleiche Spiel mit dezenter Frischzellenkur. In all den Jahren ist dieses Game nicht übertroffen worden und stellt noch immer ein einzigartiges Erlebnis dar.