Humankind im Test

PC Windows

Ich hasse es, wenn das passiert. Wenn mich die Sucht ergreift. Wenn ich wieder stundenlang vorm PC sitze, mir denke „Nur noch eine Runde“. Wenn aus einer, mehrere werden. Ich hasse Humankind. Und ich liebe es abgöttisch zugleich.

Humankind neXGam 144x-Strategiespiele und ich, das passt einfach zusammen. Seit ich vor vielen Jahren Civilization II gespielt habe, bin ich zu einem Fan dieses Spielgenres geworden. Sobald ich anfange, eines dieser Games zu spielen, kann ich nicht mehr loslassen. Es ist wie eine Sucht, die ich nur mit Mühe und Not beherrschen kann. Schließlich habe ich auch noch ein Leben.

Bislang wurde diese Sucht von der Civilization-Reihe beherrscht. Zuletzt war es vor allem der sechste Teil, der mir am besten gefiel. Wobei ich auch noch einen Blick über den Tellerrand geworfen habe und so zu einem Riesenfan des Endless-Spieleuniversums geworden bin.

Und das ist auch das passende Stichwort. Denn Amplitude Studios, die unter anderem Endless Space 2 entwickelt haben, haben an Humankind gewerkelt, dass das vielleicht Civilizationartigste Game ist, dass sie jemals herausgebracht haben. Es sollte schon vor einigen Monaten auf den Markt kommen, doch wenn man die aktuelle Weltsituation berücksichtigt, verwundert es nicht, dass die Veröffentlichung etwas verzögert wurde.

Es ist verführerisch, Humankind mit der Civilization-Reihe zu vergleichen. Oberflächlich haben beide Spiele viel gemein. Man steuert die Geschicke einer Kultur von Anfang bis Ende. Man muss sich gegen andere Kulturen behaupten. Und man kann verschiedene Schwerpunkte setzen, wie Forschung, Produktion oder Militär. Ebenso sind diverse historische Völker vorhanden.

Doch damit hat es sich auch. Denn Humankind steht komplett auf eigenen Beinen, macht sein eigenes Ding. Was bereits zu Beginn festgestellt werden kann. Denn anstatt eines Volkes wählst du nur einen Avatar und kannst ebenso die Gegenspieler und deren Anzahl festlegen. Und dann geht es los.

Humankind neXGam 15Die erste Überraschung ist, dass du nicht sofort eine Siedlung gründen kannst, sondern zunächst die Gegend erkunden musst, um die Start-Ressourcen zu finden. Von denen es nur zwei Stück gibt: Nahrung, mit denen man neue Einheiten erhält. Und Kuriositäten, die zu Einfluss führen. Wenn du 50 davon kriegst, kannst du deinen ersten Außenposten gründen. Bei denen kommt es auch sehr darauf an, wo du sie platzierst, denn sie müssen ausreichend Nahrung und Produktion haben, um zu wachsen.

Was die nächste Überraschung ist: Städte sind in diesem Game Mangelware, stattdessen dominieren Außenposten das Geschehen, die du dann gegen Zahlung von Einfluss in eine Stadt umwandeln kannst. Die erste Metropole ist allerdings kostenlos. Was jedoch nicht für die Außenposten gilt, die trotzdem bei ihrer Gründung immer noch billiger sind, als das Umwandeln in eine Stadt. Je weiter sich ein solcher sich von einer Stadt befindet, desto teurer wird er. Und, was ebenso gewöhnungsbedürftig ist: Du kannst nur eine begrenzte Anzahl an Städten besitzen. Zwei Stück kannst du zu Anfang haben, wobei die Zahl du im Laufe des Games erweitern kannst, je nachdem, welche Entwicklungen du erforscht hast oder welche Civics, sozusagen Politiken, du auswählst.

Civics sind besondere Entscheidungen, die du im Laufe eines Spiels treffen kannst und die ebenfalls Einfluss kosten. Mit diesen entscheidest du beispielsweise, was bei dir Forschungen generieren kann, oder ob deine Gesellschaft auf einem Gründungsmythos oder auf einer auserwählten Familie basiert. Gleichzeitig haben diese auch Einfluß darauf, was dein Volk definiert. Ist es eine freie oder autoritäre Gemeinschaft? Werden weitreichende Beschlüsse von oben herab getroffen oder lässt du deinen Bürgern freie Hand? Alle Civics sind Teil einer Art Tree, der in verschiedene Bereiche unterteilt ist.

Doch nicht nur diese Civics beeinflussen deine Gesellschaft. Ebenso wirst du im Laufe deines Playthroughs wiederholt mit Auswahlmöglichkeiten konfrontiert, die ebenfalls Einfluss haben. Wer sind beispielsweise die Priester in deiner Religion? Männer, Frauen oder jeder? Was machst du, wenn du darüber informiert wirst, dass das Klima sich verändert? Ignorieren, Erforschen oder Geld ausgeben? Manche Entscheidungen ziehen sogar Konsequenzen nach sich, die du zunächst nicht übersehen kannst. 

Humankind neXGam 20Es gibt im Spiel nur zwei relevante Ressourcen, die du quasi für alles benötigst. Das eine ist Gold, die Währung. Ohne dies kannst du, wie man es ebenso aus Civilization her kennt, keine Armee oder Gebäude finanzieren. Die andere und vielleicht die wichtigste überhaupt, ist der Einfluss, dargestellt durch violette Sterne. Diesen brauchst du quasi für alles andere, wovon ein paar Möglichkeiten ja eben genannt wurden.

Humankind verlangt von dir, dass du dich nicht auf deinen Lorbeeren ausruhst, sondern dass du die Gegend erforscht und, wann immer du kannst, Außenposten gründest. Das Problem ist, dass vor allem die Anfangsphase sich wie Kaugummi zieht. Auf Grund der Tatsache, dass jede Neugründung Einflusspunkte kostet und du diese nur vor allem am Anfang mühsam zusammensparen kannst, musst du dir drei Mal überlegen, was du als Nächstes machst. Gründest du einen neuen Außenposten, wählst du eine Civic oder baust du eine Ressource ab?

Dabei gilt es, Siegpunkte zu sammeln, um ins nächste Zeitalter vorzuschreiten. Die erhältst du beispielsweise durch genügend Distrikte, ausreichend Bevölkerung oder erfolgreich absolvierten Forschungen. Es kommt auf die breite Mischung an, denn sonst kommst du kaum vorwärts, derweil deine Kontrahenten dir davon ziehen. Übrigens kannst du jedes Mal, wenn du in ein neues Zeitalter kommst, dich entscheiden, welche Kultur du dann auswählst.

Statt der klassischen Völker hat sich Humankind nämlich für diese Methode entschieden, was deutlich flexibler ist als die Civilization-Reihe. Jedes Volk, jede Kultur hat dabei eine bestimmte Ausrichtung. Die Babylonier sind sehr forschungsaffin, derweil die Mauryaner auf Einfluss setzen. Es ist eine interessante Gameplaymechanik, wodurch du dein Gameplay mit jedem Zeitalterfortschritt komplett verändern kannst. Eben warst du noch ein Forscher, dann mit dem nächsten Zeitalter entscheidest du dich für den Krieg. Das macht das Game unberechenbar.

Was ebenfalls an Humankind großartig ist, ist das Diplomatiesystem. Dies ist deutlich umfangreicher und besser als bei der Civilization-Reihe. Es können hier mehr Entscheidungen getroffen werden, vom Handel, über offene Grenzen bis hin, dass du mit deinem Gegenpart eine Allianz eingehst. Doch dies hängt auch von deinem Gegenüber ab. 

Humankind neXGam 30Je nachdem, was für einen Gegenspieler du hast, kann der dir wohlgesonnen sein, oder insgeheim einen Krieg vorbereiten, der dich kalt erwischt. Das hängt von der Persönlichkeit der jeweiligen Figur ab und ist unabhängig von der jeweils aktuellen Kultur. Auch spielen die sogenannten Grievances eine gewichtige Rolle. Die entstehen beispielsweise durch Sachen, wie religiöse Unterdrückung im gegnerischen Reich oder dass die andere Partei ein Areal besiedelt, dass du ursprünglich haben wolltest. Dafür kannst du Kompensationen beantragen, oder es belassen. Aber je nach Vorgehensweise belastet es die Beziehung zum jeweils anderen.

Humankind ist ein großartiges Spiel, mit vielen kleinen Details, die mich begeistern und die ich hier noch nicht mal angerissen habe. Wie beispielsweise, dass deine Städte eine gewisse Stabilität haben, die jedes Mal sinkt, wenn du gewisse Distrikte baust. Wie du verhinderst, dass es zu weit sinkt und welche Rolle Infrastruktur insgesamt spielt, ist hochinteressant und wird an dieser Stelle nicht verraten.

Leider ist die KI der Truppen bescheiden. Speziell das Routefinding ist hier grottig. Das drückt sich auf zweierlei Art und Weise aus. Zum einen, wenn du eine Einheit anweist, zu einem bestimmten Punkt auf der Karte zu gehen. In 9/10 Fällen stoppt sie irgendwann, weil irgendein Hindernis den Weg versperrt. Hier hätte ich es mir gewünscht, dass der Trupp selbstständig agiert und einen Weg drumherum sucht. Wobei... wenn man bedenkt, dass ich es auch hatte, dass die Einheit in einigen Situationen einen extrem umständlichen Weg suchte, anstatt den naheliegendsten, ist es dann doch besser so, wie es aktuell ist.

Grafisch sieht das Game gut aus, solange du dir die Charakterporträts nicht näher anguckst. Denn die sind nicht sehr überzeugend. Die Macher von Humankind hätten nun nicht die karikaturenhaften Porträts von Civ VI übernehmen müssen. Aber die, übertrieben formuliert, hohlwangigen Darstellungen wirken einfach nur mies.

 

Götz meint:

Götz

Humankind ist grandios! Ich kann es nicht anders beschreiben. Es ist ein komplett anderes 4X-Strategiespiel, dass viele Dinge unterschiedlich als Civ VI macht. Schon allein die Fokussierung auf Einfluss und Gold als die beiden strategischen Ressourcen, sowie die Tatsache, dass das Städtegründen komplett anders verläuft, als gewohnt, sorgt für eine andere Spielweise. Gleichzeitig hat das Game auch seine Mankos: Die Anfangszeit eines jeden neuen Spiels ist äußerst zäh, das Routefinding der KI ist grauenvoll und die Grafik wirkt in Teilen schwach. Dennoch: Ich kann das Spiel jedem 4x-Interessierten sehr ans Herz legen.

 

 

Positiv

  • Ein komplett anderes 4X-Strategiespiel
  • Klasse Diplomatiesystem
  • Flexible Spielweise

Negativ

  • Zäher Beginn
  • Miserables Routefinding
  • Schwache Grafik
Userwertung
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Forum
  • von Phill XVII:

    Ein paar seltsame Bugs hat es. Wenn ich meinen Spielstand laden will lande ich im Bildschirm zum Gamepass Ultimate Abo abschließen. ...

  • von Phill XVII:

    Playstation und Xbox (Gamepass) Version sind jetzt draußen. Ich schaue es mir mal auf der Box an....

  • von mickschen:

    Humandkind Twitter schreibt, dass sie an einem Konsolen Port arbeiten! Immerhin leichter als ein RTS umzusetzen, hätten sie auch eher bringen können Aber im Vergleich zu den andere SEGA Europe Studios sind die Franzosen noch recht Indi, aber stabil! Wünsche weiterhin viel Erfolg! (Auf endless...

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Humankind Daten
Genre Strategie
Spieleranzahl -
Regionalcode -
Auflösung / Hertz -
Onlinefunktion Ja
Verfügbarkeit 2021-08-17 00:01:07
Vermarkter Sega
Wertung 9
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